127

den Deutschland ihm bereitet, einen Fortschritt dringen. In diesem Sinns wünschen wir den kommenden Festtagen einen ungetrübten Verlauf und eine lange günstige Nachwirkung,

Berlin 8. Febr. Die Schreckenstat eines Geisteskranken rief gestern früh in der zum Teil noch unbebauten Ufnaustraße große Erregung hervor. Der 31 Jahre alte Steinbildhauer Her. mann Hoffmanu feuerte auf seinen in dieser Straße wohnenden 7 Jahre älteren Bruder Max Hoffmann, den er gestern früh besuchte und auf dessen 28jährige Frau drei Schüsse ab. Mox Hoffmann wurde durch zwei Kugeln, dis dar Herz durchbohrten, auf der Stelle gelöiet, die Frau lebensgefährlich verletzt. Der Mörder ist rach der Tat g flüchtet. Er leidet an relig ösem Wahn, firm. Er kehrte erst gestern von Hamburg, wohin er vor einem halben Jahr verzogen war, zurück.

Prag 8. Febr. Die freisinnige Couleur der deutschen Studenten konnte gestern auf dem Graben unoestört promenieren. Da aber der Zuzug von Passanten immer stärker wurde, sodaß Bürgersteig und Fahrdamm überfüllt waren, wurde mit Rücksicht auf die Sicherheit der Passanten die Räumung des Gräbers durch dis Wache vorgenommen. Gleichzeitig vollzogen auf dem Wsndelsplatz die nationalen und katholischen Eoulmr-LtudenLen ihren Bummel. Nm 12 Uhr erschienen dis vom Graben verdrängten Tschechen und beschimpften die Studenten. Dabei wurde 2 Studenten die Kappe vom Kopfe gerissen. N-ch r12 Uhr zogen sich die Studenten ins deutsche Kasino zurück. Um Uhr wurden 5 deutsche Louleur-Studenten von einer ungefähr hundert« kvpfigen Menge Überfalls n und mißhandelt und dabet 5 Verhaftungen vorgenommen.

Zürtch 8. Febr. Der große internationale Sordon-Bennet Flug 1909 irr Zürich findet am 23. Oktober statt.

Dover 8. Febr. Der König und die Königin von England find an Bord der Nacht Alexandra um 12 Uhr 45 Min. bei herrlichstem Wetter in See gegangen.

London 8. Febr. König Eduard und KöniginAlsxandra verließen heute Vormittag V»11 Uhr den Buckingham Palast und begaben sich rach dem Vikloriabahnhof, von wo sie um 10 Uhr 40 Min. mit Exirazug nach Dover ab- reisten, um sich dort an Bord der königlichen Nacht Alexandra zu begeben. Eine dichte Menschen, menge bildete auf dem Wege zum Bahnhofs Spalier und brachte dem König« paar warme Abschied«. Ovationen dar. Auf dem Bahnhofs hatte sich der Prinz von Wales, Premierminister Asquith, der deutsche Botschafter Wolfs Metternich mit Stab und anders Spitzen der Zivil- und Militär, behörden cingefunden, um dem Körlgspaar das Geleit zu geben.

London 8. Febr. Zu dem Tode de«

deuts chen Gesa ndtschaftrs skr stär» in Santiago de Chile, der am Sonnabend unter den Trümmern der von Feuer zerstörten Gesandt, schafttgebäude« als Leiche aufgefunden wurde, wird berichtet: Der Verdacht, daß der Staat«, sekretär ermordet wurde, bestätigt sich. Die ärztliche Untersuchung der Leiche hat ergeben, daß der Schädel in zwei Teile gespalten war.

Messina 8. Febr. Neue Erdstöße find heute Morgen und heute Nachmittag sowohl in Messina als in Syrakus und Lentini verspürt worden. Dis Stöße vsranlaßten eins heflige Panik unter der Bevölkerung.

Vermischter.

Deutsche Pioniere zu Aufräu. mungsarbetten nach Messina. Elsaß» Lothringischen Blättern zufolge soll um die Mitte des Monats Februar kin Kommando von Pionieren zu Austäumungsa: beiten nach Messina abgehen. Des Kommando, da» meist au« Freiwilligen besteht ist zusammengesttzt aus etwa 40 Mann vom Pionierbataillon 19 in Ttraßburg, 20 Mann vom 15 Pionierbataillon ebendaselst und 25 Mann vom Pionierbataillon 14 in Kehl. Es werden fich am Kommando beteiligen zwei Offiziers und mehrere Unteroffiziere. Dis Manischesten find über die vorzunehmenden Arbeiten bereit« unterrichtet.

Vom Deutschtum in Südbrasilien. Eire erfreuliche NachriHt kommt von der Kolonie Hansa, Die brasilianische Bundesregierung ist, insbesondere durch die Bemühungen des deutsch, brasilianischen Senator« und ehemaligen Ver- kehrsministers Dr. Lauro Müller, durch dar neue Siaairhaurhaltgesetz ermächtigt worden, der Hanseatischen Kolonisations-Gesellschaft für ge> leistete Kulturarbeiten, wie Wege und Brücken sine Entschädigung zu gewähren. Die Santa Katharina Etsenbahn-Gesellschaft, welche dis Strecke Blumenau-Hammonia (Hansa) nahezu fertig gebaut hat, bekommt einen Zuschuß von etwa 20000 für den Kilometer. Die Zuwanderung in die Kolonie dauert familisn- und gruppenweise stetig an, dies ist die gesündeste Form de« Wachstum«. Er kann dann die Aue wähl de« Lander, dis Ein- richiung und Angewöhnung in aller Ruhe vor fich gehen, der Unterhalt der neuen Einwanderer macht keine Schwierigkeiten, während p'ötzltchsr Andrang zu Hunderten, ja Tausenden stet« be« bäuerliche Störungen und Schwierigkeiten mit fich bringt. Mit über 3000 Bewohnern zählt die Hansa mehr deutsche Ansiedler - als z B ganz Diutsch-Ostafrika. Am Vorort des einen Bezirk« in Humboldt wird gegenwärtig eine ansprechende, kleine evangelische Kirche gebaut. Dis dortige Schulstells ist mit einem Lehrer aus Deutschland besetzt worden. Für ein Pfarrhaus in Hammonia ist bereit« eine Grundstockssumme durch den

Zentralvorstand de» Gustav«Adolf«Vereins in Höhe von 500 Mk. gegeben worden.

Der englische Hof unddte deutsche Sprache. Ja einem Lrndonsr Briefe seine« meist recht gut informierten Berichterstatter« schildert der AntwsrpenerMatin" die Vor- bereitungen König Svuard« zu seiner Berliner Reise. Wir lesen da:Der König hat anbesohlen, daß zum Reisegefolge nur Personen gehören dürfen, dis Mistig deutsch sprechen. Man hat altbald bemerkt, daß diese verhältnismäßig selten waren. Die vollkommene oder doch fast vollkommene Beherrschung der französischen Sprache wird in England für alle Stellen am Hofe gefordert, aber niemand braucht deutsch zu sprechen. So kommt man ein wenig in Verlegenheit. Man muß Beamte und Würdenträger tn Loidon lassen, die der König gern mitgenommen hätte, weil ihre Begleitung ihm besonders angenehm ist, und man muß andere mitnehmen, auf die man ohne Bedauern verzichtet hätte. Gewöhnlich gehören zur Karawane, wenn die Königin ihren Gemahl begleitet, drei Aerzte: einer für den Herrscher, einer für seine Gemahlin, einer fürs Gefolge. Diesmal nimmt nur Dr. James Neid an der Reise teil, weil er allein vom medizinischen Per­sonal der Hofes richtig deutsch spricht. Die Königin legte besonderen Wert aus die Begleitung ihre» Bize-Ehambkllan, dr» Grafen Gorford; sie hat aber den Grafen Howe wählen müssen, weil der andere kein Wörtchen deutsch versteht Aus dem- selben Grunde tritt Herr Daniel Tupper an die Stelle von Sir Douglas Dawson, und Herr Franc!« Morgan Bryant an dis Stelle von Herrn Walter Matthew Gibson." Man wird in dem Befehle Köttg Eduard» eins Höflichkeit gegen Deutschland erblicken müssen. Hoffentlich merken die Herren seiner Umgebung allmählich, daß da» Deutsche keine ganz überflüssige Sprache ist.

Landwirtschaftlicher SeMsveretn Calw.

Wegen Mangels an Nachstage findet ein Aufkauf vo« Saatfrüchte» seitens des landwirt­schaftlichen Vereins nicht statt und muß solcher den einzelnen Gemeinden überlassen bleiben. Vielleicht könnte ein Aufkauf durch die Darlehenskassenvereiue vermittelt werden.

Bekamitgegeben wird, daß in Pforzheim vom 1. März d. I ab eine Saatgut- und Kartoffel- auSstellung stattfinden wird. Gegenstände der Ausstellung sind: Sommer- und Winterfrucht, ins­besondere Wetzen, Roggen. Gerste und Hafer, Klee- rnd Esparsettesamen, Wicken, Mais, Runkelrüben­samen, sowie Saatkartoffeln.

Anmeldungen find bis zum 18. Februar 1909 an die Direktion des landwirtschaftlichen Be­zirksvereins Pforzheim (Gr. Bez.Amt) einzusenden. Der Unterzeichnete ist bereit, nähere Auskunft hierüber zu erteilen.

Calw, 5. Februar 1909.

Der Vereinsvorstaud:

Regier ungsrat Voelter.

und flüsterte dem Bruder dis ernste Frage zu:Tun wir auch recht, Bodo darf cs sein, wie Du es forderst?"

Der junge Osfizbr artworiete ihr rur durch eine ungeduldige Ge- bärde, er hörte einen tiefen Atemzug und einen leisen Seufzer der Schwester, beachtete ihn ober scheinbar gar nicht und eilte dem jungen MödLen jetzt voraus, um ihr die Wcgenlür zu öffnen und beim Et, steigen behilflich zu sein. Erika sühlie einen Druck der brüderlichen Hand- der vielleicht einen Dank, vielleicht auch nur eine Mahnung zur Vorficht bedeuten sollte.

Der Kulscher frug vom Bock herab, ob der Herr Leutnant nicht «itfohre. Bodo antwortete mit barschemNein" und rief der im Wagen Sitzenden roch laut zu:Gott befohlen, Fräulein Münter! Ich habe mich gefreut, Ihnen zu begegnen. Auf Wiedersehen beim Diner."

Der Landauer rollte davon, die nur noch kurze Straß? bis zur Einfahrt der Parkes der Hagen.'schen Villa entlang.

Bodo v. Gravcnreuth blieb in tiefem Sinnen zurück. Es war inzwischen beinahe dunkel gewo den, aber er konnte doL den Wagen noch unterscheiden, bi» dieser in die Türöffnung ei, lenkte. Die tiefe Stile umher ließ ihn da« Geräusch der Rüder und den Hvsschlag der Pferde auch dann noch vernehmen, als er nicht« von dem Wagen sah. Und als nach etwa fünf Minuten der Widerhall endlich schwieg, wußte er, daß Erika vor und in dem Hause de» Kommerzienrate« angelangt sei. Und jetzt hörte er in der lautlosen Einsamkeit den eigenen Herzschlag, ihn erfaßte ein banger Drang, über dis Waldsäume m d die dunkeln Buschgruppen hinweg seine Schwester mr« dem Hause zurückzurufen. Dabei ging er aber selbst mit zögernden Schritten dem Hause entgegen und überdachte noch einmal die unverhoffte Begepnung mit Erika und seine ganze Loge, obschon er eine Anwandlung von Reue verspürte, sagte er doch zu fich selbst:Er geht wahrlich nicht ander»! Und verkehrt hat sie doch gehandelt, wenn sie schon eine Stellung

für unvermeidlich hielt, sie hier und unter dem Namen der Mutter anzu rehmen. Sie konnte mich nicht hier vermuten, aber sie wußte doch, daß der Oberforstmelster in Wolfeck in der Nähe wohnt. Der alte Lsstwitz kommt von Zeit zu Zeit auch hier herüber, wenn der Kommerzienrat nicht geprchlt hat. Na, müssen hoffen, daß wir vorher unter Dach und Fach find?

Er spürte, daß der scharfe Frost, der mit jeder Viertelstunde zugenommen hatte, ihn zu überschausrn anfing, rr hüllte fich deshalb fester in seinen Mantel und zwang fich, rascher auf sein Ziel loszugrhen. Er fand, als er endlich die Schwelle wieder überschritt, das Hagen'sche Haus von großer Bewegung erfüllt. Nacheinander waren, wiethrn ein Diener im Vorübergehen verriet» die neue Ges« llschafterin mit Koffer und Schachteln, zwei benachbarte Fabrikanterfawilien zum Diner vorge­fahren und schließlich noch Herr Franz, der Sohn de» Kommerzienrat«, heimgekehrt der Herr Lemenont sei sehr vermißt worden, als ihn Fräulein Eva ihren Freundinnen, den beiden Fräulein Oberdöiffer au» Haslach, habe vorstellen wollen. Der junge Offizier nie dem Diener e«n vertrauliche« Wort, daß ihm ein Spaziergang zwilchen Frühstück und Diner unentbehrlich erschienen sei und flüchtete rasch in sein Zimmer zurück, da« er behaglich erwärmt und von drei Gatkroven erhellt fand Ein Blick auf die Uhr belehrte ihn, daß ihm noch eine Stunde vergönnt sei; er war froh, diese Frist vor sich zu sehen, um fich an den Gedanken zu gewöhnen, seiner Schwester Erika al« einer Fremden zu begegnen.

Niemand hätte, al« diese Stunde abgelaufen war, dem jungen Man», der von allen augenblicklichen Gästen de« Haust« zuerst den Salon im Obergeschoß betrat, der frisch und strahlend die jungen Damen begrüßte, ansehen können, welche peinlichen Erinnerungen und Selbflvorwürfe diese Stunde erfüllt halten.

(Fortsetzung folgt.)