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härter drücken als die begüterten. Deshalb ist das Festhalten der verbündeten Regierungen an der Erbanfallsteuer, als der besten Form der Besitz- stener, nicht bloßer Eigensinn oder bloße Rechthaberei. Ich lehne es auch ab. im Bundesrat Steuern zu ver­treten, die Handel, Industrie und Verkehr schädigen und unsere wirtschaftliche Stellung verschlechtern. Trotz der Schwierigkeit der Situation und trotz der Spannung zwischen den Parteien halte ich an der Hoffnung fest, daß das nationale Empfinden den Sieg davon tragen wird über das Parteigezänk. In dieser Hoffnung werde ich bestärkt durch die Stimmung im Lande. Das Land würde später ein strenges Gericht ergehen lassen über die, welche dieses große Werk zu Fall bringen. Man hat auch von meiner Person gesprochen, von meinem Aus­scheiden ans dem Amte. Meine Herren! Ich bleibe im Amte, solange Seine Majestät glaubt, daß meine Politik nützlich ist für das Reich und solange ich selber glaube, daß ich nützlich wirken kann. Erst wenn ich diese Ueberzeugung nicht mehr habe, werde ich Majestät bitten, mich zu entlassen, in der Ueber­zeugung, daß mein Nachfolger ebenso treu seine Pflicht tun wird im Dienste des Vaterlandes, wie ich es getan habe. (Beifall.) Im Hause herrschte unter dem Eindruck der halbstündigen Rede des Fürsten Bülow äußerste Erregung. Schatzsekretär Sydow übt zunächst Kritik an der Besitzsteuer. Wie sei es zu rechtfertigen, die Steuern auch von Gesellschaften zu erheben, die keine Dividende zahlen. Auch gegen die Mühlenumsatzsteuer und den Kohlenausfuhrzoll äußert sich Redner mit Ent­schiedenheit, um sodann die neuen Steuer-Vorschläge: Erbau fallsteuer, Wechselstewpelerhöhung, Feuer­versicherung u. s. w. eingehend zu befürworten. Abg. Bassermann (uatl.) erkennt, indem er zu­nächst die Ausführungen des Fürsten Bülow re­kapituliert, an, daß derselbe ein großes politisches Programm entwickelt habe. Was die neue» Steuer­entwürfe anlangt, so werde es von seinen Freunden gutgeheißen, daß neben der Erbschaftssteuer auch noch eine besondere Heranziehung des mobilen Ka­pitals erfolgt. Die Erbanfallsteuer sei eine Not­wendigkeit. Auf die Grundsätze des Entwurfes der Erbanfallsteuer können meine Freunde sich im Großen und Ganzen stellen, so auch in Bezug auf Freilassung des Mobiliars. Jedenfalls stimmen wir geschlossen dem Entwurf, also der Heranziehung der Kinder und Ehegatten in unbeerbter Ehe zu. Den Aus­führungen des Schatzsekretärs gegen die von der Finanzkommisston beschlossene Kotierungssteuer stimmen wir durchaus zu. Gesetze sind ja leicht gemacht, Ziffern lassen sich sehr leicht an einander reihen. Auch 500 Millionen lassen sich auf diese Weise leicht zusammenrechnen, aber Ihre Rechnung m. H. (zu den Konservativen), das was Sie in der Kommission zusammengerechnet haben, würde sich sehr bald als Milchmädchenrechnung Herausstellen. (Sehr richtig links.) Ihre Politik ist antinational, sie richtet sich gegen unsere Industrie, unser Gewerbe und unseren Handel. Auch für unsere Aufgaben der Zukunft werden noch große Mittel notwendig werden und um diese zu beschaffen, brauchen wir ein kräftiges Wirtschaftsleben, während Ihre Steuer­vorschläge unser Wirtschaftsleben schädigen. Noch einige Bemerkungen über unsere allgemeine Politik. Unsere politischen Freunde im Lande find einmütig der Meinung, daß wir keine Besitzsteuer gutheißen sollen, die nicht eine allgemeine ist. Die Vorschläge des Zentruns haben wir niemals prinzipiell abgelehnt, wir wollen aber allerdings keine reponderierenden Einflüsse des Zentrums und wir wollen deshalb auch nicht, sondern verurteilen es, wenn diese Ge­legenheit benutzt wird, um dem Zentrum wieder zu seiner politischen Macht zu verhelfen. Redner be­leuchtet dann die inneren Motive des Verhaltens der Konservativen, ihren Widerstand gegen die Wahlreform in Preußen. Wir Nationalliberalen sind der Ansicht, daß es zu einer solchen Reform kommen muß und kommen wird. (Rufe rechts: Warten wir ab.) Wir Nationalliberalen sind nach

wie vor bereit, an diesem großen Werke der Be­seitigung der Finanznot mitzuarbeiten, aber die Ftnanzreform muß eine gute und gerechte sein und dazu ist unerläßlich eine nicht einseitige, sondern allgemeine Befitzsteuer. Wir sind überzeugt, daß die Regierung mit ihrem Widerstande auf dem rechten Wege ist und daß sie siegen wird, wenn sie stark und fest bleibt und wenn sie evtl. Neuwahlen ausschreibt. (Stürmisches Lachen rechts.) Der Block­gedanke war ein gesunder. (Lachen rechts.) Er wird ein Ruhmesblatt bleiben in der Geschichte des Reichskanzlers. Aber gerade auch deshalb glauben wir, daß Fürst Bülow keinesfalls einer Finanz­reform seine Zustimmung geben wird, die dem Liberalismus ins Gesicht schlägt. (Lebhafter Beifall einerseits, Gelächter andererseits.) Hierauf erfolgt Vertagung. Morgen 1 Uhr Fortsetzung.

Berlin 16. Juni. Die Budget-Kom­mission des Reichstages beriet heute eine Resolution zu dem Entwurf des Besoldungs­gesetzes, die verlangt, daß in dem Nachtrags-Etat für 1909 die Zulagen für Beamte und Offiziere aufgeführt werden, welche in den Anlagen des Besoldungsgesetzes genannt werden. Dabei werden eine Reihe von Ausnahmen gemacht. Die Reso­lution wird angenommen. Nunmehr wird das Besoldungsgesetz in zweiter Lesung beraten. Dazu liegen Aenderungsanträge des Referenten, meist redaktioneller Natur vor. Es werden die Befchlüsse der ersten Lesung aufrecht erhalten. Bei 8 12 entspinnt sich eine längere Debatte. Es heißt dort: Eine Dienstalterszulage kann versagt werden, wenn gegen das dienstliche oder außerdienstliche Verhalten des Beamten eine erhebliche Ausstellung vorliegt. Dazu wird von fozialdemokratischer Seite beantragt, daß die Versagung nicht aus religiösen oder politischen Gründen erfolgen darf. Der Antrag wird gegen die Sozialdemokraten und Freisinnigen abgelehnt und der Z 12 in der Fassung Dröscher angenommen.

Berlin 16. Juni. DerVorwärts" schreibt: Die sozialdemokratische Fraktion des Reichstags trat gestern vormittag zu einer Sitzung zusammen, in der folgende Interpellation beschlossen wurde:Beabsichtigen die verbündeten Regierungen angesichts der durch die Teuerung der Lebensmittel verursachten Notstände weiter Volkskreise eine Gesetzesvorlage über die zeit­weilige Aufhebung der Getreidezölle und der Zölle aus Futtermittel, sowie des ß 11 des Zolltarifgesetzes vom 25. Dez. 1902 über die Erteilung von Einfuhrscheinen vorzulegen?" Dann nahm die Fraktion Stellung zur gegen­wärtigen Lage der Finanzreform. Sie ist selbstverständlich auch für die neue Vorlage der Regierung in ihrer vorliegenden Form nicht zu haben. Zu Rednern für das Plenum wurden bestimmt: Singer, Emmel und Hildenbrand.

Berlin 16. Juni. Seit einigen Tagen weilt hier ein Abgesandter des deutschen Dia­mantensyndikats in Lüderitzbucht, namens Weiß, um im Aufträge des Syndikats gegen die Art zu protestieren, wie Staatssekretär Dernburg die Schürfer und Interessenten im Schutzgebiet behandelt. Die Ansiedler in Deutsch- Südwest-Afrika haben sich mit einer Eingabe an den Reichskanzler gewandt, in der sie Beschwerde führen, daß die Regierungspolitik im wesentlichen eine Begünstigung der privilegierten Gesellschaften zum Schaden der Ansiedler des Schutzgebietes und des Reiches zur Folge habe.

Danzig 16. Juni. Bei herrlichem Wetter erfolgte gestern Abend die Einschiffung des Kaisers zur Zusammenkunft mit dem Zaren. Punkt

7 Uhr lief der Sonderzug am Hafen-Quai ein und hielt dicht vor derHohenzollern". Der Kaiser war sehr guter Laune und grüßte herzlich die ihn auf der Landungsbrücke erwartenden Herren. Kurz vor 8 Uhr setzte sich dieHohen­zollern" in Bewegung. Der Kaiser war bei der Ausfahrt nicht sichtbar. Ohne jeden weiteren Aufenthalt verließ die Kaiser-Flotille die Reede. Im Gefolge des Kaisers befinden sich 16 Per­sonen, darunter Staatssekretär v. Schön.

Wien 16. Juni. Das offiziöse Fremden­blatt bespricht an leitender Stelle die bevorstehende Zusammenkunft des deutschen Kaisers mit dem Zaren und konstatiert, daß in den finnischen Schären keine neuen Orientierungen der euro­päischen Politik erstrebt werden. Trotzdem werde die Begegnung der beiden Kaiser und der sie begleitenden Staatsmänner nicht ohne klärende Wirkung bleiben, was vom Standpunkte Oester­reich-Ungarns nur angenehm sein könne.

Vermischtes.

Heilverfahren für Alkoholkranke durch Landesversicherungsanstalten kommen mehr und mehr in Aufnahme. In größerem Umfang sind solche bis jetzt von den Landesversicherungsanstalten Rheinprovinz, Schleswig-Holstein und Westfalen eingeleitet worden, mit recht befriedigenden, lohnenden Er­folgen, die noch besser wären, wenn die Be­treffenden rechtzeitiger gemeldet und unter­gebracht würden. Einem Bericht des Reichs­versicherungsamtes in Nr. 1 desReichs­arbeitsblattes" ist zu entnehmen: Unter den 112 männlichen und 6 weiblichen Versicherten, welche die rheinische Anstalt seit 1903 in Trinker­heilstätten behandeln ließ, waren von den bis Ende 1906 abgeschlossenen 55 Fällen nicht weniger als 50 erfolgreich. Die Anstalt ist mit Abstinenzvereinen in Verbindung getreten und veranlaßt die aus der Kur Entlassenen solchen beizutreten, z. T. unter Gewährung eines Jahres­beitrags an die Vereine für jeden solchen Ver­sicherten, der ihnen beitritt. Die L.-V.-A. Schles­wig-Holstein hat seit 1900 71 Alkoholkranke in Heilbehandlung nehmen lassen. In 18 Fällen ist voller, in 6 Fällen unsicherer Erfolg erzielt worden. Gänzlich erfolglos blieben 21 Fälle. Die übrigen Behandelten sind teils gestorben, teils war bei ihnen eine Kontrolle nicht möglich. Die Resultate wären laut Bericht der Anstalt noch befriedigender, wenn nicht zum Teil mangel­hafte Auswahl und besonders verspätete Anzeige der Krankheitsfälle ungünstig wirken würden. Bei der L.-V.-A. Westfalen waren von den 39 bis zum Schluß des Jahres 1906 aus der Behandlung Entlassenen zu Anfang 1907 15 ganz geheilt, 5 gebessert, 32 wenigstens arbeits­fähig. (Bei alledem ist fast immer die Bedeutung einer Besserung zugleich für eine ganze Familie zu bedenken!) Die L.-V.-A. Baden hat alle Bezirksämter durch Rundschreiben auf die Heil­behandlung Trunksüchtiger hingewiesen und um Angabe von geeigneten Kranken ersucht; ähnlich Westfalen die Krankenkassen und die unteren Verwaltungsbehörden.

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am Dienstag, den 22. Juni 1909, nachm. 2 '-2 Uhr, imAdler" zu Lieben­zell aus Staatswald Breithardt, Kaffee­berg, Dietersbachhalde, Vord. u. Hint. Finkenberg, Findhag, Nonnenwag, Tannbrunnen und Scheidholz aus Hum­melberg und der Hut Möttlingen:

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Teinach, den 16. Juni 1909.

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