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beseitigt werden, wie überbaupt jede Verstreuung von Trägern des AmteckungSswffs mit peinlichster Sorgfalt zu verböten ist. Ferner ist eS unerläßlich, alle mit kranken, geschlachteten oder gefallenen Tieren in Berohrung gekommenen und von solchen oder ihren Abgängen und Abfällen besudelten Gegenstände, sowie alle mit Trägern des Anstcckungsstoffes beschmutzten Oertlichkeiten lStälle, Dunglegen, Jauchegruben, Schlachtstätten rc.) zu desinfizieren Zu diesem Zweck werden alle Gerätschaften zunächst mit heißer Lauge gründlich gereinigt, eiserne Gegenstände sodann ausgeglüht und hölzerne mit dicker Chlorkalkmilch angestrichen. Wandungen, Tröge und Fußböden der Ställe u rissen zuerst sauber abgekratzt, erdige Fußböden, sowe t sie feucht sind, ausgehoben und die hierbei erhaltenen Abfälle wie der Dung vergraben werden. Hölzerne Wandungen und die Tröge (hölzerne, steinerne und eiserne) werden alsdann, soweit die Holzteile rissig sind, nach vorheriger Glättung, mit beißer Lauge gründlich abgewaschen; hierauf sind dieselben wie auch massive Wände not dicker Chlorkalkmilch anzustreichen. Morsche und zerfressene Holzteile sind ganz zu entfernen und tünch neue zu ersetzen. Hölzerne Fußböden sind in der Regel zu entfernen; wenn sic noch neu und nicht stark durchfeuchtet sind, können sie wie hölzerne Wände behandelt werden; steinerne und ähnliche Böden sind nach dem Abkratzen mit heißer Lauge zu waschen und dann mit dicker Chlorkalkmilch reichlich abzuschlämmen, erdige Fußböden sind nach der Entfernung der durchfeuchteten Schicht mit Chlorkalkmilch reichlich zu begießen und dann mit einer neuen Erdschicht zu bedecken. Der Inhalt der Dunglegen und Jauchegiuben ist abzuführen ni d unschädlich zu beseitigen bezw. an Orten unterzupflügen, wo weder Schweine hingelangen noch Schweinefutter gewonnen wird; die leeren Dunglegen und Jauchegruben sind sodann reichlich mit Chlorkalkmilch zu behandeln.
Endlich ist noch besonders zu empfehlen, im Falle des Ausbruchs der Seuche in einem Bestände sofort alle noch gesunden (und nicht etwa die bereits erkrankten) Tiere aus dem vei feuchten Stalle herauszunebmen und dieselben, wenn irgend möglich in anderen Räumlichkeiten unterzubringcn. Zu bemerken ist hierbei daß die Saugferkel erfahrungsgemäß durch die Milch der kranken Mutter nicht angesNckt werden und daß überhaupt junge, noch nickt drei Monate alte Tiere viel widerstandsfähiger gegen das Rotlaufgift sind, als die hiefür empfänglichsten 3—12 Monate alten Schweine.
Da, wo die Krankheit einheimisch ist, oder durch öfteres Auftreten dies »u werden droht, empfiehlt sich die Schutzimpfung.
Tagesnerügkeite«.
Calw 19. April. Am letzten Samstag war in Ostelshem Schultheißenwahl. Gewählt wurde Johannes Maulbetsch von Göttelfingen, z. Z. Verwaltungsassistent in Heilbronn, mit 73 Stimmen. Karl Ru f, Gemeinderat in Ostelsheim erhielt 67 Stimmen.
Hirsau. (Egsdt.) In den zwei verflossenen Wintern hat ein hier im Ruhestande lebender Geistlicher sieben Vorträge über Abt Wilhelm und das Kloster Hirsau zur Zeit des Jnvestiturstreits gehalten und für den nächsten Winter vier weitere Vorträge als Fortsetzung angekündet. Die Zuhörer folgten den Ausführungen mit gespanntem Interesse; manche derselben äußerten auch den Wunsch, der Redner möchte die Ergebnisse seiner Forschungen veröffentlichen, zumal da die Quellen, die ein an
schauliches Bild jener Zeit da das hiesige Kloster weltgeschichtliche Bedeutung hatte, darbieten, noch nicht kritisch und gründlich durchforscht sind. Die beiden ersten mehr einleitenden Vorträge sind auch in der „Besondern Beilage des St.-Anz. f. Württ," 1908 Nr. 2 und 3 zusammengesaßt unter dem Titel „Das Aureliuskloster in Hirsau", und durch Hrn. Kameralamtsdiener Zeyer in Hirsau zum Preise von 20 zu beziehen. Da aber außerhalb Hirsaus einer geschichtlichen Darstellung die aus ganz unzuverlässigen Quellen geschöpften und sagenumwobenen Schilderungen vorgezogen werden, kann sich der Vortragende nicht entschließen, sich dem mühsamen Geschäft des Schreibens zu unterziehen, solange in weiteren Kreisen keinerlei Interesse für die große Vergangenheit Hirsaus wahrzunehmen ist. Auch dürfte bei der ängstlichen Scheu, mit der das Regierungsorgan alles vermeidet, was dem Ultramontanismus unangenehm sein könnte, es ausgeschlossen sein, daß seine Spalten sich einer Darstellung öffnen, die bei aller Anerkennung der Genialität und persönlichen Frömmigkeit, durch die Hirsaus großer Abt hervorragte, doch nicht verschweigen kann, in was für einem diamentralen Widerspruch gegen das lautere Evangelium das Wesen des Ultramontanismus und das rückständige Sittlichkeitsideal des mittelalterlichen Mönchtums steht. Auch ganz sachlich gehaltene Ausführungen rufen bekanntlich, je unwiderleglicher sie sind, um so fanatischere Schmähungen in den vom Jesuitengeist beherrschten Kreisen hervor. b). 8.
Wildbad 17. April. In einem Zigarrengeschäft in der Hauptstraße wurde seit etwa einem Vierteljahr der Diebstahl von Zigarren und Zigarretten und zwar von den teuersten Sorten bemerkt. Der Dieb wurde jetzt in der Person eines 2ojährigen Kutschersohns entdeckt, der sofort nach Eintritt in den Laden die feineren Sorten aussuchte, in den Taschen verschwinden ließ, und wenn dann die Bedienung kam, harmlos einige billige Zigarren kaufte. Der Wert des Gestohlenen soll etwa 100 Mk. betragen.
Stuttgart 17. April. Die Zweite Kammer verwies heute einen Antrag des Abg. Graf (Z.), von den jetzigen drei Landjägerbezirkskommandeurstellen ttinftig zwei wegfallen zu lasten, an die Finanzkommission und erledigte Kapitel 26—28. Bei Kapitel 29 wurde von mehreren Rednern die ungenügende Aufnahmefähigkeit der Irrenanstalten beklagt und darauf hingewiesen, daß auf die Dauer ohne eine weitere Anstalt nicht auszukommen sein werde. Denselben Standpunkt vertrat auch Minister v. Pischek. Die Einnahmen der Anstalten wurden um insgesamt 30000 Mk. erhöht und das Kapital sodann genehmigt. Dienstag Weiterberatung. Schluß V-2 Uhr.
Vom Lande 17. April. Die Rosen
züchter machen dieses Frühjahr betrübte Augen. Ein großer Prozentsatz der Rosenstämmchen ist teils erfroren, teils kümmerlich auferstanden. Der Wettersturz im letzten Oktoberdrittel hatte die Königin der Blumen schon schwer geschädigt und vor dem strengen Frost den Winter über half alle Vorsorglichkeit wenig oder nichts. Die Rosenstämmchen für den diesjährigen Frühjahrssatz sind bedeutend im Preis gestiegen, auch ist nicht gerade über den Vorrat vorhanden.f
Riedlin gen 17. April. Der 19 Jahre alte Dienstknecht Alois Bauer von Altheim, der sich am Ostersamstag trotz Warnung während der Fahrt ausi öie Deichselbacken seines mit Holz beladenen Wagens gesetzt hatte, ist beim Versuch, die Bremse zu lösen, abgestürzt und überfahren worden, die Rüder gingen ihm über den Unterleib. Auf die Anordnung des sofort herbeigeholten Arztes wurde der Verletzte in das hies. Krankenhaus verbracht, wo er jedoch nach 2 Tagen seinen Verletzungen erlag.
Ulm 17. April. Da der Reservefonds der gemeinsamen Ortskrankenkasse ein bedeutendes Defizit aufweist, das sich im Laufe des heurigen Jahres auf ungefähr 100000 ^ steigern dürste, hat der Kassenvorstand beschlossen, beider Generalversammlung eine Erhöhung der Beiträge von 3,3"/« auf 3,87» zu beantragen. Der Gemeinderat befaßte sich gestern mit diesem Antrag, dem er nicht grundsätzlich entgegentrat. Sein Erstaunen drückte er nur darüber aus, daß in zehn Jahren die Mitglieder nur um 407°, die Verwaltungskosten dagegen um 1587° zugenommen haben, lieber dieses Mißverhältnis wünscht der Gemeinderat Aufklärung.
Leutkirch 18. April. In Eichenberg gibt es eine gesegnete Familie. Bei dem Bauern Bertle und seiner Frau erblickten binnen acht Jahren 8 Kinder das Licht der Welt; davon sind die letzten sieben lauter gesunde Buben, die von ihrer Schwester schon mit betraut werden. Beim siebenten Buben hat der König Patenstelle übernommen und das übliche Patengeschenk überreichen lasten.
Berlin 17. April. Das zur Zeit im ägäischen Meere befindliche deutsche Stationsschiff „Loreley" erhielt Befehl, sofort nach Mersina abzugehen.
Hamburg 17. April. Gegen den Kaufmann Wachmann, einen mehrfachen Millionär, hat der Untersuchungsrichter das Betrugsverfahren eingeleitet. Er hat schon seit Jahren Honig zu zwei Drittel mit Zucker verfälscht und als reinen Naturhonig verkauft.
Haag 17. April. Gerüchtweise verlautet, daß im Falle der Geburt eines männlichen Thronerben dieser vier Paten erhalten soll.
Vater noch, dann würde Paul vermutlich jetzt nur die Anwartschaft darauf haben, einmal ein schlechter Chemiker zu werden; jetzt war er emsiger Geschäftsmann, der sicher und klar seine Ziele ins Auge faßte und sie mit aller Kraft zu erreichen strebte. Gegen die Vorschläge hatte er nichts einzuwenden. Eine unbehagliche Empfindung hatte er nur wegen der Kürzung der Forderungen um 20 Prozent. Aber Paul half ihm darüber fort. Wehr hatten die Gläubiger auch im günstigsten Falle nicht zu erhoffen — wohl aber mußten sie beim Scheitern des Vergleichs auf sehr viel weniger gefaßt sein.
Auch Manders beruhigte Horst. Es war angesichts der ganzen Sachlage wirklich nicht angebracht, allzu peinlichen Empfindungen Raum zu geben, und sicherlich konnte die ganze fatale Angelegenheit in der vorgeschlagenen Art am schnellsten aus der Welt geschafft werden. Manders dachte dabei in erster Linie an die Fabrik: war die Sache geordnet, dann konnte auch der unseligen Hausindustrie ein schnelles Ende bereitet werden.
Weit weniger glatt als diese Angelegenheit wurde eine andere erledigt, die Horst nun zur Sprache brachte: Er erzählte von den Geschehnisten in Frankfurt. Paul war zunächst verblüfft. Diese Marie Berg hatte sich also wirklich in Horst verlieben können! Das frische Mädel in den ernsten Pedanten, der sie doch entschieden nicht nach ihrem vollen Werte zu würdigen verstand! Eigentlich unglaublich. Aber verrückt wars doch, daß nun Berg, um seiner plötzlichen Abreise willen, in den Verdacht gebracht werden sollte, das Verbrechen am Vater begangen zu haben. Dem hatte die Sache doch einfach nicht gepaßt, und so war er allen unangenehmen Auseinandersetzungen aus dem Wege gegangen! Und die plötzliche Abreise? Du lieber Gott, der Mann war doch krank; er verband nur das Angenehme mit dem Nützlichen, wenn er kurzen Prozeß machte und in der Schönheit des Südens für sich Erholung suchte, indes sein famoses Töchterlein das Vergessen lernte.
Aus dieser Auffassung machte er denn auch keinen Hehl, und der Eifer, mit dem Horst widersprach, amüsierten ihn beinahe. Dann spielte er seinen Trumpf aus: „Ich habe mit Herrn Berg über all das Rätselhafte bei Papas Tode gesprochen. Er war teilnahmsvoll, aber er konnte mir auch keine Ausschlüsse geben. Na, und vor allem: Wie ein Schuldiger sah er auch nicht aus. Dann die Liebenswürdigkeit, mit der er mir half! Fünfundzwanzigtausend bar auf die Hand ohne viel Umstände, ohne Dank — nur dem Vater und mir zu liebe! Wenn das die Manier der Treulosen ist, dann möchte ich fast wünschen, daß die Treue seltener wäre, als sie es anscheinend doch ist!"
Ehe Horst entgegnen konnte, griff'Manders ein. „Es wäre aber doch auch möglich, daß er Ihnen entgegen kam, weil er sich schuldbewußt fühlte." „Nee — das glaub' ich nicht. Wenn er schon unfern Vater stecken ließ, dann hatte er noch weniger Grund, uns Kindern zu helfen."
„Und doch hat die Annahme des Herrn Pastors die größere Wahrscheinlichkeit für sich. Wäre es anders, dann hätte die Freundlichkeit Bergs für mich nicht vor meiner Liebe zu Marie Halt machen dürfen. Er hatte gegen mich nichts einzuwenden und ließ mich glauben, daß er mich lieb habe. War ich aber für den vertrauten Verkehr in seinem Hause nicht zu gering, dann dürft' ichs für eine Heirat auch nicht sein. Abgesehen aber davon wußte er doch genau, wie es um Marie stand, daß sie mir unbedingt angehörte —." ^ Paul lachte laut auf. „Du — so was glaubt man mitunter, ohne daß viel dahinter ist!"
Horst überhörte den hämischen Einwurf absichtlich. „Nun, und da er dennoch die Flucht ergriff, da vor allem Marie ihm folgte, so ist es klar, daß die Abreise nur in zwingenden Verhältnissen, nicht aber etwa in der Ablehnung meiner Bewerbung liegt."
(Fortsetzung folgt.)