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Amts- und AnzeigMatt sür den Oberamtsbezirk Calw. 84. Zahrgim-.
Erscheiuuugsruge: Montag, Dienstag. Mittwoch. Donnerstag. Freitag und Samstag. Inserlionspreis 10 Wg. pro Zeile für Stad! u. Bezirksorre; awzec Bezirt 12 Pfg.
Tagesueuigkeite«.
" Calw 2. März. Für den S o m m e r - dienst 1909 sind im Eisenbahnverkehr 295 Vorschläge vorgesehen. Für unsere Gegend kommen folgende Vorschläge in Betracht: Wegen der Schülerbeförderung soll wie im vorigen Sommer Werktags bis zum 31. Juli ein Zugpaar eingelegt werden von Calw nach Wilvberg und zurück. Infolge des früheren Arbeitsbeginns in Pforzheim soll der Personenzug Calw ab 6." vorm, vom 1. Mai bis 14. September als entbehrlich wegfallen. Der Personenzug 324 von Calw nach Pforzheim wird täglich ausgeführt. Abfahrt in Calw 9?' vorm., Ankunft in Pforzheim 10?" und in Wildbad II?'. Zur Verbesserung der Abendverbindung mit Pforzheim und Stuttgart wird ein Personenzug eingeführt; Abgang in Teinach 7."° nachm., Ankunft in Stuttgart 9. von Calw nach Pforzheim Abgang in Calw 7." nachm., Ankunft in Pforzheim 8.°". Dagegen sollen die Sonnlagszüge Calw ab 5?" nachm., Ankunft in Pforzheim 6?° und Pforzheim ab 7?6 nachm., Calw an 8?' als entbehrlich ausfallen. Der Sommerschnellzug zwischen Frankfurt und Freudenstadt (via Pforzheim—Calw) wird wieder ausgeführt. Auch auf den Verkehr zwischen Frankfurt und Wildbad wird durch ein Schnellzugspaar wieder Rücksicht genommen, desgleichen auf den Ausflugsverkehr von Stuttgart nach Calw—Wildbad durch Neueinführung eines Cilzugpaares Abgang in Stuttgart Sonn und Feiertags im Juli und August 7?' vorm., Ankunft in Calw 8?Z Ankunft in Wildbad 9?°. Abfahrt in Wildbad 7?° nachm., Ankunft in Calw 8?", Ankunft in Stuttgart 9?". Diese Züge halten nur in Zuffenhausen, Calw, Liebenzell und Wildbad. Wie im vorigen Sommer
Mittwoch, den 3 Mär; 1909
Bezuaspr.i.d. Stadt' ijährl.m. Träger!. Mt. 1.25. Pvslbezugspr. f. d. Lrts- n. Nachbarortsverk.' ,fährt. Mk. 1 . 20 , im Fernverkehr Mk. i.KO. Besrellg. in Würlt. :ro Psg., tu Bayern u. Reich 42 Pfg.
wird der Personenzug Stuttgart ab 8." vorm., Ankunft in Calw 9." täglich ausgeführt. Als Gegenzug wird von Calw täglich ein Zug nach Stuttgart geführt werden, Abgang in Calw 7." nachm., Ankunft in Stuttgart 9?".
" Calw 2. März. Das Februarheft der Schwarzwaldvereinsbläiter besingt die Winterfreuden des Schwarzwaldes. Der Verfasser K. Blumenthal führt den Naturfreund nach Wildbad, wo eine ganz ideale Schlittenbahn mit 9000 - ^ Kostenaufwand hergestellt ist. Sie hat bei einem Gefälle von 10—16 Prozent eine Länge 2500 m; mit der Bergbahn kommt man hinauf, auf dem Schlitten gefahrlos herunter. Bequemer kann man's den Naturfreunden nicht machen. Doch wird es für die Schlittenfahrer noch gesunder sein, wenn man auf Schlitten nicht bloß talabwärts saust, sondern mit ihnen, wenn auch langsam, aufwärts steigt. Und wenn die Bahn auf unserer Altburger Steige auch nicht zu den idealen gehört, so macht sie doch die Menschen frisch und lebensmutig, da Bewegung auch bergaufwärts stattfindet. „Das Rindvieh und die Schweine auf der Weide" schildrrt-natur- getreu Volz-Heilbronn, und der schwäbische Burgenforscher Koch bringt das Vorwort aus „Deutsche Burgen" von Bodo-Eberhardt zum Abdruck, das in anschaulicher und sinniger Weise die Frage der Burgenpflege behandelt. O. Feucht erzählt vom „Niederwald" und Schriftleiter Völker gibt einen Beitrag „Zur Geschichte des Fürstentums Fürstenberg" durch einen Hinweis auf das verdienstvolle Werk der Fürstenbergischen Archivrats Dr. Tumbült: Das Fürstentum Fürstenberg von seinen Anfängen bis zur Mediatisierung 1806. Die Rubrik „Verschiedenes" und Mitteilungen aus den Bezirksvereinen bergen allerlei Wissenswertes.
— Infolge der am Seminar in Eßlingen abgehalrenen Dienstprüfung wurde unter and. Kandidaten zur Verseilung von unständigen Lehrstellen in Volksschulen für defähigt erklärt : Bischofs, Philipp, von Calw.
Wildbad 2. März. In Calmbach hat sich am Samstag früh der 52jährige Pflästerer Friedr. Gr ön e r in seiner Wohnung erschossen. Der 87jährige Vater Gröners fand seinen Sohn iin Schlafzimmer im Blute liegend auf. Vermutlich hat ein körperliches Leiden den in geordneten Verhältnissen lebenden Mann zu der Tat veranlaßt.
Stuttgart 2. März. Dem „Schwab. Merk." zufolge wird mit Rücksicht auf die Kaiser - P arade die Königs-(Frühjahrs-) Parade beim württembergischen Armeekorps in diesem Jahre ausfallen.
Stuttgart 2. März. Gutein Vernehmen " zufolge wird der Kaiser am 6. September in Stuttgart eintreffen. Am 7. September findet)! dann die Parade des^J 3. Armeekorps vor dem Kaiser auf dem Carmstatter Exerzierplatz und an -den darauffolgenden Tagen das Kaisermanöver statt.
Stuttgart 2. März. Der König hat zu den Kosten des Wiederaufbaus des Schulhauses und der Lehrerwohnung in IIsfeld einen Staatsbeitrag von 10000 .//, zu den Kosten des Kirchenbaus daselbst einen Staatsbeitrag von 6000 - ,r bewilligt.
Stuttgart 2. März. Im Festfaal des Rathauses ist heute nachmittag das von dem ehemaligen Bürgermeister Linden spür von Stuttgart gestiftete Essen abgehalten worden. Entsprechend den Anordnungen in der Stiftungsurkunde gedachte vor dem Essen der Oberbürger
Line Lüge.
Roman von Ludwig Roh mann.
1 .
„Meine liebe Jngeborg — seien Sie gefaßt
Ein unterdrückter Aufschrei. „Herr Pastor — der Vater —?"
Dem Pastor des eichsfeldischen Torfes krampfte sich das Herz zusammen unter dem Jammerblick, mit dem Inge ihn anstarrte. Er zog sie sanft an sich und strich mit seiner weichen Hand leise und beruhigend über das glatte Blondhaar. „Er ist ohne Bewußtsein hinübergeschlummert." Pastor Manders sprach mit Ueberwindung und er hatte Mühe, seiner Stimme einige Festigkeit zu geben. „Und das ist gut so, wenn ich als Seelsorger ihm auch ein paar lichte Augenblicke noch hätte wünschen mögen. Ich denke jedoch, der Herr, der sein Leben gesehen hat und besser als wir alle die Ursachen kennt, die ihn zu dem verhängnisvollen Schritt getrieben haben, — er wird ihn auch so in seine Gnade nehmen."
Es konnte zweifelhaft sein, ob das junge Mädchen begriffen hatte, was der Pastor gesprochen. Sie hatte das Gesicht fest gegen seine Schulter gepreßt und ein fassungsloses Schluchzen erschütterte den zarten Körper. Und Paster Manders wartete geduldig, bis der erste Schmerzenssturm ausgetobt .hatte. Er versuchte zu beten, aber er fand keine Sammlung. Die Gedanken zerflatterten ihm; sie schweiften zurück in die Schrecken dieser Nacht und weit hinaus in die Zukunft.
Wie hatte das alles sich nur so unglücklich gestalten können! Und was sollte nun werden — aus Inge, dem unerfahrenen Kinde, das so gar nicht für das rauhe Leben geschaffen schien, und aus den Söhnen, die beide noch der Stütze bedurften und nun plötzlich doch jeder Stütze beraubt waren? Was sollte aus der Dorfgemeinde werden, für welche der Tote da drinnen der Ernährer gewesen, für die mit dem Leben dieses
§ Mannes fast alle Existenzmöglichkeiten zusammengebrochen waren? Dem Pastor tat das Herz weh in klagendem Mitleid und ein rebellisches Gefühl, das er vergeblich abzuwehren suchte, wandte sich gegen Gott, dessen Hand so unerklärlich schwer auf diesen allen lastete und der in seiner Allmacht doch alles hätte anders fügen können.
Inge richtete sich auf und trocknete hastig die Augen. „Kann ich" die Augen sprachen mehr als der zuckende Mund — „kann ich ihn sehen —?"
„Inge!" In dem Ton lag eine dringliche Bitte.
„Mein Gott-ich soll nicht —?"
„Nein, Inge, Sie sollen nicht. — — Sie sollen ihn so in der Erinnerung behalten, wie Sie Ihr Leben lang ihn gekannt haben: Unendlich freundlich und gütig, als einen, an dem Gott und die Menschen ihre Freude haben mußten.-Das da drinnen ist nichts für Sie —"
Er schwieg einen Augenblick und sah trübe in den Sonnenglanz hinaus. „Da draußen glüht die Sonne, da lacht ein neuer Tag; da draußen schlagen ein paar hundert Herzen mit uns in Schrecken und Angst, aber ihnen entbietet mehr noch als uns die Sorge in ihrer düstersten Gestalt den Morgengruß. Und wissen die Aermsten das Schlimmste kaum. Wie schwer die Schließung der Fabrik sie auch betroffen hat — sie hoffen, weil sie Vertrauen in die Kraft des Fabrikherrn fetzen. Aber nun wird ihr Elend grenzenlos sein und dies Elend wird hundertfach wieder auf mich zurückfallen, vermutlich werden auch Sie und ,Jhre Brüder nicht verschont bleiben: Das Leben tritt mit seinen tausend Notwendigkeiten an uns heran."
Er nahm den Blondkopf zwischen beide Hände und küßte den Scheitel des Mädchens mit väterlicher Zärtlichkeit. „Segne Sie Gott, mein Kind!"-
Dann stand er auf. „Kommen Sie, liebe Inge, — mit mir ins Pfarrhaus. Hier können Sie nicht bleiben. Es werden Leute kommen,