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bedarf nicht durch eigene Herstellung decken, wodurch sich in den östlichen Provinzen die Naturallöhnungen nicht aufrecht erhalten lassen. Abg. Stauffer (wirtsch. Vgg.). Wir halten eine Kontingentierung der Mühlenproduktion und Staffelung der Umsatzsteuer für nötig. Darauf tritt Vertagung ein. Nach kurzer Debatte wird auf Antrag Bassermann (natl.) beschlossen, auch Dienstag nächster Woche frei zu lassen und vom Mittwoch nächster Woche bis Mittwoch übernächster Woche im Plenum zu verhandeln.
Berlin 6. Mai. Die Neue Gesellsch. Korr., die im allgemeinen als offiziös gilt, hatte gestern behauptet, daß der Reichskanzler Fürst Bülow beabsichtigte, seine Entlassung zu nehmen, falls bis zum Pfingstfest nicht eine Klärung der finanzpolitischen Situation in der Richtung der Grundlinien seiner Politik erfolgt sei. In dieser Form findet, so meldet der Lok.- Anz., die Meldung an zuständiger Stelle keine Bestätigung. Bekannt sei nur, daß der Kanzler den Gedanken ernstlich in Erwägurg ziehe, von seinem Amt zurückzutreten, falls das Zustandekommen der Finanzreform definitiv aussichtslos werden sollte. Daß er jedoch bereits jetzt einen äußersten Termin für diese Entschließung festgelegt habe, entspreche nicht den Tatsachen.
Berlin 6. Mai. Zum gestrigen Besuch von etwa 300 Reichstagsabgeordneten auf der Militärluftschiffwerst in Tegel wird gemeldet, daß Major Groß betonte, daß der Reichstag bekanntlich im Jahr 1906 die Mittel zur Erprobung des Luftschiffbaus usw. bewilligt habe und daß dann die Luftschiffwerft gebaut wurde, die damals für ihre Zwecke vollauf genügte. Heute sei aber die Werft bereits zu klein geworden, so daß man demnächst an den Bau einer neuen größeren Werft denken müsse, -für die der Reichstag wohl die Mittel bewilligen werde, da die Flugtechnik täglich neue Fortschritte gemacht habe und das Luftschifferbataillon auf der Höhe bleiben müsse. Aus den sich anschließenden Gesprächen konnte man ersehen, daß die Reichsboten nicht abgeneigt sind, diese Mittel zu bewilligen. Major Groß betonte noch, daß die Flugtechnik in Frankreich in den letzten Jahren rasche Fortschritte gemacht und so die Deutschen angespornt habe. Heute könne man ersehen, daß Frankreich von Deutschland erreicht und überflügelt worden sei. Man dürfe aber nicht rasten, sondern müsse auf dem betretenen Weg rüstig sortschreiten. Nach der Besichtigung des Parsevalballons begaben sich die Abgeordneten vom Tegeler Schießplatz wieder zur Luftschifferkaserne, wo eine fahrbare Feldküche ausgefahren war. Eine Erbsensuppe mit Speck, die in dieser Küche bereitet worden war und den Abgeordneten gereicht wurde, mundete diesen offenbar vortrefflich. Während dieser Kostprobe war der Freiballon „König" gefüllt worden und stieg mit drei Offizieren auf, um bald den Blicken der Abgeordneten zu entschwinden. Während der ganzen Manöver war der Schießplatz, sowie die Luftschifferkaserne durch ein großes Aufgebot von Soldaten und Gendarmen abgesperrt.
Berlin«. Mai. Ein Pekinger Telegramm meldet, daß in der südchinesichen Provinz Mnnan die beiden deutschen Reisenden Dr. Schmitz
und Dr. Brunnhuber ermordet worden seien. Nach Missionsnachrichten sind sie von dem Stamme der Lutzow am oberen Salwin ermordet worden. Dr. Brunnhuber (früher Chefredakteur der „Kölnischen Zeitung") wollte von Mnnan nach Tibet gelangen.
Recklinghausen 6. Mai. Ein umfangreicher Brand, dem etwa 1000Morgen Wald zum Opfer fielen, ist an der Bahnstrecke Haltern-Recklinghausen ausgebrochen. Der Wald gehört zum größten Teil dem Herzog von Aren- berg. Das Feuer soll durch Funken ans einer Lokomotive entstanden sein.
Düsseldorf 6. Mai. Ein viersitziges Boot des Ruder-Clubs, in dem sich 5 Herren befanden, stieß auf der Oberkasseler Seite an das Ankertau eines Baggers und zerschellte. Drei Insassen des Bootes konnten sich an dem Tau über Wasser halten, während die beiden andern durch die Strömung unter den Bagger getrieben wurden. Sie tauchten noch einmal auf, verschwanden aber gleich darauf wieder unter den Wellen und ertranken. Man nimmt an, daß sie Verletzungen erlitten haben, die sie am Schwimmen verhinderten.
Wien 6. Mai. Die „Times" hatte behauptet, in den Bestimmungen bezüglich des Besuches des deutschen Kaisers in Wien sei ein plötzlicher Wechsel eingetreten, weil nach Ansicht Kaiser Wilhelms der zunächst geplante ruhige Empfang nicht die Wichtigkeit des Dienstes genügend ausgedrückt haben würde, den Deutschland Oesterreich-Ungarn bei der Balkan-Krisis erwiesen habe. Die „Pol. Korresp." erfährt hiergegen von zuständiger Seite, daß gerade Kaiser Wilhelm auf die Einladung Kaiser Franz Josephs Schönbrunn in Aussicht nahm, und daß erst auf nachdrücklichen Wunsch Kaiser Franz Josephs Wien für die Zusammenkunft gewählt wurde.
Konstantinopel 6. Mai. Die Bank von England, in deren Kassen der größte Teil von Abdul Hamids Schätzen ruht, weigert sich ganz entschieden, dem jungtürkischen Komitee auf dessen Forderung hin das Guthaben des Exsultans auszuliefern. Dieser Handlungsweise der Bank von England haben sich die französischen, deutschen und italienischen Banken angeschlossen. Aus diesem Grunde versucht jetzt das jungtürkische Komitee Abdul Hamid zu zwingen, Schecks zu Gunsten des Komitees zu unterzeichnen. Dieses eigenartige Vorgehen der Jungtürken hat bereits die Aufmerksamkeit der Mächte auf sie gelenkt, und man nimmt an, daß, falls die Jungtürken ihr Vorgehen nicht ändern, eine Intervention der Mächte in dieser Beziehung erfolgen werde.
Vermischtes.
— Ein eigenartiger Diebstahl wird aus Siders im Kanton Wallis gemeldet. Bei einem Angestellten der Aluminiumwerke von Chippis frug diese Woche jemand an, warum die Stromleitung Siders-Montana unterdrückt worden sei. Dieser Angestellte behauptete fest, diese Leitung bestehe noch und sei niemals weggenommen worden. Ein sofort vorgenommener
Augenschein gab bald Auskunft. Von Villa weg, Lei Siders bis auf die Höhe von Montana war keine Spur von Kupferdraht mehr zu finden. Die Stangen waren entweder ganz entwurzelt oder abgesägt. Die Isolatoren zerschlagen. Man weiß nicht, wann eigentlich der Diebstahl vorgenommen wurde. Auch fehlt jede Spur der Diebe. Es mußten diese aber wissen, daß die Leitung gegenwärtig nicht gebraucht wurde; sie diente früher zur Beleuchtung der Hotels in Montana und Vermala. Seit etwa einem Jahr aber wird die nötige Kraft von dem Elektrizitätswerk der Stadt Sitten geliefert, und die ehemalige Leitung Siders-Montana-Vermala blieb unbenützt. Der Schaden wird auf etwa 4000 Fr. berechnet.
London 5. Mai. In Aldershot fand am Dienstag der erste Versuch mit einem neuen lenkbaren Luftschiff statt, welches von dem Obersten Capper gebaut wurde. Der neue Ballon gleicht in Gestalt einem Walfisch. Er ist an der Spitze breiter als am Ende. An dem Ende hat er drei gewaltige Flossen, die senkrecht zu dem Ballonkörper stehen. Das Luftschiff ist hundert Fuß lang und hat einen Durchmesser von dreißig Fuß. Es kann neben seinem eigenen Gewicht und der Gondel und dem Ballast vierhundert Pfund tragen. Die Gondel hängt an dünnen Drähten, die ihrerseits an einer Leiste befestigt sind, die sich rings um den Ballon zieht. Die Gondel ist fünfzig Fuß lang und enthält zwei Maschinen von zwölf Pserdekräften. Bei den Versuchen am Dienstag wurde das Luftschiff noch gefesselt gehalten. Es rollte bei starkem Winde beträchtlich, schwebte jedoch ruhiger, sobald die Spitze gegen den Wind gerichtet war. Es heißt, daß die Versuche befriedigend ausgefallen seien.
(Die Jagdbeute des Expräsidenten Roosevelt.) Nach Telegrammen, die aus Nairobi in Newyork einliefen, hat Mr. Roosevelt bereits drei männliche und zwei weibliche Löwen erlegt. Sein Sohn Kermit schoß einen Löwen. Dem guten Schießen des Expräsidenten sollen zwei Mitglieder der Reisegesellschaft ihr Leben zu danken haben. Die beiden stießen unerwartet auf einen riesenhaften Löwen. Sie warfen sofort die Pferde herum und versuchten, zu fliehen. Der Löwe, der zum Sprunge ansetzte, wurde durch einen Schuß in den Kopf niedergestreckt. Der bekannte Jäger und Sportsmann Selous schrieb an einen Freund, daß die Geschicklichkeit des Präsidenten im Schießen außerordentlich groß sei. Mr. Roosevelt brauche fast nie mehr als eine Patrone für das große Wild. Er ziele jedoch, wie auch sein Sohn Kermit, ziemlich lange. Am Montag wohnte Mr. Roosevelt in Fort Hall einem Kriegstanz von 400 Kriegern des Kikuji- stammes bei. Die Häuptlinge beschenkten ihn dabei mit einer Ziege, drei Schafen, einem Ochsen und einem weißen Strauße, wofür Air. Roosevelt sie durch Silberstücke belohnte.
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9. Mai Vom Turm: 51. Predigt- lied: 470. Meine Seele senket sichre. 9s- Uhr: Vormittag!predigt, Vikar Köstlin. 1 Uhr: Christenlehre für die Söhne.
13. Mai. 8 Uhr abends: Bibelstnnde im VereinshauS, Stadtpfarrer Schmid.
Privat-Anzeigen.
Zeichnungen
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16966 666- 47» Stuttgarter Sta-tanleihe
««kündbar bis 1916
nimmt L 101,20 °/° bis 10. Mai entgegen
Lurll HeorKlL.
Jungliberaler (Imin ealw.
Am Samstag, den 8. ds. Mts., abends 8 Uhr, findet im „Badischen Hof"
Generalversammlung
statt. Tagesordnung: Neuwahlen und sonstige Bereinsangelegenheiten. Zahlreiches Erscheinen der Mitglieder ist dringend geboten.
Der Borstand.
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Freitag Abend
geruchlos, empfiehlt
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Seifensieder.
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