^ 293. Amts- und AnreLgeblatt für den Gberamtsbezirk Galw. 83. -s-rßtt»

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ienltaa, Mittwoch, »tag. Jilsertion«piei» «te; außer Bezirk II Pfg.

Montag, Ükn 14. Dezember 1908.

SezugSpr. i. d. 4ttadt ^Lhrl. ar. LrLgerl. Mk. 1.Lk. VostbezuAtpr k.d.OrlL- u.NachbarortSvert.'/^Lhrl. M.1LV. trn Keinerlei,. Mk. I.W. »eftellg. in Würtr. W Bl»., in «aoern u. «eich «2 Big

Amtliche Bekanntmachungen

Die Gemeindebehörde»

derjenigen Orte, in welchen Wasserleitungen vor­handen sind, werden unter Hinweis auf den Mi- nisterial-Erlaß vom 5. Nooember ds. IS., betreffend die Füllung der Sammelbehälter der Wasserleitungen für Feuerlöschzwecke, Mtn.-Amisblatt S. 335, auf Wichtigkeit der Erhaltung eine- für Fenerlösch- zwecke ausreichenden Wafferstands in de» WafferleitnngSbehältern, sowie auf die Vorschrift deS Art. 1 Abs. 2 der Landesfeuerlösch-Ordnung hiemit noch besonders aufmerksam gemacht.

Den Fenerwehrkommandanten und den aus­gestellten Brunnenwärtern ist hievon unter Eintrag in das Schulth.-Amts-Protokoll E.öffnung zu machen.

Calw, 12. D:zember 1908.

K. Oberamt.

V o e l L e r.

Tages«e«ist!riteA.

Calw. (Rathaurbericht 4.10 Dezember 1908.) Die Holzhauerakkordlöhne wurden für 1909 in der gleichen Höhe wie 1908 festgesetzt.

Der EicharntSvoistand und Rechner Gemeinde- rat Bühner wurde unter den gleichen Anstellungr- bedingungen für die Jahre 1909/13 wiedergewählt.

Von dem früher David Mezger'schen Grund­stück wurden an die Angrenzer Bäcker Karl Kirch- herr, Jacquardweber Benjamin Zürcher, Schreiner Friedrich Heugls. Fabrikarbeiter Johann Georg Holzinger Trennstücke von 15150 <M um den Preis 3.25 ^ bezw. 4.50 ^ für den qw ver- kauft. Der städtischen Forstwartwohnung wurde ebenfalls ein Gartenteil zugemeffen. Gas- werk. Die Grabarbeiten zu der Leitungrerweite- rung auf dem Bahnhof wurde dem Bauwerk- metster Alber, diejenigen zu dem Kirchherr'schen Haus im Kapellenberg dem Maurermeister Walz zu gleichen Preisen übertragen. Durch Ver­mittlung der Vereinigung kleinerer Garwerke

Württembergs ist es gelungen, den gesamten Kohlenbedarf wieder mit Saarkohleu von der K. Pr. Bergwerkdirektion Saarbrücken, Zeche Heinrich Dechen, zu decken; Preis ab 1. Januar 1909: 16.20 pro To. ab Zeche. Der 6er Ofen wird mit neuen Retorten versehen. Anschlag 1000

Stuttgart 12. Dez. Die zweite Kam­mer hat heute bei Beratung der Volksschul­no veile die Erörterung über die obligatorischen Unterrichtsfächer in so breitem Umfang fortgesetzt, daß die gestern gestellten sozialdemokratischen und volksparteilichen Anträge, obwohl ihre Ablehnung von vornherein feststeht, noch nicht zur Entscheidung kamen. Zunächst betonte Ströbel (B.K.) übrigens mit wohltuender Kürze und deswegen nicht weniger überzeugend, daß für Gesetzes- und Bürgerkunde bei Schulkinder das nötige Verständnis noch nicht vorhanden sei, worauf Hildenbrand (Soz.) unter Erwiderung auf die Angriffe gegen die sozialdemokratischen Anträge diese nochmals eingehend begründete, wobei er sich namentlich gegen die Be­hauptung wandte, daß der Antrag bezwecke, dem Volke die Religion zu nehmen. Der konfessivneLc Unterricht, der entzweiend wirke, sei nicht die Auf­gabe des neutralen Staates. Die höheren Schulen, die simultan seien, beweisen, daß aus der Simultan­schule auch moralisch gekräftigte Menschen hervor­gehen. Die Folge des soz. Antrages solle nicht das Entstehen konfessioneller Privatschulen sein, viel­mehr müsse der Staat den Kirchen den Religions­unterricht in seinen Schulen überlasten. Der An­trag auf Befestigung des Religionsunterrichts sei keine Gefahr für Moral und Staat, sondern nur die konfessionelle Neutralisierung der Volksschule, eine Forderung die jeder liberale Mann seit undenk­lichen Zeiten als Aufgabe des Staates angesehen habe. Man dürfe die Eltern nicht in die Zwangs­lage bringen, ihre Kinder in eine Schule schicken zu müssen, in denen ihnen ein Unterricht gegeben wird, den sie »nicht wünschen. Der Zweck des Antrags sei nicht die Bekämpfung der Religion, sondern die Besserstellung der Volksschule. Kultusminister v. Fleischhauer sagte mit Bezug auf die Denkschrift des Bischofs gegen die Novelle und die von der

Kommission gefaßten Beschlüsse, er möchte, um keinen Zweifel über die Stellungnahme der Regierung zu lasten, heute schon erklären, daß er sich Vorbehalte, bet der nächsten sich bietenden Gelegenheit über das Vorkommnis sich näher auszulassen. Der Minister besprach dann die einzelnen obligatorischen Fächer. Die Regierung sei zu Beiträgen für die Kosten des Zeichenunterrichts bereit. Rechnen und Raumlehre könnten ebensogut zasammenqenommen werden wie Lesen und Schreiben. Die Bürgerkunde eigne sich zweifellos mehr für die Fortbildungsschule. Die Erhaltung des Religionsunterrichts sehe das Volk als etwas Selbstverständliches an. Das gehe schon daraus hervor, daß die Eltern von dem Recht, ihre Kinder aus dem Religionsunterricht zu nehmen, auf protestantischer Seite nur in 3 Fällen auf katho­lischer überhaupt nicht Gebrauch gemacht haben. Die Religion sei eia Kulturfaktor allerersten Ranges, an dem die Schule nicht achtlos vorübergehen könne. Durch die Beseitigung dieses Unterrichts würde die Schule wesentlich verarmen. Die Religion sei ein Bildungsmittel von solcher Bedeutung, daß es nie­mals zu entbehren sei. Eine Stttenlehre ohne Re­ligion gebe es nicht, denn schon die Antwort auf eine Frage nach den Gründen der Stttenlehre würde zu den höchsten Problemen führen. Welche Moral wolle man denn? Ein Lehrer, der seine Aufgabe richtig erfüllen wolle, könne auf den Religions­unterricht nicht verzichten. Eine Scheidung zwischen Geistlichen und Lehrern, wie sie der Antrag Löchner wolle, würde zu einer Quelle von Konflikten werden. Praktisch durchführbar sei dieser Antrag auch nicht. Der Minister bat schließlich um Ablehnung sämtlicher Anträge. Weber (Ztr.) erklärte sich vom Stand­punkt des Kindes aus gegen das Verlangen nach Beseitigung des Religionsunterrichts. Die Antwort auf die wichtige Frage nach dem Woher und Wozu der Dinge, vermöge nur die Religion zu geben. Nach einer kurzen Bemerkung Dr. Mülbergers (DP.) vertrat Dr. Wolf (BK) den Standpunkt, daß der Grundsatz von mults, seci multum keine Bildungsfeindlichkeit in sich schließe. Ein Kulturgut wie die Religion dürfe dem Volke nicht vorenthalten werden. Nur durch die Befriedigung der Lebens­bedürfnisse des Volkes, und ein solches Bedürfnis fei die Religion, könne der Staat sich selber erhallen.

Mrmeistkrs Drache«.

Eine heitere Weihnachtsgeschichte von Alwin Römer.

Seit der junge Doktor Burmeister die Praxi» der Sanitätsratr Zeistng übernommen hatte, war er in der sonst so gemütlichen Himmeltor­straße richtig ungemütlich geworden. Dieser Doktor Burmeister war nämlich einNeumodscher", wie Frau Sponnagel, die bet Frau Major von Lodeneck die Aufwartung besorgende Pantoffelmacherrwitwe, mit einem deutlichen Groll in ihrer ewig heiseren Stimme feststellte. Alles an ihm war anders als es bei dem alten, niemals hastenden Sanitätsrat gewesen, den leider auf seine alten Tage noch Has Reisefieber gepackt hatte, und der nun, weiß Gott wo, bei den Türken oder Mohren, vielleicht gar in den Elrgefilden der Eskimos umhertroddelte und sich die Welt besah. Genau wußte das die Sponnageln nicht. Aber das eine wußte sie: gefallen konnte ihm dar auf die Dauer unmöglich, so immer au« einem Bett in« andere, und manchmal womöglich gar nur in einem Zelt unter groben Wolldecken. Ebensowenig wie ihr in Haldenburg seinneumodscher" Nachfolger gefiel, der dem guten Sanitätsrat so wenig ähnlich war, wie etwa eine Nebelkrähe ihrem goldgelben Kanarienvogel daheim sein konnte.

Wenn sich die Sponnageln zu solchen Vergleichen verflieg, mußte er schon ziemlich arg sein. Und in der Tat waren gewichtige Unterschiede zwischen den beiden Aerzten auch nicht wegzuleugnen. Mit dem Alter sing'« an. Was konnte dieser junge Mensch von all den verschiedenen Sorten vonReißen" zum Beispiel verstehen, die ihren Seligen seinerzeit geplagt hatten? Selbst der alle Santtätsrat Zeistng hatte zu mancher von

Sponnagel stöhnend geschilderten Abart manchmal ungewiß den Kopf schütteln müssen. Und der hatte doch eine vierzigjährige Erfahrung!

Dar Bild von der Krähe und dem Kanarienvogel hatte also seine Berechtigung. Die jungen, naseweisen Dienstmädchen in der Machbarschaft meinten zwar, der schmucke, junge Dok:o: mit seiner straffen Haltung und dem flotten, braunen Schnurrbart unter der fein geschnittenen, aber eine ziemlich derbe Schlägernarbe aufweisenden Nase müsse dann zum mindesten der Kanarienvogel sein. Die Sponnageln indes behauptete zähe das Gegenteil. Und da« knüpfte sich bei ihr an eine ga^z bestimmte, wohl zu berücksichtigende Vorstellung.

Eie hatte nämlich den neuen Dokior bei seinem Einzug im Oktober zum allerersten Male in einem großen, grauschwarzsn, ledernen Ueberrock gesehen, der beinahe bi« an die Erde gereicht hatte und nach ihrem sach­verständigen Urteil viel zu wett war. Dazu hatte er eine großschirmige Mütze auf dem Kopf getragen, die ihr wie Hn flacher, schwarzblechener Kochtopf vorgekommen war. Und die Handschuhe erst an den Fäusten! Wie alte unförmliche Tabaksbeutel hatten sie ausgesehrn! Auf der Nase aber hatte ihm ein Ungetüm von Brille gesessen, wie es die Steinklopfer draußen an den Chausseen zu tragen pflegen. Nur war die seine noch viel größer und abschreckender gewesen. Selbst der Gendarm hätte sich vor ihm gefürchtet.

Dieser Neumodsche hatte sich nämlich ein Automobil mitgebracht, um seine Krankenbesuche in der Stadt und draußen darin schneller erledigen zu können.

Man denke: so einen Höllenkasten von Automobil in der Himmeltor­straße! Tagtäglich fauchte er au« der breiten Einfahrt de« großen, alt-