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findet im mittleren Sckloßhofe ein Appell der ehemaligen Angehörigen des Regiments statt, dem das Regiment zu Pferd in Paradeaufstellung anwohnt. Der Kommandeur hält eine Rede, der die Verleihungen der königlichen Gnaden beweise folgt. Von 10-10',- Uhr ist ein Fest- gottesdienstbeider.Konfessionenvorgesehen. Hierauf rücken das Regiment und die ehemaligen Angehörigen nach dem vorderen Schloßgarten zum Parademarsch ab. Das Regiment kehrt dann in die Kasernen zurück. Um 12'/. Uhr beginnt das Reiterspiel, an das sich das Essen der Offiziere und alten Herrn im Kasino, sowie das Essen der Mannschaften und alten Angehörigen anschließen. Für abends 6 Uhr sind Aufführungen der Mannschaften geplant, während von 7 V- Uhr ab im Kasino noch ein geselliges Zusammensein der Offiziere und ihrer Gäste stattsindet. Von früheren Angehörigen des Regiments liegen bereits 4000 Anmeldungen zur Teilnahme an der Feier vor: hievon werden gegen 2000 Mann hier auf 1—2 "Rächte untergebracht werden müssen, weshalb die Stadt ihre Quartierbaracken zur Verfügung gestellt hat. Die bürgerlichen Kollegien bewilligten eine Ehrengabe von 500
Großgartach 10. März. Bei dem Brandsall im Moltschcn Haus ergab sich nach genauer Besichtigung, daß nicht nur an verschiedenen Stellen im Dachstock, sondern auch im Keller, in welchem größere Quantitäten Oele, Fette, Benzin n. lagerten, Feuer gelegt mar. Oelspuren an verschiedenen Stellen lassen aus Brandstiftung schließen. Als dringend verdächtig wurde die Frau des Hausbesitzers Molt und deren Bruder Franz Siegle, Teilhaber des Moltschen Geschäfts, verhaftet. Molt selbst ist auf einer Geschäftsreise abwesend. Der Haus- bursche, der seine Schlafkammcr in dem vom Brand zerstörten obern Teil des Hauses hatte, mußte sich halbbekleidet aus dem Fenster flüchten. Er wäre sicher umgekommen, wenn nicht Leute der Nachbarschaft den noch im Schlafe liegenden I geweckt hätten.
Tübingen II. Mürz. Infolge eines Schlagansalls starb gestern abend noch nicht ganz »0 Jahre alt, der auch in weiteren Kreisen wohlbekannte, frühere Abgeordnete von Tübingen- Land, Metzgermeister Ehr. Weidle von hier. Als ein tüchtiger Geschäftsmann hat der nun Verstorbene seinem eigenen Betriebe einen bedeutenden Aufschwung gegeben, wie er auch als langjähriger Vorstand der hiesigen Metzgerinnung die Förderung der Interessen sich stets angelegen sein ließ. Sein Verdienst in dieser Richtung ist der Bau des hiesigen Schlachthauses, das im Eigentum der genannten Innung steht. In politischer Beziehung hat sich Weidle ebenfalls bekannt gemacht. Er war lange Jahre Führer der Tübinger Volkspartei und wurde im Jahre 1805 gegen den damaligen Qberamtmann,
Regierungsrat Nickel, als Kandidat der Volkspartei für Tübingen-Amt in den Landtag gewählt. Als Gemeinderat diente er der Stadt Tübingen in den Jahresperioden 1882—87, 1890—95, 1900—1905. In Rücksicht auf sein betagtes Alter stand die Partei davon ab, ihn noch einmal als Kandidaten aufzustellen. In persönlichem Umgang hat sich der Verstorbene allerseits lebhafte Sympathien erworben, zumal er einen humorvollen, kernigen und wohlmeinenden Charakter besessen hatte. Die Volkspartei, aber auch die Stadt selbst, verliert in ihm einen ihrer besten und angesehensten Männer.
Von der oberen Donau II. März. Wie großes Unglück manchmal Bürgschaften bringen, dafür ist ein Beispiel die im Konkurswege erfolgte Versteigerung zweier großer Bauernhöfe in einem Hegauorte. Die Besitzer der letzeren leisteten ihrem Schwager, einem Säg- werksbesitzer, Bürgschaft bis zum Betrage von 16000O -//. Der Schwager kam in Konkurs, und riß auch seine Bürgen mit; sie kamen um Hab und Gut. Der Schätzungswert der Liegenschaften und Häuser der beiden Bauern war gegen 170 000 erlöst wurden 157 000 -//. Die beiden stolzen Bauerngüter, die neben großen Aeckern und Wiesen hauptsächlich auch Waldgebiet umfassen, wurden vollständig aufgeteilt und find in über hundert Hände gekommen, da die Liegenschaften parzellenweise versteigert wurden.
Ulm 11. März. Der Herenglaube ist noch lange nicht ausgestorben. In Schwaighofen, einem Vororte vvn Neu-Ulm, führte ein Wunderdoktor die Erkrankung der Kinder eines Wirts auf die Einwirkung einer Here zurück und der Wirt glaubte fest daran, daß seine Nachbarin die Kinder verhert habe. Die Nachbarin klagte ihn deswegen ein; bei der gestrigen Verhandlung vor dem Neu-Ulmer Schöffengericht kam es aber zu einem Vergleich. Merkwürdig ist nur, daß der beklagte Wirt sich am längsten sträubte, den Vergleich einzugehen. Er bestand lange auf der Durchführung der Verhandlung.
Friedrichshafen 11. März. Um O-lu Uhr stieg das Reichs luftschiff zu einer größeren Uebungsfahrt aus und nahm seine Richtung nach Friedrichshafen, wo es dann in ziemlich rascher Fahrt mit seinen Manövern begann, lieber dem See liegt ein leichter Nebel. Es weht ein schwacher Nordwestwind. An der Fahrt nahmen u. a. teil: Graf Zeppelin, Hauptmann v. Jena, "Major Sperling und Qberingenieur Dürr.
Friedrichshasen I I. Mürz. Das Luftschiff ist um 12'/«Uhr glatt gelandet. Um / 3 Uhr soll ein zweiter Ausstieg erfolgen.
Friedrich sh äsen II. März. Heute nachmittag 4 Uhr erfolgte ein weiterer Aufstieg des Luftschiffes unter Führung des (strafen Zeppelin.
Friedrichshafen 11. März. Das Luftschiff kehrte um '/-6 Uhr nach 2stündiger Fahrt in die Halle zurück. Die heutige Fahrt galt der Feststellung der Geschwindigkeit des Luftschiffes in gerader Linie mit einem und zwei Motoren. Graf Zeppelin gibt heute im Hotel Deutsches Haus den hier anwesenden Offizieren des Luftschifferbataillons, sowie den Beamten der Luftschiffbaugesellschaft anläßlich der bisher so gut gelungenen Versuchsfahrten des Reichsluftschiffs ein Souper.
Das neue 25-Pfennig-Stück des aus Bückingen gebürtigen Künstlers Häuß erscheint, obwohl es den l. Preis erhalten hat, nicht ausgeführt zu werden. Dem Bundesrat gehen vom Reichsschatzamt neue Vorschläge zu für ein neues Modell für die "Münze, da man die 3 preisgekrönten Entwürfe nicht für zweckmäßig zur Einführung hält. Es handelt sich also um einen neuen Entwurf, der die Aussicht eröffnet, daß der fast allgemein verurteilte erste preisgekrönte Entwurf mit dem bekannten Adler und mit der neben ihm schwebenden Kaiserkrone nicht zur Ausführung gelangt. Wenn der Bundesrat den neuen Entwurf angenommen hat, was erwartet wird, so würden die Anfertigung von Stempeln und andere technische Maßnahmen geraume Zeit in Anspruch nehmen; vor Juli wird wahrscheinlich die Ausgabe der neuen "Münze nicht stattfinden.
Berlin. Wie die llniv.Korr. hört, beabsichtigt Regierungsrat Martin, der Verfasser des kürzlich erschienenen Buchs „Fürst Bülow und Kaiser Wilhelm ll." gegen alle Zeitungen, die bei Besprechung seines Buchs ihn in beleidigender Weise angegriffen haben, Strafantrag zu stellen. Durch diesen Schritt will sich, wie die genannte Korrespondenz sagt, „Regierungsrat Martin Gelegenheit schaffen, die in seinem Buch ausgestellten Behauptungen über die Entstehung des Daily Telegraph-Interviews zu beweisen, nachdem das Stillschweigen des Auswärtigen Amts zu seinen Angriffen es ihm unmöglich, gemacht hat, auf andere Weise die Richtigkeit seiner Behauptungen vor der Oeffentlichkeit zu beweisen. Die Prozesse werden in verschiedenen Bundesstaaten anhängig gemacht werden. Als Zeugen zu diesen sensationellen Prozessen will Martin außer mehreren hohen deutschen und englischen Hofbeamten, deutscherseits den Reichskanzler Fürsten Bülow, die beiden Staatssekretäre vom Auswärtigen Amt, den Geheimrat Klehmet und andere bekannte Politiker, englischerseits den Herausgeber des Daily Telegraph, den Obersten und Besitzer des Schlosses Highcliffe, Stuart Wortley, und den Schriftsteller Harold Spender laden." Harold Spender hat sich inzwischen bereits geäußert und erklärt, daß an
Line Lüge.
Roman von Ludwig Rohmann.
(Fortsetzung.)
„Auch um Ihretwillen, Horst", fuhr der Pastor fort, „freue ich mich der freundlichen Wendung in all den erschütternden Fügungen, die uns in Trauer und Verzagtheit gestürzt haben. Dieser Herr Berg hat sich in seinem Telegramm Ihnen beiden mit Rat und Tat zur Verfügung gestellt. Daß das mehr ist als eine gefällige Redensart, das beweist mir dieser Brief. Dieser Mann kann helfen, und daß er auch helfen will, das dürfen wir nun nicht mehr anzweiseln."
Horst wandte sich ab und nahm die Wanderung durch das Zimmer wieder auf. „Ich brauche keine Hilfe," sagte er kurz.
„Nun, das mag sein," entgegnete Manders ruhig, „obschon ich nicht reckt begreife, wie Sie sich die Errichtung einer Praris ohne Mittel, das heißt also doch ohne Hilfe denken. Aber immerhin: Ihre Studien sind doch abgeschlossen. Ihr Bruder aber steht im vierten Semester, er braucht Hilfe aus jeden Fall — einerlei, ob er seine Studien fortsetzt oder unmittelbar in einen praktischen Berus eintritt." Er wandte sich an Paul direkt. „Oder tragen auch Sie Bedenken, die gebotene Hilfe anzunehmen?"
Paul sah flüchtig zu dem ruhelos aus- und abwandernden Horst hinüber.
„Ja," meinte er achselzuckend, „eigentlich habe ich das Telegramm gar nicht so aufgefaßt, daß damit wirklich ein ernsthaftes Angebot gemacht werden sollte. Aber wenn ich's mir nun überlege, dann muß ich doch sagen, daß Ihre Auffassung manches für sich hat, und da muß ich dann allerdings zugestehen: Wenn dieser "Mann unserem Pater wirklich ein Freund war, dann seh ick nicht ein, weshalb wir Söhne uns weigern
sollten, seine Hilfe anzunehmen. Schließlich lassen wir uns doch nichts schenken. Ein Darlehen aber, das mir auf die Beine helfen kann, nehm ich von einem Freund wirklich lieber an, als von einem Wucherer." Horst blieb vor Paul stehen.
„Du bist beneidenswert praktisch, mein Lieber," sagte er langsam, und eine leise Bitterkeit klang aus seinen Worten. „Ich fange an zu begreifen, daß mir uns um dich nicht allzuviel Sorge zu machen brauchen und daß deine Ellenbogenenergie dir schon durchhelfen wird." Dann i>hm er seine ruhelose Wanderung wieder auf. „Aber nun das Telegramm und den Brief," fuhr er fort. „Ich gestehe ganz offen, daß sie beide zusammen einen viel besseren Eindruck machen, als das Telegramm allein, und ich bin heute weniger noch als gestern geneigt, den Namen Berg ernsthaft mit der Katastrophe in Verbindung zu bringen. Aber ich meine doch auch, daß wir uns nicht gar zu willig durch die Liebenswürdigkeit der Leute besiegen lassen sollten. Unser Gefühl allein legte gern dem Telegramm eine besondere Bedeutung bei; unser Gefühl ist's auch allein, das heute den Eindruck von gestern aufheben möchte — und das ist eben bedenklich. Die Möglichkeiten, die gestern vorhanden waren, bestehen doch auch heute noch unverändert fort, und damit wird uns eine höfliche Zurückhaltung wenigstens solange zur Pflicht gemacht, als unser Gefühl nicht durch wirkliche Beweise gestützt wird. Vor allem dürfen wir uns den Weg nicht durch Wohltaten verbauen lassen."
Inge hatte mit lebhaftem Staunen zugehört.
„Aber, mein Gott," sagte sie nun ängstlich, „was sind das alles für Andeutungen? Was habt ihr denn befürchtet? Und was sollte denn dieser Herr Berg bei unserem Unglück verschuldet haben?" Sie sah fragend von einem zum andern und, als sie keine Antwort erhielt, trat sie Horst in den Weg. „Horst," bat sie, „sag mir, was das isü Ich bin doch kein Kind mehr." (Fortsetzung folgt.)