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^ 137 . Amt;- und Anzeigeblatt für den Gberamtsbezirl Lalw. 81 . ZahkM,.
Srscheinungstage: Montag, Dienstag, MittuvoH. Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionsprers 10 Pfg. pro Zeile für Stadtu. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
tittwoch, den 16. Juni 1909.
gspr.i.d.StadtVZährl.m.Trägerl.Mk. 1.25. Postbezugspr. f. Orts- u. Nachbarortsverk. ^iährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Itt. 1.30. Bestellg.in Württ. 30 Pfg.. in Bayern u. Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekanntmachrrnger».
An die Ortsbehörde»
Aus Anlaß der in manchen Orten bevorstehenden Einquartierungen werden dieOrtsbehörden aufgefordert, sich mit dem im Reichsgesetzblatt von 1898 Seite 361 ff. enthaltenen Gesetz über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden und mit der Ausführungsverordnung hiezu — Reichsgesetzblatt von 1898 Seite 922 ff. — eingehend vertraut zu machen.
Insbesondere wird aber bezüglich der Stellung von Vorspann auf folgende Bestimmungen hingewiesen :
Zur Vorspann sind alle Besitzer von Zugtieren und Wagen verpflichtet mit Ausnahme der in tz 3 Abs. 3 des Naturalleistungs-Gesetzes genannten Befreiungen.
Die Stellung von Vorspann kann nur gefordert werden für die auf Märschen, im Biwak oder Lager befindlichen oder vorübergehend einquartierten Truppenteile und nur insoweit, als eS nicht gelingt, die Vorspann rechtzeitig um die vom Bundesrat festgesetzten Vergutnngssätze (abgedruckt im Regierungsblatt von 1901 Seite 60) zu mieten. Es hat also vor der zwangsweisen Inanspruchnahme von Vorspann ordnungsmäßig stets eine Mietverhandlnng wegen freiwilliger Leistung der Vorspann um die festgesetzten Vergutnngssätze vorauszugehen. Diese Verhandlung haben auf Ersuchen der Truppenteile die Gemeindevorstände zu führen. Erst wenn die Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen, darf die Anwendung etwaiger Zwangsmittel gegen die Leistungspflichtigen auf Grund des 8 7 Abs. 3 des NaturalleistungSgesetzes stattfinden.
Die Gemeinde kann aber statt dessen auch — und dieser Weg wird in der Regel vorznziehen sein — die Vorspannleistung auf eigene Rechnung vergeben und den durch die Militärbehörde nicht gedeckten etwaigen Mehraufwand auf die von
der unmittelbaren Leistung befreiten Pflichtigen nach Verhältnis ihrer Verpflichtung umlegen.
Von den Militärbehörden wird in keinem Falle mehr vergütet, als die schon erwähnten Vergütungssätze betragen. Bei Feststellung der Vergütung wird der Tag von Mitternacht zu Mitternacht gerechnet und es wird bei einer Leistung von mehr als 12 Stunden innerhalb desselben Tages ein Zuschuß in Höhe der Hälfte des Tagessatzes gewährt, wogegen bei 6 Stunden und weniger nur die Hälfte des Tagessatzes zahlbar ist.
Bei Bemessung der Belastungsfähigkeit ist im Allgemeinen auf die ortsübliche Beschaffenheit der Gespanne und auf die Beschaffenheit der zurück- zulegenden Wege Rücksicht zu nehmen. Sofern nicht außergewöhnliche Verhältnisse ausnahmsweise etwas Anderes bedingen, hat zu laden: ein Einspänner bis 600 KZ — 12 Ztr., „ Zweispänner von 600—1000 „ — 20 „ Von dieser Bekanntmachung ist den Gemeindepflegern unter Eintrag in das Schultheißen amts- Protokoll Eröffnung zu machen.
Calw, 14. Juni 1909.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesueuigkeiteu.
- Calw 16. Juni. Das Juniheft der Schwarzwaldvereinsblätter enthält die Fortsetzung der genußreichen Schilderung „Auf dem Jahrmarkt in Neuweiler" von K. Blumental, einen unterhaltenden Aufsatz über „Was in den Jahren 1555—1596 in und um den Schwarzwald Merkwürdiges passiert ist" von Hofrat Th. Schön, eine Beschreibung von „Obertal und Umgebung", ferner „eine amtliche Speisekarte aus der Zeit des 30jährigen Krieges" von Dr. K. L. Stuttgart, die zeigt, daß man es damals nicht bloß verstand, grausam hinzumorden, sondern auch zu leben und leben zu lassen, eine Schilderung
„einer zweitägigen Tour im Enz- und Murgtal" von Wittum, eine Beschreibung einer merkwürdigen Einrichtung (Backtäge) der Bäckerzunft „Aus der guten alten Zeit der Stadt Calw" von A. M. in Ludwigsburg — die Einrichtung besteht heute noch, begegnet aber keinem großen Interesse mehr und hat wie auch die Zahl der Bäckerwirtschaften stark abgenommen —, einige Wünsche über „Schwäbische Trachten" und in der Rubrik Verschiedenes eine „Bitte an die Gemeindeverwaltungen im Schwarzwald" (um Aufstellung von Ruhebänken in den Wäldern) von K. I. in C. Die Vereinsnachrichten und die Bücherschau bilden wie üblich den Schluß der wieder mit reichem Inhalt und mit 11 Bildern ausgestatteten Nummer.
Herresberg 15. Juni. Oekonomierat Ruoff aus Niederreuthin hat die Kandidatur für die bevorstehende Landtagswahl endgiltig abgelehnt. Er ist Mitglied des Bundes der Landwirte, brachte aber einer Deputation von Vertrauensmännern des Bundes zwingende Gründe vor, die ihn abhalten, eine Kanditatur anzunehmen.
Renningen OA. Leonberg 15. Juni. Dem 18 Jahre alten Gustav Kauffmann, Sohn des Milchhändlers Christian Kauffmann von hier, ist vergangenen Donnerstag ein jähes Unglück zugestoßen. Kauffmann war bei einem Elektro- werk in Rembeck bei Braunschweig beschäftigt; durch Ueberwerfen eines Stücks Abfalldrahts kam er indirekt mit dem Strom in Berührung, was den sofortigen Tod des bedauernswerten jungen Mannes zur Folge hatte.
Stuttgart 15. Juni. Die volkswirt- schaftliche Kommission der Zweiten Kammer hielt heute wieder eine Sitzung ab. Die Regierung ist durch den Ministerpräsidenten
Regina.
Roman von I. I o b st.
' (Fortsetzung.)
Regina suchte mit scheuem Umblick Wolf Dietrich, der wieder im Grase lag und in die blitzende Bläue des Himmels sah. Er sah so glücklich aus, so strahlend glücklich. Nein, er sollte keinen Teil haben an ihrer Schuld. Er würde an ihr kranken, denn ein Mann nimmt diese Dinge viel ernster als die Frau. Das Wissen würde ihm das Gefühl des Mitschuldigen geben.
In dieser Stunde, wo der Graus der Mordnacht weit hinter ihr lag, schien es ihr ungeheuerlich, daß sie damals den Eid geschworen hatte in dem Gefühl, er — Wolf Dietrich — könne als verdächtig verhaftet werden. Und doch, der Richter hatte den Verdacht, den Sibylle bei ihm geweckt, zu dem seinigen gemacht. Das Gesetz faßt rücksichtslos zu; dem gilt nichts für unmöglich, und Sibylle war allerdings eine gewichtige Zeugin. Und sie — Regina! Hatte sie nicht selber Wolf Dietrich im ersten Augenblick als Mörder bezeichnet?
Eine schwere Hand legte sich auf ihre Schulter, und mit einem wilden Aufschrei fuhr sie herum.
„Kind, Kind, jetzt muß ich ernstlich schelten. Ich glaube, daß du wieder bei all dem Traurigen warst. Laß doch die Toten ihre Toten begraben und lebe mit den Lebenden."
„Ich will's versuchen, Wolf Dietrich, um deinetwillen."
„Das ist ein gescheites Wort, Regina. Um deinetwillen! Es klingt mir wie Musik im Ohr, und ich bin selbstsüchtig genug, mich daran zu erfreuen."
Die junge Frau zwang sich zum Lachen, und als bald darauf Anton mit seiner gewohnten Würde meldete, daß das Frühstück bereit sein, leitete Wolf Dietrich voller Uebermut den Abstieg, der noch halsbrechender
war als der Aufstieg. Im Burgfried fanden sie das Tischleindeckdich. Aus den Sitzbrettern des Bootes war ein Tisch hergerichtet, Feldstühle bildeten die Sitze, und auf dem weißen Tischtuch stand die Schüssel mit der duftenden Forelle, die ihnen köstlich mundete. Dazu gab es in der Asche gebratene Kartoffeln. Es folgte Salat mit rosig zartem Schinken, und als Ueberraschung trug der Diener stolz eine Schale mit Brombeeren herbei, die gezuckert und mit Sahne übergossen die Nachspeise bildeten. Ein Täßchen Kaffee bildete den Schluß.
Darauf wunderten sie noch eine Weile am Seeufer entlang und hießen die Männer mit dem Boot Nachkommen. „Wir steigen am Entenfang ein", befahl Wolf Dietrich.
Es war ein herrliches Wandern so zu zweit, Regina fand es als das Schönste vom Tage. Wolf Dietrich erzählte von seiner Jugend, alles hatte hier seine Erinnerung.
„Und der liebste Kamerad bei allen diesen Streichen war mir stets Karl Meinhardt", rühmte Wolf Dietrich, und beschwor mit diesem Namen wieder alles Traurige herauf, was Regina vergessen wollte.
„Es läßt mich nicht los", schrie es in ihr. „Mein Trotz hilft mir nicht und nicht meine Liebe. Auch Wolf Dietrichs Gegenwart bannt das Gespenst nicht, das da kommt, mich zu schrecken, wenn ich am wenigsten daran denken will."
„Regina, was hast du mir versprochen", erklang es plötzlich am Ohr der Träumenden.
„Um deinetwillen, Wolf Dietrich," sprach sie wie im Traum. „Ich tat es um deinetwillen."
„Ich weiß, ich weiß", tröstete er und drückte ihren Arm fester in den seinen. Doch er dachte nur an die Lüge, das andere war ihm verborgen.
11. Kapitel.
Wolf Dietrich von Ellern zog mit seiner jungen Frau in Groß- Ellern ein. Es ließen sich nicht alle Festlichkeiten vermeiden, die Leute