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lungeir aus dem Komiiiissionsstadium herauszubringen. Solange dies nicht er­reicht ist, sind der Reichskanzler und die verbündeten Regierungen nicht in der Lage, ihre Stellung in sachlicher Weise zu prä­zisieren und entscheidende Beschlüsse zu fassen. Man wird annehmen dürfen, daß der Reichstag dem Wunsch des Reichskanzlers Rechnung tragen und seiner Kommission aufgeben werde, mit möglichster Beschleunigung ihre Arbeiten zu Ende zu bringen. Der Reichstag würde dann etwa 4 Wochen nach dem Pfingstfest sich wieder versammeln können, um die entscheidenden Verhandlungen im Plenum vor- zunehmen.

Paris 16. Mai. Die streikenden Postbeamten hielten gestern wiederum eine Versammlung ab. Nach Absingung der Inter­nationale erklärte einer der Streikführer, die Streikleitung habe nunmehr einen revolutionären Charakter angenommen. Ein anderer Führer erklärte, er würde es als eine Beleidigung an- sehen wenn ihn die Postverwaltung nicht aus dem Dienst entließe. Ein Abgesandter der Post­beamten in Alencon teilte mit, daß die dortigen Pvstangestellten in den Ausstand getreten seien. Der Generalsekretär des Arbeiter-Syndikats der Lebensmittelbranche, Bousquer, erklärte, die Ge­nossen des allgemeinen Arbeiter-Verbandes be­reiteten in diesem Augenblick eine große revo­lutionäre Bewegung vor, um den Postbeamten unter die Arme zu greifen. Die Redner in dieser Versammlung ergingen sich in heftigen Angriffen gegen den Kabinettschef Clemenceau. In 2 oder 3 Tagen, so wurde erkärt, sei die republikanische Demokratie mobil gemacht. Eine Reihe von Postbeamten erklärten, sie seien froh darüber, im Laufe des gestrigen Tages entlassen worden zu sein. Einstimmig wurde beschlossen, den Ausstand fortzusetzen. Am Schluß der Ver­sammlung wurde Rufe: Es lebe der revolutionäre Ausstand, ausgebracht.

Paris 15. Mai. Ein großer Skandal, wodurch hochstehende Beamte kompromitiert sind,

wird von den heutigen Morgenblättern angekündigt. Infolge von Beschwerden, die beim Justiz­ministerium eingegangen sind, soll eine Agentur entdeckt worden sein, die gegen Zahlung von Geld­beträgen gerichtliche Begnadigungen und Erlaß von Geldstrafen zu erwirken wußte. Bei einem Offizier der Pariser Garnison und einem Pariser Geschäftsagenten ist in dieser Angelegenheit Haus­suchung vorgenommen worden.

Brüssel 15. Mai. Gegen Mitternacht ist in der Nähe des Nordbahnhofes ein großes Lumpenlager durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Das Lagerhaus hatte eine Front von 20 m und eine Tiefe von 100 m. Es lagerten dort ungeheure Mengen Lumpen und altes Papier. Der Schaden ist sehr bedeutend.

Wien 15. Mai. Kaiser Wilhelm empfing heute vormittag den Ministerpräsidenten Frhrn. v. Aehrenthal, der sodann in Ge­genwart des Kaisers 1 Stunde mit dem deutschen Botschafter v- Tschirschky konferierte. Die Kaiserin fuhr mit der Erzherzogin Marie Annunziata in den Prater und besichtigte die Kaiserin Elisabeth-Gedächtniskapelle und die Kronprinz Rudolf-Brücke. Hierauf begab sich die Kaiserin in das österreichische Museum für Kunst und Industrie, wo sich inzwischen Kaiser Wilhelm eingefunden hatte. Die Majestäten besichtigten eingehend die Erzherzog Karl-Ausstellung. Der Kaiser fuhr sodann bei der deutschen Botschaft vor. Um 1'/- Uhr fand im Marmorsaale der Hofburg ein Dejeuner statt, an dem außer den Majestäten auch die Erzherzöge und Erzherzoginnen teilnahmen.

Wien 15. Mai. Nach dem Familien­dejeuner fuhren die Kaiserin mit der Erzherzogin Maria. Annunziata, Kaiser Wilhelm in öster­reichisch-ungarischer Generalsuniform mit Kaiser FranzIoseph, der preußische Generalsuniform trug, zum Westbahnhof, gefolgt von dem Ehren­dienst, durch ein vom Publikum gebildetes Spalier, das den Majestäten stürmische Ovationen dar­brachte. Kaiser Wilhelm und die Kaiserin dankten freundlich. Am Westbahnhof angelangt, hielten

die Majestäten im Hofwartesalon mit den zur Abschiedsaufwartung erschienenen Persönlichkeiten, dem deutschen Botschaftar, dem Personal der Botschaft, dem österreichisch-ungarischen Botschafter v. Szögyeny-Marich Cercle. Die Majestäten be­traten sodann den mit Blattpflanzen reich deko­rierten Perron. Die Kaiserin küßte die Erz­herzogin Maria Annunziata, Kaiser Franz Joseph küßte der Kaiserin die Hand, die sich freundlich lächelnd von dem Monarchen verabschiedete. Die beiden Kaiser küßten einander dreimal. Kaiser Franz Joseph half der Kaiserin beim Einsteigen in den Hofwagen. Die deutschen Majestäten unterhielten sich bis zur Abfahrt mit Kaiser Franz Joseph und der Erzherzogin vom Coupeefenster des Wagens aus. Als sich der Zug in Bewegung setzte, salutierten die Majestäten und nickten ein­ander freundlich zu. Kaiser Wilhelm dankte für die Grüße der am Perron Versammelten.

Wien 15. Mai. Hier wird den auffallend herzlichen Toasten der beiden Kaiser große Bedeutung beigemessen. Besondere Beachtung findet der llmstand, daß beide Kaiser in ihren Trinksprüchen Italiens 'gedachten und auch an König Emanuel eine Depesche sandten, in welcher sie ihm den warmen Ausdruck ihrer' unveränderten Freundschaft übermittelten.

Vermischtes.

Einen recht teuren Scherz machte sich ein junger Kaufmann in Zechlin in Pommern. Er steckte eine Tafel Schokolade in einen Wertumschlag, gab als Wertangabe eine Million Mark an und sandte diesen Brief unfrankiert an seine Braut in Neuruppin als Geburtstagswunsch. Auf dem Postamt wurde die angeblich wertvolle Sendung vorschriftsmäßig nachgesiegelt, mit 162 Porto belegt und unter Geleit nach Neuruppin gesandt. Der hohen Porto­kosten wegen verweigerte die Braut die Annahrne. Unter einem nochmaligen Portoaufschlag von 162-42 ging die Sendung nach Zechlin zurück, wo die Post nunmehr 324 -42 Portokosten von dem jungen Kaufmann für seinen Scherz verlangt.

Hirsau.

Calw.

Am Mittwoch, den 19. Mai 1909, von vormittags 8 Uhr an, wird auf dem hiesigen Rathaus verakkordiert:

1. Die Lieferung und das Zerklei­nern von Kalksteinen für die in städtischer Unterhaltung stehenden Straßen und Wege für 1909/10.

2. Die Beifuhr des Holzes für die städt. Gebäuden und Schulen und des städt. Vorratsholzes.

Den 17. Mai 1909.

Stadtpflege.

Dreher.

Calw.

Grasm-ilihtung.

Der diesjährige Grasertrag von verschiedenen städt. Wiesen (Badwiese, Metzger'scher Garten w.) und Feld­wegen wird am

Mittwoch, den 19. Mai 1909, vormittags 8'/- Uhr, auf dem Rathaus im öffentlichen Auf- ftreich verpachtet.

Den 17. Mai 1909.

Stadtpflege.

Dreher.

Eine Wohnung

von 2 Zimmern mit Zubehör zu vermieten.

Zu erfr. im Compt. ds. Bl.

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Stuttgarterstraße.

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1 Pferd.

Zusammenkunft beim Rathaus.

Gerichtsvollzieher Wurster.

Calw, 17. Mai 1909.

Danksagung.

Für die uns in so reichem Maße entgegen- gebrachte Teilnahme an !t dem Hinscheiden unseres

^ l. unvergeßlichen Kindes

Emil

und für die trostreichen Worte des Hrn. Stadtpfarrers sprechen wir den herzlichsten Dank aus.

Die trauernden Eltern

August Großmann und Frau.

Im-litmlkr Nemo Calw.

Am Mittwoch, den 19. Mai d. I., abends 8 Uhr, findet in der Brauerei Dreiß ein Vortrag des Herrn Professor Hummel aus Karlsruhe über die politische Lage im Reich statt. Die Mitglieder unseres Vereins werden ein­geladen, dem Vortrag anzuwohnen.

Calw, den 15. Mai 1909.

Der Vorstand.

Lögmehl

pr. «rdni zu Mk. 2.50 bei

mech. Holzwarenfabrik, Calw.

Wir bitten unsere Mitglieder die bestellten

Einkalkeier

im Laden von heute ab abholen zu wollen.

Calw, den 17. Mai 1909.

Der Spar- and Coasumverei« Calw v. Umgegend.

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