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abteilung, hat eine Verfügung, betreffend Rach- fendung von Postsendungen, welche nach der Belieferung in die Briefkasten eingeleat werden, erlaffen. Darnach find Briefe und Postkarten» die nach der Bestellung oder Abholung von der Post mit neuem Bestimmungsorte bezeichnet und zum Zwecks der Weiterbeförderung in die Briefkasten gelegt werden, hinsichtlich der Portoerhebung fortan nicht mehr als neu eingelieferte Sendungen, sondern ebenso zu behandeln wie die zum Zweck der Nachsendungen dem bestellenden Boten zurück- gegebenen oder am Postschalter abgegebenen Briefe und Postkarten. Die wieder in die Briefkasten gelegten Briefe und Postkarten werden sorgfältig daraufhin geprüft werden, ob er sich um eine Nachsendung im Sinne der Postordnung oder um eine Weiterbeförderung an einen andern Empfänger handelt sowie ob die Sendungen seit der ersten Aushändigung eine Veränderung ihre« Inhalts erfahren haben. Auf Drucksachen, Ge- schäfttprpiere und Warenproben, die nach der Aushändigung mit neuem Bestimmungsorte versehen und in die Briefkasten gelegt werden, findet die erwähnte Vergünstigung keine Anwendung.
Stuttgart 10. Dez. In der Abrügung von Uebertretungen, die sich jugendliche Personen zu Schulden kommen taffen, soll nach einem Erlaß des Ministeriums des Innern nun auch in Württemberg eine mildere Praxis eintrctsn. Insbesondere soll von einer Straf anordnung dann Abstand genommen werden, wenn eine jugendliche Person (von 12 bis 18 Jahren) zum erstenmal wegen Übertretung angezeigt ist, wenn die Übertretung aus Unerfohrer heit begangen wurde, oder wenn es sich um polizeiliche Ueber- trrtungen unbedeutender Art handelt. Von den Po lizerbehörden ist daher zu - ächst auch in Erwägung zu ziehen, ob die Verfolgung im öffentlichen Interesse no!wendig und zweckmäßig ist und ob nicht eine Verwarnung der betr. jugendlichen Person oder eine Benachrichtigung der Eltern, oder eine lieber- fendung der Akten an den Schulvorstand (l tzteres bet Kindern unter 15 Jahren) angezsigt erscheint. Ein disziplinäres Einschreiten durch die Schul- organe kann selbstverständlich nur insoweit in Betracht kommen, als die strafbare Handlung zugleich ein Schulmrgehen darstellt. In leichten Fällen ist zu, ächst auf Verweis oder in erster Linie auf eine Geldstrafe zu erkennen, die so zu benuffen ist, daß dis Geldstrafe bezahlt und die Umwandlung in Hast strafe vermieden werden kann. In besonderen Fällen soll auch Stundung und ratenweise Abzahlung der Geldstrafe gewährt werden. In manchen Fällen wird es sich empsthlen, die Vollziehung der Haft an jugendlichen Verbrechern nicht im Oberamtr- oder Ortrgefängnis sondern in einem anderen paffenden Verwahrung^- ort anzuordnen. Jedenfalls Müssen jugendliche G-fangene von älteren Gefangenen grundsätzlich getrennt gehalten werden.
Stuttgart 10. Dez. Heute Abend er- eignete sich Ecke der Charlotten- und Al-xander- stroßs ein schwerer Unglücksfall. Ein mit Prketen beladener Postwagen fiel, wahrscheinlich infolge zu scharfer Kurve, um und begrub den darauf fitzenden Postillon unter sich. Der etwa 25 Jahre alte U terbeamte erlitt einen Schädel- bruch und sonstige schwere innere Verl tz mgen, sodoß er kaum mit dem Leben davo» kommen dürfte. Er wurde in« Krankenhaus transportiert.
Stuttgart 10 Dez. Einem geriebenen Schwindler, der auch in Güddeutschland seine Tätigkeit entfaltete, wurde j tzt dar Handwerk gelegt. Seit einiger Zeit erschienen in g ößeren Zeitungen umfangreiche Inserate, wonach ein Ingenieur Schrör bezirksweise die L^cenz einer patentierten Dawpfktffelreinigung zu verkaufen suchte. Der hiezu erforderliche Apparat mußte von Schrör gekauft werden. Er verlangte für die ganze Sache 3000 bar. Da er ein großes Einkommen garantierte und der L cenzschein kein R.flko ergab, find viele Personen aus den Leim gegangen. Der Apparat erfüllte jedoch seinen Zweck nicht und war für die Käufer wertlos Ihre Reklamationen ließ Schrör unbeantwortet, war überhaupt nie zu finden, da er sich nicht lange in einer Stadt aufhielt. Nach längerem Euchen wurde er endlich von der Krtmtnalpoliz-'i in Bremen, wo er sich versteckt aufhielt, dingfest
gemacht. Schrör hat verschiedene Helfershelfer. Er reiste im Automobil, da» einem davon gehörte. Früber war er Rangierer, Laternenanzünder, Masseur usw.» bi« er sich zum Ingenieur auf- geschwungen hat. Gegenwärtig macht dis Polizei bei allen Personen, die mit Schrör im Brief. Wechsel standen, Erhebungen. Die Zahl der Geprellten ist nicht gering.
Stuttgart 9. Dez. Der heutigen Lederin e s s e in der Gewerbehalls waren etwa 600 Ztr. zugeführt. Der Verlauf der Geschäfts war be- friediasnd. Im einzelnen stellten sich die P-sise per Pfund: Sohlleder 1 30—150 ^«, Wild- vicheleder 1—110 Wildoberleder Is>. 190 bis 2 30 Wildoberleder Ila. 1 70—2 Schmalleder 1.90—2.20 ^ie, Kalbleder 2 80 bis 3.20
Friedrichshafen 10. Dez. Dem Grafen Zeppelin wurde gestern durch eine Abordnung des Verein« deutscher Ingenieure, dis ihm in der letzten Hauptversammlung in Dresden verliehene Grashofmedaille nebst künstlerisch aus- gearbeiteter Urkunde überreicht. Die Abordnung besichtigte dann den neuen Ballon. — Graf Zeppelin wurde vom Oberschwäbtschen Zweigvsrein für vaterländische Naturkunde zum Ehrenmitglied ernannt. Auf die U bersendung der Ehrenurkunde lief ein in den verbindlichsten Worten gehaltenes Dankschreiben an den Verein ein.
Berlin 10. Dez. (Reichstag.) Die Generaldebatte über den Etat wird fortgesetzt. Abg Haußmann (Wd. Vp.) erklärt bei Besprechung der aurwä't'gsn Politik seine Freunde wünschten keine Politik, die Deutschland auch nur mit einem Scheine der verärgerten Chikane gegenüber Frankreich belaste. Deutschlands Haltung gegenüber der Balkanfrage hält Redner für richtig und betont, trotz aller Sympathie für Oesterreich müsse ausgesprochen werden, daß das Vorgehen Oesterreichs in Bosnien doch seine Bedenken habe. Redner bedauert, daß sich Fürst Bülow auf dis englische Anregung wegen Ein> schränkung der Flottenbonpläne nicht eingelassen habe Zum Schluß spricht Redner seine Freude aus, über die Selbständigkeit der Auftretens, die man g-stern bei dem R ffort des Herrn v Beth- mann-Hollweg wahrgenommen Habs. Dadurch könne nur dar Vertrauen wachsen, das man zu den Reffortvcrtretsrn babe Reichskanzler Fürst Bülow führt aus: Der Vorredner Habs die Frage der Einschränkung der internationalen Rüstungen zur See berühit. Er frcgie, weshalb wir uns gegen einen solchen Vorschlag ablehnend verhalten hätten. Ein solcher Vorschlag ist aber an uns nicht hran- getrsten. Einen Hehl haben wir nie daraus gemacht, daß wir eine solche Regelung für erwünscht halten würden, aber er könnten stch grade daraus erst recht Schwierigkeiten ergeben. Unsere geographische Lrge zwingt uns dazu, daß wir uns nach verschiedenen Seiten verteidigen müssen. Dar Maß des Umfang« unserer Rüstungen zur See ist b'diryt durch das Maß unserer wirtschaftlichen Jnterrssm. Völlig ausgeschlossen ist auch, daß wir mit unserem Sch ff bau über das Maß der Notwendigen hinaus gehen. Das ist auch die Ansicht der Marineamtes. Der Reichskanzler weist alle gegen Herrn von Hollstein gerichteten Angriffe zurück und betont, daß dieser Herr einem ihm unterstellten Amte angehöre, in dem er, der Reichskanzler, auch keine Nebeneinflüffs und Unterströmungen dulden könne. Redner schließt» indem er sagt, ich glaube, dem Frieden am Besten zu dienen, wenn ich an der Unersäütterlichkett unserer Treue zu Oesterreich-U >garn keinen Zweifel auf- kommen lasse. Staatssekretär Schön stillt das Erscheinen eines Weißbuches in Marokko in Aus- ficht, da« auch über Casablanca manches zur Berichtigung bringen werde. Redner erörtert sodann dis Zurückziehung der Gesandschaftstrnppen in China und erklärt weiter, die deutsche Regierung wünsche durchaus, daß die Neuerung der Türkei zum Segen gereichen möge. Was das Auswärtige Amt anlange, so gebe er die Hoff mng nicht auf doß der Reichstag später zu einer wohlwollend:ren Beurteilung des Amte« gelangen werde. Die Reform sei in Arbeit, der Reichstag könne über- zeugt sein, daß er, der Staatssekretär, aller daran setzen werde, um praktische Neuerungen durch
zuführen. Abg. Zimmermann (Rfp.) geht auf die Besoldungsvorlage ein und empfiehlt weiter eine Mühlenumsatzsteuer. Abg. Dröscher (kor>s.) spricht stch für äne erhebliche Aufbesserung der Unterbeamten aus; desgleichen Abg. Beck-Heide!- berg. Morgen 11 Uhr Fortsetzung.
London 10. Dez. Mooceparkhouse in der Grafschaft Cook, dar früher der Sitz der Grafen von Mountcaschell war und heute als Kaserne dient, ist bis auf die Mauern niederqebrannt. Die Soldaten konnten sich nur mit Mühe retten. Ein Teil mußte stch an zusammengebundenen Bettlaken au« den Fenstern herunterlaffen. Eie verloren alle ihre Ausrüstung. Auch die Offizier«. Quartiere verbrannten. Prachtvolle alte Fresken und Sp'egrl wurden zerstört. Der Verlust beziffert stch auf '/« M llion.
Vermischtes
Unberechtigte Benützung einer höheren Wagenklasse. Bei dem reisenden Publikum war es bisher, nach Einführung der 4. Wagenklaffe, vielfach üblich, daß man mit Fahrka-ten 4 Klaffe kurzerhand in der 3. Wagen- klaffe Platz nahm. In der ersten Zeit nach Einführung der 4 Klasse har die Etsenbahnverwallung vitlfach ein Auge zugedrückt und bei der Kontrolle wurde nur darauf gesehen, daß die betreffenden Fahrgäste auf der nächsten Station in ihre Wagenklaffe umsttegen. Alsdann beschränkte man stch darauf, die Fah-gästs, dis mit Fahrkarten der 4. Klaffe in der 3 Klaffe Platz nahmen, an der Endstation rorzuführen zur Nachzahlung des höheren Fahrgelds. Neuerdings geht aber die Verwaltung gegen diejenigen Fahrgäste, die unberechtigter Weise in einer höheren Wagenklasse Platz nehmen, mit großer Strenge vor. E« wird nunmehr regelmäßig die in der Eisenbehr- fahrordnung vorgesehene Strafe von 6 verhängt, wenn Fahrgäste mit Fahrkarten 4. Klaffe in der 3. Klasse angetrcffen werden.
Die Steinheil-Affaire in Pari« schreitet langsam vorwärts. Vor dem Untersuchungsrichter erklärte Frau Steinheil, daß rächst ihrer Tochter ihre Mutter das Wesen sei vas sie am meisten geliebt habe. Andererseits ist eine neue Tatsache bekannt geworden, die die Angeklagte schwer belastet. Ein oder zmei Tage vor drm Verbrechen in der Jmpasse Ronfin befand stch Frau Japy — Frau Stetnheils er- mordete Mutter — in Monbouton bei Beaucourt und wurde von Frau Stein heil wegen drin- gender Geschäfte telephonisch nach Pari« berufen. Diese Tatsache spricht sehr für die Schuld der Frau Steinheil. Am 29. Mai trifft Frau Japy ein; Frau Steinheil läßt dieleidende Mutter im Hause, während ste die Tochter Marth« und Mariette Wolf mit dem wachsamen Haushunds nach Bellevue schickt. — Nach dem „Jntranfiaeant" sollen übrigens Frau Steinheil und die Mutter nach dem Tode Felix Fauves in Saus und Braus gelebt haben, und zwar von den fünfzigtausend Frank«, die der Frau Steinheil von einer nichtfrrmzöstschen Gestllschaft aurbezahll wurden, bei der Faure zugunsten der Frau Steinheil versichert ge- wesen war.
vormlsüchtttche Witter««!:
Zunächst wechselnde, dann zunehmende Bewölkung, und Niederschläge, zeitweise unruhig, rasch vorübergehende Erwärmung.
«ottesdienKe.
Advent, 13. Dez. Vom Turm: 94. Kirchenchor -. Es ist ein Ros entsprungen rc. Predigtlied: 101. 9'/-Uhr: Vonnilt. Pred'gt Stadtpfarrer Schmid. 1 Uhr: Christenlehre für die Töchter. 7 Uhr: Weihnachtsfeier des Jünglingsvereins im VereinS- haus.
Z»vn«er»»as, 17. Dez. 8 Uhr abends: Bibelstund« i» Vereinshaus. Dekan Roos.
Nettametett.
Allen denen, welche an Verdauungsstörungen und deren Folgen, wie Magenschmerzen, Magenkatarrh, Magenkrampf, Kopfweh, Herzklopfen, Blutarmut rc. leiden, teilt Herr Jos. Herre, Strickereibes. in Neufra B 2 (Hohenz.) gerne und unentgeltlich (lediglich geg. Retourmarke für Antwort) mit, wie er von seinem ähnlichen Leiden ohne Heilmittel befreit wurde.