Amts- und Änzeigeblatt für den Gberamtsbrzirk Lalw. 83. r«P»>>,
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Mittwoch, de« 2. Dezember !908
Bezu»»pr. i. d. Ttadt '/^Lhrl.«. TrLgerl. Mk. 1.L5. Postbezug»?,! s. d.OrtS- u. Nachbarortroerl. '/^sthrl. Mt. 1L>, imJernverkeh» Mt. 1.S0. Bestell», in Württ. M Pf»., in Bayern u. Betch4L Ps».
TasesRerttsrettes.
T Hirsau 2. Dez. Am Montag abend hat Herr Landtagrabgeoldneier Staudenmeyer unter dem Vo.fitz von Herrn Schultheiß Majer im „Löwen" über die Verhandlungen der ab. gelaufenen Landtagsp.-riods 1907/08 Bericht erstattet. Seine 1^-stündigen, ebenso klaren wie sachlichen Ausführungen machten auf alle Anwesenden den besten Eindruck und fantun lebhaften Beifall. Außer dem Vorsitzenden sprachen noch dis Herren Oberst stsr Harsch und Sägwerk«, besttzer Wagner von der Deutschen Partei dem Herrn Abgeordneten mit warmen Worten Dank und Anerkennung aur für dis Art und Weise, wie er sein Mandat im Interesse de« ganzen Landes sowohl wie auch de« Bezirke« Calw aur- geüb: habe, und Mischten, er möchte darin fort- fahren. Nach einigen weiteren Aurführungsn de« Herrn R.fercnten wurde die Versammlung, der man einen etwaszahlreicherenBesuch hä tewünschen rvö^en, geschloffen.
-i- Wildberg 30. Nov. Unser Schloß, der Fürstenfltz im Nagoldtal, ging letzten Freitag durch Kurf in dis Hände de« seit vielen Jahren hier bekannten Kunstmaler« Weißhaar in Cannstatt über. Nachdem e« von 1822—1902 Sitz einer Forstamtr war, wurde es 1904 vm Architekt Sch itten Helm-Stuttgart gemietet behufr Unterbringung seiner Pcivatbauschule, die seither nicht bloß aur Württemberg, sondern auch au» Baden und dem Elsaß sich eines guten Besuchs e,f euts. Um ungehindert Rlumlichkeiten für die aufblühende Anstalt schaffen zu können, erwarb er es vorige« Jahr käuflich. Nun errichtet neuerdings der Staat sog. Bauhrndwerker« schulen und hat für dies nige in Hall, die nächster Jahr dort eröffnet werden wird, den Architekten Schtttenhelm als Lehrer berufen. Dadurch hö.t die Bauschule hier nach Schluß des Winterkurses auf zu existieren, war im Interesse unserer Geschäftswelt recht bedauert wird. Ob der neue Besitzer einen entsprechenden Ersatz hierher zu bringen beabsichtigt, ist noch unbestimmt. Wir
hoff n er. Durch die G ündimg der Handwsrker- schulen wäre dem Staat aufs neue Gelegenheit geboten, mit der Tat zu beweisen, daß er gewillt ist, unserer bedürftigen Stadt für all das im letzten Jahrhundert Genommene einigen Ersatz zu bieten, indem er die für den Schwarzwaldkreis bestimmte derartige Schule hier errichten würde.
Herrenberg 1. Dez. Auf dem heutigen Viehmarkt waren zugeführt: 139 St. Ochsen, 243 St. Kühe und Kalbinnen und 182 St. Jungvieh, was gegen den letzten Markt ein Mehr bedeutet bet den Ochsen von 49 St., bei den Kühen und Kalbinnen von 75 St., bei dem Jung- vieh von 14 St. Von den Händlern waren zugeführt 67 St., gegen letzten Markt 35 St. weniger. Der Verkauf ging ziemlich gut; begehrt waren besonders fette» und trächtiges Vieh. Die Preise gingen gegen den letzten Markt etwa« zurück. Erlöst wurde für ein Paar Ochsen 800—1350 «6, eine trächtige Kuh 270—400 eine Milchkuh 290—380 eine Schlachtkuh 250—350 eine Schaffkuh 270—315 eine Kalbin 330 bi« 450 ein Jangrind oder Stier 150 bis 280 — Auf dem Schweinemarkt waren
zugeführt: 380 St. Milchschwetne, Erlös pro Prar 30—40 210 St. Läuferschweine, Er-
lör pro Paar 45—96 Verkauf gut.
Stuttgart 28 Nov. Bet der vorläufigen Durchzählung der Erhebungrkarten b-i der gestern vorgenommenen Arbeitslosenzählung in Stuttgart hat sich ergeben, daß al« gänzlich arbeitslos sich im ganzen 922 männliche und 46 weibliche, im ganzen 968 P.-rsonen, als nur roch bei verkürzter Arbeitszeit Verdienst findend, sich 472 Personen und zwar 462 männliche und 10 weibliche bezeichneten. Als Ursache der Arbeitslosigkeit wurde angegeben: Krankheit in 108 Fäll m, Kündigung in 262, Streik oder Aursperrung in 3 und andere U fachen in 595 Fällen. Unter den sich Meldenden befinden sich mehrere hundert Personen, die hier in Arbeit stehen oder standen, aber nicht im Stadtbezirk wohnen, und «st in der letzten Zeit zugereiste.
Batersbronn 1. Dez. In Mitteltal ist gestern ein Bienenstand mit 28 Bienenkästen von bübischer Hand angezündet worden. Die Bienenkästen, die bevölkert waren, find nebst dem ganzen Stand verbrannt.
Sau lg au 30. Nov. Seit einiger Zeit herrscht in den Kreisen der hiesigen Einwohnerschaft ein heftiger Kampf um dar Licht; es handelt sich darum, neben dem elektrischen nun auch das billigere Ga« für Nutz, und Beleuch- tungszwecke in der hiesigen Stadt einzuführen. Garwerksdirektor Kleinfeld au« Reutlingen hielt gestern einen sehr stark besuchten Vortrag, in w'lchem der Nutzen und die Annehmlichkeiten einer Garversorgung in gründlicher Weise darge- legt wmden. Nach der Zahl der erfolgten Anmeldungen zu schließen (etwa 400), scheint das Ga« schließlich den Steg davonzutragen, namentlich wird da« Nutzgar viele Abnehmer finden.
Ulm 1. Dez. Ein schwerer Kampf ist zwischen dem hiesigen Rabattsparverein und dem Brauerverband aur gebrochen. Letz, terer hat kürzlich mit den Wirten eine Regelung über den Verkaufspreis von Bier getroffen, wobei ein Punkt der Vereinbarung das Verbot der Rabattgewährung auf Flaschenbier enthielt. Da eine groß; Zahl der Flafchenbierhändler de« Rabattsparverein angehört und satzung-gemäß fünf Prozent Rabatt auf Bier geben muß, andererseits die Wirte, die keinen Rabatt gewähren, geschädigt find , ist der Brauerverband an den Rabattsparverein mit dem Ersuchen hsrangetreten, Flaschenbier als rabattfreken Artikel zu «klären. Letzterer Verein hat indes dem Verlangen nicht entsprochen, sondern sich an die ringfreie Brauerei in Gerharden gewendet, um von dieser Bier geliefert zu erhalten, auf da« Rabatt gewährt werden darf. Brauerverband und Wirtrverein antworteten darauf mit dem gestern von einer großen Versammlung gefaßten Beschluß, dem Rabattsparverein zu einer endgiltigen Entscheidung roch drei Tage Zeit zu lass n, bei negativem Ergebnis aber über alle Geschäfts der Rabattsparvereins den Boykott zu verhängen.
Roman von Konrad Rewling.
(Fortsetzung.)
„Ist der volle Name genannt?' fragte Fürst Bentoff.
Kotschagin nickte und fuhr fort zu lesen:
„Der peinliche Vorfall spielte sich auf einem hiesigen Poliz;i-Rcv'.;r ab und wird für die sonst so tüchtige Kriminalpolizei eine neue L hre sein, in Zukunft etwa« vorsichtiger bei ih en Verhaftungen zu Werks zu gehen. Der russische Fürst, der — wie so viele seiner Landsleute — wegen der politischen Wirren in seinem Vaterlands seit längerer Zeit in Berlin seinen Wohnsitz grnommen hatte, wurde in einem Juweltergeschäft der Potsdamer- straße kurz« Hand verhaftet, da man in ihm einen seit längerer Zeit gesuchten Juwelendieb gefaßt zu haben glaubte. Mit der Gelassenheit des Aristokraten, der in seinem Vaterlands vielleicht an ähnliche Vorkommnisse gewöh t ist, zugleich aber auch mit der Ruhr des völlig unschuldigen Menschen, ließ der Prinz lächelnd das Mißgeschick über sich ergehen und hatte schon nach wenigen Stunden die Genugtuung, wieder entlassen zu werden, nach- dem man an durchaus einwandfreier Stelle Erkundigungen über ihn ein- gezogen hatte. Wenn man auch verständig«weise zugeben muß daß solche und ähnliche Jrclümer selbst bei der besten Kriminalpolizei Vorkommen können, so wäre es doch sehr zu wünschen, daß in Zukunft derlei Vorkommnisse nach Möglichkeit vermieden wnden, damit den Nurländern und Fremden,
die unserer Reichrhauptstadt als Gäste angehören, nicht unnötige Schwierig, ketten und Unannehmlichkeiten bereitet werden/
Kotschagin Halts zu Ende gelesen und schwieg, während Alexander Bentoff noch immer unwillig und mit hastigen Schritten da« Zimmer durchmaß
„Nun — und was ist die notwendig? Folge davon?' begann er endlich und blieb vor Kotschagin stehen.
„Daß DurSlaucht in Zukunft vorsichtiger sein müssen .
„Unsinn I Sparen Sie sich die Vorwürfe, mein lieber Kotschagin. Und vor allem: Lassen Sie die Ehrenbezeugungen weg, wenn wir unter uns find. Für Sie bin ich Sascha Bentoff und nicht« Andere«. Ich gebe gerade jetzt verdammt wenig aus den Fürstentitel, mit dem „Mütterchen Katharina" vor hundertundsünszig Jahren die Zärtlichkeiten irgend einer meiner Vorfahren belohnte, der bi« dahin bieder und — mehr oder weniger ehrlich von Schnaps und Kohlsupp; sein Dasein gefristet hatte."
„Gerade j tzt . . ?'
Kotschagin sah den Fürsten mit einem lauernden Blick an, wobei sich sein nicht unschöner Gesicht zu einem spöttischen Lächeln verzog.
„Nun ja. Ich werde Berlin vrrlaffsn müssen und irgend wo and«» unterkriechen. Ich habe meine Sicherheit hier verloren."
„Lediglich durch diesen — Zwischenfall? Leo Kotschagin lächelte noch immer — „Durchlaucht sollten wirklich ehrlicher gegen einen alten «gebmen Freund und Diener sein, wie ich es bin . ."
„War soll das heißen? '