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Friedrichshasen 24. Febr. Dieser Tage sind, wie das „Seeblatt" berichtet, wieder zwei Waggon Wasserstoffgas von Griesheim hier eingetroffen und nach Manzell in die Reichsballonhalle verbracht worden. Es dürfte somit in der nächsten Zeit ein Aufstieg des l" zu erwarten sein, der gleichzeitig mit der Verbringung des Luftschiffes aufs Areal hinterm Riedlewald verbunden sein wird. Daselbst wird bekanntlich ein Zelt von der Firma Strohmayer u. Cie. in Konstanz erstellt werden, das dem Luftschiff als Unterkunft dient. Das neue Luftschiff II" wird sodann zu seiner Vollendung in die Rcichs- ballonhalle verbacht werden.
Frankfurt a. M. 23. Febr. Von den Vorbereitungen zu der Internationalen Luftschifffahrt-Ausstellung wird dem „Schwab. Merkur" berichtet: Als wichtige Neuigkeit wird initgeteilt, daß die Chemische Fabrik Griesheim-Elektron in Frankfurt a. M. ein in allen Ländern zum Patentschutz angemeldetes Verfahren aufgefunden hat, welches Wasser st off gas auf sehr einfache Weise herzustellen erlaubt. Es besteht darin, daß man sog. Wassergas in Wasserstoff verwandelt, indem man es über Kalk leitet. Es eignet sich namentlich für solche Zwecke, wo der Wasserstoff nicht in komprimiertem Zustande verwendet wird, wie für militärische und zivile Luftschiffstationen und übertrisst an Ausgiebigkeit und Billigkeit alle bisher bekannten Verfahren. Die Fabrik beabsichtigt, es aus der Internationalen Luft- schiffahrt-Ausstellung vorzuführen. - - Die Ausstellungsleitung hat den Bau der Ballonhüllen der Firma Arthur Müllers Land- und Industriebauten Akt.-Ges. Charlottenburg-Berlin, übertragen. Da, wie jetzt bereits feststeht, die Ausstellung sehr stark beschickt wird, ist die Firma Müller von der Ausstellungsleitung vorläufig angewiesen worden, vier Hallen mit einer Gesamtgrundfläche von etwa 5000 gm in der für die Lenkballons nötigen Höhe von 18—25 n> im Lichte auszuführen. — Die Wahl des offiziellen Ausstellungsplakats ist nunmehr vollzogen. Die Jury hat den Entwurf des Kunstmalers Alfred Oppenheim in Frankfurt a. M. ausgewählt. Er stellt das Wahrzeichen Frankfurts, den Dom in der Morgensonne dar, um den drei Luftfahrzeuge verschiedener Typen schweben. Außerdem wurde eine Reihe, von z. T. gleichfalls sehr geeigneten Entwürfen eingereicht, von denen einige als offizielle Ausstellungspostkarten Verwendung finden.
A achen 24. Febr. Infolge der zahlreichen Unglücksfälle beim Rodeln hat die hiesige Polizei- vcrwaltung das Rodeln verboten. Das gleiche Verbot erging in Barmen, nachdem auch dort schwere Rodel-Unfälle, auch tätliche, vor
gekommen sind. In Kaldorf wurde beiin Rodeln ein Ojähriger Knabe zwischen seinen Schlitten und einen Baum geklemmt, wodurch ihm der Kopf vollständig vom Rumpfe getrennt wurde.
Münster i. W. 24. Febr. Der Major Freiherr v. H olzing - Berstett von dem hier garnisonierenden 13. Regiment, ein Bruder des früheren Adjutanten des Kaisers wurde aut der Loddenhaide bei Münster tot aufgesunden. Nach einer Version soll der Offizier bei einem Ritt in den Wald vom Pferde gestürzt und tödlich verunglückt sein. Nach einem Gerücht, das in 'Münster zirkuliert, soll er in einein Zustand geistiger Umnachtung freiwillig aus dem Leben geschieden sein. Major v. Holzing-Berstett ist der Schwiegersohn des Direktors der Dresdener Bank, Konsul Eugen Gutmann.
B erlin 24. Febr. Gegen die „Telephon- Verteuerung" haben sich auch die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin ausgesprochen. Sie erörterten in ihrer letzten Sitzung nochmals eingehend die vom Reichspostamt geplante Aenderung der Fernsprechgebühren, in der eine durchaus verkehrsfeindliche Maßnahme erblickt wurde, die tief in das Wirtschaftsleben eingreife. Es wurde die Hoffnung ausgesprochen, daß der Reichstag seine Genehmigung zu dieser Aenderung versagen werde.
Hamburg 23. Febr. Zur Strandung des Dampfers „Präsident Roca" von der Hamburg - Südamerika - Dampfschiffahrts - Gesellschaft meldet der Kapitän unterm 19. Februar, daß 20 Menschen umgekommen seien.
Paris 24. Febr. Der „Temps" prüft in einem sehr klaren Artikel die allgemeine Lage. Nach der Ablehnung Deutschlands, an der Aktion in Wien teilzunehmen, kommt das Blatt zu dem Schluß, daß es nur eilt Mittel gebe, den Frieden Europas zu wahren, nämlich eine gemeinsame energische Intervention der Mächte bei der serbischen Regierung.
Wien 24. Febr. Zur Beurteilung der Situation wird dem Berliner Korrespondenten der „Neuen Freien Presse" die Tatsache bezeichnet, daß zwei Mächte, nämlich Deutschland und Frankreich fest entschlossen seien, es unter keinem Umstande zum Kriege kommen zu lassen.
Konstantine 24. Febr. Gestern früh wurde hier ein heftiger Erdstoß wahrgenommen, der von unterirdischem heftigem Getöse begleitet war. Der Stoß dauerte zwei Sekunden.
Vermischtes.
Vom Hochwasser der Elbe. Aus allen Einzetberichten ergibt sich, daß der in der
Altmark angerichtete Schaden ein ganz gewaltiger ist. Umsomehr ist zu hoffen, daß die ins Werk gesetzte Hilfsaktion recht erfolgreich sein wird, damit die über die Bevölkerung hereingebrochene schwere Not wenigstens einigermaßen gemildert wird. Die „Altmärkische Zeitung" schreibt: Etwa 200000 Morgen Acker sind überschwemmt, die Herbstsaat ist verloren, an eine Frühjahrsbestellung ist nicht zu denken, also die Erträgnisse eines ganzen Jahres sind verloren ; von sachverständiger Seite ist der Schaden ül vorläufigem Ueberschlag auf 8 Millionen geschätzt. Der mit allen möglichen Senkstoffen bedeckte Boden ist auf lange Zeit hinaus entwertet. Bei Tauwetter kann sich die Lage noch verschlimmern, da an ein Verstopfen der Bruchstellen und an eine Erneuerung der Deiche vorläufig nicht zu denken ist. Viele haben außer den Gebäuden auch ihr Vieh verloren, das Land ist auf lange Zeit unbestellbar. Dabei handelt es sich zum großen Teil um kleine Leute, die ohne sonstige Hilfsmittel sind. Hier muß also fremde Hilfe eingreifen, staatliche oder private.
(Eine Dame als Schmugglerin.) Aus London wird gemeldet: Die englischen Zollbeamten unterhalten sich mit großem Behagen über datz Abenteuer einer in England lebenden vornehmen Amerikanerin, die den Versuch machte, zu schmuggeln. Die Dame hatte in der Schweiz wertvolle Spitzen gekauft, deren Einschmuggelung nach London ihr beträchtliche Kosten erspart haben würden. Sie wand sich deshalb, ehe sie Frankreich verließ, die Spitzen tun die Taille. Die augenblickliche Mode war für ein derartiges Verfahren nicht ganz günstig, und die Dame stand, noch ehe das Schiff Frankreich verlassen hatte, große Oualen aus. Sie konnte ihr Leiden nur einigermaßen erträglich machen, wenn sie eine steife Haltung annahm. Das Schiff lief zuin Ueberflusse noch in eine Nebelbank und mußte seine Fahrgeschwindigkeit noch verringern. Die Unterhaltung zweier Mitpassagiere über die Strafen, die für Schmuggel verhängt würden, machten die Stimmung der Schmugglerin nicht besser. Es gelang ihr schließlich doch, unent- deckt durch das Zollamt zu kommen, und sie erreichte halbkrank das Hotel, wo ihr erstes war, sich von ihrer kostbaren Last zu befreien. Glücklich über ihren Erfolg und keine weitere Gefahr mehr befürchtend, erzählte sie von ihrem Abenteuer und erfuhr nunmehr zu ihrem größten Aerger, daß in England seit ungefähr einem halben Jahrhundert der Zoll auf Spitzen, den sie für so hoch gehalten hatte, vollständig aufgehoben ist.
Nit hungrrildkn Dgrl bitte« «m Mer.
„Das ist alles sehr brav von Bodo und sehr aussichtsreich für ihn!" rief Erika, indem sie sich von dem Oberforstmeister zu einem Lehnsessel führen ließ. „Aber an mich wird dabei nicht gedacht. Nach Afrika darf ich ihn, so viel ich weiß, nicht begleiten
„Wenn ich keinen Zuschuß mehr in Anspruch nehme, Erika, so reichen die Zinsen des kleinen Vermögensrestes hin, Dir eine unabhängige Existenz, wenn auch nur eine bescheidene, zu sichern," nahm Bodo das Wort, der mit wachsender Sorge die innere Erregung Erikas bemerkte. „Vielleicht erleichterst Du Dir die Lage, wenn Du eine Stellung wie die bei Hägens, nur eine passendere, bessere, einnimmst —"
„Nimmermehr," unterbrach ihn Erika und ein flammendes Rot zog über ihr ganzes Gesicht. „Nicht zum zweiten Mal werde ich mich dem aussetzen, was mir dort drüben widerfahren ist — widerfahren, trotz aller Seelengüte und Freundschaft der edeln, herrschaftlichen Christine Hagen."
Bodo fühlte, daß eine unausgesprochene, aber herbe Anschuldigung in Erikas leidenschaftlichen Worten lag. Er erschrak vor der Unverfönlich- keit, die ihm an seiner Schwester so neu war und ihn eben jetzt traf, wo er einen befreienden und männlichen Entschluß gefaßt hatte. Auch Herr v. Lestwitz mochte ähnlich empfinden und versuchte, ihm zu Hilfe za kommen, indem er rief: „Sie schlagen die frechen Worte eines verdorbenen Gecken, wie Herr Franz Hagen, der noch dazu betrunken gewesen zu sein scheint, zu hoch an, liebe Erika. Mich deucht, die Lektion, die ihm Bodo zuteil werden ließ, ist völlig ausreichend, und ich stehe ihnen zum voraus dafür ein, daß ihm nichts geschenkt werden soll."
„Ich denke gar nicht an ihn!" entgegnen das junge Mädchen rasch. Und als nun auch sie den befremdeten Ausdruck in dem faltigen, aber frischen Gesicht des Oberforstmeisters erblickte, fügte sie hinzu: „Lieber alter Freund, gönnen sie mir Zeit, mich etwas zu sammeln. Eine Stunde Ruh nit viel. Und wenn Bodo so freundlich sein und dem Kutscher von drüben eine Zeile an Fräulein Christine mitgeben will, daß ich heute auf
keinen Fall und trotz meines Versprechens vielleicht auch morgen und — in nächster Zeit noch nicht sie besuchen könne, so würde ich ihm dankbar sein!"
(Fortsetzung folgt.)
Aus dem Leben eines Pferdes.
Das war ein Tag! Wie schmerzea mich die (Meder,
Ter blutchc Nacken und die wunde Brust!
Und morgen kehrt die alte Plage wieder:
Wie war mir Sterben, Sterben eine Lust!
flast war's noch Nacht, Im Stalle schon geschlagen.
Dann unbedeckt ging's durch die kalte Luft,
Wie schlecht gefuttert, ungcschmiert der Wagen,
Doch desto kräft'gcr ward geschimpft, gepufft.
Nun welcher Schreck! Glatteis auf steilem Wege!
Die Last so schwer, die Eisen abgenützt!
Wie Hagelschauer fielen da die Schläge,
Wie haben wir gezittert und geschwitzt!
Da kommt ein Wirtshaus. Zwar ist es noch krähe:
Doch unsre Pcin'gcr dürstet gar zu stark Äon des Geschreis und des Geprügels Mühe:
Wir aber sreh'n und frieren bis ins Mark.
Nun endlich „hüh!" Als müßt er's uns verdeutschen. Saust Hieb um Hieb auf den durchfrornen Leib.
Q, welche Qual, dies unvernünft'ge Peitschen!
Doch unscrm Quälgeist scheint's ein Zeitvertreib.
Wir sind ain Ziele. Weil der Herr geschlafen,
Und ein paar Meter ging die Fahrt zu weil.
Dafür muß er natürlich uns bestrafen!
Ha, wie der Wüterich wettert, flucht und schreit!
Doch ach, wer kann den tollen Jammer sagend Bei jeden, Sturz auf das zcrschund'ne Knie Ward ich aufs neu erbarmungslos geschlagen!
„Ich belf dir auf!" brüllt er, „du faules Bich!" —
Schon zwanzig Jahre Hab' ich so geduldet.
Wie karg das Iutter heut, wie kalt der Trant !
Ich diente treu und leide unverschuldet.
Wie ftikl' ich mich so elend und so krank.
(„Schweizerische Pferdezeirung". Solothurn.,