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Amts- und Siqeigeblatt für den Gberamisbezirk Lalw. 88. Ich,««
»Uch«Uwirg»tag«: wontag, »i«n»taa, Mittwoch, °»»«n»»»taa, Arittaa und Samstag. Jnsertionlpreik » Wiz. pro Köile für »tobt a. S«,irk»orte; aud«r Sqirk l» Psg.
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Calw. (Die Schwaben an der Spitze.) Der TurnautsLuß veröffentlicht nunmehr sein llrtkil über dir Turnen der Kreise beim XI. Deutschen Turnfest in Frank» furt a. M. Erfreulich ist. daß Hiebeider Kreis „Schwaben" dar beste Resultat mit 30 Punkten — die überhaupt erreichbare Höchstpunktzahl — erzielt hat. Auch die Gaumusterriege der Nagoldgaues hat unter der Leitung ihre» unermüdlichen Gauturnwarts Fr. Pfrommer mit ihren Uebungen an 2 Barren recht gut ab» geschnitten. Sie wurde vom Kampfgericht mit 28 Punkten gewertet und erreichte damit die dritthöchste Punktzahl, ein Resultat, zu dem wir die Turner und ihren Leiter herzlich beglück» wünschen. — Mö^e diese« schöne Ergebnis dem Turnen auch in unserer Stadt immer mehr An» Hänger und Freunde zuführen.
* Calw 10. Dez. Der gestrige Krämer- markt war von den Landleuten sehr stark besucht. Der gute Herbst machte sich beim Handel und Berkehr lebhaft geltend. Die Verkäufer machten im allgemeinen» wie man hören konnte, ein gute« Geschäft. — Die Flößerei nimmt auf der Nagold jedes Jahr mehr ab. In diesem Jahr gingen nur stark 2 Dutzend Flöße die Nagold herab. Gegenüber den früheren Jahren ist der Rückgang ganz bedeutend. In der Hauptsache find es nur noch 1—2 Holzhandlungen und Sägwerke, die die Flößerei auf der Nagold betreiben.
Zuffenhausen 9. Dez. Me nachträglich bekannt wird, ist ein hiesiger Bürger in der Nacht zum Sonntag zwischen der Prag und dem Feuerbacher Gaswerk von zwei Individuen überfallen worden, die ihn dann seiner Uhr und Barschaft beraubten. Der auf dem Heim» »eg Br kindliche erhielt von einem der Gauner
Donnerstag, den 10. Dezember 1S08.
einen Schlag über den Kopf, der ihm die Besinnung raubte und mußte ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die Wegelagerer find unerkannt ent» kommen.
Stuttgart 9. Dez. Ein Nachspiel zu der bekannten Buchener Ktndsentführung kam heute vor dem Schöffengericht zum Aurtrag. Professor Fertig war am 30. August auf dis telegraphische Nachricht, daß seine Frau und die Detektive, dis ihm sein Kind gewaltsamer Weise entführt hätten, hier festgenommen seien, nacht« 12 Uhr hier in Begleitung de» Hauptlehrer« Rudolf.Pforzheim hierher geeilt, erhielt in der Nacht auf dem Gtadtpolizeiamt die Mitteilung, daß seine Frau und die Detektive festgenommen seien. Gleichwohl sah er am anderen Morgen, wie seine Frau mit einem Begleiter und dem Kind sich in« Telegraphenamt an der Fürstenstraße begab. Rudolf suchte nach einem Schutz» mann, al« ein solcher nahte, bemerkte Professor Fertig, daß seine Frau mit ihrem Begleiter im Begriff waren, sich wieder aus dem Telegraphenamt zu entfernen. Er Mrzte in der Furcht, sie könntm mit dem Kind entweichen in den Raum, wo die Telephonzellen sich befinden und hielt seiner Frau, sowie deren Begleiter, einem Fahnder, den er für einen Detektiv des Argurinstituts hielt, den Revolver vor die Brust und schrie Räuber. Der Schutzmann eilte von hinten her und entriß dem Angeklagten den Revolver. Fertig und seine Frau wurden dann auf die Polizeistatlon gebracht. Wegen dieser beiden Bedrohungen, sowie wegen de« Auflauf« wurde Anklage wegen Bedrohung und groben Unfug« erhoben. Der Staatsanwalt beantragte 20 Geldstrafe event. 4 Tags Haft. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Bopp-Mosbach wie« in geschickter Weise auf die psychologischen Momente hin. In seiner Vaterliebe habe er nicht ander» handeln können, zumal er das Kind, das ihm
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rechtskräftig zugesprochen war, seiner geschiedenen Frau nicht überlassen konnte und er sich eine« Revolver« bedienen mußte, weil er wußte, daß seine Gegner ebenfalls bewaffnet seien. Auf Grund der Ehescheidung« alten legte der Verteidiger dar, daß Frau Fertig ihren Mann absichtlich gereizt, um einen Ehescheidungs grund zu bekommen, daß sie da» Kind vernachlässigt, sogar, al« e« an den Masern darniederlag, dem Kind«mädchen überließ und mit einem Studenten da« Radeln lernte. Das Urteil lautete auf 10 ^ Geldstrafe und Tragung der Kosten.
Schorndorf 8. Dez. Die seit Wochen herrschende Trockenheit hat hier einen empfind» lichen Wassermangel gezeitigt, der dazu geführt hat, daß die Hochdruckleitung vormittag» und nachmittag« je 4 Stunden lang gesperrt werden muß.
Tuttlingen 9. Dez. Die wegen Totschlag» verhafteten sech« jungen Burschen von Neuhausen hiesigen Oberamt«, die in der Sonntag Nacht einem Nsndinger jungen ledigen Mann mtt Prügeln die Gehirnschale einschlugen, leugnen jede Täterschaft rundweg ab.
Ulm 9. Dez. Auf der Messe hat vorgestern ein Langfinger einem Kleiderhändler am Münsterplatz von der Auslage weg ein Klei, dungsstück gestohlen. Gestern sah der Geschäftsinhaber den Burschen am Laden vorbei» gehen, veranstaltete eine Jagd auf ihn und ließ ihn durch einen Schutzmann festnehmen.
Karlsruhe 9. Dez. Ueber den tragischen Ausgang einer Ehetrrung ist von hier folgender zu melden: In vergangener Nacht kam ein Ge- schäftsretsender unverhofft von seiner Reise zurück und fand seine Frau im Zimmer eines bei ihm wohnenden Studierenden. Der Reisende forderte
Roman von Konrad Remling.
(Fortsetzung.)
„Frau Kommerzienrat Ada Heimcr dachte ander» darüber."
Ada fuhr auf.
„Mein Herr! Sie wagen viel. War wissen Sie von Ada Heiner?!"
Kotschagin sah ihr ruhtg ins Gesicht:
„Daß selbst dis glänzenden Einnahmen eines großen, blühenden Geschäftshauses auf die Dauer nicht imstande waren, ihre Ansprüche zu befriedigen. Frau Ada Heimer war eine schöne Frau, die dar Leben liebte mit seinem Glanze und all seiner schimmernden Pracht. Die Fürstin Bentoff ist — wenn dies möglich wäre — noch schöner geworden; sollte deshalb nicht auch ihre Leben« freudigkeit noch gewachsen sein? . . ."
Ada fühlte, wie jeder Nerv in ihr bebte. Der Versucher hatte jene Beschwörungsformel gewählt, der gegenüber sie machtlos war. Und dennoch wollte sie widerstehen. Dis Frau eine« Verbrechers? Nein. Dieser entsetzliche Gedanke, dieses entehrende Bewußtsein war selbst mit dem Fürstentikel zu gering bezahlt.
Sie dachte an die ihr zu Gebote stehenden Mittel: Von den hundert» tausend Mark hatte sie bisher nur einen geringen Teil verbraucht; in zwei oder drei Jahren würde ihr auch ein Teil der Geschäftreinnahmen wieder zu Gebote stchen. ...
Fast erleichtert atmete sie auf:
„Haben Sie mir sonst noch etwas zu sagen, Herr Kotschagin?"
Leo Kotschagin, der den Sieg schon in Händen zu haben glaubte, stutzte beim Ton dieser Frage. Aber dann beruhigte er sich sofort wieder. Man mußte ihr Zeit und Ruhe zum Ueberlegen lassen.
„Sonst wüßte ich nicht«, Durchlaucht," er erhob sich — „es sei denn: Ihnen die Versicherung zu geben, daß Leo Kotschagin in allen übrigen Dingen bereitwilligst und zu jeder Zeit zu Ihrer Verfügung steht . . ." er machte eine tiefe und zeremonielle Verbeugung — „erlauben Sie nun- mehr, daß ich mich Ihnen ganz gehorsamst empfehle . ."
Ada neigte herablassend den Kopf und geleitete ihn einige Schritte bis zur Tür.
Dann war sie wieder allein . . .
Kraftlos ließ sie sich in einen Sessel fallen und starrte vor sich nieder. Sie hatte das Gefühl, al« sei sie au« einem langen, schweren Fiebertraum erwacht und müsse nun erst wieder ihre Gedanken sammeln, um Fieberphantasien und Wirklichkeit von einander zu trennen.
Und in dieser qualvollen Stunde rang sich endlich der Rest gesunden Empfindens, den Eitelkeit, Genußsucht und das krankhafte, unbezähmbare Verlangen nach eitlem Glanz und nichtiger Pracht Jahre hindurch in chr unterdrückt halten, wieder in ihr durch.
Mochte das Unglaubliche, das Unerhörte Wahrheit sein; sie liebte Bentoff und sie würde ihn retten — um jeden Preis.
Zwei Stunden später stand der Fürst vor ihr. Sie hatte alle Kraft zusammengenommen, um ihn ruhig und freundlich zu empfangen. Sie wollte ihm da» Demütigende eines langen, eingehenden Geständnisse« ersparen. Nur mit einem Worte sollte er ihr bestätigen, daß Kotschagin die Wahrheit gesprochen; und dann würde sie ihm verzeihen — ohne ein Wort des Vorwurfs.
Mit gesenktem Haupte war Alexander Bentoff in der Mitte de« Zimmer« stehen geblieben und wagte e« nicht einmal, seine Frau anzusehen.
Da fragte Ada — leise und zögernd:
„Du weißt, daß Leo Kotschagin soeben bei mir war?"
Bentoff nickte und entgegnete dumpf: