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Industrieller ein Boykott deutschen Mehle« beschlossen worden ist. Dieser dürfte sich aber keine« allzugroßen Umfange r zu erfreuen haben, zumal auch schweizerischerseit« die Ansichten über diese« jsdenfall« äußerst zweischneidige Vorgehen au«, einandergehen und dieser Beschluß von vielen Seiten bekämpft wird.
Au» der Schweiz 12. Jan. Zum Ktrcheneinsturz in Rax wird dem Berner Bund noch au« Sitten berichtet: Der heute zu- sammengetretene Staatrrat beschloß, daß die Opfer von Nox in einem einzigen großen Grab beigesetzt «erden sollen. Die Untersuchung, welche der durch die Regierung bestellte Architekt Kälber- «alten in der Kirche von Nax vornahm, ergab einen Konstruktionsfehler im Gewölbe. Es fehlte ein Spanneisen. In dem 12 Ctmtr. dicken, au« Tuffstein und Kalk bestehenden Ge wölbe entstand ein Riß, das Gewölbe drückte auf die Mauern und diese gaben nach. Es besteht ein zweiter paralleler Riß. Die Ki che stammte au» der Mitte de« 17. Jahrhunderts. Die unmittelbare Ursache de» Unglück« wurde nicht ermittelt. Der Eintritt in die Kirche außer in den Chor wurde untersagt. Nach der Beerdigung wird die Kirche geräumt, das noch bestehende Gewölbe abgetragen und ein garz leichtes neues erstellt. Von Abfindung der mobilisierten Mann, schäften der Sanitätstruppen nach Nax wurde auf Weisung des Beziikrarzler Umgang genommen.
Paris 13.Jan. Ueber König Eduard- Reise pläne verlautet aus französischen Regie- rungskreisen Folgender: Er sei nach dem Berliner Besuch und einem kurzen Londoner Aufenthalt ein mehrwöchentlicher Verweilen in Biarritz ge- plant. Der Kö ig wird in Pari« mit dem Präsidenten Falliere«, dem Cabinettrchef Clevren- ceau und dem Minister Pickon Rücksprachen haben, bevor er sich zur Begegnung mit König Viktor Emanurl nach Neapel begiebt. Die Begrüßung de« König« durch ein türkische« Kriegsschiff werde vorläufig auf diplomatischem Wege vorbereitet. Es hantle sich dabei um die Wahl der politischen Persönlichkeiten, die dem König bei diesem Anlaß vorzustellen wären.
Innsbruck 13. Jan. In Welsch- Tirol wurde heute Nacht ein mehrere Sekunden andauernde« wellenförmiger Erdbeben verspürt. In San Martina flüchteten die Leute in« Freie. In Innsbruck wurde gestern Abend 7 Uhr 20 Mn. ein lrichter Erdstoß wahrgenommen. Ein neuerliche» Erdbeben wurde heute Morgen in ganz Tirol verspürt. In Innsbruck war da« Gerückt verbreitet, daß Weisch-Tirol von einer Katastrophe heimgesucht worden sei. Eine Bestätigung liegt bisher nicht vor.
Rom 13. Jan. Hirr traf die Nachricht ein, daß heute früh eine Erdbevenwelle ganz Nord-Italic« von Venedig bis Genua und südlich vis Floreuz heimsuchte. Dar Städtchen Moliauo hat schwer gelitten. Der erste Stoß
wurde besonder« lebhaft im Volksquartier von Florenz verspürt. Die Bevölkerung stürzte schreiend auf die Straßen. Die Behö den ent- sandten zur Aufrechterhaltung der Ordnung Pa- trouillen durch die Stadt. In anderen Stadtteilen von Florenz wurde der Erdstoß kaum verspürt. Dar Zentrum de« Beben« liegt bei Padua.
Konstantinopel 13. Jan. Nach den Erklärungen, die der Großvestr Kiamil Pascha gestern dem österreichisch-ungarischen Botschafter gab, erkennt die Türket die Annexion Borntenr an Oesterreich zahlt dagegen 2*/, Millionen Pfund für die Domänen in den annektierten Provinzen und ist mit der eventuellen Zollerhöhung und der Abänderung der Kapitulationen einverstanden. Oesterreich dürfte zunächst dort auf seine eigenen Postämter verzichten.
Peking 13. Jan. Nach dreiwöchigen Vergleichrversuchen zwischen Kruppschen und Creuzot'schen Feldgeschützen bei Peking ergaben, daß das Krupp'sche Material überlegen ist. Das Kiupp Geschütz machte auf die Kommission des chtnk fischen Kriegsministerium» einen vorzüglichen Eindruck.
Vermischtes.
— Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erläßt die Handwerkskammer Stritt- gart folgende Mahnung: Erfahrung-gemäß steht häufig schon jetzt fest, welche Arbeiten für Frühjahr und Sommer in Auftrag zu geben find. Doch mit Erteilung de« Auftrages wird zurückgehalten aus den mannigfaltigsten Gründen. Wir find nun der Anficht, daß wenn der Anstoß dazu gegeben wird, viele dieser späteren Aufträge schon j tzt den Handwerkern erteilt werden, fall« die Jahn «zeit dis Aurführung der Arbeit gestattet. L tztere« ist wohl bei fast allen Werkstattarbetten der Fall. Die Zeitzur Ausführung ermangelt nicht.
Wieviel trinkt der Württemberger Bier? Nach einer statistischen Berechnung kommen auf den Kops 164 1 Bier, 12,011 Wein, 41,8 I Obstmost, 3861 Branntwein. Champagner, Beerwein und Kunstmost find hierunter nicht begriffen. Im Biertrinker: steht der Württemberger nur dem Beyer rach, der 236 1 de« braunen Stoffe« vertilgt, während der Badener sich mit 158 1, Elsaß Lothringen gar mit 92 begnügt. Im deutschen Reich kommen auf den Kops 118 1 Bier im Durchschnitt. Der württembergische Bterdurst hat allerdings etwas nachgelassen. Während in den I hren 1889-1893 noch 1731 Bier auf den Kopf jährlich kamen und der Verbrauch in dem Jahrfünft 1894—1898 auf 186 I stieg, ging derselbe in der Periode 1899—1902 auf 182 1 zurück und sank 1903—1906 auf 169 I, immerhin noch ein schöne« Quantum. Der jährliche Geldaufwand aber aus den Kopf der Bevölkerung berechnet sich zu 74 82 und auf eine Haushaltung rund 340
Da« Leben de» König« Eduard al« Wettprojekt. Niemand wird den Engländern da» Zeugnis verweigern können, daß sie, in ihrer großen Allgemeinheit, sehr loyale Untertanen oder, besser gesagt, Staatsbürger find, und daß sie viel Anhänglichkeit an ihr Köntgrhau« besitzen. König Eduard VII. ist in seinem Lande außerordentlich populär. Da» hat aber die Engländer nicht gehindert, sein Leben während der letzten Wochen zum Gegenstände einer Spekulation zu machen, die man bei un«, auf dem Kontinente, zum mindesten recht eigenartig finden wird. Der König war nämlich, al» er sich vor Weihnachten zur Kur nach dem Seebade Brighton begab, tatsächlicher kränker al« man offiziell und offiziv« zugeben wollte. Die Eingeweihten wußten, daß er an Herzbeschwerden litt, die in seinem Alter nicht unbedenklich erscheinen mußten. Und die Eingeweihten hüteten diese Wissenschaft sorgfältig, — und benutzten sie dazu, durch Vermittlung von Maklern sogenannte Versicherungen bei einer großen, weltbekannten Londoner Gesellschaft auf dar Leben des König« abzuschließen. Das „Geschäft" bestand darin, daß man da« Leben de» König« z. B. auf ein Jahr, vom 1. Dezember 1908 bis zum 1. Dezember 1909, für die Summe von 5060 Pfd. versicherte, so daß man diese Summe, in deutschem Geld 100 000 Mk., ausgezahlt erhalten würde, wenn der König innerhalb des vereinbarten Zeiträume« stürbe. Dafür erhob die Versicherungsgesellschaft eine Prämie, die ziemlich hoch bemessen war. Denn aus der nicht unbeträchtlichen Anzahl so'cher Versicherung««»- träge konnte sie ja den Schluß ziehen, daß die Gesundheit de« König« zu wünschen übrig ließe. Es liegt auf der Hand, daß er sich hierbei u« weiter nichts als um verschleierte Wetten handelt. Die angeborene Wettlust der Engländer kennt nun einmal keine Grenzen des Respekts!
Roosevelt im Anklagezustand. 32 Senatoren unter Anführung des Senator« Smith» haben am Samstagabend den offiziellen Antrag auf Versetzung de« Präsidenten Roosevelt in den Anklagezustand eingebracht.
Voraussichtliche Witterung:
Fortdauernd unbeständig, wechselnde Bewölkung, zeitweise Niederschläge, Temperatur zunächst wenig verändert.
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Drang der vom Leben herb geprüften Landsmännin nicht auf die selbst, vergessene Frömmigkeit, sondern aus die tiefe Vereinsamung zurück» in der die edle liebreiche Natur Klara Addenhoven« seit Jahren dahin gedarbt hatte. Indem er sich an alle« erinnerte, was er von den Erlebnissen diese» Mädchen» wußte und jetzt gelegentlich erfuhr, überwältigte ihn in stillen Minuten die Empfindung, daß Klara für die Treue büße, die sie durch Jahre dem Andenken ihre« Verlobten, ihrer Jugendliebe bewahrt habe und gestand sich, e« gleiche einem Verhängnis» daß sie in so vielen Jahren keinem Manne begegnet sei, der den wohltätigen Eindruck ihre« Wesen« warm gefühlt habe und fragte sich halb zornig, ob es denn für jeden anderen Aurgang wirklich zu spät sei. Beinahe jedes Gespräch, da« er mit seiner Tischgenoffin führte, endete mit einem erfolglosen Versuch, sie umzustimmen — und Doktor Gerland zweifelte nicht mehr, daß Klara Addenhoven nur seine Abreise von Rom, oder seinen Wegzug aus dem Hause in der Via di San Bostlio erwartete, um Tracht und Gelübde der Schwestern vom Kreuz auf sich zu nehmen. Er sprach gelegentlich von diesem Umzug, um volle Ruhe zu gewinnen. Doch sobald er — wie eben jetzt, in dem grünen Laubgang — Zeit und Umstände erwog» dann war'« ihm wieder, al« müsse er bleiben, wo er sei, um wenigster«, so lange er es vermöge, Klara Adder Hoven am letzten unwiderruflichen Schritt zu verhindern. Mit leisem Seufzer wiederholte er den oft gehegten Wunsch, daß Peter Addenhoven ihm eine andere Empfehlung al« die an die Schwestern zum Kreuz mitgegeben haben möchte.
E« war natürlich, daß der nachdenkliche Mann nach Verlauf einer halben Stunde darauf sann, der Einsamkeit und den Gedanken etnr« Ein- samen zu entrinnen und mit entschlossenem Schritt wieder auf die große
Terrasse hinauitrat. Hier aber war er noch nicht bi« an die Balustrade gelangt, al« er vor sich hinlachen mußte. Denn indem er fast gewaltsam in frische« Leben zu tauchen versuchte, sah er sich zu anderen inneren Sorgen an die Hauptsorge gemahnt, die er sich vor und seit einem Monat in der ewigen Stadt aufgeladen hatte. Denn dort dicht vor ihm stand mit einem neuen Hut und Haktuch, aber in dem abgetragenen braunen Mantel, der nach unten manche Riffe zeigte, Frank Holters, der Maler. Er war im eifrigen Gespräch mit einem älteren, hageren, spitzbärtigen Herrn, der sich den Kinnbort so wenig sorgfältig gefärbt hatte, dcß überall graue Haare aus der dunklen Zierde hervorstarrten. Seiner ganzen Erscheinung nach wußte der Unbekannte ein Franzose sein. Im Gegensatz zu der unbekümmerten Lottrigkeit des Deuischen schaute au» der Kleidung und Haltung de» Fremden eine Art kümmerlicher Eleganz heraus, ohne daß er deshalb viel vertrauenerweckender aussah, al« Frank Holter«. Der vermeintliche Franzose sprach eifrig auf den von Zeit zu Zeit die Schultern zuckenden Deutschen ein und der letztere hielt die scharfen Augen so fest auf sein Gegenüber gerichtet, daß er da« Gewühl um sich her nicht beachtete und seinen Landsmann und Gönner zunächst nicht entdeckte. Gerland aber, der heute ins wunderlichen Schützling« noch gar nicht gedacht hatte, fühlte keinen Antrieb, ihn hier zu begrüßen. Er hatte für ihn getan, wa« er vermochte, und Klara Addenhoven hatte ihm mehr al« einmal wiederholt, daß man um der Frau willen dem Manne gründlich helfen müsse. Friedrich Gerland bezweifelte nur, daß sich Frank Holters auf die Dauer helfm lassen würde. Die bessere Wohnung und veränderte Lebensweise hatten schon nach einer Woche ihre Wirkung getan und die Fieberanfälle de« Künstler« gemildert. (Forts, folgt.)