rissen waren. — Wie der Baut. Bote hört, handelt es sich nicht um einen Unglücksfall, sondern um S e lbstmord, dem Veruntreuungen in der Vorschußkaffe zugrundekiegen, deren Höhe : noch nicht feststeht. Die Familie wird allgemein bedauert,
Ludwigshafen 26. März. Ein schreck-, licher Dop p e l m ord hat sich heute vormittag ff-11 Uhr in der Stadt ereignet. Der arbeitsscheue Bursche Schlindwein, der mit einer Tochter der Familie Niedermeyer ein Verhältnis hatte, drang in das. Haus der letzteren ein und erstach das Mädchen nach kurzem Wortwechsel mit einem Dolche Die Mutter, die krank zu Bett lag, zerrte der Mörder aus dem Bett und schlug ihr mit einem Beil, das zufällig im Zimmer lag, den Schädel ein. Der Täter wurde verhaftet. Die Familie Niederweyer ist allgemein geachtet.
Berlin 26. März. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Nach telegrapischen Meldungen aus Paris behauptet der „Temps" 1) der Kaiser habe in einem Briefe an den Kaiser von Rußland darauf bestanden, Rußlanddürfe überfeine Absicht, die Annexion von Bosnien und der Herzegowina anzuerkennen, keinen Zweifel lassen, 2) der Kaiser habe in einem anderen Briefe dem Erzherzog Franz Ferdinand seine Unterstützung ohne Vorbehalt zugesagt. Beide Behauptungen sind falsch. Die beiden angeblichen Briefe Kaiser Wilhelms sind nicht geschrieben worden.
Zürich 26. März. In Feldkirch erfolgte gestern die Verhaftung einer russischen Anarchistin. Sie kam mit mehreren Genossinnen von Genf und trug reichliche Mengen Dynamit bei sich.
Paris 26. März. Die Anklageschrift des Staatsanwalts gegen Frau Steinheil ist uunmehr fertiggestellt. Sie umfaßt circa hundert Seiten. Der Staatsanwalt und der Untersuchungsrichter fordern die Verurteilung der Frau Steinheil als Haupturheber in des Mordes ihres Gatten und ihrer Mutter. Der Prozeß dürfte im Laufe des Monats Juni vor dem Schwurgericht der Seine zur Verhandlung kommen.
Prag 26. März. In der Wohnung des ehemaligen serbischen Försters Bezecny fand eine polizeiliche Hausdurchsuchung statt. Zwei Briefe des serbischen Kronprinzen wurden beschlagnahmt und der Staatsanwaltschaft übergeben.
Wien 26. März. Aus angeblich guter Quelle verlautet über den Anlaß des Rücktrittes des serbischen Kronprinzen, die Belgrader Regierung sei einer Verschwörung auf die Spur gekommen, an deren Spitze der Kronprinz gestanden habe und die Entthronung
des Königs zum Zweck hatte. Nachdem der, Kronprinz pöm König zum Verzicht' auf die Thronfolge gezwungen worden sei, sei die Kriegs-! Partei völlig konsterniert.
B e lg ra d 26. März. Das Schreiben des serbischen. Kronprinzen an den Ministerpräsidenten Nowakowitsch hat nach dem Berl. Tagebill folgenden Wortlaut: „Belgrad, 12. März 1909. Herr Präsident! Ties erregt wegen der unerhörten und ungerechten Angriffe, welche ein unglücklicher Zufall in gewissen Kreisen unserer öffentlichen Meinung hervorrief, beeile ich mich Ihnen in Verteidigung meiner bisher durch nichts befleckten und vollkommen reinen, ruhigen Seele folgende Aufklärung abzugeben. Aufs tiefste durchdrungen von den unweigerlichen Pflichten, welche mir mein Gewissen in diesem Augenblick im Interesse des Vaterlandes auferlegt, verzichte ich auf alle Rechte und Prärogativen, welche mir nach der Verfassung zukommen. Dieser mein Entschluß ist unwiderruflich. Deshalb bitte ich Sie, Herr Präsident, Ihres Amtes zu walten und zu veranlassen, daß er die höchste Sanktion bekomme. Indem ich für immer allen Thronrechten, welche mir nach der Landesverfassung zustehen, entsage, werde ich dennoch stets bereit sein als Serbe und Soldat mein Leben dem König und dem Vaterland zur Verfügung zu stellen. Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Erklärung meiner unwandelbaren Achtung! Georg." — Wie der Lok.Anz. aus besten Quellen in Belgrad erfahren zu haben erklärt, hat Prinz Alexander, der zweite Sohn des Königs, kategorisch erklärt, daß er die Thronfolge nicht annehmen wolle und ihm diese nicht aufgezwungen werden könne.
Belgrad 26. März. Die Nachricht von dem Verzicht des Kronprinzen Georg verbreitete sich sehr rasch in der Stadt und verursachte überall große Bestürzung. Gerüchtweise wurde der Schritt des Kronprinzen mit der auswärtigen Frage in Verbindung gebracht, auch wurde behauptet, die Regierung habe im Einvernehmen mit dem König den Kronprinzen zu dem Schritte gezwungen, um durch Lahmlegung der Kriegspartei die friedliche Beilegung des Konflikts mit Oesterreich-Ungarn zu ermöglichen. An maßgebender Stelle wird demgegenüber erklärt, das Vorgehen des Kronprinzen, das durchaus seinem offenen Charakter entspreche, sei aus seiner eigenen Initiative erfolgt. Er habe durch seinen Verzicht bewiesen, daß er bereit sei, für seine durch die Verleumdungen besudelte Ehre alles zu opfern. Bei der Kriegspartei machte die bisherige Hoffnungsfreudigkeit der Stimmung einer allgemeinen Niedergeschlagenheit Platz.
Belgrad 26. März, lieber die Vorgänge, die den Kronprinzen zum Verzicht stuf die Thronfolge veranlagten, wird das folgende bekannt. Mittwoch Abend fand ein Ministerrat statt, -in dem der Kriegsminister Mitteilung^ribrx den wahren Stand der Kriegsvorbereitungen Oesterreichs machte und erklärte, daß wenn Serbien allein bleibe, der Krieg für Serbien ein furchtbares Debacle werden müsse. Die Minister machten dem Kronprinzen die schwersten Vorwürfe, daß er das Land durch seine hetzerische Agitation in eine solche Situation gebracht hätte. In dem Ministerrat wurde auch die Beschuldigung des Blattes Zwono wegen der Ermordung des Dieners zur Sprache gebracht. Es wurden sofort Stimmen laut gegen das Verbleiben des Kronprinzen in der Armee und beschlossen, wenn der Kronprinz nicht auf alle Ehren verzichte, er aus der Armee ausgestoßen würde. König Peter ließ den Kronprinzen noch abends zu sich rufen und verlangte von ihm im Sinne des Vorschlages des Ministerrats einen Verzicht auf die Thronfolge. Nach langem Kamps fügte sich der Kronprinz.
Belgrad 26. März. Gestern sind für den Kronprinzen Demonstrationen insceniert worden. Die Aufregung ist so groß, daß man in gewissen Kreisen Unruhen, ja sogar eine Revolution befürchtet. Die Belgrader Garnison ist in voller Bereitschaft, um eventuelle Unruhen zu unterdrücken.
Belgrad 26. März. Eine neue amtliche Erklärung der serbischen Regierung stellt den Tod des kronprinzlichen Dieners Kola- kowitsch als die Folge eines unglücklichen Zufalles dar.
Faudlvirtschllstlichtt KeM-nnti« W«.
Am Mittwoch, 81. März, nachm. 3 Uhr, findet im Gasthaus zum Ochsen in Zwerenter- das PrüfungS-Essen des WanderlochttnseS statt, wozu jedermann sekundlichst eingeladen wird.
Ealw, 26. März 1909.
Der Vereinsvorstand:
Regierungsrat Voelter.
Standesamt Calw.
Geborene.
19. März. Paul, Sohn des Jakob Friedrich Buck,
Bäckers hier.
20. „ Eugen Georg, S. d. Christian Braun,
Schreinermeisters.
G estorbene.
21. März. Katarine Ernstine Stepper geb. Schnürle,
Strumpfweberk Witwe, 68 Jahre alt.
Reklameteil.
näheren Umgebung wohnte, so kam auch kein Mensch auf den Gedanken, einmal den Doktor zu Rate zu ziehen.
Das Häuschen war nur klein, unten wohnte der Christel mit Weib und Kindern, die brauchten doch den meisten Raum, und darum war ihnen Stub und Kammer überlassen. Die Küche war hinten in dem engen, dunklen Flur untergebracht, und oben unter dem Dach hauste der alte Hunstock in einer engen Kammer.
Nun war wieder gute Zeit. Seit vierzehn Tagen wurde im Dorf wieder gearbeitet, und gestern hatte es doch den ersten Lohn gegeben. Nicht ganz so viel wie man erwartet hatte; sie hatten doch alle vom frühesten Morgen an bis in die tiefste Nacht hinein gearbeitet — der Alt, der Christel und die Rose. Aber das lag wohl daran, daß die neue Arbeit noch nicht so recht von der Hand ging. Dann hatten sie's natürlich besonders gut machen wollen und mehr Sorgfalt darauf verwendet, als notwendig war, und mehr vor allem als bezahlt werden konnte. Das mußte ja besser werden, wenn man erst ordentlich eingearbeitet war.
Seit langen Wochen zum erstenmal konnte Rose was „Ordentliches" kochen — Fleisch, Suppe und Kartoffeln. Das war ja allerdings Verschwendung, aber es mußte auch sein; der Christel hatte endlich mal wieder eine Stärkung nötig, und die sollte er vorweg haben. Die angestrengte Arbeit und die dürftige Ernährung mit Kaffee und Brot hatten ihn stark mitgenommen, und nun sollte er auch vor allem was Gutes von dem verdienten Gelde haben. Uebrigens war's ja nun nicht mehr schlimm; nun wußten sie doch, daß es in vierzehn Tagen wieder Geld gab und wieder und wieder alle vierzehn Tage — da mußte schließlich doch alles wieder gut werden.
Tagsüber war der Alte gleichfalls unten, und die Leutchen arbeiteten eifrig Hand in Hand. Der eine führte aus, was der andere ihm übrig gelassen, und das war immer dasselbe, denn es wurde eben stets nur dasselbe gemacht. Das rohe Zuschnitzen der Formen besorgte der Alte, >
dann gab er sein Stück an Christel weiter, und der brachte dann die Feinheiten hinein; dann endlich nahm Rose das fertige Stück, um es zu glätten und zu bemalen. Wenn sie recht fleißig waren, brachten sie anderthalb Dutzend täglich fertig, und dann waren beinahe drei Mark verdient. Das war nicht viel, wenn man die Löhne in Betracht zog, die in der Fabrik bezahlt worden waren, aber doch immer noch viel mehr, als die Handweberei einbrachte.
Paul hatte sich in der Villa völlig eingerichtet, und von dort aus wurde die neue Organisation geleitet. Ein Zimmer diente als Wohn- und Schlafzimmer; das zweite war als Arbeitszimmer für den „Chef" eingerichtet, und das dritte endlich diente als Kontor und zugleich als Verpackungsraum.
Den Meister hatte Paul sich aus dem Harz geholt — einen geschickten Holzschnitzer, der sich namentlich auf billige Sachen ausgezeichnet verstand. Der hatte ihm auch die sehnsüchtig gesuchte Spezialität gebracht. Im Harz gibt es ein allerliebstes Spielzeug : Zwei Bären, die auf beweglichen Stäben befestigt sind und wie ein paar Schmiede auf einen zwischen ihnen angebrachten Ambos loshämmern, wenn die Stäbe bewegt werden. Solch ein Spielzeug hatte Paul unter anderen als Muster mitgebracht, und der hatte, als er das Ding so betrachtete, eine brillante Idee.
Es war zur Zeit des Burenkrieges, und die Teilnahme namentlich der Deutschen für das tapfere Volk hatte geradezu leidenschaftliche Formen angenommen. Wenn man nun die Bären durch Transvalkrieger,- den Ambos durch John Bull ersetzte, dann war der großartigster Schlager fertig, und ein Bombengeschäft zweifellos sicher. Der Meister nahm die Idee mit Feuerreifer auf, und er machte sich sofot daran, Modelle auszuarbeiten. Die Sache war sehr einfach. Der schlichte Burenrock, der Schlapphut und der eckige Vollbart waren leicht aus dem Holz herauszuarbeiten, und auch der Ungeschickteste mußte das bald lernen.
(Fortsetzung folgt.)