^ 9 . Amts- und AnzeigeblaLl für den Gberamtsbe^irk Calw. 84 . Jahrgang.

MUWnW

ME

^sbenSÜ.

»MV?

;u^-I§!^8uE/

iirschitmmzltaz«: Moutag, vi«n»tag, Mittwoch, «»«uiirtaa, AreitLz «nd üamttag. Anscrttonipret» io »s». pro 8»>l« str Ltabt p. »,,i>ck»olt«; außer »ezirl 1» Psy.

Mittwoch, den 13. Januar 1909

vezuzrpr. t. d. Otabt ^/.jührl. m. Trügerl. Mt. I.L5. Bostbezugopr s. d.vrts- u. Nochdarortrvert. '/qührl. Mt. l.W, im Aecnverkehr Mt. I.M. vcstellg. in Württ. M Pfg., in Bayern u. «eich TL Big

Tagesneuigketten.

Calw. Für die Mitglieder und Freunds dcs Roten Kreuzes im hiesigen Bezirk wird es von Interesse sein, zu erfahren, doß auch der württ. Lardesvenin vom Roten Kreuz in Stutt­gart alsbold zu dem schauderhaften Unglück in Sizilien Stellung genommen hat und tätig vorgegangen ist. Der Vorstand des württ. Landes­vereins Direktor a D. Dr. von Geyer hat bereit» am 5. ds. Mt«, einer Sitzung der Zentral­komitees der deutschen Landervsreine in Berlin angewohnt. Auf Grund der dortigen Verhand- lungen ist an den Landcrvsretn das telegraphische Ersuchen ergangen, sofort eine bis zwei Waggon­ladungen mit Betten, Kleidern usw. vorzuberetten. Der stellvertretende Vorsitzende hat alsbald unter Mitwirkung der Frauenabteilung des Württ. Landervsreins vom Roten Kreuz umfassende Be­stellungen gemacht, so daß spätest ns bis zum 16. dt. Mt». 200 Betten mit eisernen Bettstellen und dreifacher Ausrüstung, sowie je 5 bis 600 Herren, und Frauenanzüge, Beinkleider, Unterbeinkleider, Unterjacken usw. fertig verpackt zur Absendung nach Italien zur Verfügung stehen. Der Auf. wand hiefür ist zu 14 bi» 19 000 berechnet und soll au» dem Ertrag der in Württemberg veranstalteten Sammlungen bestritten werden. Weitere Sendungen sollen vorbereitet werden, sobald über die zunächst dringendsten Bedürfnisse aus Italien nähere Mitteilungen eintreffen. Außerdem haben sich 6 ausgebildete, der Italienischen Sprache mächtige württ. Schwestern vom Roten Kreuz zur sofortigen Abreise nach Italien bereit erklärt. Bezüglich der Entsendung weitcrsn Pflegepersonals sollen zunächst noch nähere Mitteilungen au« Italien abgewartet werden.

* Calw 12 Jan. Der Bezirk«, obstbauverein entfaltet eins rege Tätigkeit. Sr errichtet eine Verkaufsstelle für sämtliche zum

Obstbau nötigen Materialien, wie Baumsalbe, Baumwachr, Karbolineum, Bast und dergl. Sämt. ltche Bedarfsartikel werden zu billigsten Preisen an die Veretnsmttglieder abzugeben. Ein Haupt« augenmerk wird der Verein auf dar Bespritzen der Obstbäume richten. Er hat zu diesem Zweck einen hiesigen jungen Baumwart aufgestellt, der sämtliche Materialien stellt und dis Arbeiten selbständig aurführt, so daß der Baumbefitzer nur die Kontrolle aurzuüben hat. Mit dem Baum- wart ist ein besonderer Tarif für die Ausführung der Arbeiten vereinbart worden. Der Baumbefitzer kann dadurch zum voraus berechnen, wie hoch sich die Unkosten für die Arbeit an den Bäumen belaufen werden. Es ist zu hoffen, daß sich auf diese Weise da« Bespritzen der Bäume immer mehr auch bei uns ein bürgern wird. Tatsache ist, daß sich das Bespritzen überall bewährt hat. Der Vorstand de« Vereins hat im letzten Jahre interessante Proben mit dem Bespritzen vor. genommen. Der Versuch zeigte, daß gespritzte Bäume vollständig tadellose, hautretns Früchte geliefert haben, während ungespritzte Bäume stark fleckige F. Ächte zur Reife brachten. Schöner, aus- gesuchtes Obst, da« als Tafelobst verkauft werden kann, ist nur von gespritzten Bäumen zu er- warten. Der Verein wird schon in diesem Jahr eine größere Anzahl von Obstbäumen an seine Mitglieder zur Verlosung bringen, Edelreiser werden umsonst abgegeben. Im Frühjahr wird eine Versammlung in einem Gäuort, im Sommer eine solche in einem Waldort und die Hsrbst- versammlung in der Oberamtrstadt abgehalten werden. Bei diesen Versammlungen find prak- tische Demonstrationen und Vorträge vorgesehen.

Calw 13.Jan. DieHandwerkskammer Reutlingen macht im Inseratenteil unserer Heu - Ligen Nummer auf die Veranstaltung vonMeister. Prüfungen in den Monaten März und April d. I. aufmerksam. Wir selbst möchten nicht ver. I

fehlen, noch darauf hinzuweisen, daß durch das am 1. Oktober v- I. in Kraft getretene Gesetz vom 30. Mai 1908 (sogenannter kleiner Be« fähtgungrnachwei«) künftig nur noch derjenige Handwerker berechtigt ist. Lehrlinge zu halten, welcher die Meisterprüfung mit Erfolg bestanden hat; abgesehen von älteren Handwerkern, welche diese Befugnis durch die Verwaltungsbehörde er« langen können. Da unter diesen Umständen eine zahlreiche Beteiligung an den Prüfungen in Aus­sicht zu nehmen ist, wird sich die rechtzeitige An­meldung besonder« empfehlen.

Calw. Dis Handwerkskammer Reutlingen hat dieser Tage an die Volks­schulen ihrer Bezirk« sowohl wie an die höheren Lehranstalten eins neue Auslage ihre«Rat. gebers zur Berufswahl" in einer Anzahl von über 8000 Exemplaren versandt. Da« Büh. lein, da« an die sämtlichen zur Schulentlassung kommenden Knaben zur Verteilung kommen wird, ist wesentlich vervollkommnet und enthält Heuer erstmals eine Zusammenstellung der für die Weiter­bildung des Handwerkers in Betracht kommenden Fachschulen.

Stuttgart 12. Jan. (Zweite Kammer.) Die Debatte über die Höchstschülerzahl in der Volksschule, die das Haus bereits in zwei vollen Sitzungen beschäftigt hat, ist heute nachmittag fort, gesetzt worden. Hey mann (Soz.) machte längere, meist nur rein polemische Ausführungen, die, als sie sich auf die Berichterstattung deSDeutschen Volksblattes" erstreckien, ihm einen Mahuruf deS Präsidenten zur Sache eintrugen. Einen Ordnnngs- ruf zog er sich zu, als er dem Abg. Weber die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung absprach. Die Berechnungen der Regierung über die durch den sozialdemokratischen Antrag, die Höchstschülerzahl auf 40 festzusetzen, entstehenden Kosten nannte er maßlos schematisch und übertrieben, welchem Bor- wmf vom Ministerialrat Marquardt entgegen­getreten wurde. An dem Ergebnis der Berechnungen

Welche von beiden?

Novelle von Adolf Stern.

(Fortsetzung.

Frank Holter» reichte dem Gelehrten die Hand und sagte mit seltsam gedämpfter Stimme, wie ein Mensch, dem es schwer wird, zu danken und der ungewöhnt ist, anderen nachzugeben:Ich danke, Herr Doktor! Will es versuchen, was Sie vorschlagen, glaube kaum, daß es geht und hilft aber Sie handeln als ehrlicher Landsmann und um der Cecca willen sperre ich mich nicht. Wir wollen da« Quartier aufsuchen, da« die Dame vorschlägt und morgen mag die Cccca nach unserer Höhle hinausgehen und mit ein paar Armseligkeiten auch die alte Mappe mit meinen Blättern herbeiholen. Vielleicht zeigt uns Ihre Güte noch die Tür, an der wir anzupochen haben?"

Das ist meine Sache, Herr Holter«, ich werde Sie und Ihre Frau hinüberführen und der Wirtin empfehlen!" rief Klara Addenhovsn. Jetzt, wo sich der Landsmann emporgerichtet hatte und ganz nahe vor den beiden Hilfreichen stand, sah Fräulein Klara noch deutlicher als Friedrich Gerland, daß Frank Holter« doch viel mehr verwildert und trotzig, als krank und elend erschien. Tr hatte da« Geld, da« Gerland seinem Weibe gegeben hatte, au« der Hand Francercar genommen und mit nachlässiger Handbewegung in die Lasche seine« braunen Mantels versenkt, er beantwortete den Elfer der Dame mit einer Art Verbeugung» aber wandte sich dann doch zu dxm Tische unter den Säulen zurück, um mit einem tiefen durstigen Zuge den Rest de« Weine« zu trinken, den man ihm hingestellt hatte. Danach gönnte er einer der Schwestern vom Kreuz, die in diesem Hof zur Bedienung der Pilger zurückgeblieben war, ein paar gemurmelte Worte, die sie für einen

Dank an das Hau« nehmen mochte, rückte sich den großen ursprünglich schwarzen, j:tzt grauoerwttterten Schlapphut zurecht und gab seinem Weibe einen Stoß mit dem Ellenbogen, als Zeichen, daß er zum Gehen bereit sei. Fräulein Addenhoven hatte inzwischen eine« der Zimmermädchen nach dem vorderen Teils de« Hause« entsendet, sich ihren Hut und ein Tuch düngen lassen und wandte sich nun an da» seltsame Paar mit den Worten: So lassen Sie urs gehen, Herr Holter«. Mut, Stgnorn, Ihr Mann wird gesund werden, wenn er nur erst eine bessere Wohnung hat, als in der Campagna. Guten Abend, Herr Dokior, Sie gehen wohl auf Ihr Zimmer und ich sehe Sie morgen?"

Ich werde im Vorder Hof Ihre Rückkehr erwarten, Fräulein Klara!" sagte der Gelehrte und fügte leise hinzu:Sie sehen, wieviel Barmherzigkeit sich auch außerhalb diese« Hause« üben läßt."

Fräulein Addenhoven blickte von ihm hinweg und antwortete auf seine letzte Bemerkung nicht, sondern winkte dem Künstler und seiner römischen Frau, die mit scheuer Erwartung, aber nicht ohne ein Hoffnung«, reiche» Lächeln, da« manchen entschlummerten Reiz ihre« Gesicht» wieder wachrief, dem Weggang entgegensah. Durch eine Settenpforte verließen die Helferin und ihre Schutzbefohlenen den Hof. Friedrich Gerland sah noch, daß der Maler in plötzlich auftauchender Erinnerung an vergessene Sitte Fräulein Addenhoven und sogar seine Frau vorangehen ließ, ehr er selbst die Schwelle überschritt. Am halberschrockenen Blick de» jungen Weibs« ermaß Gerland, daß der Landsmann seine Frau nicht verwöhnt habe, und erriet ein gute» Stück der Geschichte von Frank Holter». Er selbst begab stch dann über die Gänge und Treppen, die er vo hin geführt worden war, nach dem gartenähnlichen Hofe vor dem Sp isesaal zurück. Indem er stch in dem völlig einsamen, aber hell beleuchtetem Hofe eine Zigarr