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Amts- und Anzeigeblatt für den Gberamtsbezirk Calw
141.
84. Jahrgang.
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Erschetnurrgsrage: Monrag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag. Freitag und Samstag. JnsernonSvreis lv Vfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Montag, den 21. Zuni 1909.
gSpr.i.d. StadtV^LHrl.m.Trägerl.Mk. 1.26. Postbezugspr. s.d. Lrts- u. Nachbarortsverk. ^ährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr stk. 1.40. Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekantttmachunge».
Die Kgl. evang. Ortsschnlmspettorate
werden ersucht, die Lehrer-Wehrlisten bis spätestens 1. Juli einzusendra. Wo seit 1. Dezember 1908 keine Aenderung vorkam, ist die Einsendung nicht nötig. Calw, 21. Juni 1909.
K. Bezirksschulinspektorat. Schmid.
Bekanntmachung.
Pferdeprämierungen finden in diesem Jahr
statt:
I. für Pferde des Landschlags:
1. in Bietigheim am Dienstag, den 6. Juli 1909,
2. in Waldsee am Mittwoch, den 14. Juli 1909,
3. in Saulgau am Donnerstag, den 15. Juli 1909,
II. für Pferde des kaltblütigen Schlags:
in Blaubenreu am Donnerstag, den 1. Juli 1909.
Vorbehaltlich einzelner, durch die tatsächlichen Verhältnisse etwa nötig werdender Verschiebungen sind an Preisen ausgesetzt für
Bietigheim 3 800 ^
Waldsee 5 400
Saulgau 6 200
Blaubeuren 3 800 ^
Die näheren Bedingungen über die Preisbewerbung find im landwirtsch. Wochenblatt vom 12. Juni, Nro. 24, enthalten.
Calw, 21. Juni 1909.
K. Oberamt. Voelter.
Tagesneuigkette«.
— Am 18. Juni ist von der Evangelischen Oberschulbehörde die Schulstelle in Michelbach, Bez. Blaufelden, dem Schulamtsverweser Karl Fees in Zavelstein, Bez. Calw, übertragen worden.
Calw 21. Juni. Gestern ereignete sich auf dem Bahnhof ein aufregender Vorfall.
Ein angeblich von Konstanz zugereistes Mädchen hatte im Abortraum des Bahnhofs ein Kind geboren, das in einer Schachtel liegend tot aufgefunden wurde. Man verbrachte das Mädchen, das nach ihren Angaben aus Molis in der Schweiz kommen soll und eine Gebäranstalt in Württemberg aufsuchen wollte, in das hiesige Krankenhaus. Ob das Kind einen gewaltsamen Tod gefunden, ist noch unermittelt.
— Neuenbürg 17. Juni. Die heute hier abgehaltene Verwaltungs-Ausschußsitzung des Gemeindeverbandes Elektrizitätswerk für den Bezirk Calw hatte sehr wichtige Gegenstände auf der Tagesordnung. In erster Linie handelte sich's darum, das Ergebnis des durch Hrn. Prof. Veesenmeyer an der Technischen Hochschule über das ganze Projekt ausgearbeitete Obergutachten entgegenzunehmen, um die definitive Beschlußfassung über die Ausführung des Projekts herbeizuführen. Das Ergebnis des Gutachtens, das Hr. Prof. Veesenmeyer persönlich in sachkundiger Weise erläuterte, konnte an der Hand der von Ingenieur Wahlström gemachten Grundlagen die Inangriffnahme des großen Unternehmens empfehlen, auch der anwesende Hr. Oberbaurat v. Leibbrand bestätigte wiederholt die technische Möglichkeit zum rationellen Ausbau des Wafferbauprojekts; so kam denn der einstimmige Beschluß zur Ausführung des großen Unternehmens in begeisterter Weise zu Stande. Den zweiten Gegenstand bildete die Aufnahme der zum ehmaligen Eyachtalverband gehörigen Gemeinden des Oberamts Neuenbürg, welche schon vielfache Anstrengungen zu selbständiger Versorgung mit elektrischer Kraft machten, aber nun den Anschluß an den Calwer Elektrizitäts-Verband einstimmig vorzogen. Die Aufnahme der Gemeinden Arnbach, Birkenfeld, Dennach, Conweiler, Feldrennach,
Dobel, Gräfenhausen, Ottenhausen, Schwann mit zus. ca. 10000 Einwohnern fand unter Berücksichtigung einiger Wünsche unter den allgemeinen Bedingungen statt. Der Verband umfaßt jetzt 90 Gemeinden und Teilgemeinden. Auch Vertreter der Stadt Calw waren anwesend, um sich von dem Stand der Dinge zu überzeugen; spätere Verhandlungen sollen über einen event. Anschluß verhandeln. Der Verband ist weit entfernt, der Stadt Calw den Beitritt anzuraten, aber doch sprechen so viele Gründe für den Beitritt, da die voraussichtlich wenig konsumbedürftige Stadt ein eigenes Werk nur mit einem gewiß nicht rentablen Unternehmen belästigen und der Anschluß an den Verband nur die Vermittlung bringen würde, daß Interessenten von Calw elektrische Energie für Kraft und Licht zur Verfügung stände, wozu noch käme, daß die Stadt Miteigentümerin an dem Werk würde und jederzeit die Interessen der Abnehmer wahren könnte. Der so unbeliebte Haftparagraph ist durch die große und starke Teilnahme an dem Unternehmen'in seiner Wirkung auf ein Minimum herabgedrückt und sollte die Stadt nicht abhalten, sich ihren Bezirksgemeinden anzuschließen. Das große Unternehmen ist nun in jeder Beziehung gesichert und man wird mit guter Zuversicht der weiteren Entwicklung entgegensetzen können.
Stuttgart 20. Juni. Die württem- bergische Volkspartei beging heute unter zahlreicher Beteiligung und bei herrlichstem Wetter ihr Sommerfest in der alten Reichsstadt Biberach, die sich festlich herauSgeputzt hatte. Während des Festmahls, an dem einige hundert Parteifreunde teilnahmen, kam ein Begrüßungstelegramm der Reichstagsmitglieder der süddeutschen Volkspartei aus Berlin zur Verlesung. Landtagsabgeordneter Löchner brachte daS Hoch auf das deutsche Vaterland aus, wobei er die politischen Verhältnisse im Reiche streifte. Die Volksrechte
Regina.
Roman von I. Iob st.
(Fortsetzung.)
„Ach, Frau Baronin, wie schön, daß Sie hier waren. Das neue Mädchen versteht so wenig von Wäsche, da mußte ich auf Befehl der Frau Baronin bei der Wollwäsche zugegen sein."
„Sind Sie denn nun fertig?"
„Noch nicht ganz, aber ich wollte doch rasch nach dem Kleinen sehen."
„Na, dann gehen Sie nur ohne Sorgen, ich gedenke noch ein wenig hier zu bleiben."
„Vielen Dank, Frau Baronin. Wenn Sie gestatten, bleibe ich dann noch ein halbes Stündchen fort, bis der Kleine nach der Mutter verlangt."
Die alte Dame nickte, sie hatte nur Augen für den Knaben, der mit rosigen Bäckchen in süßem Schlaf lag. Träumend saß sie neben ihm und alte, liebe Erinnerungen stiegen in ihr auf, als sie so neben ihrem Sohn gesessen hatte, den Schlummer ihres Einzigen behütend.
Wie die Stunden flogen. Jetzt erwachte das Kind, und die tiefblauen Augen blickten schon so verständig drein, ja jetzt — sie täuschte sich nicht — flog ein Lächeln über das Gesichtchen, und die Händchen griffen scheinbar nach der sich mit kosenden Lauten zu ihm neigenden Frau.
„Wilhelm mein goldener!" rief Sibylle und tändelte hingebend mit dem lallenden rosigen Geschöpfchen, ihm den Kosenamen gebend, den sie einst für ihren Knaben hatte.
„Nun, Mama, war er artig?" fragte eine fröhliche Stimme neben ihr.
„Ach, Regina, du bist es?"
Die junge Frau tat gar nicht, als ob sie die Verlegenheit ihrer Schwiegermutter bemerke und plauderte unbefangen weiter: „Ist mein
Schatzkind aufgewacht? Hat es Hunger? — Ja? Siehst du, Mama, wie begehrlich er nach mir schaut. Der kennt mich schon ganz genau. Kommst du mit, ich werde ins Burggärtlein gehen, dort bin ich ungestört. Die Haller hat es noch so wichtig mit ihrer Wäsche, da muß ich mir schon selber helfen. Na — na, weine nur nicht, das Tischleindeckdich ist dir schon bereitet."
Sibylle folgte der fröhlich lachenden, blühenden Mutter, die den Wagen vor sich herschob, und trat hinter ihr durch die kleine Pforte in den verschwiegenen Frieden des Burggartens ein. Dies war Reginas eigenstes Reich; außer Wolf Dietrich erhielt nur der hier Einlaß, der von ihr selber eingeführt wurde.
„Es ist so köstlich warm hier, ich glaube, ich brauche nicht zu dem Söller hinaufzusteigen," meinte die junge Frau, „aber vielleicht siehst du dir einmal mein Nest an, Mama, es ist viel größer geworden, als Wolf Dietrich zuerst plante."
Sibylle trieb die Neugierde empor. Regina hatte recht, das war kein kleiner Ausguck mehr, sondern ein richtiger Söller war auf die Mauer aufgesetzt, zu dem man mittels einer Wendeltreppe emporstieg. Den offenen Teil deckte das tief darüberhängende Dach, und dahinter lag ein großer Raum, dessen Fenster auf den stillen Winkel hinabblickten, während man vom Söller eine herrliche Aussicht hatte über das Schloß und dessen Umgebung. Die Einrichtung bestand aus Möbeln, die dem Urväterhausrat entstammten, da war kein Stück, das nicht seine Vergangenheit hatte. Wände und Decke bestanden aus braunem Balkenwerk, das weißgestrichene Flächen freundlich unterbrachen. Altdeutsche, kernige Sprüche standen darauf, und schimmerndes Zinngerät machte sich auf vor- spingenden Gesimsen breit. Ein alter Eckschrank barg altes Porzellan und alles Zubehör, wenn Regina hier den Gästen eine kleine Erfrischung bereiten wollte.