Ämts- und Ünzeigeblüti Kr den Oberamtsbezirk Calw. 83.

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*,sq»inmirrtag«: Montag, Lienttag, Mittwoch, v«»n«r»tag, Freitag und Bamttag. Jnserttontpreir i 8 Äsg. pro Zeile für «ladt o. BezirUort«; außer Bezirk IL Psg.

Donnerstag, den 17. Dezember W08

Bezuglpr. t.L. Stadt-/^Lhrl.rn. TrLgerl. Mt. I.2L. Postbezugtpr. s. d.OrtS» u. Nachbarortrverk. >/^LHrI. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. l.W. Bestell,, in Württ. W Psg., in Bayern u. «eich LS Psg.

find, dürfte e« im öffentlichen Interesse liegen, diese Aufklärung zu verbreiten.

Stuttgart 16. Dez. (Schöffengericht.) Der Bildhauer Karl Schlayer spielt sich hier al« Wunderdoktor auf. Ec behauptet, mit seiner Tinktur die verschiedensten Krankheiten heilen zu können, sie soll heilsam wirken bet Gicht, Rheu­matismus, Flechten u. s. w. und nach seiner Be­hauptung sollen bei ihrer Anwendung sogar Kröpfe verschwinden. In Wirklichkeit hat aber die Tinktur keinen Hcilwert; Schlayer ließ sich dafür schon bis zu 50 Mk. zahlen, während sie höchstens einen Wert von einer Mark hat. Er wurde wegen. Betrug» schon wiederholt bestraft, trotzdem preist er seine nichtssagende und höchst bedenkliche Tinktur immer wieder an und behandelt damit Kranke. Heute hatte er sich wieder wegen Betrug» zu verantworten und da« Schöffengericht verurteilte den Kurpfuscher zu 4 Wochen Gefängnis.

Kirchheim u.T.16.Dez. Vom27.Febr. bi» 1. März nächsten Jahres findet hier die 24. Landesausstellung des Verbands der Geflügelzucht- u. Vogelschutzveretne Württembergs statt. Hiezu werden im Schoße des hiesigen Verein» der Geflügel- und Vogelfreunde schon jetzt die Vorarbeiten eifrig betrieben. Von den bürgerlichen Kollegien ist die städtische, heizbare Turnhalle als Aurstellungslokal zur Verfügung gestellt worden und von Korpora­tionen und Privaten stehen Ehrenpreise in Aus­sicht. Mit der Ausstellung, an der sich auch Nichtmttglieder beteiligen können, wird die Landes­versammlung verbunden, die von allen größeren Orten Württemberg«, in welchen Geflügelzüchter- vereine bestehen, durch Delegierte beschickt werden dürfte. Anmeldebogen können durch den Vereins­vorstand bezogen werden.

Marbach 15. Dez. Von freundlichem, fast frühlingsmäßigem Wetter begünstigt, fand heute die Einweihung des neuen Beztrkskrankeu- Hause»König Wilhelm" statt. Einen besonderen Glanz erhielt die Feier durch dis Teilnahme Ihrer Majestäten der König« und der Königin. Der Neubau liegt frei und sonnig auf einer Anhöhe nördlich von der Stadt. Er ist nach dem Plan des Architekten Maisenbacher gebaut, welcher von dem Preisgericht al» der beste unter den ein­gelaufenen 78 Entwürfen zur Ausführung bestimmt wurde. Der Bau ist für ca. 40 Kranke berechnet. Die Kosten belaufen sich auf ca. 200000 Die ärztliche Leitung übernimmt Oberamtsarzt Dr. Föhr, die Verwaltung OberamttPfleger Ktenzle. Die Krankenpflege ist in den Händen von zwei Schwestern de» Karl-Olga-Krankenhauses.

Die Handwerkskammer Reut­lingen hielt unter der Leitung ihre» I. Vor­fitzenden Vollmer am 15. vr. Mts. eine Vollversammlung ab. Zum ersten Punkt der Tagesordnung, Stellungnahme zu der geplanten Besteuerung von Elektrizität undSar» erstattete Sekretär Frey tag da« Referat. Er wie« in seinen Ausführungen darauf hin, daß eine Steuer auf motorische Kräfte und technische Fortschritte schon an sich äußerst bedenklich sei und in ihren Konsequenzen geradezu Verhängnis- voll werden müßte, daß aber überdies die Gar- und Elektrizitätssteuer nach dem Rsgierungrplane an einer Reihe innerer Widersprüche kranke und mit der unausbleiblichen steuerlichen Kontroll- beläsiigung Hunderttausender gewerblicher Betriebe, eine Beunruhigung zeitigen müßte, zu welcher der voraussichtliche finanzielle Ertrag in keinem Ver­hältnis stünde. Die Kammer faßte sodann folgen­den einstimmigen Beschluß: Die Handwerkskammer

Lsses«e«i8keiteN.

Calw. (Postsache.) Mit Rücksicht auf den gesteigerten Verkehr vor Weih­nachten, ist der Postschalter am Sonntag den 20. Dezember außer der Zeit von 1112 Uhr vormittags auch von 23 Uhr nachmittags ge­öffnet.

Calw 17. Dez. Vorgestern wurden im Staatswald, Markung Bergorte, dieUeberrests eine» Leichnams gefunden, welcher zweifelsohne schon meh ere Jahre gelegen haben muß. Man fand dabei eine silberne Uhr und einen Revolver. Im Schädelknochen ließ sich der Schußkanal eines kleinen Kalibers erkennen. Irgendwelche Anhalts­punkte über die Persönlichkeit der Aufgefundenen konnten nicht ermittelt werden. Die Reste wurden auf dem Friedhof in Bergorte beigesetzt.

Stuttgart 16. Dez. Ein gewisser Arnold Sachs in Jerusalem, der aber seine Herkunft sicher nicht vom Stamme der Sachsen ableitet, überschwemmt seit mehreren Jahren ver­schiedene Städte Deutschlands angute" Adresse», die er sich verschafft hat, mit Blumenalbum». Seinem Begleitschreiben die ein verdächtige« Deutsch haben, stellt er das Motto voran:Pietät und Mitleid bezeugt Eoelstnn", und spricht den Empfängern die Erwartung au«:Gewiß werden Sie al« wohlhabender intelligenter Herr Ihr edles Gefühl zu erkennen geben und dar scköne Album nicht retour senden, sondern Ihre gefällige Entschädigung etnsenden," und behauptet, daß der Ertragzur Erhaltung armer Menschenleben" diene. Erkundigungen hatten da« Ergebnis, daß man in Jerusalem von dem menschenfreundlichen Werke absolut nichts weiß. Da allem Anscheine nach Herren in den verschiedensten Städten und Landisteilen mit der Sendung bedacht worden

Surmtisters Drache».

Eine heitere Weihnachtsgeschichte von Alwin Römer.

(Fortsetzung.

Die Gelegenheit, ein paar erste leichte Fäden von sich zu ihr za spinnen, wollte indessen lange nicht kommen. Der November verging und der halbe Dezember, und e» war keine Aenderung in seinen Beziehungen zu den Lodeneck» eingetreten. Nur der kleine Rolf hatte die schnell geknüpfte Freundschaft ganz verstohlen weitergkpflsgt und beteiligte sich daheim nicht mit einer einzigen Silbe mehr an den Entrüstungrkundgebungen gegen den Drachen." Aber eine offene Parteinahme wagte er doch auch nicht.

Da geschah es eines Lager, daß eine Cousine de« Doktor» den Haldenberger Bahnhof passierte und sich zu dem viertelstündigen Aufenthalt ihren Cousin al« Ritter hinauszitierte. Sie hatte Auftrag von der Ver­wandtschaft, sich den Vetter anzusehen und über ihn zu berichten, da ein paar alte Tanten des Glauben« lebten, er könne in dem fernen Halden­berg so ohne alle weibliche Aufficht arg verbummeln.

Heinz Burmeister war wenig erfreut über diesen Besuch. Die Cousine war ihm viel zu schnippisch und selbstbewußt. Aber so ungalant war er doch nicht, daß er sie deswegen vergeblich hätte warten lassen. Und seine Selbstüberwindung wurde belohnt. Denn al« er in die Vorhalle de» Bahnhof« trat» sah er zu seiner freudigen Ueberraschung auch Fräulein von Lodeneck dort. Artig zog er den Hut. Kühl und nicht ohne einen Stich von Erstaunen im Antlitz dankte sie. Seine Augen ruhten aber mit so offenbarem Wohlgefallen auf ihr, daß da« Erstaunen leise von dannen huschte und einem verlegenen Erröten da» Feld räumte. Natürlich folgte dicht hinterher der Groll über eick^o albernes Verfärben und die Entrüstung über das ungehö ige Snstarren. Hastig wandte sie sich ab, dem Automaten zu, um eine Bahnsteigkarte zu lösen; doch in ihrer Verwirrung

schluckte boshafterweise nicht der Kartenaulomar den einzigen Nickel ihre« Geldtäschchens, sondern der nichtsnutzige Stollwercksche Schokoladenautomat dicht daneben. Als sie unten am Griffe zog. fiel ihr statt der erwarteten Bahnsteigkarte ein mit Farbendruck und Goldschrift gezierten Schokoladen- karton in die Hand, während nebenan der Nickel des jungen Doktor« her­ausfordernd klirrend durch den richtigen Apparat spazierte.

Verärgert steckte sie da» Schokoladentäfelchen in die Kleidertasche und suchte nach einem weiteren Nickel, obgleich sie genau wußte, nur noch Silbergeld in ihrem Portemonnaie zu haben. Heinz hatte fie beobachtet.

Darf ich Ihnen aus der Verlegenheit helfen, mein gnädige« Fräu- lein?" fragte er lächelnd; und es schwebte ihr schon auf der Zunge, ein zusagendes Dankeswort zu sprechen. Aber dann fiel ihr die Himmeltor- straße ein, mit ihrem gestörten Frieden, und sein Anstarren von vorhin. Wahrscheinlich galt sein Lächeln ihrem kleinen Irrtum, über den er sich lustig machte. Wie konnte fie auch nur daran denken, von einem solchen Menschen eine Gefälligkeit anzunehmen?

Ich danke", sagte fie reserviert.Ich löse Mir schon eine Karte am Schalter!"

Da» Lächeln wich von seinen Lippen, und seine Augenbrauen zogen sich ein wenig zusammen.

Wie Sie denken!" murmelte er und schritt verlegen an ihr vorüber zum Bahnsteig hinaus, wo der Zug eben einlief, der dar Coustnchsn bringen sollte. Durch die Dezemberlufr wirbelten dis ersten leichten Schneeflocken de« Winters, der sich diesmal böse verspätet hatte, und die Menschen alle sahen mit frohen Augen in da« sich langsam entwickelnde weiße Gewimmel hinein, als wäre jede« glitzernde Schneesternchen einen blanken Taler wert. Dar war die alt eingewurzelte Freude an der langsam aufdämmerndm Weihnachtrstimmung.

Cousine Hedwig steckte da» dunkle Lockenköpfchen schon suchend au« dem Kupee heraus, noch ehe der Zug hielt. Sie wartete auch nicht auf