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Resultat wurde der Generalversammlung die Verteilung einer Dividende von 2"/° und die Zuweisung von 18°/» aus den Reservefonds vorgeschlagen und von ihr gut geheißen. Mit dem von der Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel gewährten Gründungsbeitrag und dem Vortrag der alten Vereinigung hat dieser die Höhe von 549 ^7 erreicht. Die vollbezahlten Geschäftsanteile von 100 M werden mit 4°/° verzinst. Diese verzinslichen Geschäftsanteile der 24 Genossenschafter betragen 2356 25 I,
die Haftsumme 4800 - //.
U l m 20. März. Bei der heutigen Landtagsersatzwahl wurden von 9406 Wahlberechtigten 6910 Stimmen abgegeben. Die Wahlbeteiligung betrug somit 73°/°. Es entfielen auf Kommerzienrat Philipp Wieland (T. P.) 2348, aus Postsekretär Münz (Vp.) 1746, auf Oberpostsekretär Ostberg (Ztr.) 904 und auf Maler Fr. Göhring (Soz.) 1901 Stimmen. Demnach ist eine Nachwahl notwendig. Bei der Landtagswahl am 5. Dezember 1906 entfielen auf die Volkspartei 1885, die Deutsche Partei 1261, das Zentrum 988 und die Sozialdemokratie 1458 Stimmen. Bei der dann folgenden Nachwahl erhielt der Kandidat der Volkspartei (der verstarb. Abg. Mayer) Mitunterstützung der Sozialdemokratie 3359 Stimmen, der Kandidat der Deutschen Partei mit Hilfe des Zentrums 2228 Stimmen.
lllm 20. März. Ein junger Italiener, der an einer Kirchheimer Handelsschule studiert, ist in ein.er hiesigen Heilanstalt im Bade vom Herzschlag getroffen worden und sofort gestorben.
Friedrichs Hafen 20. März. Nachdem das Reichsluftschiff in den letzten Tagen auf seine Leistungsfähigkeit in Beziehung aus Fahrgeschwindigkeit, auf Höhenfahrten, auf Geländelandungen geprüft und als vorzüglich erfunden worden ist, sollte mit ihm eine Belastungsprobe ausgesührt werden. Graf Zeppelin hatte sich noch in letzter Stunde entschlossen, von der beabsichtigten Landung auf dem Exerzierplatz in Weingarten des Josephsfeiertages halber abzusehen. An der Fahrt nahmen mit Gras Zeppelin im ganzen 26 Personen teil. Hauptmann George und Oberingenieur Müller hatten die Leitung des Fahrzeugs in Händen. Dieses fuhr nach Konstanz und dann wieder nach Friedrichshafen zurück. Die Fahrt war besonders bedeutungsvoll, sofern noch nie ein Luftschiff es gewagt hat, mit einer so starken Besatzung und Belastung eine Fahrt zu machen. Die hohe Tragfähigkeit des Luftschiffes, die durch Verbesserung noch bedeutend gesteigert werden kann, steht nun außer Frage. — Für heute vormittag 9 Uhr war ein neuer Aufstieg mit Landung in Weingarten in Aussicht genommen, doch herrscht
undurchdringlicher Nebel über dem See. lieber die zweite Landung des X 1 in einem Talkessel hinter dem Weiler Waggershausen wird der „Frkf. Ztg." noch berichtet: Die Landung erfolgte ohne jeden Zwischenfall und vollzog sich ähnlich wie bei der ersten Landung. Neu waren bei diesem Aufenthalt auf festem Boden, die von den Bedienungsmannschaften ausgesührten Hebungen. Das Schiff wurde von diesen mitsamt den Gondelinsassen nach bestimmten Kommandos hin- und hergetragen und in'verschiedene Richtungen gestellt. Sodann wurden Entleeren der Wasserbehälter und Säcke, wie das Ausbalancieren des Balastes geübt und frische Füllungen aus einem in der Nähe befindlichen Bache vorgenommen. Die Mannschaft hatte den X I im vollen Sinne des Wortes in der Hand trotz des immer noch ziemlich kräftigen Windes. Der Wiederaufstieg erfolgte glatt und in Ruhe.
Friedrichshafen 20. März. Der heute früh über dem See lagernde Nebel hat sich, wie erwartet, über Mittag verzogen. Infolgedessen ist das Luftschiff um '/-3 Uhr aufgestiegen. Es flog zunächst über Markdorf nach Waggershausen. Um 3 Uhr kehrte das Luftschiff wieder nach Friedrichshafen zurück und nahm seine Richtung nach Langenargen, Lindau, Bregenz.
Friedrichs Hafen 20. März. Das Luftschiff ist bald nach fünf Uhr wieder in die Halle zurückgekehrt. An den Fahrten beteiligen sich nur noch Militärpersonen. Graf Zeppelin ist von 3640 Deutschen in Brasilien ein schönes mit zwei Brillanten und Rubinen geschmücktes silbernes Etui nebst einem Scheck im Betrag von 14000 ^ zum Geschenk gemacht worden.
Aus Baden 20. März. Gestern nacht 1'/< Uhr wollte in Freiburg ein 24jähriger lediger Laborant am Geländer der Kaiserbrücke turnerische Hebungen (Hochsiand) machen, bekam hiebei das Uebergewicht und siel aus einer Höhe von etwa acht Metern hinab in die Dreisam. Er zog sich einen Schädelbruch und innere Verletzungen zu und mußte in bewußtlosem Zustande mittels Krankenwagen nach der chirurgischen Klinik verbracht werden. An seinem Aufkommen wird gezweifelt.
Berlin 20 März. (Deutscher Reichstag.) Präsident Graf Stolderq e öffnet die Sitzung um 2sO Uhr. Am Bundesra'sllich ist KrngSm n ster v. Einem erschienen. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zwetrcn Be atung des Militär etats. Abg. Gothein (frs. Vgg.): Der Vorwurf, daß wir planlos Äbstr che Vornahme», ist unbegründet. Im Gegenteil, es wurde jede Positron intensiv geprüft Bei der gegenwärtigen Schaffung einer Neuorganisasiou des Heeres und bei der Ümbewaffnung st d schwer Ersparnisse zu machen. Die Verteuerung unseres HeereSwesens
liegt zum Teil in der Zollpolitik. Die politische Lage in Deutschland sei ohne Zweifel günstiger als früher. Die französische Bevölkerung gehe zurück, und solange Rußland seine gegenwärtige politische Haltung beobachte, sei für uns eine Kriegsgefahr nicht vorhanden. Die Situation, die seinerzeit die Verstärkung unseres Heeres veronlaßte, bestehe nicht mehr. Die fortgesetzten Rüstungen riefen Verstimmungen hervor und vermehrten die KriegSeefahr. Das Verhältnis zwischen Regierung und Sosial- demokratie könnte auch bet uns < ngenehmer sein, wenn letztere anders behandelt würde. Wenn gewerkschaftlich Organisierte aus den Kr'egervereinen wegen ihrer politischen Ansicht entfernt werden, so werden dadurch gerade Sozialdemokraten gezüchtet. Aus dem Offizierskorps muß der Kastengeist verschwinden und die Anschauung, als hätten die Offiziere eine besondere S.andcsrhie Es gibt nur eine Ehre für das ganze Volk. Ab«. Müller- Meiningen (frs. Vp.): Unsere Hauptforderung ist staatsbürgerliche Gleichstellung auch in der Armee. Die Antwort des Kciegsministers bestätigte voll meine Angriffe gegen das Militärkabinetr. Wir wollen bezüglich der Ehrengerichte und Ehrenrechte der Offiziere Garantien, nicht aber das Wohlwollen d s obersten Krieg-Herrn Dem Krebsschaden der adeligen Regimenter kann nur abgeholfen werden, wenn d'e Kommandeure zum Teufel gejagt werden, die die Aufnahme bürgerlicher Bewerber verweigern. Wir bekämpfen das System der adeltgcn Bevorzugung, an der der Chef des Geueralstabes, den tch nicht persönlich angretfen wollte, unschuldig sein mag Die Herren von der Rechten halten die jüdischen Elemente nicht für befästgt zu Reserveoffizieren. Schwestern und Töchter dieser Leute ssi.d für Offiziere aber äußerst begehrte Objekte. Die Herren aus Hagen versichern auf das Bestimmteste, daß d e hier geschilderten Sitten in dem fraglichen Klub nicht geherrscht hätten. Krisgsmimster v. Eurem tritt in längeren Ausführungen der Auffassung des Abg. Müller Meiningen von einer Bevorzugung adriger Offiziere beim Avancement entgegen Adelige und bürgerliche Offiziere würden vollkommen gleich behandelt. Nur die Tüchtigkeit entscheide. Abg. Belzer (Zir.) wiln'cht, daß Sig- maringen einem badischen oder württembrrgischen Landwehrbezirk zugete lt werde und bittet um Garnison für S gmarinpen. Ode-st Wandel sagt die Erfüllung dieser Wünsch: in absehbarer Zeit zu. Darauf wird ein Antrag auf Schluß der Debatte gestellt. Abg. Singer (Soz.) bezweif.lt die Beschlußfähigkeit des Hauses. Der Namensaufruf ergibt die Anwesenheit von 17? Abgeordneten. D'e Verhandlung mußte daher wegen Beschlußnnfähigkeii ab- geür, chen werden. Nächste Sitzung 4'/» Uhr. Schluß 4 Uhr. Um 4.15 Uhr wrrd die Beratung des Mliiäretats fortgff.tzt. Der in der vorherigen Sitzung gestellte Tchlutzanirag wird zurückgezogen. Abg Franck-Mannheim (Soz): Wir find es gewöhnt, daß der Krtegsminister es vorzieht, die Sozialdemokratie za bekämpfen, Katt Rede zu stehen über Mißstände m feinem Ressort. Einen praktischen Fall, daß ein Sozialdemokrat einen gerichtlichen oder Fahnrneiv gebrochen hat, g bt es nicht. Hat dagegen Friedrich Wilhelm IV nicht den Eid auf die Verfassung gestochen? (Redner wird zur Ord-
lich zu, und nun kam dem Alten auch der Mut. „Ja also", begann er unter kräftigem Räuspern, „wenn ich schon was sagen soll, so meine ich, daß wir dem jungen Herrn dankbar sein müssen. Wir haben hier so alles in allem wohl an die hundertsünfzig Arbeiter — das sind dreihundert Hände, die nun feiern müssen; aber wir haben auch achthundert Mäuler, und die wollen gestopft sein. Uns Hilst keiner, das haben wir früher erfahren, ehe der Herr Kommerzienrat kam, und das erfahren wir auch jetzt wieder. Der Winter steht vor der Tür, und kein Mensch fragt
danach, was wir nun anfangen werden-ausgenommen der Pastor
und der junge Herr da. Was soll ich da weiter sagen, Herr Bornemann bietet uns Arbeit, und wir müssen sie annehmen und froh sein, daß es noch so gekommen ist". Lebhafte Zustimmung im Saal, während sich Hunstock setzte.
Paul erhob sich wieder, und wieder trat Stille. „Ich freue mich, dgß ihr mit mir einverstanden seid und mit mir arbeiten wollt. Aber es ist doch da noch mancherlei zu besprechen, und wir müssen vor allem wissen, daß wir uns aufeinander verlassen können. Zunächst müßt ihr euch einmal klar darüber werden, daß ich ein großes Risiko übernehme. Ich muß ein Kapital aufnehmen und in eine Sache stecken, von der ich noch nicht weiß, wie viel weitere Gelder sie notwendig machen wird, die aber doch ganz bestimmt erst in Zukunft auch mir einen gewissen Gewinn bringen kann. Fürs erste habt ihr allein alle Vorteile für euch; ich muß eure Arbeit bezahlen und warten, bis eure Arbeit mir mein Geld wieder bringt; ich muß ein paar Maschinen kaufen, ich muß euch Werkzeuge verschaffen — ich muß vor allem auch Reisen machen, na, und das begreift ihr doch wieviel das alles kostet. Es ist also nur natürlich, daß ich all die Aufwendungen nur dann mache, wenn ich weiß, daß ihr mir nicht mit dem Frühjahr davonlauft; ihr müßt euch vielmehr verpflichten, eine gewisse Zeit — sagen wir mal ein Jahr — in meinem Auftrag zu arbeiten. Das ist natürlich nur eine Formsache, denn ihr werdet froh sein,
daß euch die Arbeit nun wenigstens auf ein Jahr sicher ist, und überdies verpflichte ich mich euch doch gerade so gut, wie ihr mir verpflichtet seid. Aber ich lege doch Wert auf diese Form — — der Ordnung halber. Ordnung muß natürlich von Anfang an herrschen, ich kann nicht planlos darauf loswirtschaften, sonst werden wir nie in gesunde Verhältnisse kommen. Und das wollen wir doch, nicht wahr?"
Ein vielstimmiges, eifriges „Ja!"
„Ich danke euch. Wir Deutsche haben nun ein schönes Sprichwort, das jeder rechte Mann in Ehren hält: Ein Mann, ein Wort! Wer also hier öffentlich — in Gegenwart des Herrn Pastors und des Herrn Bürgermeisters sich verpflichten will, ein Jahr in meinem Auftrag zu mir zu kommen und mir die Hand darauf zu geben. Das soll dann für uns beide bindend sein, und ich will das Vertrauen zu euch haben, daß ihr euch dann fest zu mir halten werdet".
Nun zum erstenmale steckten sich tuschelnd die Köpfe zusammen, das den Landleuten eigene Mißtrauen gegenüber allem Städtischen und die Scheu vor bindenden Verpflichtungen erwachte, und sie hätten gerne gewußt, ob hinter diesem Verlangen, das an sich äußerst einfach war, nicht doch eine Falle stecke.
Da erhob sich in der Nähe des. Ehrentisches ein junger Bursche. „Ich möchte mir doch noch einen Vorschlag erlauben, ehe wir uns verpflichten". Die Stimme klang hell durch den Raum, und aller Augen wandten sich dem Sprecher zu. Aber die älteren Leute empfanden einiges Mißbehagen. Fritz Werkenthin war auch so einer von den neuen; der hatte in der Stadt gearbeitet und von dort Ideen mitgebracht, für die er gern Propaganda machte. Wenn der nun etwa mit seinen Ansichten kam und wenn vielleicht der junge Herr kopfscheu wurde und sich im letzten Augenblick noch zurückzog — was sollte dann werden?
(Fortsetzung folgt.)
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