282. Amts- und Änreigeblatt für den Gberamtsbezirk Calw. 83. Iihr-m.
Irlitztinungltai«; Montag, »t«n»taa, Mittwoch, i »oanorrtoa, Kroitag und Samstag. Ansertiontpreis i .» Asg. pro zülesür Stabt «. S,,irl»ort«; außer Bezirk 12 Psg. Z
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* Calw 1. Dez. Der landwirtschaftliche Verein hielt am gestrigen Andrearfeier- tag seine Generalversammlung irn Badischen Hof ab. Dgisrungrrat Voelter gab in seinem Rechenschaftsbericht eingehende Mitteilung über die Tätigkeit de» Vereins und beionte hiebei besonders die Fürsorge des Vereins für den Obstbau. Im Anschluß an die Besprechung über die im Herbst abgehaltene Obst- und G. slüzelaurstellung hielt der Vorstand einen interessanten Vortrag über die G schichte des Obstbaus tn Württemberg. Zu dem Defizit der Baumwärtervereinigung gibt der Verein sine Unterstützung von 100 zu dem de» GeflüzelzuchSv.-reinr eine solche von 50 Auf Veranlassung de« landwirtschrftl. Verein« war im Auftrag des Wkrtt. Obstbauvereins Garteninipektor Schells-Tübingen in der Versammlung anwesend, um die Verhandlungen über den Antrag auf Gründung einer Obstbau- Vereins mit praktischen Erfahrungen zu unterstützen und über Veredlung und V.ijitngung der Obst- bäume und die Bedeutung de« Obstbaus zu sprechen. Der Redner beherrschte sein Thema so vollständig und so überzeugend au« der Praxis heraus, daß ein späterer Redner äußerte, er habe noch nie einen so interessanten und packenden Vortrag über Obstbau gehört wie von Garteninspektor Schelle. Der Vortragende kam in seinen Ausführungen hauptsächlich auf den Unterschied zwischen dem früheren Betrieb des Obstbaus und dem heutigen rationellen Obstbau zu sprechen und sprach hiebei die Ansicht aus, daß der Produzent jetzt gezwungen sei in ganz anderer Art und Weise vmzugehen als seither und mit einem Wort Geld zu machen bestrebt sein müsse. Wenn der Obstbau nur nebenher betrieben werde, dann sei kein Erfolg für die Zukunft zu hoffen. In der Landwirtschaft stehe an erster Stelle Viehzucht und Futterbau, hierauf sofort Obstbau und erst an nächster Stelle Kornbau. Eine Verjüngung der Obstbäume sei nur da notwendig, wo es an der richtigen Pflege des Obstbau» gefehlt hat; ein gesunder, guter Baum bedürfe keiner Verjüngung, der Baumzüchter müsse
Dienstag, den 1. Dezember ?8V8.
möglichst verhüten, den Bäumen Wunden zu schlagen. Mit dem Verjüngen der Bäume solle da« Umpfropfen verbunden werden. Dabei sei zu beachten, daß da« Abwerfen nicht erst im Frühjahr sondern vom November bi« Januar vorgenommen werde. Wenn im Frühjahr gepfropft werde, trete eine Stockung des Saftes ein und der angerichtete Schaden stelle sich sicher ein, wenn auch erst in 5—10 Jahren. Im Frühjahr soll nur die aus- getrocknete Fläche noch geschnitten und dann gepfropft werden. Zu berücksichtigen sei ferner, daß auf schwachtriebtge Sorten keine starktriebkgen und auf spätblühende keine fcühblühsndsn gemacht werden. Der Schnitt der aurgetricbenen Reiser habe sich auf 2—4 Jahre zu erstrecken. Einen der wichtigsten Punkte der Obstbaus betreffe die Auswahl der Sorten. Hier gelte der Grundsatz: Nur solche Sorten aurwählen, die unbedingt ertragreich seien und sich auf wenige Sorten beschränken. Bei der Ausstellung der Baumwärtsr- Vereinigung seien viel zu viel Sorten vertreten gewesen, 10—12 Sorten feien vollständig genügend. Die Nachbarstaaten wie Oesterreich, Frankreich, Holland seien uns in dieser Hinsicht weit voraus. Wenn für den Handel gearbeitet werde, dann feien nur wenige Sorten zu kultivieren. Der Züchter solle sich aber nicht nur an Mostobst sondern hauptsächlich an Tafelobst halten, da« richtige Verhältnis betrage '/» Most« und V- Tafelobst. Da« württembergischs Obst sei das beste von allen Ländern und bei richtiger Pflege lassen stch aus dem Obst sehr hohe Preise erzielen. Redner gab hierauf Anleitung zur Behandlung de« Tafelobstes und besprach hierauf folgende Sorten: Goldparmäne, Landsberger Reinette, Rosenapfel, Parkers Pepping, Gravensteiner, Schöner v. Borkoop; Diel'« Butterbirne. Pastoren. Kirne, Gellsrts-, Philipps- und Hofcatrbirne, Esperens und Andenken an den Kongreß. Der Baumzüchter müsse Tafelobst wie Eier behandeln, es müsse ausgesuchtes, makelloser, ausgereifte« Obst fein. Unter den Formen des Obstbaums verdiene der Halbhochstamm den Vorzug, da er mindesten« 4 Jahre früher trage als der Hoch-
vuuzlpr. t. d. Stadt '/.jLhrl.m. LrLgerl. Mk. I.2S. PostbrzuLspr. f. d.OrtS- u. Nachbarorts»«,:!. -/NSHrl. Mk. ILV, tm Fernverkrh, Mk. 1.S0. Lestillg. tn württ. So Pfz., tn vayrrn u. «eich 12 Psz.
I stamm und gesünder zu erhalten sei, hauptsächlich
aber eine bessere Pflücke des Obstes gestatte. Nach weiteren sehr eindrucksvollen Ausführungen über da« Spritzen der Bäume und über Neuanlaqen besprach der Redner die Notwendigkeit und Organisation eines Beziakrobstbauvereins. An der Debatte über den gestellten Antrag beteiligten stch Regierungrrat Voelter, Präzeptor Bäuchle, Oekonom W. Dinglsr, Landtagsabgeordneter Staudsnmcyrr und Stadtschultheiß Müller-Neu- bulach. Die Gründung der neuen Verein» vollzog stch in glatter Weise'und er traten dem Verein sofort 60 Mitglieder bei. Der Verein erhält vom landwirtschaftlichen Verein einen jährlichen Beitrag von 100 ^ und von 37 Gemeinden je 5 Damit ist der neue Verein in den Stand gesetzt leistungsfähig zu werden und zu bleiben. Ein provisorische« Komitee, an dessen Spitze Privatier Schönlen senior steht, wird die vorbereitenden Geschäfts besorgen und sobald als möglich die Pflege de« Obstbau« in die Hand nehmen. Der Sekretär der landwirtschaftlichen Vereins, Obsramtspflsger Fechter, erstattete den Kassenbericht, aus dem wir entnehmen, daß der Verein über 1300 Mitglieder zählt und einen günstigen Stand aufweist. Der Vorsitzende nahm noch Veranlassung, die Anwesenden auf die nützlche Einrichtung der Kochkurs s hinzuweissn, Vogelschutz und Vogelfütterung zu empfehlen und zur Gewinnung neuer Mitglieder aufzufordern. Die Verteilung der Preisurkunden von der letzten staatlichen Bezükarkidviehschau bildete den letzten Punkt der Tagesordnung. Zum Schluß sprach Oekonom Dingler nachdem der Vorsitzende und Garteninspektor Schelle noch kräftig zum Eintritt in den Württ Obstbauverein eingeladsn hatte, dem Vorstand, Regierungsrat Voelter, den wohl- verdienten Dank für die umsichtige Führung de» Vereins aus.
Calw. (Egsst.) Eins interessante Berufs» statistik ihrer Einlegw gibt die Württ. Sparkasse in ihrem Jahresbericht pro 1907. Zu ihren Einlegern gehören 7461 Landwirte, 30194 landwirtschaftliche Arbeiter, 14464 selbständige
Ada.
Roman von Konrad Remling.
(Fortsetzung.)
Die Zweifel jedoch, die sie trotzdem aufs Höchsts beunruhigten, machten sie zugleich vorsichtiger uud nachgiebiger ihrem Manne gegenüber.
„Wenn Du wirklich glaubst —" entgegnete sie au« dieser Stimmung heraus — „daß die Kosten für unser gegenwärtiger Leben unsere Mittel übersteigen, so werden wir uns wohl dazu entschließen müssen, uns in Zukunft bescheidener einzurichten, unseren Verkehr einzuschränken ... ja so —" ste tat, als käme ihr erst jetzt wieder der Gedanke an Bentoff zum Bewußtsein — „glaubst Du wirklich, daß an der Geschichte mit dem Fürsten Bentoff etwas Wahre» ist?
Heimer zog die Schultern in die Höhe. Ihre Nachgiebigkeit erfreute ihn und er unterdrückte die verächtliche Bemerkung über den Fürsten, dis er bereit» zu Anfang der Unterredung hatte machen wollen.
„Wenn es wirklich wahr sein sollte, so wäre Bentoff jr nicht« Andere« als ein gemeiner Hochstapler, der uns und tausend andere an der Nase umhergeführt hat. Aber ich selbst kann mich nicht dazu entschließen es zu glauben. Es werden in der Tat bisweilen gerade an der Börse Gerüchte tn Umlauf gefitzt, die stch nachher als barer Unsinn, oder gar als ein schlechter Scherz irgend eines Spaßvogels Herausstellen. Wir wollen deshalb erst einmal ruhig abwarten, bi» die Wahrheit sich herausstellt —"er
trat plötzlich auf Ada zu, legte seinen Arm um ihre Schultern und fuhr in völlig verändertem zärtlichen Tone fort — „Ada ... nun haben wir uns zw.'cklor eine unerfreuliche halbe Siunde bereitet . . Sei mir nicht böse, wenn ich Dir ein paar heftige Worte gesagt habe, es stürmt gerade in letzter Zeit so vieles auf mich ein, daß ich wirklich nicht immer meine Selbstbeherrschung bewahren kann. Aber es soll ander« werden; ich verspreche es Dir . . ."
Er zog ihren Kopf an seine Brust und küßte ste.
Und Ada erwiderte diesen Kuß — gleichgültig und kühl, mit geschloffenen Augen, während ste dabei an den anderen dachte, für den sie fürchtete, weil ste ihn liebte.
Ja, ste dachte sogar einen Augenblick daran, daß ste zu dem anderen halten würde, selbst wenn er das Unglaubliche getan hätte.
Die Sorgen ihre» Manne« hatte ste wieder völlig vergessen.
13. Kapitel.
Zu derselben Stunde, tn der Otto Heimer mit seiner Frau über Gegenwart und Zukunft beriet, saß Fürst Alexander Bentoff in seinem geschmackvoll eingerichteten Wohnzimmer und blre» nachdenklich den Rauch einer stark parfümierten russischen Zigarette vor sich hin.
Prinz Sascha war in denkbar schlechtester Laune. Die gestrige Verhaftung hatte er lediglich seiner Ungeschicklichkeit zu verdanken; und wenn er ihm auch — dank seiner außerordentlichen Gewandtheit und der vorzüglichen Auskunft, die er sofort durch Kriminalbeamte bei einigen be