14. Amts- und Änzeigeblatt für den Oberamtsbezjrk Calw. 84. Ichrgavs.

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Dienstag, -en 19. Mnuar 1909.

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«Wtttche Beksnntmachnngen

Bekanntmachnng.

Am 13 Februar 1909, vormittags 10 Uhr,

findet im Dtenstgebäude des Bezirkskommandos Calw die ärztliche Untersuchung derjenigen VolkSschul- lehrer und Kandidaten des Volksschulamts, welche fich im militäi pflichtigen Alter befinden und am 1. April 1909 zur Ableistung ihrer 1jährigen Dienst­zeit eintreten wollen, statt.

Noch nicht militärpflichtige, taugliche Volks­schullehrer u. s. w. dürfen fich zum Diensteintritt freiwillig bereit erklären.

Der Ausstellung eines Meldescheins bedarf es in diesem Falle nicht.

Ein'Recht auf die Wahl des Truppenteils haben die etnzustellenden Lehrer u. s. w. nicht; doch wird etwaigen Wünschen möglichst Rechnung ge­tragen werden.

Die schriftlichen Gesuche um Untersuchung und Einstellung find bis spätestens 8. Febr. 1909 an das Bezirkskommando einzureichen.

Calw, 9. Januar 1909.

Kgl. BezirkSkommanLo.

Bekanntmachung

detr. das Schleife« von Bauholz auf der Straße.

In letzter Zeit find verschiedene Straßen in­folge Schleife«- von Lang- und Scheiterholz ruiniert worden; es werden dehalb unter Hinweis auf 88 303, 305, 366, Ziff. 10 des Strafgesetzbuches die Bestimmungen der K Verordnung vom 6. Juli 1873 betreffend Vorschriften über die Benützung öffentlicher Straßen und ihrer Zubehörden, ins­besondere 8 3 dieser Verordnung in Erinnerung gebracht.

Calw, 18. Januar 1909.

K. Oberamt.

Voelter.

Tagesuenigkeiteu.

Calw 19 Jan. Gestern wurde der Tag­löhner Chr. Hahn von Rötenbach» welcher am 28. Oktober v. I. den dortigen Hirschwirt Fr. Wohlgemuth in den Unterleib gestochen hatte, so daß dieser nach wenigen Lagen verstarb, von

dem Schwurgerichten Tübingen wegen Körper­verletzung mit nachgsfolgtery Tod zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Holzsrlöse: Die Gemeinde Oberkoll- man gen lörte für ihre sog. Bürgergobe (Forchen­langholz) um Weihnachten 111°/»; die Gemeinde Rötenbach OA Calw am 14 dS. für Forchen mit ebm im Durchschnitt 112°/» der neuen Taxe.

Stuttgart 18. Jan. Der Ballon Württemberg" ist nach einer Zwischenlandung bet Salach Oll. Göppingen um 4 Uhr 30 Min. in Offingen beiGünzburg (Bayern) nahe der Bahn nisdergegangen. Die Teilnehmer an der Fahrt kamen hochbefeiedigt 8 Uhr 35 abends nach Stuttgart zurück Die Landung bei Salach war durch die Notwendigkeit einer kleinen Repa­ratur veranlaßt. Nach dem Wiederaufstieg trieb dis Sonne den Ballon bi« zu einer Höhe 3000 w empor. Im schönsten Sonnenschein vollzog fich die Fahrt in« Bayerische über dem Wolken- meer dahin, bis bei Ofstngen ohne fremde Hilfe gelandet wurde. Der Ballon wurde sofort ver­packt und zur Bahn gebracht. Auf dem ersten Teil der Fahrt kamen die Teilnehmer mehrfach in ein Schneegestöber, die spätere Fahrt über den Wolken vollzog sich in warmem Sonnenschein. Die geplante Automobilverfolgung konnte nicht durchgeführt werden, da der Ballon bald nach seinem Aufstieg in den Wolken verschwand. So konnte die Verfolgung nur bi« Göppingen ausgedehnt werden.

Heilbronn 16. Jan. Infolge de« kleinen Vstkaufsgeschäfte« über den Herbst 1908 hat der Weingärtnerverein beschlossen, in Verbindung mit den umliegenden, unserem Weinbaugebiet ange- hörenden Gemeinden Ende März einen Wein- markt wie in früheren Jahren für Produzenten­weine zu halten. Die neuen Weine haben fich sehr gut entwickelt, find meistens gut vergohren und werden in diesen Lagen abgelaffen.

Schorndorf 18. Jan. Es ist gewiß etwas seltene», daß fich sechs Leute desselben Namens, Beutel, prügeln, wie er in Buhlbronn

hiesigen Bezirks vorkam. Die sechs Beutel hatten fich nun vor dem Schöffengericht zu verantworten, er wurde aber nur einer verurteilt, weil er zu der Prügelei einen Zündholzstein benutzt hatte.

Reutlingen 18. Jan. Ein wenig ge- wissen Hafter Sohn ist der Mechaniker Knapp» der, solange seine Mutter auswärle auf Besuch weilte, dis Einrichtung verkaufte und den Erlö» mit einem Freund vertrank. Der ungetreue Hausverwalter wurde verhaftet.

Gruibtngen OA. Göppingen 16. Jan. Ir wenigen Wochen vollendet der älteste Ein­wohner der Gemeinde und de« Bezirk« Göppingen, Thomas Schall, sein 100. Lebenjahr. Der alte Mann erfreut fich noch einer beneidens­werten Rüstigkeit. Schall ist am 12. Februar 1809 hier geboren, war früher Schäfer und lebt seit Jahren im Kreise seiner Familie als Privatier. Ec war eigentlich nie ernstlich krank, was er vor allem seiner einfachen Leberswelse zuschreibt. Er verrichtet noch heute leichte Arbeiten inner­halb der Haushalt«. Er war allezeit ei t leiden­schaftlicher Jäger, und bi« in sein hoher Alter hinein hat er fich dem edlen Weidwsrk gewidmet. Es mutet wie au« einer anderen Zeit an, wenn man fich vergegenwärtigt, daß Scholl bereits ein 4jährige« Büblein war, als die Völkerschlacht bei Leipzig au« gefachten wurde; daß er bereit« 6 Jahre alt war, als Bismarck geboren wurde und daß er schon im Alter von 23 Jahren stand, als Goethe die Augen schloß Gruibtngen er­freut fich seit jeher einer größeren Zahl von hochbetagten Männern und Frauen. Ein guter Freund de« hundertjährigen Schall, der Schult­heiß a. D. Werner, ist vor wenigen Jahren im 95. Jahr gestorben.

Eßlingen 14. Jan. Heilsarmee. Oliphant, der Kommandant der Heilsarmee in ganz Deutschland, hielt in Kugel» Saal einen Vortrag überdie soziale Frage der Gegenwart und die Heilsarmee." Nach einem gemeinsamen Gesang berichtete zunächst die Stab»kapitänin Punischilla über ihre 7jäh ige Tätigkeit in Indien, wo die Heilsarmee nicht weniger als 360

Welche von beiden?

Novelle von Adolf Stern.

(Fortsetzung.

Sie brach ab und Fräulein Erika las von den plötzlich geschloffenen Lippen, wie vorher au« den feuchten dunklen Augen der Armen, was diese verschwieg. Die junge Dame sah verlegen und wie suchend an fich selbst herab, aber sie trug weniger Schmuck, als Cccca, um deren Hals fich eine doppelte Korallcnkette mit breitem Stlberschloß legte. Da griff Erika nach ihrer Börse und gab Cccca ein Goldstück, indem sie flüsterte:Bitte nehmen Sie die« aber für sich ganz allein für fich." Die Frau des Malers machte eine entschieden abwehrende Bewegung und sagte auf wiederholte» Andringen Erika«:Nein nein! Sie und Ihre Freunde haben schon zuviel für uns getan." Sie tat einige Schritte gegen den Torbogen hin, dann, als ob sie fich plötzlich besänne, stand sie noch einmal still, sah da« ihr nachfolgende junge Mädchen mit tiefem, fast feierlichem Ernst an und flüsterte:Ich will doch nehmen, wa« mir Ihre Güte bestimmt hat. E« kann eine Stunde kommen, wo ich bereuen würde, Ihre gesegnete Hand abzewehrt zu haben und nur darum will ich tun, wa» Ihnen vielleicht Gott etngibtl Danke danke, Signorina, hierfür und für aller!" Sie hatte die eben roch verschmähte Gabe erfaßt, reichte, nachdem sie dar Gold­stück in einer Falte ihre« Mieder» versteckt hatte, Erika beide Hände und entfloh dann mehr als sie ging dem Hofe, in welchem sie bisher mit der

jungen Deutschen allein gewesen war. Au» dem Hausgang klangen Schritte und Erika hatte den Eindruck, daß die arme Frau von niemand mehr gesehen sein, niemand mehr irr Gesicht blicken wolle, als eben ihr.

Aber auch da« junge Mädchen fühlte nach der eben durchlebten Viertelstunde einen seltsamen Drang allein und von niemand gesehen zu sein. Sie suchte über eine Nebentreppe ihr kleine« Zimmer auf, da­hinter dem größeren, von ihrer Tante bewohnten lag. Au« dem letzteren, dessen Fenster nach der Via di San Vastlio gingen, hätte st? dem plötzlichen Abzug de» Maler» mit seiner Frau nachschauen können, allein ste wider­stand der Regung dazu, indem fie fich sagte, daß ste doch ohnmächtig sei, den Vorsatz des harten Mannes, der seinem Weibe so unerwartet kam und so schwer fiel, zu hindern. In ihrem jugendlichen Empfinden, da« noch wenig vom herben Leid de« Leben« wußte, fanden da« Weh und die unaus­gesprochene Verzweifelung der armen Cccca nur zu starken Nachklang, Erka hatte in den verflossenen Wochen qenug von dem Wesen und Leben de» seltsamen Paare« gesehen, um zu wissen, daß Francelca Holter« zu den unglücklichen Frauen gehöre, die ein paar Lraumstunden der Einbildung», kraft und der Sinne mit einem trostlosen gequälten Leben bezahlen. Dar junge Mädchen empfand da« tiefste Mitleid mit dieser Fremden, die ohne ein Wort der Gehässigkeit beinahe ohne Klage ihr Geschick wie eine Buße trug und deren Blick im Unglück so hell und scharf geworden war. Nein, die C cca täuschte fich nicht über den Unwert ihre» verwilderten Satten und hatte Recht, vor der Zeit zu bangen, in der fie wieder mit ihm allein in der Oede der Campagna sein würde.