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^ 105. Amts- und Anzeigeblatt für den GberamkbeM Lalw. 84 ;ch,«»,.

Srscheinungstnge: Monrag, Dien Stag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samätag. InfertionSprcrs .0 Pfg. pro Zeile für Stadl u. Bezirksorte: außer Bezirk 12 Pfg.

Freitag, den 7. Mai 1909.

Bezugspr.i. d. Stadl ^^jährl.m. Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. f. d. Orts- u. Nachbarvrtsverk.' zjährl. Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Würlt. 30 Pfg.. in Bayern u. Reich 42 Pfg.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. die Aufnahme von Zöglinge« in die Ackerbanfchnlen.

Am 1. Oktober wird d. I. eine Anzahl von Zög­lingen in die Ackerbauschulen zu Hohenheim, Kirchberg, Ellwangen und Ochsen- Hansen ausgenommen. ES werden daher die­jenigen Jünglinge, welche in die eine oder andere Ackerbanschule etnzutreten wünschen, aufgefordert, sich spätestens bis zum 15. Juni v. I. je bei dem betreffenden Schulvorstand zu melden. Die Aufzunehmenden müssen das 17. Lebensjahr zurückgelegt haben, vollkommen gesund, für anhal­tende Feldarbeiten körperlich erstarkt und mit den gewöhnlichen landwirtschaftlichen Arbeiten bekannt sein, die Kenntnisse eines guten Volksschülers und die Fähigkeit besitzen, einen einfachen Vortrag über Landwirtschaft und deren Hilfsfächer aufzufassen. Kost, Wohnung und Unterricht erhalten die Zög­linge für die von ihnen zu leistenden Arbeiten,^ woneben sie nach Maßgabe ihrer Leistungen und ihres Verhaltens je am Schluß des Schuljahres noch mit besonderen Prämien bedacht werden können. Etwaigen Bedürftigen kann außeidem eine Unter­stützung in Aassicht gestellt werden.

Mit dem Eintritt in die Schule ist die Ver- vflichtung zu übernehmen, den vorgeschriebenen zweijährigen Letz'gang durchzumachen und zu diesem Zweck im Fall der Aushebung zum Militär­dienst von der Vergünstigung, sich zurückstellen zu lassen, Gebrauch zu machen.

Den Eingaben, in welchen die bisherige Lauf­bahn des Bewerbers darzulegen ist, müssen ein Geburtsschein, Impfschein, ein ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand des Bewerbers, das sich auch über etwaige frühere, der Aufnahme hinderliche Eikcankungen des Gesuchstellers zu äußern hätte, ein Staaisangehörigkeitsausweis, ein Zeugnis des Gemeinderats über das Prädikat desselben, über den Stand und den etwaigen Grundbesitz des Vaters und das dem Bewerber etwa von seinen Eltern

anfallende Vermögen, sowie eine schriftliche Ein­willigung des Vaters, beziehungsweise Vormundes, zum Besuche der Ackerbanschule beiliegen.

Die Bewerber, welche nicht durch einen be­sonderen Erlaß zurückgewiesen werden, haben sich am Montag, den 12 Juli d. I., morgens 7 Uhr, zur Erstehung einer Vorprüfung in Hohenheim einzufinden.

Stuttgart, 1. Mat 1909.

Sting.

Tagesnemgkeites.

Birkenfcld OA. Neuenbürg 6, Mai. Hier erschoß sich der verheiratete 34 Jahre alte Fässer (Goldschmied) Eugen Huberin seiner Wohnung. Der Grund ist wohl in einem un­heilbaren Leiden zu suchen, das ihn schon einige Jahre quälte. Er hinterläßt eine Witwe und ein unversorgtes Kind.

^ ' ^Zu^r ^k^older Hirsch-Katastrop h e. Nach nahezu 3jährigen Verhandlungen ist in dem bekannten Prozeß der Württembergischen Baugewerks-Berufsgenossenschaft gegen die Stadt­gemeinde Nagold bczw. gegen den Allgemeinen DeutschenVersicherungverein, bei welchem die Stadt Nagold gegen Haftpflichtschäden versichert war, jetzt folgender Vergleich zu stände gekommen: Der Allgemeine Deutsche Versicherungsverein bezahlt an die Baugewerksberufsgenossenschaft zur Abfindung aller Ansprüche, welche aus dem Unfall vom 5. April 1906, dem Einsturz des Gasthauses zum Hirsch in Nagold, klägerischerseits gegründet worden find und begründet werden können bar 30 000 Die Kosten werden

verglichen." Es handelte sich bei dem Streit hauptsächlich um die Frage, ob und in wie weit die Gemeinden für fahrlässiges Verschulden ihrer Beamten und sonstigen Angestellten ver­antwortlich gemacht werden können. (Neckztg.)

Aegina.

Roman von I. I o b st.

(Fortsetzung.)

Gib der Vernunft jetzt Gehör, mein liebes Kind," fuhr v. Ellern fort, überlasse seine Sache dem Vetter, später darfst du dein Herz wieder sprechen lassen. Die Welt vergißt rasch, in einem Jahr wirst du ihn getrost in deine Nähe nehmen können, ohne daß der Klatsch sein Wörtchen mitredet. Er ist in guten Händen, Kraußneck und ein intimer Bekannter won uns, der nicht genannt sein will, sorgen für ihn und lassen ihn nicht aus ihrer Obhut, er kann kein Unheil mehr anstiften."

Ich danke dir, Vater."

Noch einmal preßte sie seine Hand, noch einmal sahen sie sich in wehmütigem Einverständnis in die Augen, dann gingen sie hinein.

Baron von Ellern trug sein Geschick wie ein Held. Die erste Zeit vermochten Regina sowohl wie Wilhelm nicht an die Wahrheit der ärzt­lichen Voraussage zu glauben, nur der treue Kammerdiener war Zeuge der vielen Stunden, in denen der Erkrankte litt. Aber dann trat der jäh fortschreitende Verfall um so rascher ein.

Sibylle, aufs tieste erschreckt, hatte eine lange Unterredung »fit dem alten Hausarzt und ihrem vertrauten Berater Doktor Gläser. Darauf schloß sie sich für den Rest des Tages ein, sie wollte dem Kranken nicht die rotgeweinten Augen zeigen, die nun auch das Gespenst gesehen hatten das im Hause umging. Ihr geliebter Ellern durfte nicht erschreckt werden, man mußte ihn in dem Glauben lassen, daß er wieder gesunden könne. So führten die Ehegatten von nun an miteinander eine rührende Komödie auf, die Regina nur zu oft die Augen feuchtete. Man tat so, als glaube man an die barmherzige Täuschung des anderen.

Stuttgart 6. Mai. Die Zweite Kammer nahm heute einen Antrag betr. Für­sorge für Gemeindebeamte, Unterbeamte und Privatpersonen für im Dienst oder bei Hilfeleistungen erlittene Unfälle an, desgleichen einen Antrag des Zentrums, betr. Einbringung eines Gesetzentwurfs, der nach dem Vorgang des Reichsgesetzes vom 15. März 1909 die Einwirkung der Armenunterstützung auf öffentliche Rechte regelt. Sehr lebhaft gestalteten sich teilweise die Erörterungen über die schon einmal besprochene Frage des künftigen Weg­falls von zwei L andjä gerbezirkskom­mandeurstellen, wie ursprünglich von Graf (Z.) und heute von der Kommission beantragt wurde. Das Haus entschied sich nach allzu breitspuriger Debatte für den Wegfall zweier Stellen im Fall ihrer Erledigung. Morgen Fortsetzung.

Stuttgart 5. Mai. (Strafkammer.) Der Fabrikant Eugen Herrmann in Hannover war vom hiesigen Schöffengericht wegen unlauteren Wettbewerbs zu 50 ^ Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte in einer hiesigen Zeitung Inserate erlassen, in denen gesagt war, daß das von ihm hergestellte Eierkuchen- und Krapfen­pulver vollständig Ersatz für ra. 56 Eier sei und daß zur Bereitung von 6 Stück delikaten lockeren Eierkuchen ein Päckchen genüge. Nach der chemischen Untersuchung besteht das Pulver aus Weinstein, doppelkohlensaurem Natron und Stärkemehl, außerdem enthält es einen gelben Teerfarbstoff. Nährstoffe, wie sie den im Ei enthaltenen gleichkommen, enthält das Pulver überhaupt nicht. Strafantrag hatte der Württem- bergische Bund für Gewerbe und Handel gestellt. Das schöffengerichtliche Urteil wurde von dem Angeklagten angefochten. In der Berufungs- verhgndlung sprachen sich die Sachverständigen,

Man war mitten in den heißesten Tagen des August. Der Kranke saß in einem bequemen Sessel auf der Terrasse, wo es am Nachmittag erträglich war. Neben ihm saß Wolf Dietrich, der zum ersten Mal zu einem längeren Verweilen gezwungen wurde, sonst hatte er es bei den seltenen Besuchen verstanden, unter dem Vorgeben, nicht stören zu wollen, nach kurzer Zeit wieder aufzubrechen. Es war bis jetzt niemand ausgefallen. Wilhelm war mit Arbeit überhäuft, da ihm schon jetzt die gesamte Ver­waltung oblag, wenn der Vater auch noch selbst bestimmte. Sibylle dachte an nichts anderes mehr, als an die Krankheit ihres Mannes, und Regina flüchtete bei Wolf Dietrichs Kommen sofort auf ihr Zimmer.

Doch heute ließ ihn der alte Baron nicht fort, !es ging ihm ver­hältnismäßig gut, und er gedachte wie in alter Zeit ein vertrauliches Plauderstündchen mit dem 'Neffen zu halten. Es wurden Wirtschafts­fragen verhandelt und Familienangelegenheiten, und eine Stunde gab der anderen die Hand.

Gleich werden die Damen erscheinen, du wirst doch nicht vor ihnen die Flucht ergreifen, Wolf Dietrich. Sibylle sieht dich sicher noch gern, und Regina wird froh sein, anstatt Krankengespräche führen zu müssen, sich mit einem gleichaltrigen Menschenkinds unterhalten zu dürfen. Sie wird mir zu ernst, muntere sie ein wenig' aus mein Sohn. Wilhelm begräbt sich so in seinen Büchern und nimmt es mit der neuen Arbeit so wichtig, daß selbst die Braut zurückstehen muß. Zugegeben, daß er sich einarbeiten muß, so finde ich doch, daß er des Guten zu viel tut. Unter meiner Leitung ging die Karre auch, aber ich ließ den Beamten mehr Freiheit, das erhält die Freudigkeit im Dienst. Bevormundung kann auch zu weit getrieben werden. Bist du nicht auch meiner Meinung?"

Ich kann die Sache ja nicht beurteilen, Onkel, aber mich über­rascht es, daß Wilhelm sich jetzt von der Seite zeigt."

Das ist doch natürlich, Wolf Dietrich. Im Großen erlebst du es