Schußwaffen angeschafft wurden, find natürlich anderer Meinung und vertreten ihre Ansicht in jeder Möglichen Weise. Der ganze Bezirk aber lacht über eine solche in einer Gemeinde mit ca. 660 Einwohnern einzig dastehende Maßregel und über die „bewaffnete Macht" von Eybach.
Tübingen 6. Jan. Dem hiesigen Jagdliebhaber Haug vom Gasthof zum Hirsch ist e« auf der Markung Lustnau geglückt, mit einem Kugelschuß zwei Hirsche zur Strecke zu bringen.
Balingen 6. Jan. Gestern wurde der Leichnam de« seit dem 28. November vorigen Jahre» vermißten Gottlob Reiber, Schmied« meister hier, in der Eyach von einem mit Ei«, gewinnung beschäftigten Arbeiter nach Ausschub einer größeren Eisscholle gefunden und aus dem Wasser gezogen.
Tuttlingen 5. Jan. Heber die Fest« nähme de« Verbrecher« Karle, der im Oktober vorigen Herbst au« dem Ludwigsburger Zuchthaus entwichen ist, werden nachträglich noch folgende Mnzelhetten bekannt: Karle übernachtete vor einigen Wochen hier in einer Wirtschaft, dann reiste er wieder ob, um vor Weihnachten übermal« hierher zu kommen. Er bestellte ein Zimmer, da« er aber nicht benützte. Am Sylvester abend kam er mit 2 Genoffen zum drittenmal hierher und zwar in die gleiche Wirtschaft. Offenbar war für diese Nacht ein Einbruch geplant. Die Landjägermannschaft, die im Besitz der Photo« grophie Karle« war. hatte Nachricht erhalten, daß der Verbrecher sich in der Gegend aufhalte. Durch die Photographie konnte auch festgestellt «erden, daß er hier schon übernachtete. Am Sylvesterabend wurde nun da« hiesige Station«, kowmando verständigt, daß Karle sich hier in einer Wirdschaft befinde. Lardjäger Zeller begab sich sofort an Ort und Stelle und nahm, nach, dem die nötigen Vorbereitungen gedosten waren, die Verhaftung de« berüchtigten Einbrecher« vor, Anfang« gab er einen falschen Namen an und teilte mit, daß er nur vorübergehend au« Stutt« gart hier eivgetroffen sei. Bei einem späteren Verhör gestand er jedoch seinen Namen. Karle war gut gekleidet. Bei seinem ersten Hiersein trug er einen kleinen Schnurrbart, bei seiner Verhaftung war er glatt rastert. Er war auch gut bewaffnet und hatte einen Revolver mit 5 scharfen Patronen bei sich, er besaß genügend Munition, ferner ein Messer und eine große Zahl von Dietrichen. Die Photographie, von der Karle wahrscheinlich keine Ahnung hatte, ist ihm zum Verhängni» geworden.
Donaueschingen 2. Jan. DieHilf«. aktion anläßlich de« Brandunglück« hat ihren Abschluß gefunden durch die om Donners-
tag vorgenommene Verteilung der Anweisungen auf den Hilf« fand. Wa» die Höhe der singe, gangenen Gaben betrifft, so find zunächst Natural, spenden im Werte von mindesten« 60000 ^ zu verzeichnen. Von den eingegangenen Geldern find etwa 40600 durch Vereine, die Geist,
lichkeit und den Staat den Brandbeschädigten direkt zugegangen, während der Hilfrausschuß über 1038000 verfügt. Hievon wurden verwendet: für Barackenbauten 100000 für sofortige Hilfeleistung 8000 für Massenverpflegung und Verpflegung amwärtiger Hilfeleistender 10000 „M, für Unterstützung besondrr« geschädigter Handwerker bleiben Vorbehalten 20000 Zur Verteilung gelangen 900000 Davon erhält
die Stadt für Geländeerwerb und Straßenanlagen, als Beihilfe zur Bestreitung von Schäden bei den Löscharbeiten, welche die Gemeinde gesetzlich hälftig zu tragen hat, sowie zum Rathau« neubau 200 000 Die versicherten Fahrnirbrschädigten 17°/» der Versicherung«summe mit zusammen 150000 Die nicht versicherten Fahrnis- beschädigten zusavmen 47000 Den brand« beschädigten Gebäudebesttzern werden die gesamten Ausräumungsarbeiken mit 75000 bezahlt, außerdem werden ihnen Gebäudeschädenbeihilfen im Gesamtbetrag von 300 000 gewährt. Die Sparkasse und Frau Dr. Hanger haben auf dis Fahrnirentschädigung verzichtet, dasselbe taten hin- sichtlich der Gebäudeenischädigungen die Spar, kaffe Familie Mall, sowie die Herren Geweinderat Eluard Käfer, Otto Thety und Dr. Stuffer. Die Verzichtleistung an Gebäudeschäden beziffert sich auf 44000 Der Reserveford wurde auf 125000 festgesetzt.
Nürnberg 5. Jan. Der hiesige Magistrat genehmigte 5000 Mk. für die vom Erdbeben in Süditalien Betroffenen.
Frankfurt a. M. 5. Jan. Der Haupt, wann urd Kowpagnieschef im 81. Infanterie, Regiment, Malotki von Trzebiatowikt ist ohne Urlaub von hier abwesend. Von Seilen des Kriegsgericht« der 21. Division finden umfang, reiche Vernehmungen von Unteroffizieren und Mannschaften statt, die sich in der Richtung de« 8 175 bewegen.
Hamm i. W. 5. Jan. Trotz aller An, strenguvgkn, die gemacht wurdrn, um da« Wasser aus der Grube Radbod zu heben, ist er noch nicht gelungen, die erste Sohle, auf der sich die Opfer der Explosion befinden, frei zu legen. Der Schachjdireklor Andre fuhr gestern mit einem Mitglied des Bergamte« in die Zeche, um sich von dem Stande des Wasser« in der Grube zu überzeugen. Die beiden Beamten fanden, daß da« Wasser noch mehrere Meter über der ersten Sohle stand, während man ursprünglich ange»
nommen hatte, d-ß der Wasserspiegel bereit« unter die Sohle gesunken sei. Ende der Woche hofft man die erste Sohle zu erreichen.
Berlin 6. Jan. Die „Germania" hatte in einem Artikel vom 5. ds. über die Stimmung eine ihr angeblich von unterrichteter Seite zu- gegangene Zuschrift veröffentlicht, in der e« u. A. hieß: Wer auf Berlin vertraut, hat auf Sand gebaut . . ." Diese Empfindung ge. langt beispielsweise offen zum Ausdruck in der christlich.sozialen Reich«post vom 1. ds. I. durch eine von einem österreichischen Diplomaten in Berlin herrührende Zuschi ist, welche die Forderung erhebt, baß Deutschland wehr als bisher in Konstantiropel im Interesse Oesterreich.Ungarn« wirken solle. Der „Nmdd. Allg. Ztg." zufolge hat der hiesige österreichisch.ungarische Botschafter diese Behauptung amtlich für eine absurde und böswillige Eifindung bezeichnet.
Berlin 6. Jan. Nach den nunmehr für die n ächsten Mon ate aufgcstr llten Reise-Disposttionen der Kaiser« wird, wie die „B. Z." erfährt, die früher geplante Reise nach dem Mittelmeer mit einem längeren Aufenthalt auf Schloß Achilleion auf Cor fu nicht statt finden.« Die Reisen der kaiserlichen Familie find für dieser Jahr sehr ein« geschränkt worden. Kaisers Geburtstag soll die«, mal in einfacherem Rahmen gefeiert werden, obgleich man eine Anzahl Gäste wie die Könige von Württemberg und Sachsen erwartet.
Hamburg 5. Jan. Der 30jährige Buch» Halter Peter», seine Frau und ein 4 Jahre alte« Töchterchen, die Anfangs September nach Gerstemünde verzogen waren, wurde vormittag« tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Alle Gashähne waren geöffnet. Die Eheleute hatten beschlossen, mit dem Kinde in den Tod zu gehen, weil Peter« seit dem 1. Januar stellungslos war.
Hamburg 5. Jan. Die hiesige Polizei- behörde verbot den öffentlichen Zeitung«Händlern den Verkauf von Schmutz, und Schund- Literatur. Von diesem Verbot wurde auch der Simplicissismu« betroffen.
Wien 5. Jan. Der hier eingetroffene Vertrauensmann des Königs von England, Sir Barkley, äußerte sich gegenüber dem Vertreter der Neuen Wiener Tagblattes folgendermaßen: Die gegenwärtige Situation werde nach seiner Ansicht viel zu optimistisch angesehen. Sie gleiche einem Pulverfaß, das, wenn auch scheinbar wohl verwahrt, leicht zur Explosion gebracht werden körnte. Wenn Oesterreich-Ungarn der Türkei Bosnien und die Herzegowina zurückgebe, würde sich die Lage wesentlich vereinfachen, da die Türket in England und Frankreich genügend Geld er-
wohnung zu wählen, er sich Herr higte jedoch dem AlltagStroste, daß es dazu immer noch Zeit sei und spähte in dem Gewühl da« sich um die Tafeln zu reihen begann, nach Fräulein Adder Hoven und nebenher aber doch auch nach den beiden Damen, die er im Hofe weniger belauscht, als gehört hatte. Die einfache Hausregel, daß die zuletzt Ar gekommenen die untersten Plötze an der Tafel erhielten, erwie» sich seinen Wünschen unverhofft günstig — er fand sich neben Fräulein Addenhoven und sah die beiden unbekannten Damen sich gegenüber. Er verneigte sich vor den beiden, während er seiner Nachbarin die Hand reichte und verbindlich sagte: „Je weniger ich noch gehcfft habe, Ihnen zu begegnen, nachdem ich Sie in Pisa verfehlte, um so erfreulicher ist mir dar Zusammentreffen im gleichen Hau«."
„Vetter Peter, Ihr Freund, hat auch dafür gesorgt", gab sie scherzend zur Antwort. „Ich wette, nur er hat Sie den ehrwürdigen Schwestern geschickt — wie er mir deren Adresse für den unwahrscheinlichen Fall gab, daß ich nach Rom käme."
Friedrich Gerland nickte — da« Tischgebet, da« eine der an den Tafeln zur Aufsicht anwesenden Schwestern sprach, hinderte jede weitere Antwort. Al« aber die Mahlzeit ihren Anfang nahm, richtete sich seine Aufmerksamkeit mehr auf die Gegen Überstunden, al» auf seine Nachbarin. Die junge Dame, die hier zwischen ihrer Tante und der Schwester vom Kreuz svß, die an diesem Tische da« Amt der Wirtin versah, mochte sich erinnern, daß sie den neuen Ankömmling vorhin im Hofe gesehen und daß sie dort lauter gesprochen hatte, al« ihr j tzt lieb war. Denn sie errötete, sobald die Augen de« hochgewachsenen ernsten Manne« sich auf sie nieder- senkten und löffelte ihre Suppe mit einem Eifer, als habe sie auf sonst nicht« acht. Sie gab, vor sich ntederschauend, Gerland abermals Gelegen heit, ihr schöne« blonde« Haar zu bewundern, da», nur von einem seidenen Band zusammengehalten, in breiten Wellen in den Racken heratfiel, aber sie entzog ihm den Anblick ihrer Sefichtszüge. Fräulein Addenhoven, der er nicht entging, daß ihr Bekannter mit einiger Teilnahme auf da» junge Mädchen blickte und die von der anderen Seite einen fragenden Blick der Tante
Fiäulein Erika« auf sich gerichtet sah, bewirkte alsbald eine Vorstellung: „Gestalten Sie, daß ich Sie mit dem Herrn bekannt mache, gnädige Frau. Herr Doktor Friedrich Gerland — Frau v. Herbert — Fräulein Erika v. Herbert I Sind Sie noch immer Privatgelehrter, lieber Doktor, oder muß man Sie bald Professor oder Archivrat nennen?"
„Ich fürchte, daß Sie dazu niemals Gelegenheit erhalten, Fräulein Addenhoven", erwiderte der junge Gelrhrte. Er hatte bei der Namen«, nennung der Frau v. Herbert eine gewisse Bl fangen heit nicht verbergen können obschon er artig sagte, er glaube, daß seine Eltern mit der Familie v. Herbert in Koblenz bekannt gewesen seien. Die Dame bestätigte mit einem geringschätzigen Zucken in den Mundwinkeln, daß sie die Familie de» Herrn kenne und fügte, jede Antwort mit ihrem Ton zum vorau« abschnetdend, die Bemerkung hinzu, sie hoffe, daß es den Eltern Doktor Gerland« wohlergehe. Sowohl Fräulein Addenhofen auf der einen, al« die junge Dame aus der anderen Tischseile, die bei der Vorstellung sehr bereitwillig und erwartungsfroh von ihrem Teller aufgeschaut hatte, fühlten, daß ein kühler eisiger Zug durch die Mitte de« Tische» ging. Doktor Gerland tat noch eine höfliche Frage an Frau v. Herbert, ob sie gleich ihm zum erstenmale in Rom sei, an Fräulein Erika, ob sie heute nachmittag dem Konzert der Bersaglierikopelle auf Monts Pincio beigewohnt habe. Aber er begnüg'« sich mit den kurzen Antworten, die ihm zuteil wurden und sobald sich Frau v. Herbert an ihren Nachbar, einen älteren deutschen Herrn in dem trotz seine« braunen Zivilrock« nimand den Soldaten verkennen konnte, mit dem Seufzer wandte, daß die Welt gar klein und e« nirgend« möglich sei, unerwünschten Begegnungen auszuweichen, widmete Friedrich Gerland sich gänzlich seiner ernsten Nachbarin. Er gab Fiäulein Addenhoven keine Eiklärung de« Vorgänge« und knüpfte ein längere» Gesp.äch an die Aeußerung über seinen Beruf, die die Dame vorhin getan hatte.
(Fortsetzung folgt.)