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Amts- und Kn;eigMM für den Gberamlsbezirk Lalw. 8Z.
Sr!q»inunrrtage: Montax. »i-nltag, MittwoH. B,»n«r»tag. ffreitag und Samttaz. Jnsertiontprel« -- Wsg. pro geile für Stadt u. »ezirttorte; außer Bezirk ir Pf,.
Montag, Sen 12. Oktober 1908.
LezuzSpr. I. d. ktadt '/.jährl. m. Lrügerl. Mk. 1.L5. Dostbezuglpr.
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Mk. 1.30. «-stell,, in Württ.
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Tagesrrerriskeite».
* Calw 11. Okt. Die Junggeflügelausstellung des Bezirksverein« für Geflügelzucht und Vogelschutz Calw, zugleich III Gauaurstellung der Ge- flügelzuchtvereine de« mittleren Schwarz- waldgauer, und die Obstaurstellung der Baumwärtervereinigung Bezirk Calw wurde heute vormittag in der Turnhalle durch das EhrenaursLußmitglied Reg.-Rat Voelter, durch den Vorsitzenden des Ausstellungrkomitees, Kail Störr, und durch den Vorstand der Geflügelzuchtvereine des mittleren Schwarzwaldgauer, Uber au« Freudenstadt, mit Ansprachen eröffnet. Reg.-Rat Voelter gab einen gerichtlichen Rückblick über die Entstehung der Geflügelzucht- und Obstbauvereine, hob die Wichtigkeit dieser Vereine kür dar Erwerbsleben hervor und verbreitete sich sodann über den Stand der Obstbaues im Bezirk Lalw. Den Ausführungen entnehmen wir folgende interessante Angaben. Der Verein für Geflügelzucht wurde im Jahr 1898 gegründet und zählt gegenwärtig 80 Mitglieder. Er bemüht sich, die Nutzgeflügelzucht zu pflegen und seine Mitglieder durch Anschaffung schöner Nutztiere, durch unentgeltliche Abgabe von Brureisrn und Verlosung schöner Zuchttiere zu unterstützen. In diesem Frühjahr hat er nicht weniger als 1500 Bruteier abgegeben und betrogen die Ausgaben bis zu 100 ^ jeder Jahr. Infolge Einführung der Nutzgeflügelzucht hat sich die Zahl der Hühner vermehrt. Im Oberamt Calw belief sich die Zahl der Hühner im Jahr 1873 auf 20613 Stück, die der Gänse auf 2552 und die der Enten auf 1054 Stück; im Jahr 1907 zählte man 41074 Hühner, 1339 Gänse und 1398 Enten. Die Gänsehaltung ist also im Bezirk Calw in steter Abnahme begriffen, während sie sonst im Lande verhältnismäßig zugenommen hat. Da
gegen hält der Calwer Bezirk hinsichtlich der Hühnerzucht mit der allgemeinen Zunahme guten Schritt. Auf 100 Einwohner kommen Hühner im Landesdurchschnitt 125, im Calwer Bezirk 158. Unter den einzelnen Gebietsteilen im deutschen Reichs nimmt Württemberg hinsichtlich der Anzahl Hühner die 8. Stelle, der Enten die 3. und der Gänse die 8. Stelle ein, während Bayern nach Verhältnis des gesamten Geflügelbestandes die 1. Stelle einnimmt. Trotz de» Aufschwungs der Geflügelzucht ist dieselbe nicht im Stande, den einheimischen Bedars an Geflügeln und Eiern zu decken. Außer den enormen Mengen von Eiern, welche alljährlich insbesondere aus Italien zu uns kommen, wird auch Geflügel in großer Anzahl bei uns eingeführt. Im Jahr 1906 wurden 265000 Stück Giflügel nach Württemberg ein- geführt. Ein Zurückürängen der Einfuhr und eine wettere Ausdehnung der Geflügelhaltung wäre sehr zu wünschen, da der Wert des eingeführten Geflügels und der Eier in ganz Deutschland jedes Jahr aus über 100 Millionen berechnet wird.
Der Gefiügelzuchtverein betreibt auch den Vogelschutz und hat für Anbringung von Nistkästen und Fütterung der Vögel im Winter schon beträchtliche Aufwendungen gemacht.
Die Obstaurstellung wird veranstaltet von der Baumwärtervereinigung des Bezirks, welche im Jahr 1904 gegründet wurde, 23 Mitglieder zählt und bestrebt ist den Obstbau in jeder Hinsicht zu fördern und musterhafte Baumanlagen auszuführen. Dis Zahl der Obst- bäuws betrug im Jahr 1907 im Bezirk Calw 61353 Apfelbäume. 33929 Birnbäume, 28523 Pflaumen, und Zwetschgevbäume und 4136 Kirschbäume, zusammen 127 941 Bäume. Der Ertrag im Jahr 1907 mag sich belaufen haben im Bezirk Calw 18260 Ztr. Aepfel (Geldwert 115000 ^t), 8100 Ztr. Birnen (Geldwert 43 900 ^), 1500
Ztr. Zwetschgen (Geldwert 8850 und 920
Ztr. Kirschen (Geldwert 7700 Geldwert
zusammen 175850 Eingeführt wurden aber in Württemberg 1981000 Ztr. ä 6 ^ — 12 Mill. Mark. Diese kolossale Summe floß in das Aus- land; es wäre also noch reichlich Gelegenheit für lohnenden Obstbau in Württemberg vorhanden.
Der Ertrag im Jahre 1908 im Bezirk Calw dürfte zu schätzen sein auf 72000 Ztr. Aepfel, 32400 Ztr. Birnen, 3000 Ztr. Zwetschgen und 450 Ztr. Kuschen, zus. 107850 Ztr. Obst. Geldwert hiefür 216000 ^ -s- 64800 -s-
9000 ^ -I- 9000 zus. 298800 Mark.
Die Geflügelzuchtausstellung wurde von 100 Ausstellern mit 420 Stück, vie Obst, aurstellung von 46 Ausstellern mit 950 Tellern beschickt.
Beide Vereine haben sich alle Mühe gegeben» die Ausstellung so schön und so reichhaltig als möglich zu gestalten, sie haben auch keine Kosten gescheut, um eine hübsche Anordnung und eine geschmackvolle Ausschmückung zu schaffen; sie waren bestrebt, die Besucher durch hervorragende Original- tiere der verschiedensten Raffen, sowie durch den Anblick und den Dust prächtiger, edler Früchte zu erfreuen, auch die Aussteller durch nicht zu verachtende Preise für ihre Leistungen auszuzeichnen.
Bei der Geflügelzuchtausstellung fungierten als Preisrichter C. Wünsch-Ludwigrburg und Gottl. Krauß-Cannstatt. Ausgestellt waren Hühner. Wassergeflügel, Tauben, ausgestopfte Tiere, Geräte und Futtermittel. Die Ausstellungstiere waren größtenteils sehr schön, wahre Prachtexemplare und von tadellosen Formen. Dar Preis- gericht konnte daher eine große Zahl von Preisen vergeben. Die Prämierung hatte folgendes Ergebnis:
I. Ehrenpreise wurden an folgende Mitglieder des Gauverbands vergeben:
Das Haus am Rhein.
Roman von Anny Wothe.
(Fortsetzung.)
Drei liebliche Töchter waren uns geboren worden. Ich liebte die Kleinen über Alles, aber ihre Mutter, die ich einst vergötterte, fing ich an zu fürchten und zu Haffen. Meine Augen, die nicht mehr durch Leidenschaft verdunkelt waren, sahen, daß ich ein Götzenbild angebetet. Ich erkannte immer mehr und mehr, daß das Weib, dar ich heimgeführt, nichts war als eine Betrügerin» deren einziger Zweck war, Gold zu erringen, die für Gold sich, ihre Seele, ihren Mann und ihre Kinder verkaufte.
Ich sah das entsetzliche Treiben meines Weibes, sah, wie sie die Armen und Kranken betrog und belog und wie sie er verstand, sich mit dem Heiligenschein der Wohltätigkeit zu umgeben.
Ich versuchte ihrem Treiben Einhalt zu tun, aber ich hatte vergessen, welch' furchtbare Waffe dieses Weib gegen mich besaß. Sie drohte, bei der geringsten Einmischung meinerseits, mich als Mörder Eberts anzugeben und ich schwieg und ließ sie gewähren. Sie werden mich vielleicht einen Feig- ling schelten, aber ich dachte dabei nicht an mich, sondern an meine drei unschuldigen Kinder. Eie sollten und durften nie erfahren, daß ihre Mutter eine Elende und ihr Vater ein Mörder war. Unsagbar habe ich all die langen Jahre gelitten. Sühnen wollte ich meine Schuld und da ich es nicht konnte, indem ich meine Sünde bekannte, versagte ich mir selbst jede Lebensfreude. Ich verbannte meine Kinder von meinem Herzen, meine Kinder, an denen mein fast gebrochene« Herz mit jeder Faser hing. Ich fühlte, ich verdiente es nicht, ihre Liebe zu genießen. Ost schlich ich des Nacht» wie ein Dieb an ihre Bettchen, um sie ungestört im Schlafe am'ehen zu können, well ich es, wenn sie erwachten, nicht durfte. Die ersten Jahre
namentlich waren unsagbar schwer. Unzählige male streckten sich die kleinen Kinderhände nach mir aus, mußte ich süße Lieberlaute von den Kleinen hören und doch kalt vorübergehen. Dann lernten mich die Kleinen fürchten und mir ausweichen — er schmerzte wohl, aber es war doch noch eher zu ertragen, als dar süße Lallen, das frohe Jauchzen meiner Kleinen, das mir ins Herz schnitt. Nur eins erflehte ich von Gotte« Güte Tag und Nacht: daß meine Mädchen nicht wie ihre Mutter werden möchten. Und Gott hat das tägliche, stündliche Gebet einer gebrochenen Mannes erhört, rein, uncntwstht sind die holden Mädchenblüten geblieben bis" hier brach Gleichen- burgr Stimme, „bis jetzt, wo die schönste, süßeste durch die eigne Mutter zu Grunde ging."
„Ich bin Ihnen noch eine Erklärung über da« Zimmer schuldig," fuhr der Rittmeister fort, „in dem Renate verunglückte. Als ich dieses alte Hau« übernahm, fand ich unter den Aufzeichnungen meine» Großvater« eine schriftliche Mitteilung über dieses Zimmer und da» eigen konstruierte Bett, dar vor Jahrhunderten in Kciegrzeiten hier in Benutzung gewesen sein soll. Mein Großvater hatte die Mechanik, die verrostet war, wieder in Stand fetzen lassen, um, wie er sagte, im Fall eines Kriege«, sich unliebsamer Feinde entledigen zu können. Er riet mir in seinem letzten Willen diese» Mordinstrument in meinem Hause zu erhalten. Mir graute davor und ich bestand darauf, daß dar Zimmer vermauert werden sollte, allein, Helene wußte mich in schlauer Weise immer wieder davon abzubringon, und zuletzt habe ich da» Zimmer vergessen, bi« es mir heute in so schrecklicher Weise in'« Gedächtnis kam."
Wieder atmete Gleichenburg tief auf, während seine Gattin wie ein Steinbild am Boden kniete. „So meine Herren,- sagte er zu den Männern gewandt, „da haben Sie meine Beichte, — ich konnte nicht ander«, es mußte einmal vom Herzen herunter. Verdammen sie mich nicht, wenn ich von jetzt an den dunklen Weg gehen muß, der meinen Kindern nur Schande