Amtr- und Anzeigeblatt für den Vberanttrbezirl Lalw.

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Lrscheinungstaye: Montag. Dienstag. Mittwoch, Donnerstag. Freitag und Gamstag. Jnserlionspreis tv Rsg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Amtliche BekarirrtmachrmgLN.

Bekanntmachung.

Die durch Rücktritt des Oberlehrers a. D. Beutelipachcr erledigte Agentur der Württ. Spar­kasse in Liebenzell ist dem Fräulein Lydia Beck daselbst übertragen worden, was hiemit zur öffent­lichen Kenntnis gebracht wird.

Calw. 25. Juni 1909.

K. Oberamt. K. Dekanatamt.

Voelter. Roos

Tagesueuigkeilen.

Stuttgart 25. Juni. Die Zweite Kammer besprach heute in der fortgesetzten Beratung des Kultetats einige allgemeine Fragen: Mitwirkung der Lehrer bei der Durch­führung des Kinderschutzgesetzes, Ausschließung eines Lehrers aus dem Stuttgarter Gemeinderat betr. Beratung von Schulfragen, wegen persön­licher Interessen und Benützung des Dissidenten­erlasses, die nach einer Aeußerung Heymanns (Soz.) viel größer sei, als der Kultminister bei Beratung der Schulnovelle dem Hause mitgeteilt habe. Minister ».Fleischhauer hielt an den von ihm mitgeteilten Zahlen fest. Nur in Cannstatt sei noch in einem Falle von dem Dissidenten­erlaß Gebrauch gemacht worden. Zum Hilfe- und Kontrollorgan der Polizei dürfe die Schule bei Durchführung des Kinderschutzgesetzes nicht werden. Für den ganzen Unterhalt der Kinder zu sorgen, sei nicht Aufgabe der Schule, die zu­nächst für Bildung und Erziehung, für die Ver­mittelung des erforderlichen Wissens zu sorgen habe. Von den Beratungen der bürgerlichen Kollegien sollte ein Lehrer nur ausgeschlossen werden, wenn seine persönlichen Interessen, nicht die des ganzen Lehrerstandes zur Erörterung stehen. Morgen Fortsetzung.

Stuttgart 25. Juni. Die Finanz­kommission behandelte heute die zwei noch restlichen Exigenzen im Eisenbahnkreditgesetz­entwurf, zunächst die für eine notwendige Er­weiterung der Lokomotivwerkstätte Eßlingen mit Schaffung von 20 neuen Ausbesserungsständen mit einem Kostenaufwand von 600 000 Der Antrag des Referenten Dr. Kiene auf Zustim­mung wurde einstimmig angenommen. Zuvor wurde die schon beim Eisenbahnetat erörterte Frage einer Konzentration der 5 Hauptwerkstätten des Landes nach Eßlingen und die allmähliche Umwandlung der übrigen 4 in Betriebswerkstätten wiederholt zur Sprache gebracht. Andere Staaten haben verhältnismäßig weniger Hauptwerkstätten. Württemberg hat 5 Hauptwerkstätten und 6 Betriebswerkstätten. Die Verwaltung sieht darin gewisse Vorteile, jedenfalls käme irgend eine Ersparnis bei einer Zentralisation nicht heraus. Eine längere Debatte entspann sich bei der weiteren Exigenz von 1'/- Millionen für Erwerbung des Anwesens der Maschinenfabrik Eßlingen, wobei der Quadratmeter auf 1820 ^ käme. Die Erweiterung des Bahnhofes Eßlingen und der 4gleisige Ausbau der Hauptbahnstrecke CannstattPlochingen, sowie ein Verkaufsangebot der Aktiengesellschaft haben zu dem Erwerbungs­projekt für die Eisenbahnverwaltung geführt. Die Beschlußfassung wurde seitens der Kommission noch ausgesetzt.

Samstag, den 26. Auni 1909.

Stuttgart 25. Juni. Bei der heute nachmittag auf der Stadtdirektion vorgenommenen Ziehung der Geldlotterie zu Gunsten des Landesvereins vom Roten Kreuz fielen die Hauptgewinne auf folgende Nummern: 30 000 ^ auf Nr. 21213, 10000^ auf 26 001, 3000 auf Nr. 801, je 1000 --/L auf Nr. 50 351, 14 390, je 500 ^ auf Nr. 75816, 46538, 36 515, 36 715. (Ohne Gewähr.) Der 3. und der 6. Gewinnstammen aus derKollektevonE. Schweickert, Schulstraße 15.

Stuttgart 25. Juni. Vor dem Schwur­gericht wird heute gegen den 68 Jahre alten Oberamtspfleger Gottlieb Funk aus Cannstatt wegen erschwerter Amtsunterschlagung verhandelt werden. Er wird beschuldigt, in der Zeit von 1902 bis 1909 115 895 ^ unterschlagen zu haben. Der Angeklagte ist gegen Leistung einer Kaution von 10 000 . /r auf freiem Fuß belassen worden. Er ist in vollem Umfang geständig. Die Geschworenen billigten ihm mildernde Umstände zu. Das Urteil lautete hiernach auf 1 Jahr 6 Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust.

Stuttgart 25. Juni. In dem Saaten­standbericht für das deutsche Reich heißt es: Die kühle und vielfach kalte Witterung blieb noch im ganzen Berichtsmonat hindurch vorherrschend. In den größten Teilen des Reiches wurde die andauernde Trockenheit erst durch die vom 11. bis 14. Juni niedergegangeuen Regenfälle wirk­sam unterbrochen. In großen Teilen war sie aber noch nicht nachhaltig genug. Verschiedent­lich ist durch Hagelschlag ziemlich beträchtlicher Schaden verursacht worden. Von Unkraut wird besonders Hederich, von tierischen Schädlingen werden vor allem Drahtwürmer und Engerlinge genannt. Für die Witterung dürfte das zuletzt eintretende wärmere niederschlagreiche Wetter von großem Nutzen sein. Weizen steht verschiedentlich dünn, ebenso Roggen, der nach mehrfachen Be­richten kurz im Stroh geblieben ist. Recht gut bestanden soll früh gesähter Roggen sein. Die Blüte ist teilweise vorüber und gut verlaufen. Der Stand in der Sommerung war Mitte Juni, abgesehen von der Verunkrautung im ganzen befriedigend und dürfte sich jetzt noch wesentlich verbessern. Die Kartoffeln finden im Hinblick auf die zu erwartende Nachwirkung der Nieder­schläge eine nicht ungünstige, in Süddeutschland recht befriedigende Beurteilung. Für Klee und Luzerne kamen die Niederschläge meist zu spät, der erste Schnitt fiel infolgedessen vielfach sehr gering aus. Mancherorts ist daher schon Futter­not eingetreten. Auch der Stand der beiden Wiesenarten wird ungünstiger als im Vormonate bezeichnet. Der Heuschnitt lieferte vielfach nur geringen Ertrag. Die Niederschläge dürften hauptsächlich nur noch dem Grummetansatz zu gute kommen.

Gültlingen O.A. Nagold 25. Juni. Die 11jährige Anna Rent schler besuchte mit ihrer Mutter den Kirchhof, um dort die Gräber von Verwandten vom Gras zu befreien. Dabei fiel auf das Kind ein schwerer Grabstein und zertrümmerte ihm den Schädel, so daß es sofort tot war. Die Anwesenden ent­deckten erst später das Unglück. Das Mädchen war von dem Grabstein ganz zugedeckt worden,

Bezuaspr.i.d. Stadt'/PLHrl.m. Träger!. Mk. t.SS. Postbezugspr. i. d. Orts- u. Nachbarortsverk. '/^Lhrl. Mk. l.so, im Fernverkehr Mk. t.so. Bestellg. in Wiirtt. so Pfg.. in Bayern u. Reich 42 Pfg.

so daß nur noch ein Zipfel seines Schurzes hervorsah.

Reichend ach a. F. 25. Juni. Bei einer hiesigen Familie hatte sich eine angebliche Schwiegertochter, die aufs eleganteste gekleidet war, längere Zeit zur Erholung aufgehalten. Landjäger Rehm von Ebersbach schöpfte gegen die Person Verdacht und es gelang ihm auch zu ermitteln, daß die Pseudoschwiegertochter eine mehrfach vorbestrafte Dirne ist, die sich in letzter Zeit an mehreren Einbruchsdiebstählen in Stutt­gart beteiligt hat.

Kirchheim u. T. 25. Juni. Einem Schäfer von Mühlhausen bei Vaihingen, der den hiesigen Wollmarkt besucht hatte, ist der ganze Erlös für seine Wolle im Betrag von 3000 ^ abhanden gekommen. Das Geld war durchweg Papiergeld, das er in einer Rocktasche in einer Brieftasche verwahrt hatte. Seinen Verlust bemerkte er erst auf der Reise nach Stuttgart. Es ist nicht festgestellt, ob er das Geld verloren hat, oder ob ein Diebstahl vorliegt.

Balingen 25. Juni. Vier Wochen Haft diktierte das Schöffengericht einem Metzger in Winterlingen zu, der seinen Hund, als er ihn vor dem Steuertermin abschaffen wollte, derart mit einem Beil bearbeitete, daß das arme Tier furchtbar zu leiden hatte. Der barbarische Hundebesitzer war deshalb vom Oberamt zu zehn Tagen Haft verurteilt worden und hatte nun Berufung eingelegt, die eine Erhöhung der wohl­verdienten Strafe zur Folge hatte.

Tuttlingen 25. Juni. Der auf dem Gehrihof bedienstete ca. 15 Jahre alte Heinrich Zepf von hier wurde verhaftet und hierher ge­bracht. Er hat seinem Dienstherrn außer Mehl, Eiern, Schmalz und Speck, 80 ^ Bargeld gestohlen. Wie der Verhaftete angibt, hat er sich mit dem Lesen von Schundliteratur befaßt. Dies dürfte den Burschen, der von dem gestohlenen Geld bereits einen Revolver gekauft hatte, zu dem Diebstahl veranlaßt haben. Eine Butter­händlerin aus Talheim wurde, weil sie ver­dorbene Butter auf dem Tuttlinger Wochenmarkt verkauft hatte, vom Schöffengericht zu 15 ^ Geldstrafe und zur Tragung der Kosten verurteilt. In der Gutenbergstraße fiel ein Flaschner­geselle von einem Dache und zog sich anscheinend schwere Verletzungen zu.

Vom Lande 25. Juni. Wie vorsichtig Landwirte beim Einkauf von Pferden sein müssen, zeigen jetzt viele Prozesse, in welche in der Bodenseegegend Landwirte verwickelt wurden. Von Händlern aus Randegg bekamen sie kranke Pferde geliefert, von denen einzelne umgestanden sind. Es handelt sich gewöhnlich um eine ansteckende Krankheit (Influenza oder Brustseuche), welche aus Bayern eingeschleppt war. Einem Singener Landwirt krepierte ein solches Pferd 2 Tage nach der Zuführung des Pferdes, letzteres war aber schon bei derUeber- gabe krank. Und trotzdem verlangt der Händler Zahlung des Kaufpreises. Jn Stockach passierte es einem Landwirt, daß durch ein gekauftes krankes Pferd ein anderes teures Pferd umstand und der Käufer so über 1000 ^ Schaden erlitt. Es ist also zu empfehlen, daß man beim Kaufe kostspieliger Pferde ausdrücklich für Gesundheit sich garantieren läßt.