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Mannheim 1. Dez. Der Aurschuß de» Verband» der Metallindustriellen Baden», der Pfalz und der angrenzenden Jndustriebezirke, hat am 29. November einstimmig folgenden Be» schluß gefaßt: „Unsere Mitglieder in Mannheim, Ludwigrhafen und Frankental werden ihrer ge- samten Arbeiterschaft am 15. Dezember mit Wirkung ab 1. Januar 19(9 kündigen, sofern die Arbeit keim Strebewerk bi» zum 15. Dezember nicht wieder ausgenommen ist und zwar auf grund der von dem Metallindustriellen verband eingehend und gewissenhaft geprüften und als durchaus gerecht befundenen Arbeitsbedingungen."
Prag 1. Dez. Zur Grundsteinlegung der neuen deutschen Universität haben sich an hundert reichideutsche Studen- t e n gemeldet. Auch von der Tochter-Univerfiiät Leipzig war der Besuch de« R,k!vr» Binding und der Professor» Rabl argekündigt. Der Rektor der dortigen Universität erhielt nun heute Vormittag ein Telegramm de«Inhalt»: Deutsche- Konsulat widerrät Reise Prag entschieden. Wir verzichten schwer. Hoffmtlich tut die Regierung ihre Schuldigkeit. Gott schütze dis Deutschen.
Prag 1. Dez. Die Stadt bot den ganzen Nachmittag über ein aufgeregte« Bild. Zahlreiche Menschenmengen durchziehen die Straßen. Namentlich vor dem Cafö Continental, dem Sammelpunkt der deutschen Studenten, finden große Demonstratloien statt. Gegen 5 Uhr war der Graben von Tausenden von Menschen dicht gefüllt, dis unablässig hin- und H erzogen. Dar Cas6 war andauernd belagert. Gegen die Fenster wurden wiederholt Steine geworfen, die ober zurückprallten, worauf die Demonstranten behaupteten, daß au« den Fenstern Steine geschleudert würden, obwohl diese geschloffen waren. Eine g^oße Scheibe des Cafe Continental wurde zertrümmert. Um 6 Uhr erschien am Autgange der Grabens eine starke Abteilung Dragoner, die dis Räumung der Graben« vornahm. Hinter den Dragonern sperrte ein Gendarmeriekorpr den Graben ab. Kurz vorher hatte sich ein deutscher Coullur-Studer t auf den Graben gewagt. Ec wurde von der Menge umringt, die da« Abnehmen der Koppe verlangte Der Student brsard sich in großer Gefahr, da die Polizei zu schwach war, um ihn zu schützen Schließlich gelang r» ihm, sich in da« Casö Continental zu flüchten. Die Menge wollte ihm nachdrängen, worauf dis Türen des Casar geschloffen wurden. Unter Drohrufen zog die Menge ab. Auch in den Abendstunden durchzogen große Menschen messen die Straßen. — Wie die „Neue Freie Presse" meldet Hot der Statthalter die Verfügung getroffen, daß von nun an Ansammlungen auf den Straßen und da» Herumziehen von Demonstranten nicht mehr geduldet werden sollen, und daß durch In- dienststkllung starker Abteilungen der Sicherheit»-
wache und der Gendarmerie, nötigenfall» auch Militär«, Aulschreitungen von vornherein vorgebeugt wird. Es wurde zu diesem Zweck bereit« eine Anzahl von Gendarmen aus anderen Verwaltungsgebieten in Prag zusammengezogen. Die Regierung hat angeordnet, daß zur Unterdrückung der Ruhestörungen alle Machtmittel in aurgiebigster Weise angewandt werden sollen und überall mit größter Entschiedenheit für die Wiederherstellung der Ruhe gesorgt wird. Sollten die Vorkehrungen nicht sofort den beabsichtigten Erfolg hsrbeiführen, so stehen weitere schwerwiegende Maßnahmen unmittelbar bevor.
Part« 1. Dez. Dichter Nebel lagerte gestern über dem Stadtgebiet von Paris und hemmte den Verkehr. Der Straßenbahnbetrieb konnte nur mit Hilfe von Pechfackeln aufrecht- erhalten werden. Er ereigneten sich mehrere Unglückrfälle. Eine Person wurde von der Straßenbahn überfahren und getötet. Infolge eines Zugszusammenstoßcs bei Slvres wurden 5 Personen verfitzt. Bei Poissy verunglückte ein Hochzeittwagen. 4 Insassen sollen tot geblieben sein.
London I.Dez. Wie „Daily Chronlcle" aus Washington meldet, wurde Präsident Roosevslt gestern beim Ueberschreiten der Straße von einem Automobil erfaßt und nieder gerissen. Der Präsident kam jedoch mit einigen Quetschungen davon.
Vermischtes.
Instruktionen der Luftschiffer, abteilung an „Zeppelin I". Da« aus 25Mann bestehende Kommando der Laftschiffsrabteilung. davon Tegel rachFriedrichrhafen kommandiert wurde, erhält gegenwärtig, wie der „Inf." von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, seinen ersten Unterricht am entleerten Luftschiff. Der , Zeppelin I" wird zu diesem Zwecke abmonttert, nachdem das Waffe:stoffgas ausgelassen und nachdem die Ballonett« heranrge! ommen wo, den waren, und in Teils zerlegt. Die neue Mannschaft wird ihn zunächst unter Leitung von Zeppelins In- genisuren zusammensetzen und füllen, um diese — keine«weg« allzu leichte — Arbeit, die sachverständige Kenntnisse erfordert, eingehend kennen zu lernen. Bei den folgenden P obc- und Uebungr- führten werden von den 25 Mann stets 10 Mann abwechselnd als Besatzung tätig fein. Unter ihnen befinden sich daher gelernte Maschinisten und Bkobachtungrosfiziere. Sobald diese Luftschiffer, abteilung mit der gesamten Bedienung und Führung de» „Zeppelin" eingehend vertraut ist, wird das Luftschiff nebst seiner Mannschaft nach Metz verlegt werden.
— Zu der Mannheimer Wett- s chwindel-Nffaire geht der „Neck Ztg." von bestinformierter Seite nachstehende interessante
Detail« zu: „Dar Sporihau» Goldschmidt, Weihing L Cie. in Zürich erhielt an einem Sonntag Nach- mittag von dem Ml tzger meister Fr. Jmhof aus Mannheim, mit dem genannte Firma bisher direkte geschäftliche Beziehungen nicht unterhalten hatte, ein vor Rennbeginn aufgelieferte» Telegramm, worauf sich eine Nummer befand. Am nächsten Morgen traf ein Einschreibebrief ein, dessen Chargö- Nummer mit der am Tage vorher gedrahteten übereinstimmte. In diesem Briefe befand sich eir^ Check über 700 *6, welcher Betrag derart auf die Pferde, welche in den 3 ersten Rennen in Pari« gewonnen hatten, angelegt war, daß ein Gewinn von 5000 bis 6000 ^ erzielt wurde. Die Firma verweigerte vorläufig unter Hinweis auf ihre klargefaßten Wettbedingungen die Nur- Zahlung und retournierte den Check. Bis zur Klarstellung der Angelegenheit deponierte da« Sporihau« sofort die gesamte Gewinnsumme, um für alle Fälle den korrekten Standpunkt zu wahren, und man einigte sich, die Sache durch ein Schied», gericht unter dem Vorsitz dt s bekannten Professor« der Zürcher juristischen Fakultät Dr. Zürcher regeln zu kaffen. Währenddessen hat Imhof in nicht wiederzugebender Weise die Firma G. W., L Cie., die sich in den Spoetrkretssn eine» be- gründeten guten Ruft« erfreut, dirkreditiert und durch Zuschriften an die Behörden, an die Konkurrenzfirmen und an die maßgebenden Sport«, zeitungen (SportWelt Berlin), ihr erheblichen geschäftlichen und moralischen Schaden zugefügt. Schließlich hat er — wohl au« guten Gründen — er vorgezogen im Vergleich«wege sich mit einem ansehnlichen Teilbetrag zu begnügen, Ein Zufall hatnun der geschädigten Firma genügend?« Material in die Hand geliefert um eine Untersuchung zu beantragen. Der wahrhaft Schuldige sitzt nun hinter Schloß und Riegel und eine hohe Strafe erwartet ihn, da erschwerend neben der Gemein- heit des ganzen Vorgehens der Jmhof in Betracht kommen dürfte, daß gemeine Geldgier den wohlhabenden Mann zu dem Verbrechen getrieben.
(Eingesandt.)
Zur Vürgerausschutzrvahl.
Die gestern vom Bürger- md Volkr- verein veröffentlichten Wahlvorschläge lassen 3 erfreuliche Tatsachen feststellen. Einmal, daß es auch Heuer wieder gelungen ist, je 2 Namen zwischen den beiden Parteien auszutauschen, sodann daß auf dem Zettel des Volks Vereins erstmals ein Acbeitervertreter steht, um auch diesem in unserer Stadt zahlreichen Stand einen Sitz auf dem Rathaus zu v.rschaffen und endlich, daß der in beiden Kollegien unvertretenen Vorstadt mit 2 Namen gedacht ist. Möge die morgige Wahl zum Segen unserer Stadt ausfallen.
voranSstHMch« Sttterssß:
Zunächst noch keine wesentliche Aenderung.
Fürst Alexander hob den Kopf und sah sein Gegenüber durchdringend an.
„Sie find — verliebt, Sascha, und wollen es mir verschweigen."
„Wie kommen Sie daraus?'
Der Ton de« Prinzen wurde unsicher.
„Mein Gott! Gehört es nicht zu meinen Pflichten, olles zu wissen, was Sie angeht, Sie zu überwachen — in Ihrem eigensten Interesse — und — Sie zu warnen, wenn es notwendig ist? . ."
„Wovon sprechen Sie?"
Kotschagin nahm eine neue Zigarette, setzte ste ziemlich umständlich in Brand und entgegnete dann:
„Von Frau Ada Heimer .
Ein flüchtige« Erröten ging über das Gesicht de» Prinzen. Dann wandte er sich ab und sagte, weniger schroff al« zuvor:
„Und wenn dem wirklich so wäre . . wa« geht Sie da« an!'
„Nicht« — und doch auch wieder recht viel —" Kotschagin bewahrte durchaus seine Ruhe und Gelassenheit — „Durchlancht find un« noch immer den Bericht schuldig über die — Verwözrnsverhältniffe Heimer«, üb.r seine privaten Gewohnheiten und eine eventuelle Gelegenheit . ."
Alexander Bentoff wandte sich plötzlich um und entgegnete wieder schroff und in abweisendem Tone:
„Lassen Sie Heimer in Ruhe! Ich wünsche nicht, daß etwa» gegen ihn unternommen wird. Verstehen Sie: ich will er nicht. Sprechen wir von etwa« Anderem! ,
Wieder lächelte Kotschagin:
„Also Halts ich doch Recht ..." dann wurde er plötzlich ernst — „Sascha — Sie wissen, daß mir Ihr Wohl am Herzen liegt . ."
„Spaß!" der Prinz lachte kurz auf und fuhr in wegwerfendem Tone fort — „Sie haben allerding« allen Grund, besorgt zu sein, daß ich nicht — vor die Hunde gehe."
. . auch wenn Eie unliebenrwürdig gegen mich find, wie gerade
jetzt .
„Nun ja. Und war weiter? '
Kotschagin verzog den Mund.
O, — nicht« von Bedeutung. Aber . . denken Sie an Simson und Delila. .!'
„Welch ein abgeschmackter Vergleich!'
„Sagen Sie das nicht, Sascha. Sie sehen, wohin dis Liebe führt. Sie konzentrieren sich nicht mehr genug bet der Arbeit —" ein matttiöses Lächeln glitt über dis schmalen, aber ausdrucksvollen Lipprn des Sprecher« — „Eie begehen Unvorsichtigkeiten . ."
„Wer sagt Ihnen dar!" wieder brauste Bentoff auf — „wenn Sie von der dummen Geschichte von gestern abend sprechen, so erkläre ich Ihnen hiermit, daß ich vollkommen schuldlos daran war. Unter dem Vorwände, ein kleinere» Schmuckstück zu kaufen, habe ich mich — wohlgemerkt, in Ihrem Auftrags — in dem Erschüft umgesehen und war schon wieder im Begriff, den Laden zu verlassen, al« der Kriminalbeamte, den ich übrigen« sofort nach einem unserer Bilder wieder erkannte, etntrat. Ich Habs übrigen» trotzdem genau Umschau gehalten und bin bereit, Ihnen Zeichnung und Beschreibung zu liefern .
„Wozu?' Kotschagin gewann immer mehr die Oberhand — „Sie wissen sehr wohl, daß wir niemals zum zweiten Mals an einer Stelle „arbeiten", an der wir einmal Pech gehabt haben. Ich wünsche nur, Sie möchten den Gedanken an diese Frau Heimer aufgeben . . . ."
„Das ist meine Piivatsache und geht Euch nichts an. Außerdem ist ste verheiratet und ich selbst «erde über kurz oder lang Berlin verlassen."
Leo Kotschagin erhob sich und entgegnete plötzlich sehr bestimmt: „Da« werden Eie nicht tun, mein lieber Prinz!"
(Fortsetzung folgt.)