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Wien 16.Jan. Kaiser Franz Josef Hai der Königin^»on Italien in Würdigung ihres aufopfernden Wirken» im Eidbebengebiet da« Großkrenz dcsElisabethenorden« ver- liehen. Der Orden wird der Königin mit einem Handschreiben de« Kaiser« Übermittelt werden.
Wien 16. Jan. An hiesiger maßgebender Stelle hält man e« nicht Mr ausgeschlossen, daß die zwischen Oesterreich-Ungarn und Serbien schwebenden Streitfragen schon dem. nächst und zwar ohne Vermittelung einer anderen Macht durch direkte Verhandlungen geregelt werden dürsten.
Budapest 16. Jan. Der Brand auf der Kohlengrube Ajka ist gelöscht. Insgesamt büßten dabei 55 Bergleute ihr Leben ein.
Belgrad 16. Jan. Die Blätter setzen ihre Wutausbrüche nicht allein gegen Oesterreich - Ungarn sondern auch gegen dasübrtge Europa, das seine Versprechungen nicht gehalten und Serbien schnöde im Stich gelassen hat, fort. Am schlechtesten kommt jedoch die Türket davon, deren Staatsmänner einschließlich der jungtürkischen Führer in der üblichen serbischen Weise beschimpft «erden.
Petersburg 16. Jan. Firmländtsche Blätter melden: Am 2. und 3. Weihnacht«- feiertags wurden in einigen Orten Finnlands beunruhigende Erderschütterungen wahr- genommen, besonders im Dorfe Kuchmoi«, wo einige Häuser bedeutende Rrffs erhielten. In der Stadt Jnwarkuel wurden sogar Schwankungen einiger Häuser bemerkt. Auf dem Markte entstanden bedeutende Erdriffe. Aehnlichs Vorgänge «erden aus verschiedenen anderen Orten gemeldet.
Messina 17. Jan. Gestern Abend wurde wiederum eine 72jährige Frau lebend aufgefunden und aus den Trümmern hsrvorge- zogen. Tie Frau war so schwach, daß sie nicht mehr sprechen konnte, doch glaubt man, sie trotzdem am Leben zu erhalten.
Messina 17. Jan. Trotz de« gestrigen leichten Erdstoßes, bei dem verschiedene Mauern und auch ein Haus einstürzten, werden dis Rettungsarbeiten mit großer Energie fortgesetzt. Ein mit Holz beladener Dampfer, ein Geschenk des Königs, ist hier eingetroffen.
Reggio 17. Jan. Der Kriegrminister reist, nachdem er die Krankenhäuser und die schon aufgistkllten Baracken besichtigt hat, wieder ab. Die zur Zeit errichteten Barocken finden Stande 1660 Personen Obdach zu gewähren.
Palermo 16. Jan. Nachdem bereits alles Leben unter den Trümmern Messina« erstorben schien, find gestern wieder drei Menschen gerettet worden. Vor den Soldatenposten er- schien gestern früh ein kleiner Junge, der völlig
nackt war, zerschunden und blutig. Sr sagte, er sei au» dem verschütteten Hause heraurgekrochen, wo seine beiden erwachsenen Schwestern noch lägen. Die Soldaten machten sich sofort ans Werk und es gelang, die beiden Mädchen völlig unverletzt heraus zu ziehen.
Uattsttckstoff.
Von den bet uns angebauten Kulturpflanzen vermögen nur die Schmetterlingsblütler (Erbsen, Bohnen, Lupinen. Luzerne, Klee, Esparsette. W cken rc.) den Stickstoff der Luft zu ihrer Ernährung sich anzueignen, während den anderen Pflanzen (Hafer, Gerste, Weizen, Dinkel, Roggen, Hackfrüchte, Oel- früchte u. s. w.) dieser wertvolle Pflanzennährstoff nur in Form von natürlichen oder künstlichen Düngemitteln zugeführt werden kann. Die Versuche, diese nur den Schmetterlingsblütlern eigene Fähigkeit auch den anderen Pflanzenarten einzuimpfen, haben bis jetzt zu keinem praktisch greifbaren Resultat geführt. Dagegen kann man seit einigen Jahren den atmosphärischen Stickstoff mittels der hohen Temperaturen, die in elektrischen Oefen erzielt werden, in eine Form bringen, in der er von den Pflanzen ausgenommen werden kann. Leitet man nämlich den Stickstoff der Luft über geschmolzenes Calcium carbid — den Stoff, aus dem bekanntlich Acetylen bereitet wird — so wird er gebunden und kann als künstliches Düngemittel verwendet werden. Heute wird dieser neue Kunstdünger schon im Großen dargestellt und unter der Bezeichnung KalkftiSstoff in den Handel gebracht.
Der Kalkstickst''ff stellt im gemahlenen Zustande ein schwarzes Pulver dar, dessen Acetylengeruch noch an die Herstellungsart erinnert. Sein Stickstoffgehalt beträgt ca. 16—20 Proz.
Im Verlauf des letzten Jahres find nun eingehende Versuche mit diesem neuen Kunstdünger gemacht worden, die ergeben haben, daß der Kalkstickstoff für saure oder zur Säurebildnng neigende (humusreiche und kalkarme) Böden und für leichte, wenig tätige Sandböden unbra chbar ist, dagegen zeigte er bei allen anderen Bodenarten, besonders bei solchen, die ausreichend Kalk enthielten und regelmäßig mit Stalldünger gedüngt worden waren, eine gute Wirkung, wenn folgende Punkte Beachtung fanden:
1) Der Kalkstickstoff muß 14 Tage vor der Aussaat ausgestreut und stets sofort durch Einpflügen. Einkrümmern oder Einhacken in den Boden gebracht werden, damit keine Stickstoffverluste entstehen und die schädlichen Stoffe, die der Kalkstickstoff bei seiner Zersetzung im Boden anfangs bildet, ausgewaschen werden.
2) Dos anzuwendende Quantum soll je nach dem Stickstoffbedürfnis des Bodens oder der anzubauenden Pflanzen ca. 50—100 KZ pro Württemb. Morgen betragen. Ein zu großer lieber fluß kann gleichfalls schädlich wirken.
3) Aus keinen Fall darf der Kalkstickstoff als Kopfdüngung auf dem Felde gegeben werden, wie etwa der Chilisalpeter. In dieser Weise angewendet, wird er mehr schaden als nützen. Ganz besonders schädlich kann er aber wirken, wenn er in der
wärmeren Jahreszeit (etwa als Kopfdüngung für Mben im Juli) Verwendung findet.
Was nun schließlich die Wirkung des Kalk- stickstoffeS gegenüber Chilisalpeter betrifft, so hat man bei Vegetationsversuchen gefunden, daß er stch in dieser Beziehung ähnlich dem schwefelsaurer« Ammoniak verhält. Setzt man den Düngewert des Salpeterstickstoffes ---- 100, so beträgt, ebenso wie beim schwefelsauren Ammoniak, der Düngewert des im Kalkstickstoff enthaltenen Stickstoffs ungefähr 90. Legt man dieses Wirkungsverhältnis auch bei der Preisberechnung zu Grunde, so kostet das Kiloprozent wirksamer Stickstoff im Kalkstickstoff ungefähr 1,21 während es im Chilisalpeter 1,40 im schwefelsauren Ammoniak 1,35 beträgt. Der Kalkstickstoff ist daher eines der billigsten stickstoffhaltigen Düngemittel.
Da der Kalkftickstoff aber, unrichtig angewendet, sehr schädlich wirken kann, müssen unbedingt die oben angegebenen Bedingungen genau eingehakten werden, auch darf er niemals auf Moorböden oder leichteren Sandböden Verwendung finden. Nur im Fall der richtigen Anwendung kann auf einen Erfolg gerechnet werden, wie FelddüngungS» versuche dargetan haben.
zanlno. Dttsmhsstation Ashruhri«.
Landwirtschaftlicher KeMsverein Calw.
Es ist die Frage des gemeinsamen Bezugs
von Hafer rmd Sommerwrize« zur Saat angeregt worden.
Die Herren Ortsvorsteher derjenigen Gemeinden, in welchen ein Bedürfnis hiefür verhanden ist, werden um alsbaldige Aeußerung über den etwaige» Bedarf ersucht.
Calw, 18. Januar 1909.
Der Vereinsvorstand: Reg.-Rat. Voelter.
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junge Mädchen heimgetrieben hatte, schien verschwunden oder vergessen und mit leisen Schritten begab sich Erika zum offenen Eingang ker kleinen Hauskop'lle. Ueber die Schwelle hinweg sah sie die Frau des wilden Malers in einem Betschemel unter dem Marienbilde knieen und der Gegensatz zwischen ihrer verschüchterten Demut und dem unbändigen Selbstgefühl ihres rauhen Mannes stand ist ihr zugleich vor Augen. Franc«ca Hollers trug wie immer das farbig verschrürte Mieder, den Rock und das weiße Kopftuch der Campagnolinen, sie sah ein wenig sorgfältiger gekleidet und ein wenig gesünder ans. als am ersten Abend an dem Erika sie erblickt hatte. Aber der Nur druck ihrer regelmäßigen und noch immer jugendlichen Züge war ein tief leikvoller. Und als sie von ihrem Rosenkranz auf. schaute und in der Tür die junge Dame wahrnohm, zeigte stch ein Schimmer froher Ueberrasckung auf ihrem Gesicht, die aber vkbald wieder dem Aus- druck kummervollen Ernstes Platz machte. Die römische Frau erhob sich und trat zu der erwartungsvollen Erika grüßend heran, öffnete aber die blaffen Lippen nickt eher, als bis beide auch die Vorhalle der Kapelle hinter stch hatten und draußen im Hof standen. Dann sagte Cccca langsam und ihre Worte mit ausdrucksvollen Gebärden begleitend, weil fis wohl wußte, daß das junge Mädchen der italienischen Sprache nicht vollkommen mächtig war wie Fräulein Addenhoven:
„Ich muß hinaus auf unsere Vigne, Signorinal Frank, mein Mann, ist mit einmal ungestüm heimgekomrnen und hat verlangt, daß ich unsere Habseligkeit zusammenpacke und daß wir in einer Stunde vor der Porta San Paolo sein sollen. Als ich'« widerriet und an die gütigen Damen und den Signor Professors mahnte, denen wir so viel schulden, schrie er zornig: wenn ich ihm noch ferner widerspräche, würde er mich schlagen. Ich will, will nicht mehr von ihm geschlagen sein, ich tue, was ir verlangt. Er muß Streit mit Signor Federigo gehabt haben, er ward wild, sobald ich nur dessen Namen nannte. Signor Federigo soll sich hüten —
ich fürchte, Frank sinnt ihm nichts Gutes! Doch darum habe ich Sie nicht sprechen wollen — obschon — glauben Sie mir, Signorina, der Herr, Ihr Landsmann, verdient es, daß kein Stein auf seinen Weg falle! Er hat die Augen in die eine Frau schauen sollte, ehe sie sich einem Manne vertraut I Aber Ihnen und Signora Chiara, die mir gern völlig geholfen hätte, wenn mir zu helfen wäre und auch Ihnen möchte ich tausendmal danken. Immer und immer wieder Signorina — mit Tränen und Gebeten! Und bitte, lassen Sie der anderen Dame und auch dem Signor Prof ffore wissen, wie gern ihnen C-cca Brerchini selbst gedankt hätte. Es soll nicht sein, doch vielleicht schickt er mich einmal von draußen zur Stadt, ehe Sis alle davonziehen. Und j°tzt — jetzt darf ich ihn nicht länger auf mich warten 'affen, es ist schon ohnedies schlimm genug!"
Die erregte Römerin machte eine Segensgebärde über Erikas blonden j'MMl Kopf m d ihre dunkeln glänzenden, tränennaffen Augen senkten stch zu den blauen des deutschen Mädchens. Erika hatte kein Wort verloren, das Franc«ca mit ihrer wohllautenden wehmütig bewegten Stimme sagte. Sie sah, daß die Frau Abschied nehmen wollte u d in einer dunkeln R gung fie aufhalten, ihr noch etwa« Gutes erweisen zu können, stammelte sie befangen: „Aber ist denn dar so gar eilig, Frau C cca? Können Sie Fräulein Addenhoven und Herrn Doktor Gerland dura.au» nicht erwarten? Und sollen Sie den weiten Weg bi« zu Ihrem Häuschen draußen in der Campagne zu Fuß zmücklegen? Und noch heute abend?"
„Frank hat den einäugigen Toddeo mit seinem Esel bestellt", ant- wortete Cecca schlicht. „Wenn wir vor den Toren find, setze ich mich wohl eine Stunde auf, falls ich gar zu müde würde. Darum ist mir da« Herz nicht schwer, Signorina, es ist viel anderer, was mir rr fliegt I — Doch will ich nicht undankbar sein, es waren gar gute Woch- n, die wir in Ihrer Nähe sein durften, danken Sie j, der Signora Chiara und Signor Federigo so herzlich von mir, als ich'« Ihnen gesagt!" (Forts, folgt.)