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nicht genau mit der Spitze in Windrichtung stand, wurde es hin- und hergeschleudert, wobei die 4 vorderen Zellen in 8 m Länge bis zum Gondelballon zerrissen wurden und das Gas naturgemäß entwich. Das Gerippe ist in einer Länge von 32 in also gänzlich zertrümmert. Die 4 beschädigten Zellen werden als Ballonspitze ausgearbeitet. Der Motor der vorderen Gondel wird zur Erreichung des nötigen Auftriebs ausmontiert werden, so daß in dieser vorderen Gondel nur Platz für den Ingenieur und den Seitensteuermann ist. Gefahren wird nur mit einem Motor und den Propellern der Hinteren Gondel, um so eine Ueber- führung des um 24 m verkürzten Schiffs auf die Manzeller Bucht zu ermöglichen. Die sachgemäße Reparatur des Schiffs dürfte 6 Wochen beanspruchen. Die Halle in Metz ist fertig und 2. II sollte am 10. Juni übernommen und dorthin überführt werden. Jetzt sind natürlich alle Anordnungen des preußischen Kriegsministeriums nichtig und auch die Fertigstellung des Ausstellungsschiffs 2 III wird sich schwierig gestalten. Voraussichtlich wird das Reichsluftschiff I wieder in Dienst gestellt werden müssen.
Jebenhausen I.Juni. (3 Uhr 02 Min.) Von Friedrichshafen kommend, trifft soeben mit dem Automobil Graf Zeppelin hier ein, von der nach Tausenden zählenden Menschenmenge mit Hurra- und Hochrufen aufs lebhafteste begrüßt. Der Graf eilt durch die Menge schnurgerade auf Oberingenieur Dürr zu und erkundigt sich herzlich nach dessen Befinden. Die Begrüßung konnte man sich herzlicher nicht denken. Der Graf nimmt den Oberingenieur sofort auf die Seite und besteigt mit ihm nach wenigen Worten das Automobil, so daß nur wenige das Gespräch der beiden anhören können. Der Graf bedauert, daß der Oberingenieur so viele Entbehrungen habe mitmachen müssen, und bewundert die Tapferkeit und Ausdauer, mit der er die gesamte Arbeit leitete. Hierauf besteigt Graf Zeppelin die vordere Gondel und hält aus ihr an die Menge eine herzliche Ansprache, die damit endet, daß er die Menge bitte, sie möge zurückgehen, damit er, nachdem nun alles bereit sei, die Fahrt nach Friedrichshafen antreten könne. Nachdem Gras Zeppelin die Gondel verlassen hatte, ergriff sein Neffe zusammen mit Oberingenieur Dürr die Steuerung und unter Hurra- und Hochrufen der begeisterten Menge steigt das Luftschiff um 3 Uhr 20 Min. empor. Es führt nun auf dem Landungsplatz verschiedene Manöver aus, um dann die Heimfahrt anzutreten. Die Mannschaften sind bis jetzt in 43 Automobilen untergebracht, in denen sie den Luftkreuzer begleiten.
Göppingen 1. Juni. 2 II ist 3 Uhr 20 Min. aufgestiegen. Das Luftschiff er
hob sich leicht und elegant wie immer in die Höhe, machte eine Drehung und fuhr dann mit der reparierten Spitze voraus in der Richtung nach Weil heim u. T. zu. Die Lustschiffer haben das Bestreben, so schnell wie möglich Friedrichshafen zu erreichen. Graf Zeppelin jr. folgt dem Schiffe mit den Monteuren in Automobilen. Das Luftschiff führt nur mit dem Hinteren Motor, der vordere Motor und alle entfernbaren Teile wurden aus der vorderen Gondel herausgenommen, ebenso wurde der vordere Propeller abmontiert, um den vorderen Teil leicht zu machen, da er durch die Holzmassen der provisorischen Spitze schwer geworden war. Das Luftschiff fährt alfo nur mit dem Motor und den Hinteren Propellern, ebenso arbeitet es auch nur mit den Hecksteuern.
Mün singen 1. Juni. Das Luftschiff fuhr um 4.45 Uhr seitwärts der Stadt Münsingen über Feldstetten und befand sich um fünf Uhr über dem Truppenübungsplatz, wo die Mannschaften der gegenwärtig dort übenden Truppenteilen für eine Landung bereit waren. 5.05 Uhr passierte das Luftschiff das Barackenlager und steuerte in südlicher Richtung. Eine Landung erfolgte nicht.
Biberach 1. Juni. Das Luftschiff befindet sich auf dem Wege hieher und ist um Uhr nicht mehr weit von der Stadt entfernt. In Friedrichshafen ist dringend Nachfüllmaterial angefordert worden, das hierher transportiert werden soll. Man schließt daraus, daß der beschädigte Luftkreuzer keine Nachtfahrt machen, sondern in der Nähe von hier eine Landung vornehmen will, um dann morgen nach Vornahme der Füllung die Heimfahrt zu vollenden. — Graf Zeppelin ist kurz vor 9 Uhr im Automobil in Biberach eingetroffen, und vor dem Postamt vorgefahren. Auch die zahlreichen Automobile mit Zeppelinschen Mannschaften, die sich an der Verfolgung des Ballons beteiligt haben, um gegebenenfalls die nötige Hilse sofort leisten zu können, befinden sich im Anmarsch.
Friedrichshafen 1. Juni. Nach Mitteilung der Zeppelinluftschiffbaugefellschaft ist All punkt 9 Uhr bei Sckemmerb erg an der Bahnlinie Laupheim—Biberach südlich von Laupheim gelandet. Graf Zeppelin ist von Biberach mit Automobil sofort zur Landungsstelle gefahren. Von hier aus ist Gas zur Nachfüllung für morgen früh dorthin gesandt worden. Die In Automobilen dem Ballon nachgeführten Zeppelinmannschaften befinden sich an Ort und Stelle.
-Sche m merLerg OA. Laupheim 1. Juni. Die Landung des All ging glatt vor sich und erfolgte auf einer im Roßtal östlich von hier gelegenen Wiese. Das Luftschiff konnte die Fahrt
wegen der Gefahr allzugroßen Gasverlustes nicht fortsetzen. Graf Zeppelin ist um halb 10 Uhr an der Landungsstelle eingetroffen.
Schemmerberg 2. Juni. Gras Zeppelin äußerte sich über die Landung folgendermaßen: Infolge der Sonnenwärme und der geringen motorischen Kraft wurde das Luftschiff bis zu 1200 Meter hoch getrieben. Als abends Abkühlung eintrat, ging es herunter und da kein genügender Ballast vorhanden war, erfolgte die Landung. — Das Luftschiff hat um 12 Uhr 40 Minuten die Weiterfahrt angetreten.
Friedrichshafen 2. Juni. Das Luftschiff ist heute früh 6 Uhr eingetroffen. In der Höhe von ca. 50 Metern flog es, von der Einwohnerschaft stürmisch begrüßt, über die Stadt. Auch Graf Zeppelin ist mit seinen Begleitern eingetroffen.
Tagesueuigkeite».
Calw 1. Juni, lieber die Psingstfeiertage veranstaltete der Kaninchenzüchterverein von Calw und Umgebung in der hiesigen Turnhalle seine 4. Lokalausstellung, um einerseits seinen Mitgliedern Gelegenheit zu einem Wettbewerb zu geben und andererseits, um neue Interessenten für seine Sache zu gewinnen. Die zahlreiche Beschickung und das teilweise vorzügliche Material zeigte, daß die Bestrebungen des Vereins von Erfolg begleitet sind. Verschiedene — auch schon aus früheren Ausstellungen bekannte Züchter — haben wirklich hervorragendes geleistet und sind dementsprechend auch durch den Preisrichter, der peinlich seines Amtes gewaltet hatte, bewertet worden. Am zahlreichsten und mit besten Tieren beschickt war die Klasse I „belgische Riesen" die ihres schweren Gewichtes wegen jedenfalls auch für die Fleischproduktion die rentabelste Rasse ist. Auch unter den Farbenkaninchen waren recht gute Exemplare vertreten. Die Tiere waren in luftigen Käfigen untergebracht und die ganze Ausstellung war geschmackvoll arrangiert. Auch hatte Herr Georg Kolb jun. eine große, schon vielfach prämierte Kollektion sehr schöner Pelzwaren ausgestellt. Die Ausstellung wurde am Pfingstsonntag in Anwesenheit von Vertretern der Stadt Calw und des Herrn Landtagsabgeordneten Staudenmeyer, durch Herr Stadtpfleger Dreher eröffnet. In freundlichen Worten hob Herr Stadtpfleger Dreher die Bedeutung der Kaninchenzucht für die Volksernährung hervor und beglückwünschte den Verein zu seiner wohlgelungenen Veranstaltung. Herr Landtagsabg. Staudenmeyer zollte in kurzen Worten dem Fortschritt in der Kaninchenzucht feine Anerkennung und hob hervor, daß auch der Staat von dem Nutzen der Kaninchenzucht überzeugt sei und dieserhalb
„Armes Kind, du bebst ja am ganzen Körper in der Erinnerung des Furchtbaren, das du erleben mußtest. Onkel Bernhard sandte mir so ausführlichen Bericht, daß dir nichts zu sagen übrigbleibt. Nein, es soll alles zwischen uns begraben sein, und unsere Abschiedsstunde bleibt ein Geheimnis zwischen dir und mir."
„Du gibst mir dein Wort darauf?" Regina löste sich jäh von ihm und sah ihn mit blitzenden Augen an.
„Wort und Handschlag", antwortete Wolf Dietrich ernst und zog die von neuem in seine Arme, die in ihrer schlanken Schöne vor ihm stand, die verkörperte Anmut.
„Sieh doch den Hund. Sonst läßt er keinen Menschen an mich heran, und dich bedroht er nicht. Seine klugen Augen haben längst den Freund in dir erkannt."
Ellern klopfte Wodan den mächtigen Kopf. „Ein grimmiger Wächter, ich hörte von ihm durch Onkels Briefe. Wenn die nicht von Zeit zu Zeit in unsere Wildnis geflogen wären, ich weiß nicht, wie ich die Trennung von dir ertragen hätte. Schwarzenfels neckte mich stets, wenn ich nachher voller Uebermut war, und wollte nicht glauben, daß ein alter Onkel der Schreiber war. Dann kam die Nachricht von der Geburt des Kindes, die mich zum Herrn von Groß-Ellern machte. Ich wußte, du hattest meinen Brief gelesen, wir waren von neuem fürs Leben verbunden, und ich durfte nicht bei dir sein. Es waren schwere Stunden der Einsamkeit und des Entbehrens, in die von ferne her heimliche Stimmen klangen, als ob du mich riefst."
„Das tat ich zu jeder Stunde, mein Trautgesell! Doch nun trennt uns nichts mehr, und alles Schwere liegt hinter uns. Nichts mehr von Hoffen und Erinnern, nein, nun stehen wir vereint und holen uns unser Glück.
„Und daß wir es halten dürfen mit reinen Händen, das danke ich dir."
„Komm, laß uns deinen Lieblingsweg wandern an dem See entlang bis zu dem Borkenhäuschen, dort wollen wir den Mond erwarten."
„Man wird dich vermissen und in Sorge um dich sein."
„Keineswegs, sie wissen, daß der Hund bei mir ist. Sie sind solche Einfälle bei mir gewohnt."
„So komm!"
Sie gingen Hand in Hand wie zwei selige Kinder, und Wodan schritt würdevoll hinterher. Regina mußte erzählen, und sie berichtete von ihrem Leben auf Klein-Ellern, doch was sie aus ihres Mannes stolzem Heim getrieben hatte, davon sagte sie kein Wort. Nichts sollte diese Stunde trüben, die ihnen ganz allein gehörte. Später würden fremde Augen um sie sein, und mit dem beseligenden Geheimnis hatte es ein Ende. Ein Schloßherr auf Groß-Ellern stand zu sehr im öffentlichen Interesse, der konnte sich nicht in solche Einsamkeit verlieren wie Regina. Darum geizte diese auch mit jeder Minute, die ihnen noch gehörte, es widerstrebte ihr, jetzt schon ihr Glück unter die Menschen zu tragen, und wären es auch die liebsten, die sie besaß. Doch schon waren sie ihr auf der Spur.
„Regina", rief es durch den Wald.
„Da kommt Vater schon, ich bin ihm wohl zu lange geblieben", klagte die junge Frau.
„Komm, wir wollen dem alten Herrn seine Sorge nehmen", meinte Wolf Dietrich.
Seine kräftige Stimme gab Antwort und führte Kraußneck in wenigen Minuten zur Stelle. Schon von weitem rief dieser: „Na, Ellern, haben Sie es doch nicht ausgehalten und Regina selber Botschaft getragen, daß Wolf Dietrich wieder im Lande ist? Dann komme ich natürlich zu spät."
„Viel zu spät", rief es mit Wolf Dietrichs Stimme zurück.
„Wer ist denn das? Das ist doch nicht Onkel Bernhards Stimme?"
Sie traten aus dem schützenden Dunkel Hand in Hand in die leuchtende Mondnacht hinaus, und Wolf Dietrich sagte mit bebender Stimme: „Vater, ich habe mir schon mein Glück geholt."
(Fortsetzung folgt.)