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Lübeck 26. April. Der DampferBaltic" stand gestern Abend vor der Drehbrücke, die den Verkehr zwischen Lübeck und Trave­münde vermittelt. Die Brücke hatte sich auf das Signal des Dampfers in Bewegung gesetzt. Der Maschinist des Dampfers verstand das Signal des Kapitäns rückwärts zu fahren, falsch und fuhr mit Volldampf voraus. Dadurch stieß der Dampfer gegen einen Brückenflügel, den er vollständig demolierte. Der Dampfer legte sich dann mitten ins Fahrwasser und machte den Schiffsverkehr unmöglich. Erst Mittags gelang es, das Schiff aus dein Fahrwasser zu schleppen. Der Wagenverkehr nach Travemünde ist voll­ständig unterbrochen. Die Brücke ist Nachmittags teilweise eingestürzt. Der Schaden be­trägt über 100000

Paris 26. April. Während der Fahrt von San Remo nach Lugano wurden einer deutschen Prinzessin, deren 'Namen ver­schwiegen wird, ein Reisekoffer gestohlen, der für eine Million Juwelen und angeblich auch wichtige Papiere enthielt. In Genf wurden 9 Engländer verhaftet, in deren Besitz man eine mit Diamanten und Edelsteinen gefüllte Tasche fand. Die Steine waren gewalt­sam aus ihren Fassungen gerissen. Die Berner Polizei setzte eine Prämie von 90 000 Francs für die Festnahme der Diebe aus.

Der deutsche ttronprinz am österreichischen Hofe.

Von Bukarest aus ist der deutsche Kron­prinz nach Wien gereist: in Wien war auf dem Staatsbahnhofe eine Ehrenkompagnie des 4. In­fanterieregiments mit Fahnen und Musik und den reglementsmäßigen Vorgesetzten ausgestellt. Kurz nach M2 Uhr erschien der Kaiser in preu­ßisch e r M a r s ch a l l s u n i f o r m mit dem Bande des Schwarzen Adlerordens. Ferner hatten sich eingefunden die Erzherzöge Franz Ferdinand, Franz Salvator, Leopold Salvator, Eugen, Frie­drich und Reiner mit ihren Suiten in den Uni­formen ihrer preußischen Regimenter und der deutsch e Botschafter Freiherrv. Tschirskp- Bögendorff mit den Herren der Botschaft. Der Kaiser schritt die Front der Ehrenkompagnie ab. Um 2 Uhr 8 Min. fuhr der Zug unter den Klängen desHeil Dir im Siegerkranz" in den Perron. Der Kaiser trat dicht an den Bahnkörper heran. Der Kronprinz in der Oberstenuniform seines Husarenregiments mit umgehängter Pelzattila entstieg dem Wagen, schritt auf den Kaiser zu und wollte ihm die Hand küssen. Der Kaiser wehrte jedoch ab, schüttelte dem Kronprinzen die Hand und küßte ihn dreimal. Nachdem der Kronprinz die Erzherzöge durch Händedruck begrüßt hatte, fuhr der Kaiser mit seinen: Gaste zur Rechten in seinem Hofwagen nach der Hofburg. Das vor dem Bahnhof in überaus großer Zahl an- gesammelte Publikum brach in brausende Hoch­rufe aus. In der Hofburg begrüßten den Kronprinzen der erste Oberhofmeister und Zere­monienmeister. Gleich nach der Ankunft stattete der Kronprinz den in Wien weilenden Erz- herzögen Besuche ab. Um 7 Uhr abends fand im Neuen Saale der Hofburg eine Tafel statt, zu der der Kronprinz vom Kaiser abgeholt wurde.

An der Tafel nahm der Kaiser zur Linken des Kronprinzen Platz. Außerdem nahinen die Erz­herzöge und Erzherzoginnen, das Gefolge des Kronprinzen, ferner die Herren der deutschen Botschaft und die obersten Hofchargen an der Tafel teil. Nach der Tafel begab sich der Kron­prinz in das Hofoperntheater, um der dortigen Vorstellung beizuwohnen.

Die Wiener Blätter begrüßen mit warmen Willkommensartikeln den deutschen Kronprinzen. DasFremdenblatt" schreibt:Wir dürfen den deutschen Kronprinzen heute in Wien als Ver­treter des deutschen Kaisers und des deutschen Volkes begrüßen, in dem Will­komm, das ihm geboten wird, spricht die Erinnerung mit an die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, bei denen der Kaiser und das Volk in Deutsch­land sich einig erwiesen haben in der Bund es - treue, die den vollen Wert des mitteleuropäischen Bündnisses als der stärksten Friedensbürgschast in Europa dargetan hat. Die Kraft dieses Bündnisses hat in den vergangenen schweren Zeiten alle Zweifler im Auslande und Jnlande besiegt und bekehrt." DieNeue Freie Presse" schreibt:Der Besuch des Kronprinzen erfolgt diesmal unter dem Eindruck der großen Mani­festation deutscher Bundestreue aus Anlaß der Annexionskrise. Die Zusammengehörig­keit beider mitteleuropäischer Reiche ist vielleicht noch nie so mächtig hervor­getreten. Der Kronprinz wird die Ueberzeugung von der Stärke des Bündnisses in die Heimat mitnehmen."

Oie Ereignisse in der Türkei.

Konstantinopel 26. April. Die Zahl der Toten beträgt nach Aussage von Sol­daten 2 0 00. Etwa 600 davon sollen aus die Makedonier fallen. Die Stimmung der Make­donier ist stark gegen den Sultan. Der Mldiz ist durchweg umzingelt, 40 Geschütze sind gegen ihn gerichtet. Der Großvezier, der Kriegsminister und einige andere Minister wurden vorgestern abend vom Sultan im Mldiz als Geißeln zurück­behalten. Wenn der Mldiz sich nicht bedingungslos unterwirft, wird wahrscheinlich heute früh die Beschießung erfolgen.

Ko nstantinopel 26. April. Der Präsi­dent der Kammer und des Senats sowie die Mehrzahl der Abgeordneten und Senatoren sind per Bahn aus San Stefano hier eingetroffen. Von Militär begleitet, begaben sie sich ins Parlament, wo eine geheime Sitzung abgehalten wurde. In dieser Sitzung wird, wie verlautet, eine endgültige Entscheidung bezüglich des Sultans getroffen werden. Der Zugang zum Parlament ist gesperrt, die Sitzung völlig geheim. Die Stadt hat wieder ihr gewöhnliches Aussehen, die Geschäfte sind geöffnet. In den Straßen, die zur Pforte führen, bewegt sich eine kolossale Menschenmenge.

Konstantinopel 26. April. Im Parla­ment, wo die Nationalversammlung heute Morgen geheim, nachmittags aber öffentlich tagte, teilte der jungtürkische Deputierte Ali Bei mit, daß die National-Versammlung vom Scheich ul Islam einen Bericht und den Antrag fordere, der Sultan sei, weil er die religiösen Gesetze ver­letzt habe, des Kalifats unwürdig. Die

'Nationalversammlung werde Abdul Hamid als Sultan und Kalifen absetzen und Re sch ad unter dem Namen Mahumed V. als seinen Nach­folger proklamieren. Wenn die 'National-Ver­sammlung diesen Antrag angenommen und Reschad proklamiert hat, wird sich eine Abordnung der Versammlung mit dem Scheich ul Islam zu Abdul Hamid begeben, ihm die Beschlüsse Mitteilen und ihn: ein ihm zugewiesenes Palais nennen, wo er ruhig seine Tage beschließen kann. Falls sich der Sultan widersetzt, wird er ver­haftet werden, da er nunmehr weder Sultan noch Kalif ist, und wegen seiner Vergehen vor Gericht gestellt. Im Kriegsministerium begann heute die Untersuchung gegen die gefangenen Rädelsführer, unter ihnen der Hauptschuldige Abdur Ahmann Bei, der Buchhaltungschef im Finanzministerium ist. Die erste Hinrichtung er­folgt morgen früh.

Pera 26. April. Die Thron frage ist jetzt bis auf nebensächliche Einzel­heiten geregelt. Der Sultan bleibt als nomineller Herrscher, gegen dessen absolutistische Rückfälle folgende Garantien ge­schaffen werden: Die Mauern des Mldiz werden geschleift. Die Mldiz-Kasernen, in denen die 2. Division mit rund 20 000 Mann zur unmittel­baren Verfügung des Padischahs stand, werden niedergelegt. Der von Abdul Hamid zu einer Festung ausgebaute Mldiz wird künftig nur noch Palastwache in Stärke von einer Kompagnie haben, die täglich abgelöst und der Reihe nach von allen hier garnisonierenden Regimentern gestellt wird. Dadurch wird dem Sultan die Möglich­keit genommen, die Truppen zu corruptieren. Der Sultan hat aus eigenen Mitteln den Anmarsch der Salonikier Garnison zu decken. Er wird sich durch ein großartiges Geschenk an die 'Nation, wie verlautet, von 50 Mill. Pfund, des größten Teiles seines Privatvermögens entledigen, das im Auslande angelegt ist und nun als Basis für den wirtschaftlichen Wiederaufbau des Reiches dienen soll.

Pera 26. April. Unter dem Belagerungs­zustände ist die Stadt jetzt vollkommen ruhig. Heute Nacht zerstörte eine Feuers brunst einen Flügel der Tarim-Ka ferne. Die Abgeord­neten treten heute im hiesigen Parlament zur ersten Sitzung nach der Tagung in San Stefano zusammen.

Konstantinopel 26. April. Um die Einbringung der Flüchtlinge zu erleichtern und das viele herumstreichende Gesindel an Uebel- taten zu verhindern, sowie um der Erregung durch die Presse energisch zu begegnen, soll der Belagerungszustand längere Zeit andauern. Er wird ohne Belästigung der Europäer gehandhabt.

Konstantinopel 26. April. M ahmud Schewket Pascha veröffentlicht heute folgende Bekanntmachung an die Bevölkerung: Da alle Maßregeln zur Sicherung der Ordnung und Ruhe getroffen sind und Grund zur Beunruhigung nicht mehr vorhanden ist, wird die Geschäftswelt, sowie die ganze Bevölkerung hiermit aufgefordert, ihrem Gewerbe und ihrer Beschäftigung unbesorgt nachzugehen. An alle Beamten ergeht die Auf­forderung, pünktlich zum Dienst zu gehen und diesen gewissenhaft zu verrichten. Gegen Beamte, die ihre Pflicht vernachlässigen, soll gerichtlich vorgegangen werden.

K. Forstamt Hirsau.

Wiederholter

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am Samstag, den 1. Mai, vormitr. 9 Uhr, auf der Forstamtskanzlei aus Staatswald Distrikt Weckenhardt, Abt. 15 Sperberholz: fichtene Baustangen: 29 Id, 34 II. Kl.

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sowie

M» Haydt, Brauerei.

Katholische Volksschule " ' .

Das neue Schuljahr beginnt Samstag, den 1. Mai. Die im Jahre 1902 geborenen Kinder sind Heuer schulpflichtig, die im Jahre 1903 Geborenen können wenn sie körperlich und geistig gut entwickelt sind, gleichfalls Aufnahme finden.

Vormittags 8 Uhr ist Eröffnungs-Gottesdienst in der Kirche, um 9 Uhr Aufnahme im Volksschullokal.

Ealw, 27. April 1909.

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