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darf um. Der 36 Jahre alte Postillon Weng von Kerkingen wurde vom Bock geschleudert und getötet. Die beiden Insassen und die Pferde blieben unversehrt.

Schramberg 23. Dez. In der gestrigen Sitzung der bürgerlichen Kollegien wurde die Ent« scheidung de» Ministerium« in der Beschwerdesache de« früheren Stadtschultheißen Harrer bekannt­gegeben, die wie schon bekannt ist, ablehnend lautet. De» Weiteren wurde ein Erlaß der K. Kreirregierung zur Kenntni« gebracht, der die Ernennung eine« staatlich bestellten Amt«- Verweser» in Aussicht stellt und die bürgerlichen Kollegien auffordert, ihre Wünsche und die zu gewährende Besoldung zur Kenntnis der Regierung zu bringen. Die Kollegien erklärten sich nach längerer Aussprache mit der Einsetzung eine« Amtsverweser» einverstanden und drückten den Wunsch au«, daß die Regierung einen geschäfts­tüchtigen, charaktervollen und bewährten Mann, der den hiesigen Verhältnissen durchaus gewachsen sei, entsenden möchte. De» Weiteren erwarten die Kollegien, daß dis Amtrverweseret nicht blos wenige Monate dauern soll und wenn möglich soll der kommende Verweser keiner politischen Partei angehören. Da« Gehalt wurde auf 5600 ^ festgesetzt. Allgemein war der Wunsch, daß möglichst bald ein Amtsverweser kommen sollte, da dis Geschäfte es dringend erheischen.

Pforzheim 23. Dez. Viel besprochen wird hier die Affaire de« Edelsteinhändler« Gott­fried Buchter von hier (geb. von Arnbach bei Neuenbürg), der soeben vor der Karlsruher Straf­kammer stand. Buchter hat mit 40 000 ^ Aktiva gegen 380000 ^ Passiva Bankerott gemacht. Er hatte trotz junger Jahrs ein gute» Geschäft, aber um noch schneller reich zu werden, spekulierte er auch noch mit Häusern rc und verlor. Um seine Wechsel zu decken, verübte er verschiedene Betrügereien. U. a. verpfändete er für 93000 Fr«. Edelsteine in Florenz für sich, die ihm ein Pariser Hau«, Feucht, in Kommission gab. Einen Herrn Seubel in Wiesbaden schädigte er um 23000 rc. Buchter erhielt 1 Jahr und 9 Monate Gefängni».

Mannheim 21. Dez. Maximilian Har­den hat hier im Nibelungensaal vor über 3000 Zuhörern in effektvoller Weise gesprochen, nicht mit flammendem Pathos, sondern mit kühler Be­rechnung, witzig, geistreich und oft mit boshafter Satire.Lebe leise" war da» dem Kaiser ge­widmete Schlagwort.

Mannheim 23. Dez. Die streikenden Arbeiter der Strebslwerke, die bereit« in ihrer letzten Versammlung beschlossen, weiter zu streiken, lehnten auch heute trotz dringender Ermahnungen der Arbeiterführer mit 467 gegen 43 Stimmen die Bedingungen der Industriellen ab. Darauf erklärte ein Vertreter de» Zentralvorstande« der Metallarbeiterverbande«, daß dieser beschlossen habe, ohne Rücksicht auf die Abstimmung, den Aurstand für beendet zu erklären, da nicht allein die Arbeiter der Strebelwerke sondern die ganzen organisierten Arbeiter Deutschland« in Betracht kämen. Die Versammlung verlief sehr bewegt, die Führer wurden au«gepfiffen.

Offenbach 23. Dez. Wie man der Offenb. Zeitung" mitteilt, hat ein Offenbacher Ingenieur ein neue« staue« lenkbare« Bal­lonsystem erfunden, da» auf ganz eigen­artiger Grundlage das Problem de« starren und doch zerlegbaren und bequem transportablen Luft­schiffe« löst.

Berlin 23. Dez. Au» Deutsch-Süd- westafrika wird amtlich gemeldet: Am 19. Dez. überfielen 32 übergetretene Hottentotten bei Springpul« eine Jagdgesellschaft, welche au» dem Farmer Struller au» Springput» und 3 Buren bestand. Der Bur Olivier wurde erschossen. 5 Gewehre, viele Munition und 3 Pferde wurden von den Hottentotten erbeutet. Der Feind wich nach Norden au». Am gleichen Tag wurde die Farm Fettkluft (etwa 40 km westlich von Dafigna») von 2030 bewaffneten und berittenen Hottentotten überfallen. Die Führung hotte wahrscheinlich Abraham Rolf, ein Unterkopitän Morenga». Die Farmer Schiedecke» Kube und Bolie« find gefallen. Erbeutet wurden von den Hottentotten Jagdbüchsen und 2 Pistolen. Ferner

wurde am 18. Dez. die Pferdewachs der letzten (Gebirps-)Batteriebei Heidamm durch Hottentotten angegriffen, wobei der Sergeant Fehling« und der Reiter Zimmermann fielen. Tag« darauf wurde ein Wagen derselben Batterie bei Fettkluft gleich- fallr von Hottentotten überfallen, wobei der Reiter Babbe fiel. Ein am 20. De,, früh auf dem Viehposten Fonteinkluft durch Hottentotten aur- geführter Ueberfall wurde von der Besatzung ohne Verluste zurückgewiesen. 3 Hotten­totten wurden schwer verwundet. Ob die genannten Ueberfälle von ein und derselben Bands herrühren, läßt sich bis j tzt noch nicht feststellen. Der Kom­mandeur de« südlichen Bezirk« hat sofort die Verfolgung der Räuberbanden ausgenommen. Das Ergebnis ist noch nicht bekannt.

In Berlin fand ein Arbeiter morgens auf einem Laubengelände an der Prenzlauer Alles die Leiche einer Frau. Die Lage der Leiche läßt auf einen Lustmord schließen. Die Person der Ermorderten ist bereits festgestellt. Es ist die 1865 in Norden, Ostfriesland, geborene Arbeiterin Johanna Pagel. Sie war eine im Asyl für Obdachlose bekannte Frau, die dort wieder­holt genächtigt und sich oft mit anderen Asylisten in der Gegend Herumgetrieben hatte.

Berlin 23. Dez. Der Verfasser de« Gensation«roman«Doppelte Moral", Georg Fleck, hat von Ganter al« Honorar 12000 ^ erhalten, wettere 12000 ^ waren ihm noch -»gesichert für den Fall, daß Ganter infolge der Veröffentlichung de« Roman« eine gerichtliche Verurteilung erhalten sollte. (!) Der Roman behandelt die Geschichte der Herrschaft Grabowo und ihren Erwerb durch einen Danziger Finanzier. Fürst Hohenlohe, der Sohn des Reichskanzler» und Besitzer der Herrschaft, erscheint in dem Roman al« Graf Tiefenheim; der ehemalige preußische Landwirtschaftrmintster v. Podbielrki ist zu Topelski geworden. Da« Buch enthält eine Reihe tatsächlichen Material«: Telegramme de» Fürsten Hohenlohe, Ministerial-Ent- scheidungen und Erlasse. Der Erwerb de« Fideikommisse» Grabowo durch den Marine­baurat a. D. Janks hat wiederholt die Zivil- geeichte beschäftigt. Welchen Zweck die Ver­öffentlichung der Interna diese« später wieder rückgängig gemachten Gutskaufes haben soll, ist auf den ersten Blick nicht recht klar. Wahrschein­lich soll der frühere Lavdwirtschaftrminister Pod­bielrki, der in dem Roman aufs gröblichste beleidigt wird, zur Klage verlanlaßt und da­durch die Möglichkeit geschaffen werden, die Vor­geschichte und da« Nachspiel de« Kaufe« von Grabowo von der Gerichtsstelle au« in die Oeffent- keit zu bringen. Laisache ist, daß ein großer Teil einer Korrespondenz, dis teil« persönlicher, teils amtlicher Natur ist, in dem Roman ver­öffentlicht wird. Der Marinebaurat a. D. Janks befindet sich zurzeit in einem Sanatorium.

(Stuttg. Mpst.)

Die Ganterschsn Reklamebriefe haben, wie da«Berl. Tagebl." meldet, auch in den Preßabteilungen der Berliner Ministerien eine nervöse Unruhe verursacht. Man vermutete dahinter eine neue staatsgefährliche Enthüllung und leitete nach dieser Richtung bereit« Schritte ein. Man atmete erst erleichtert auf, al« der Schwindel klargelegt worden war. Die Staats­anwaltschaft in Frankfurt a. M. hat die polizei­liche Beschlagnahme de« von Ganter angepriesenen Buche« aufrecht erhalten und die Klagesache an da» Amtsgericht überwiesen. Au» Köln wird gemeldet, daß dort eine an Lungenentzündung dar­niederliegende Frau beim Durchlesen eines Briefe» in Abwesenheit ihre« Manne« einen schweren Rückfall erlitt. Ein in Düsseldorf wohnen­de« Ehepaar glaubte, daß der Sohn sich ein Ver­gehen habe zuschulden kommen lassen: infolgedessen erlitt die Ehefrau einen Herzkrampf, an dessen Folgen sie heute noch zu leiden hat. In Hannover ist gleich fall« eine Dame schwer er­krankt. Ein Regierungsbeamter ersuchte sogar seine Vorgesetzte Behörde um die Einleitung eine» Disziplinarverfahren« gegen sich. Je nachdem seiten» der davon betroffenen Familien Straf­antrag gestellt wird, dürfte Ganter eine schwere Freiheitsstrafe treffen. Der Autor de» Schund. Roman«Doppelte Moral", Georg Fleck, ist au» Berlin geflüchtet.

London 23. Dez. Uebereinstimmende Nachrichten aus Caraca« melden, daß Vize« Präsident Gomez mit Zustimmung de« Lander die Regierung übernommen hat. Die erste Tat der neuen Regimes, die den vollständigen Sturz Castros bedeutet, war die Gefangennahme der Anhänger des Diktator«, die Abordnung der Frei­lassung aller politischen Gefangenen und die Wieder- anknüpfung der abgebrochenen Beziehungen zu Holland. Gomez traf sofort die Verfügung, daß eine Gesandtschaft nach dem Haag entsandt werde, um sich mit der holländischen Regierung in fried­licher Weise zu einigen.

Kopenhagen 23. Dez, Ein frecher Einbruch«.Diebstahl wurde nacht« in der Hoskilder Domkirche, wo die Königs- gräber find, verübt. Die Diebe find durch die Fenster in die Kirche eingedrungen und haben in der abgeschlossenen Leichenkapelle die Särge der Könige Frederic« VII und Christian IX sowie der Königin Luise um mehrere goldene und silberne Kostbarkeiten beraubt. Bi« j-tzt ist keine Spur von den Dieben gefunden worden.

Die Differenzen zwischen dem König von Serbien und dem Kronprinzen werden immer schärfer. Bei der letzten Ministerratsfitzung erschien der Kronprinz ohne eingeladen zu sein und weigerte sich entschieden, dem Befehle seine» Vater« Folge zu leisten und den Saal zu verlassen. Er erklärte!Ich bin der zukünftige König und habe das Recht, hier zu sein!" Darauf ver­ließen die Minister den Saal.

BerMschteS.

Mit ihrer Beute erg riffen wurden in Berlin die Einbrecher» die in der Nacht zum Mittwoch die Juwelenhandlung von I. Richter in der Steglitzer Straße plünderten und für 30 000 Echmucksachen und Edelsteine Mitnahmen. Der Einbruch war für den nicht versicherten Juwelier ein schwerer Schlag gewesen; umso erfreulicher ist es, daß den Ver­brechern die ganze Beute wieder abgenommen werden konnte. Ueber die Verhaftung der vier Täter wird folgende» berichtet: Gleich nach dem Einbruch erschien in der Schankwirtschaft Peenz- lauerstraße Nr. 9. ein Mann und bot Goldsachen zum Kauf an. Der Wirt und dessen Freund, der ihn gerade besuchte, gingen zum Schein auf das Geschäft ein, wurden aber mit dem Ver­käufer nicht einig. Der Wirt erklärte endlich, daß er sich die Sachen eist einmal in seiner Privatwohnung in der Alten Schützenstraße an- sehen müsse. Dorthin kamen nun den andem abend um 9 Uhr vier Männer mit einem schwere« Koffer. Von der Kriminalpolizei, die inzwischen benachrichtigt worden war, hatten sich zwei Be­amte im dritten Stock und zwei auf der Straße versteckt. Sobald die »Goldwarenhändler" da« Hau» betreten hatten und nach der Wohnung de« Schankwirt« suchten, sprangen die Beamten hinzu und nahmen ste fest. Der Koffer enthielt bi« auf einige Kleinigkeiten, die später bei einem der Einbrecher noch gefunden wurden» die ganze Beute. Die Einbrecher find die Schlächtergesellen Albert Adam und Otto Hühnltch, der Tischler Max Krohne und der Schlosser Karl Lüber«. Krohno und Lüber« hatten die Gelegenheit de« Einbrrchen« «»«gekundschaftet und dann die beiden anderen erfahrenen Gnbrecher hinzugezogen. Weil e« dm Einbrechern nicht gelang, für dis ganze Beute einen »Schärfer" zu finden, so wollten ste wenigsten« möglichst viele Einzelstücke verkaufen. Hierbei wurden sie bald gefaßt. Der Bestohlene erhielt alle« wieder ausgehändigt und hat der Polizei eins Belohnung übergeben.

vorausstchUiche »itter««,:

Morgens vielenortS nebelig, unter Tags zeitweises

Aufklaren, zunächst etwas kälter.

«ek»a«<tett.

Allen denen, welche an Verdauungsstörungen «ud deren Folgen, wie Magenschmerzen, Magenkatarrh, Magenkrampf, Kopfweh, Herzklopfen, Blutarmut rc. leiden, teilt Herr Jos. Herre, Strickereibes. in Neust« B 2 (Hohenz.) gerne und unentgeltlich (lediglich geg. Retourmarke für Antwort) mit, wie er von seine« ähnlichen Leiden ohne Heilmittel befreit wurde.