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Amts- und AMjgeblatt für den Oberamlsbezirk Äalw.

83. Jahrs«-.

Montag, vienttag, Mittwoch, Dronoiktog, Freitag und kamttag. JnsertionSprei« !> ißfx. ?i: Ziiie für ktadt u. Sezirkiorte; außer Bezirk 12 Psg.

Donnerstag» den 15. Oktober 1908.

BezuzSpr. i. d. ktadt'/^LHrl, ni. LrLgerl. Mk. 1.25. Postbezuglpr, f. d.OrtS- u. Nachbarort«»»!, '/«jährl. MI. I.2Q, im Fernverkehr Ml. I.SV. «-stell,, in WLrtt. W Pf, in «a,ern u. «eich «2 Pf,.

ragesnemzkkiteu.

Calw 14. Okt. (Viehmarkt.) Heutige Zufuhr 52 Ochsen. 94 Rinder. 79 Kühe. 68 Kalbeln, 56 Stück Schmalvieh, 4Farren, 8 Kälber; zusammen 361 Stück. Hievon wurden verkauft 22 Ochien, zu 7001050 ^ per Paar, 38 Rinder zu 150320 26 Kühe zu 240462

22 Kalbinnen zu 200400 21 Stück Schmal»

vteh zu 100210 8 Kälber zu 60100

Verkauf inkgesamt 137 Stück. Zufuhr zum Echweinemarkt 360 Milchschweine, 116 Läufer. Verkauf schleppend. Erlös für erstere 2545 für Zämer 40104 ^ p.r Paar.

Calw 15. Okt. Gestern abend zwischen 8 und 9 Uhr brannte in Altburg die Scheuer der Frau Jakob Weik Wwe. nieder. Als der Brandstiftung dringend verdächtig wurde der Schmied Jakob Stall noch in der Nacht um 2 Uhr verhaftet und hieher eingeliefert.

Stuttgart 14 Okt. Am Geburtsfest de: Königin wurden 700 Arme auf Rechnung t»er Stadtverwaltung gespeist.

Stuttgart 14. Okt. Gestern nacht 11V- Uhr ist in der Dachkammer eines Hauser der Wilhelmstraße ein Brand aurgebrochen, welcher durch die Fahrlässigkeit der Dienstmädchens entstand. Dasselbe stellte ein offener Kerzenlicht auf einen Wrschkorb neben ihr Bett und schlief ein. Dar Licht brannte herunter und ergriff Kleider und Bettstücke. Bei den Löscharbeiten zog sich dar Mädchen bedeutende Brandwunden zu und mußte, nachdem ihm auf der Hauptfeuerwache ein Not- verband angelegt worden war, ins Katharinen. Hospital gebracht werden. Ein Wächter der Nacht- wach» und Schließdienster, welcher dar Feuer von unten bemerkte, eilte in dar Haus und entfemte die Brandrests aur der Kammer, ohne Feuer zu melden.

Wangen-Stuttgart 14. Okt. Am Montag vormittag wurden drei hiesige ca. 12- jährige Schuljungen von einem Schutzmann in Untertürkheim angetroffen, als sie sich an- schickten, in ein Privaihans einzusteigen, um zu stehlen. Bei einem dieser hoffnungsvollen Jungen wurde gestern früh durch die Fahndungrpolizei eine Haussuchung abgehalten, deren Ergebnis war, daß seine drei Brüder im Alter von 1720 Jahren wegen Verdacht» des Diebstahls und der Hehlerei in Haft genommen wurden. Sie find im Laufe dieser Jahres mehrfach wegen Dieb­stahls bestraft worden. Gegen die Mutter» eine Witwe, besteht ebenfalls dringender Verdacht der Hehlerei. Ihre Festnahme steht ebenfalls bevor. Sie wurde von ihren eigenen Kindern schon schwer mißhandelt, damit sie über ihre Streiche still- schweige. Ein 16jährigerTaugenich.r, der sich schon mehrere Wochen bei der Familie eingenistet hatte, wurde mitverhaftet, da er gestern in der Gemeinde­kelter hier elektrische Glühlampen stahl und dann verschenkte.

Tübingen 14. Ott. Der Vorstand der psychiatrischen Klinik, Professor Gaupp, wurde zu einer kranken Dame nach Amerika berufen und reiste gestern nach Bremerhaven, um auf einem Schiff der Bremer Lloyd die Ueberfahrt zu machen.

Tübingen 14. Okt. Ausschreitungen ließen sich diese Nacht zwei Rekruten namenr Blank und Stark au« Dettingen zu schulden kommen, die gestern beim hiesigen Regiment ein- treten sollten, er aber vorzogen, den ganzen Tag mit einem Frauenzimmer draußen herumzuziehen und natürlich auch dem Alkohol wacker zuzusprechen. Jedenfalls wegen des Frauenzimmers, einer Näherin Berta Scheu aur Obertürkheim, gerieten die Burschen in Streit, währenddessen die Scheu von

einem der Rekruten in den Rücken gestochen wurde. Man brachte sie in die chirurgische Klinik, die Burschen aber wurden der Kasernenwache über­geben. Sie dürften den netten Anfang ihrer Militärzsit übel zu büßen haben. (Tüb. Ehr.)

Ellwang en 14. Okt. Da« Defizit, das bei dem Kriegerbundestag mitte Juni hier entstanden ist, beträgt bekanntlich 2100 Die Höhe dieser Summe ist erklärlich durch die Forderung von 700 die der Pächter des Feflzeltes al« Schadenersatz für ein bestellter und nicht ab­genommener Mittagessen erhoben hat. An da« Bunderprästdium wurde der Antrag auf Gewährung eine» Beitrage gestellt.

Friedrichrhafen 14.Okt. DerRegent der Herzogtum« Braunfchweig, HerzogJoh. Albrecht vonMecklenburg-Schwerin fuhr heute früh von Schloß Mainau nach Manzell, wo er vom Grafen Zeppelin empfangen und durch die Luftschiffwerftanlagen geführt wurde, die er eingehend besichtigte. Um */«12Uhr traf der Herzogregent am Schloßhafen von Friedrichrhafen in Begleitung von zwei Herren seiner Gefolge« und der ihm entgegengesandten Generaladjutanten, Generals der Infanterie v. Bllfinger, mit der Kgl. JachtKondwiramur" ein, wo er vom König herzlich begrüßt wurde. Weiter waren zum Empfange erschienen der Oberstkammerherr Frhr. v. Neurath, der Oberstallmeister Frhr. Geyer v. Schweppenburg. der Kabinetrchef Frhr. v. Soden und Flügeladjutant Hauptmann Dörtenbach. Im Schlöffe wurde der Herzogregent von der Königin empfangen, die kurz nach 11 Uhr von Ratiboritz wieder hier eingetroffen und am Bahnhof vom König begrüßt worden war.

Pforzheim 14. Okt. In Birkenfeld ist heute dar Haus und die Scheuer der Witwe

Ada.

Roman von Konrad Remling.

(Fortsetzung.)

Zärtlich, gleichsam liebkosend, fuhr Ada mit der Rechten über den weichen welligen Scheitel.

..Sie sind wohl ein Kirchen müde, Fräulein?" fragte in diesem Augenblick der Diener mit einem breiten, halb ironischen, halb mitleidigen Läschelnna, lassen ste nur. da» gibt sich mit der Zeit. Kommen sie 'mal mit 'runter in den Speisesaal; da könne« Sie sich ein Weilchen ausruhen."

Nun saß ste in dem mäßig großer: Raume de« Kellergeschosses, in dem die Angestellten den Nachmittagskaffee einzunehmen pflegten und wenn Hochsaison war im Frühjahr, im Herbst und um die Weihnachtr- zeit auch da« Mittagmahl, auf Kosten der Geschäft«. Dar aller hatte ihr noch der Diener erklärt, während sie sich an einem der langen, ungedeckten Tische niedergelassen hatte und den spärlich erleuchteten, nüchternen Raum betrachtete.

Bald darauf erschien ein zweiter Diener, der ste zu ihrem Chef führte. Hier mußte Ada ihren Namen nennen, eine längere Auseinandersetzung Wer ihre Pflichten und Obliegenheiten angehören, und durfte endlich hinter einen der Ladentische treten, um sich zunächst mit ihren Kolleginnen bekannt zu machen.

.Die Neue ... die Neue ..." hörte sie wiederholt flüstern, und dann schwirrten Namen vor thron Ohren, die ihr eine der jüngeren Ver­käuferinnen nannte: Fräulein Werner, drüben, die große ... die kleine Lilly, Mieze, Friedel und Cleo de Mörode . .

ClLo de . . fragte Ada verständnislos.

Ja doch. Die mit dem kastanienbraunen Haar, dar ste über die Schläfen gekämmt hat. Ich sage Ihnen, da« ist eine!"

Heißt ste denn wirklich . . .?"

Ach Unsinn!" Nur wegen der Haarfrisur. Sie wissen doch, wer Clso de MSrode ist?"

Nein."

War? Sind Sie denn noch nie im Wintergarten gewesen?"

Nein."

Na, hören Sie mal! Dann haben Sie wohl auch noch kein Verhältnis?"

Verhältnis ... mit wem?"

Ach, tun Sie doch nicht so! Irgend so einen anständigen, netten Menschen, der mit einem ausgeht, ins Theater oder auch mal in« Konzert. Hier haben fast alle einen. Drüben,Manzanares" die hat sogar einen Leutnant. . . >"

.Manzanares .... wer ist denn dar?"

Ada wurde immer verwirrter.

Die Erzählerin aber kicherte belustigt und summte ganz leise:

Die rotgoldene Flut ihrer Haare« . . . ."

Ach so . . .

Ada nickte. Sie fing an zu begreifen.

Plötzlich ging eine Bewegung durch die Reihen der Verkäuferinnen, die bis dahin, einzeln und in Gruppen, ziemlich müßig umhergestanden hatten.

Achtung!" raunte man sich zuder Chef mit der Herzogin!"

Eine äußerst elegant gekleidete Dame rauschte an ihnen vorüber in Begleitung der Chef«, der einen tadellosen Straßenanzug trug, Lackschuhe und funkelnde Brillanten an der linken Hand.

Dar also ist die Herzogin dachte Ada und neben ihr der Chef,