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^ 64 . Amts- und Anjetgeblütt für den VbrramtrbeM Calw. 84 . z-hrzM.
Erschemungsrage.- Monrag, Dienstag, Mittwoch, Donnersiaa, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis io Pfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorie; au^er Bezirk 12 Pfg.
Donnrrstay, den 18. Mär; 1909.
Bezugspr. i. d. Stadt' .^jährl. m. Trägerl. Mt. i. 2 ü. Vosrbezugspr. f. d. Lrts- u. Nachbarorrsverk. ^ ^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Beftellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.
Tagesneuigkeiten.
Calw. Die heutige Nummer enthält die amtliche Aufforderung zur Anmeldung der Schuldzinse, Renten und Lasten für die diesjährige Festsetzung der Einkommensteuer. Die Beachtung dieser Aufforderung ist für die Steuerpflichtigen, welche keine Steuererklärung abgeben, von besonderer Wichtigkeit, da amtliche Erhebungen über nicht angemeldete abzugsfähige Beträge zu unterlassen sind und derjenige Steuerpflichtige, welcher die Anmeldung in der Zeit vom i. bis 8. April unterläßt, des Vorteils, welchen ein Abzug der Schuldzinse für den Steueransatz zur Folge hat, verlustig geht und auf nachträgliche Berücksichtigung unangemeldeter Abzüge keinen Anspruch hat. Kleine Beträge können schon die Einreihung in eine niederere Steuerstufe bewirken. Die vielfach verbreitete Meinung, es werden für die in dem Grundbuch eingetragenen Hypotheken die Schuldzinse von amtswegen ermittelt, ist unrichtig, ebenso die Annahme, daß eine einmalige Anmeldung der Schuldzinse in einem Vorjahr genüge. Irgend welche Nachteile können den Steuerpflichtigen durch die Anmeldung der Schuldzinse nicht entstehen, da alle mit der Einkommensteuer beschäftigten Personen zur strengsten Wahrung des Dienstgeheimnisses verpflichtet sind.
Geislingen 17. März. Im Aufträge desKaisers richtete die preußische Gesandtschaft in Stuttgart an die hiesige Vereinigung der im Jahre 1859 Geborenen ein Schreiben, das besagt, daß „der Kaiser die von den Geislinger Altersgenossen dargebotene Glückwunschadresse gerne entgegengenommen und sich über die kunstvolle Arbeit sehr gefreut habe. Zugleich habe Se. Majestät bestimmt, daß der oben erwähnten Vereinigung der Allerhöchste Dank auf diplomatischem
Wege ausgesprochen werde." Diese Glückwunschadresse, die anläßlich des fünfzigsten Geburtstages an den Kaiser abgesandt worden ist, bestand in einer Dafel aus Elfenbein, die mit der Ansicht der Stadt Geislingen und mit einer Widmung graviert war.
Oberndorf 17. März. Auch auf unseren Höhen ist der wiederholte Schneefall der letzten Tage so heftig gewesen, daß gestern nachmittag der Bahnschlitten gezogen werden mußte, da die Wagen und Autos nicht mehr durchzudringen im Stande waren. Heute ist der ausgiebigste Schneefall eingetreten.
Ulm 17. März. Die Firma Jul-ius Mohr jun. hier, Exporthaus für lebendes Wild, K. Hoflieferant, erhielt vom russischen Großfürsten Nikolai-Nikolajwitsch einen Auftrag von 800 lebenden Fasanen, 20 Stück Rehwild und verschiedenem Ziergeflügel im Wert von . N 8000. Der Transport geht anfangs April nach St. Petersburg ab. Bon dort wird dieser durch das Jagdpersonal des Großfürsten ins Innere weiter geleitet und auf die Jagdreviere verteilt.
Friedrichshafen 10. März. Ein bedeutungsvoller Tag in der Geschichte derdeutschen Luftschiffahrt, über den schon berichtet wurde, liegt hinter uns. Was in Echterdingen so schlimm geendigt hat, wurde heute auf dem Boden der allernächsten Heimat, auf dem Gelände der Luftschiffbaugesellschaft gut vollbracht. Das Wetter war schön und die Luft klar, über den See herüber grüßten die schneebedeckten Berge. Um halb 9 Uhr erschien das Luftschiff von seiner Halle herkommend, über dem Hochsträß, der von der Stadt nach Markdorf führenden hohen Straße, im Morgensonnenschein erglänzten die Propeller,
die Steuer, die gelbseidene Hülle. Das Luftschiff umkreiste wie ein Adler das Gelände und — entflog wieder aus dem Gesichtskreis, um nach einer halben Stunde wieder aufzutauchen und auf die zur Landung bestimmte Stelle toszusteuern. Plötzlich und rasch senkte sich der Riese zur Erde, umgefähr 100 m von jener Stelle entfernt. Und nun begann ein Rennen und Jagen der Soldaten, die den nacheilenden Zuschauern vorausstürmten, über alle Hindernisse hinweg, dem Luftschiff entgegen, das sich unterwegs mit seinem linken Hinteren Höhensteuer im Wipfel eines Kirschbaumes verwickelt hatte. Sogleich wurde Wasserballast ausgeworfen, um wieder höher zu kommen, gleichzeitig von der Spitze des Luftschiffs aus Taue niedergelassen, die von den Soldaten erfaßt wurden. Die Mannschaften schleppten nun den Gewaltigen aus der verstrickenden Nähe ver Bäume, so daß sich das Luftschiff nach 0 Minuten sanft und sicher niederlassen konnte. An begeisterten Zurufen fehlte es nicht; es war ein eigentümliches Bild: der stolze Adler wie ein Gefangener der Menschen, zu Boden liegend, um ihn her die bunten Uniformen der Soldaten, die frohbewegte Menge und — vor ihm stehend sein Erfinder, jugendlich frisch im kühlen Morgenwind, von vielen begrüßt und beglückwünscht, vor allem von dem Generalinspekteur der Verkehrstruppen, Frhr. v. Lyncker, dem Major Groß und anderen Offizieren. Ein unvergeßlicher Anblick von dramatischer Kraft und Lebendigkeit! Beinahe 1'/?. Stunden dauerte der Aufenthalt, der namentlich der Beseitigung des beschädigten Höhensteuers galt. Viele benützten die Gelegenheit, den Herr lichen Segler der Lüfte in nächster Nähe kennen zu lernen, der vor wenigen Tagen hoch oben in der Atmosphäre den menschlichen Blicken fast entrückt war. In leutseliger Weise, wie immer.
Line Lüge.
Roman von Ludwig Rohmann.
(Fortsetzung.)
Paul zog einen Stuhl heran und setzte sich rittlings darauf. „Wie lange kann's wohl dauern, bis der Konkurs erledigt ist ?"
„Das ist wohl kaum zu bestimmen. Die Aufnahme der Masse wird wohl noch ein Weilchen dauern. Die erste Gläubigerversammlung findet Ende Oktober statt, dann kommt die Prüfung der Forderungen, die Liquidierung der Masse — das alles nimmt Monate in Anspruch und Frühjahr kann's darüber schon werden."
„Nee," Paul sprang entsetzt auf, „das wart' ich nicht ab. Aber nun möcht' ich Ihnen 'mal einen Vorschlag machen. Wie wär's, wenn wir hier ruhig weiter arbeiteten?"
Nun sah Manders höchst überrascht auf. „Ich weiß nicht, wie Sie das meinen ?"
„Nun, die Sache ist im Grunde doch einfach genug. Die Leute hier sind am Verhungern — jetzt schon, ehe noch der rechte Winter da ist, ich verzweifle in der Untätigkeit, und da ist doch eigentlich nichts einfacher, als daß wir uns gegenseitig helfen. Ich verschaffe mir etwas Kapital und ein paar Absatzquellen — das kann doch nicht allzü schwer sein. Ich verteile für ein paar hundert Mark Werkzeuge und schaffe die nötigen Hölzer an — na, und dann geht's es eben los. Rationeller als mein Vater es getan, muß die Geschichte allerdings betrieben werden, und es wird ja wohl ein eisernes Verhältnis sein, in dem ich zu den Leuten stehe. Aber das tut nichts, sie werden doch wenigstens etwas zum Beißen haben, und ich finde dabei vielleicht doch so etwas wie eine Eristenz, bei der sich meine Nnfertigkeit nicht allzusehr fühlbar macht."
Manders war aufgestanden und nachdenklich auf- und niedergegangen.
„Das ist ein Ausweg, an den ich noch nicht gedacht habe. Mir schwebte immer die Frage vor, ob man am Ende nicht wieder Webstühle anschaffen könnte —"
„Und das Geld dazu?" fragte Paul spöttisch. „Neue Webstühle sind teuer und für uns unerschwinglich. Davon wären doch an die hundert Stück notwendig, und die kosten eine hübsche Stange Gold, nicht wahr?"
„Allerdings, das wird's wohl."
„Nun also! Was wir zur Ausführung meiner Idee notwendig haben, das sind 'n paar Tausender — Betriebskapital mitinbegriffen. Die braunen Lappen sind am Ende doch zu beschaffen, und wenn Herr Berg nicht nur Redensarten gemacht hat, dann sind die Moneten in einigen Tagen schon zur Stelle."
„Das könnte wohl sein, und dann wäre in der Tat fürs erste geholfen."
„Sehen Sie! — Aber fürs erste, Herr Pastor? Sie denken doch nicht etwa, daß ich die Sache machen will — nur damit die Leute durch den Winter kommen? Und im Frühjahr — heidi, hinaus als Landarbeiter in die Welt? Nee, Herr Pastor — das mach ich nun doch nicht. Ich gesteh's ganz offen, an den Dorfleuten liegt mir überhaupt nichts — wie küm' ich denn dazu? Die haben's um meinen armen Vater verdient, daß sie nun hungern bis zum Schwarzwerden. Ganz ehrlich, ich will vor allem mir selbst helfen und nach der scheußlichen Entgleisung möglichst schnell wieder auf die Beine kommen. Die Leute, die ich gebrauche, find da, die gehören jedem, der ihnen Brot geben kann, und das mache ich mir zunutze. Aber Hab' ich sie, dann halt' ich sie auch fest — darauf dürfen Sie sich verlassen."
Manders sah dem jungen Mann, der sich so rückhaltlos zum Egoismus bekannte, gerade ins Gesicht. „Ich glaub's Ihnen," sagte er trocken, „mir scheint, Sie haben das Zeug dazu. Aber nun muß ich doch auch