136. Amtr- und Anzeigeblatt für den Gberamtrbezirk Lalw. 81.

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LrscheinungSrage: Montag, Dienstag, MittwocH, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadtu. Bezirtsorte; autzer Bezirk 13 Pfg.

Dienstag, den 15. Znni 1909.

Bezugspr.i. d. Stadt V 4 jahrl.n 1 . Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. f. d. Orts- u. Nachbarortsverk. * ijährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. 30 Pfg.. in Bayern u. Reich 42 Pfg.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung des Medizinalkollegi- «ms. Tierärztliche Abteilung, betr. die Abhaltung eines Unterrichtsknrses für Fleifchbefchaner in Ravensburg.

Auf die Bekanntmachung vom 22. Dez 1908 (Staatsanzeiger Nr. 303) ist bis jetzt für den in Ravensburg mit Beginn am 23. Juni ds. Js. in Aussicht genommenen Unterrichtskurs für Fleisch­beschauer nicht die genügende Zahl von Anmeldungen eingekommen. Der Meldetermin wird daher bis zum 20. ds. Mts. verlängert. Die Anmel­dungen sind an den Unterrtchtsleiter Stadttierarzt Diener in Ravensburg, zu richten. Im übrigen wird auf die eingangs erwähnte Bekanntmachung verwiesen.

Stuttgart, 11. Juni 1909.

Nestle.

Tagesrrenigkeite«.

* Calw 14. Juni. Die Zentralver­mittlungsstelle für Obstverwertung gibt auf Grund der Erhebungen des Statistischen Landesamts von Mitte Mai d. I. eine Zu­sammenstellung über die Obstaussichten in Würt­temberg. Hienach sind im Schwarzwaldkreis die Aussichten für Aepsel im Oberamt Horb sehr gut bis gut, im Oberamt Nürtingen sehr gering und im Oberamt Calw gering bis sehr gering, die Aussichten für Birnen im Oberamt Horb sehr gut bis gut, im Oberamt Reutlingen gering und im Oberamt Calw mittel. In den an­grenzenden Oberämtern ist der Stand der Aepsel folgender: in Neuenbürg gering, in Nagold mittel bis gering, in Herrenberg mittel und in Leonberg gut, der Stand der Birnen in Neuen­bürg im nördl. Teil gut, im südl. Teil mittel, in Nagold mittel, in Herrenberg gut und in Leon­

berg gut. Im allgemeinen wird Calw in diesem Jahre eine der schlechtesten Obsternten in Würt­temberg haben; die Aussichten sind auch in der letzten Woche nicht besser, sondern eher geringer geworden, indem von Birnen und Zwetschgen ein großer Teil abgefallen ist.

x. Calw. Tausende deutsche See­leute gehen draußen, fern von der Heimat ihrem mühevollen und gefahrenreichen Berufe nach, ohne geistig und geistlich versorgt zu sein, wenn sich ihrer nicht die Seemannsmission annehmen würde. Allein ca. 5060000 deutsche See­leute verkehren jährlich in dem italienischen Hafen Genua, die in der fremden Hafenstadt sittlichen Gefahren und abscheuliche Ausbeutung in beson­derer Weise ausgesetzt sind. Ihnen will das deutsche Seemannsheim daselbst in Verbindung mit der Seemannsmission dienen, um ihnen in der Fremde die Heimat zu ersetzen, sie geistlich zu versorgen und sie vor sittlicher Verwahrlosung und Ausbeutung zu bewahren. Und der starke Besuch von über 11000 Seeleuten im vergangenen Jahre beweist, wie groß das Bedürfnis nach einem solchen Heim in Genua ist, und wie die Arbeit der Seemannsmission das Interesse und die Opferwilligkeit der heimischen Gemeinden verdient. Herr Seemannspastor Wehrhan aus Genua wird am Donnerstag, den 17. Juni, abends 8 Uhr, im Vereinshause über diese Arbeit be­richten, wozu alle herzlich eingeladen sein sollen, die ein Herz haben für unsere wackere seefahrende deutsche Männerwelt.

ss Li eben zell 14. Juni. Beim 5. Bundesliederfest des Nagoldgausänger­bundes in Tiefenbronn, errang der hiesige Liederkanz im höheren Volksgesang einen Iten Preis mit dem von dem Dirigenten des Vereins Herrn Musikdirektor Wohlgemuth

komponierten Männer-ChorHeimkehr", mit Bariton-Solo, welches von Herrn Jolasse zum Hirsch meisterhaft zum Vortrag kam. Es ist dieser Erfolg für den Liederkranz mit der kleinen Sängerzahl (26 Sänger), sowie für unser Bade- Städtchen sehr erfreulich, und wünschen wir, daß der Verein in der Pflege des deutschen Liedes auch ferner blühe und gedeihe.

Stuttgart. Am Samstag ist hier der Tiermaler Friedrich Specht im Alter von 70 Jahren gestorben. Geboren 1839 zu Lausten a. N. hat er sich gleich seinen jüngeren Brüdern August und Karl Gottlob zuerst in der Litho­graphie ausgebildet und ist mit ihnen als Illustrator zum Teil an den gleichen Werken tätig gewesen. Friedrich Specht besuchte auch die Stuttgarter Kunstschule und machte Studienreisen nach Berlin, Dresden, Paris rc. Er hat besonders zu den Wanderungen durch das Tierreich aller Zonen", zu Brehms Tierleben, zu der Jagdzeitschrift Diana", zu Martins illustr. Naturgeschichte der Tiere die Bilder geliefert. Mit K. Vogt gab er heraus:Die Säugetiere in Wort und Bild", auch Tierstudien als Zeichenvorlagen und Zimmer­schmuck ließ er erscheinen. Seine Stärke lag im Zeichnerischen, worin er eine außerordentliche Naturtreue erreichte. Doch waren im Württ. Kunstverein auch häufig Oelbilder von ihm zu sehen, wovonAffengesindel" am bekanntesten geworden ist: Aus dem früheren Nill'schen Tier­garten hat er viel gezeichnet und gemalt.

Stuttgart 14. Juni. Das Stammhaus der altberühmten Pianofortefabrik Schied- mayer u. Söhne konnte gestern die Feier des hundertjährigen Bestehens begehen. Aus diesem Anlaß sind der Firma zahlreiche Ehrungen und Anerkennungen zu teil geworden. Der König hat dem Inhaber Kommerzienrat

Regina.

Roman von I. Jobst.

(Fortsetzung.)

Regina hing sich an Wolf Dietrichs Arm, in ihren Augen leuchtete es heute oftmals auf wie von wildem Trotz, der sich sein Recht auf das Glück, das mit ihm wandert, nicht verkümmern ließ. Mochte kommen, was da wollte sie war nun die gelehrige Schülerin der Natur, die noch einmal das farbenfrohe Banner hochhielt vor dem Sterben. In dieses Glänzen und Glühen wagte sich kein hohläugiges Gespenst, das blieb im grauen Nebelland, dem sie entronnen war. Vorwärts ins frische Leben hinein, wo die Liebe wartete!

Ueber weichem smaragdgrünem Rasen schritten sie dahin, wo der Tau in unzählbaren, weiß glitzernden Spinnweben hing. Ein gewölbter Torbogen, über dem ein Gewirr von stachligen, mit blauen Früchten reich behangenen Brombeerranken niederfluteten, lud sie zum Eintritt ein. Sie standen im Burghof, der von der alten Ringmauer umgeben war. Ihre Krone war zerstört, die Schießlöcher zerfallen und überall klafften die Risse, aber der untere Teil zeigte noch das feste Gefüge und die ungeheure Dicke des Fundaments. Ein Stück des Burgfrieds ragte auch noch aus den schlanken Birken hervor, die sich hier angesät hatten, der blaue Himmel lackte von oben hinein. Man wußte nicht recht, ob der dichte Efeu, der den Turm umsponnen hielt, ihm zum Verderben oder zur Erhaltung diente.

Auch hier wieder die schönen Ebereschen!" rief Regina, erfreut auf eine Gruppe von Bäumen deutend, die zwischen Trümmern der Ruine kräftig emporgewachsen waren.Hier ist es köstlich, so sommerlich warm und welch ein Leben. Das summt und zirpt, fliegt und huscht, als ob wir mitten im Sommer stünden. Sieh diese Unmenge von bräunlichen Faltern, wie seltsame, fremdartige Blüten wirken sie in der jetzigen blumen­

armen Zeit. Ach, und Drosseln gibt es auch hier! Die Natur hat ihnen ein leckeres Tischleindeckdich bereitet."

Hier fängt Meinhardt die meisten Kramtsvögel, und auf dem See gibt es viele Enten. Früher hatten wir auch einen Reiherhorst, aber die Tiere taten zu viel Schaden, der Fische wegen mußten sie ihr Leben lassen."

Wie herrlich muß es hier erst im Frühjahr sein, wenn die Blumen blühen!"

Und die Vögel singen. Ja, Regina, dann ist es wie ein Paradies. Doch im Herbst ist es auch schön, nur schade, daß die Tage schon so kurz sind, wir müssen uns plagen, um unser Programm durchzuführen."

So laß uns gleich beginnen."

Also Nummer eins: Fischfang, der Lachsforelle geht es an den Kragen. Ich wette, Meinhardt erwartet uns mit Ungeduld. Indessen mag Anton hier seine Vorbereitungen treffen."

Ach, diese köstliche Einsamkeit! Es faßte Regina plötzlich die Sehn­sucht, hier tagelang umherzuschweifen. Konnte es jetzt nicht sein, so doch im Frühjahr, wenn alles in Blüten stand und alle Kreatur, die hier hauste, den heimlichen Winkel mit frischem, jungem Leben erfüllte. Nur Menschen gehörten nicht dazu außer Wolf Dietrich, dem Einziggeliebten.

Woran denkst du, Regina? Deine Augen leuchten wie die einer Schwärmerin."

Ich mache Pläne für das Frühjahr, wenn wir hier wieder Her­kommen werden, aber für Tage!"

So weit voraus denkst du? Vorerst könnten wir im Winter noch einmal einkehren. Doch nun wird es Zeit, ans Frühstück zu denken, liefern wir Anton jetzt nicht den Fisch, können wir noch Stunden darauf warten, ehe wir ihn verzehren."

Sie steuerten auf das Land zu, und Wolf Dietrich holte aus dem Fischkasten des Bootes die größte Forelle hervor. Meinhardt tötete sie rasch, bereitete sie kunstgerecht vor und trug sie zur Wasserburg, wo Anton