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Freudenstadt 9. Okt. Ein Bürgerrsohn au« Hochdorf hiesigen Bezirk«, der gestern wieder in eine Lehrerbildungsanstalt in Nagold eintreten sollte, riß au« und teilte seinen Eltern mit, daß er sich mit dem ihm anvertrauten Kost, geld auf der Fahrt nach Süden befinde.

Schloß Lichtenstein 9. Okt. Am kommenden Sonntag abend wird von einer Tübinger Studentenverbindung da« Schloß Lichtenstein beleuchtet. E« wird die« bei der herrlichen Lage de» Schlößchen« ein selten schönes Schauspiel darstellen.

Göppingen 9. Okt. Auf der Straße von Ebsrsbach nach Reichenbach ereignete sich gestern nachmittag ein schwerer Automobil» Unfall. Kronenwirt Krapf von Baiereck wurde von einem Automobil überfahren und lebensgefährlich verletzt. Vom gleichen Auto» mobil soll ein weiterer Mann verletzt worden sein.

G erabronn 9. Okt. Eine merkwürdige Kartoffel erntete Kaufmann Lehner in Gagg» stadt. Auf dem Acker wurde ein verloren ge­gangener Schlüffe! eir geackert. Der Zufall wollte e« nun, daß gerade in dem Griff des Schlüffe!« eine Kartoffel aufging und sich nach beiden Setten gut entwickelte, «ährend in der Mitte der Schlüffe! fest eingeklemmt wurde. Durch die Kartoffel wurde nun auch der Schlüffe! wiedergefunden.

Heilbronn 9. Okt. Die Lohndifse» renzen, die zwiscken der Fabrikleitung der Firma Bruckmann L Söhne und den Polier» Mädchen bestanden haben, find rasch beigelegt worden. Die Firma gewährte eine Erhöhung der Akkordlöhne von 10°/« mit sofortiger Giltig­keit. Mit dem Beginn des nächsten Jahre« soll außerdem ein neuer Lohntarif in Kraft treten.

Hall 9. Okt. (Schafmarkt.) Zugetrieben 1497 Stück, verkauft wurden 387 Stück. Umsatz 8596. Die Preise bewegten sich für Lämmer zwischen 30 und 46 »4t, Jährlinge galten 49 bi« 57 »4t und Hämmel 67 »4t. (Obstmarkt.) Für Mostobst wurde gestern bezahlt »40 23.20 per Zentner.

Friedrichshafen 9. Okt. Der König ist gestern nachmittag nach Ratiboritz zum Besuche der dort weilenden Königin und zur Begehung ihre« Geburtstage- abgereist. Er kehrt am Montag mittag um 1 Uhr hieher zurück, worauf er um 4 Uhr, wie bereit« gemeldet, den Prinzen Heinrich empfangen wird. Prinz Heinrich reist am Diens­tag wieder ab.

Friedrichshafen 9. Okt. Da« Zeppelin- sche Luftschiff 2 I wird kaum vor dem 18. Oktober seine neuen Probefahrten beginnen, obwohl Prinz Heinrich von Preußen bereit« am 12. zu mehrtägigem Besuche im Kgl. Schloß Friedrichs- Hafen eintrifft und auch der Regent von Braun­schweig bereits am 14. dort seinen Antrittsbesuch machen wird. Man wird daher diese beiden Besuche nicht mit den Aufstiegen in Verbindung zu bringen haben.

AurBaden9. Okt. Gestern nacht wurde in Pforzheim ein großer Einbruch in der Bijouteriefabrik von Augenstein bei der Stadt- postfiliale verübt. Die Diebe ließen sich an­scheinend in« Hau« etnschließen und versuchten, den Kaffenschrank zu erbrechen» der ihnen jedoch widerstand. Dagegen stahlen sie in Pulten usw., die sie erbrachen, Goldwaren und etwa« Geld, zusammen im Werte von ca. 2000 »4i, darunter eine 150 Jahre alle wertvolle Taschenuhr, ein Familienstück. Den Spuren nach waren es 3 bi« 6 Täter. Es müssen gefährliche Gesellen gewesen sein, denn sie drehten nachher die Gas- Hähne auf und versuchten so eine Gasexplosion herbeizuführen, wa« ihnen aber nicht gelang. Die Einbrecher find noch nicht bekannt.

Dom bayerischen Ries 6. Okt. Die Höhlen bei dem Weiler Holheim (bei der Stadt Rördlingrn) sind seit Jahren von Geologen sehr häufig ausgesucht, besonders rahm Prof. Dr. v. Fraas-Stuttgart Nachgrabungen vor und machte an prähistorischen Werkzeugen, Schmuckgegenständen und Tier krochen ziemlich reiche Beute. In vor- ktzer Woche fanden nun neue Ausgrabungen statt durch Dr. Schmidt-Tübingen. Et wurden gegen zehn Menschrr.schädkl gesunden, welche auf einer kleinen Fläche dicht neben einander liegen. Die

Schädel, deren Zähne noch gut erhalten find, werden in Tübingen gemessen, um da« genaue Zeitalter und die Raffe ihrer Träger festzustellen.

Zürich 7. Okt. In den höheren alpinen Regionen herrscht andauernd wahre« Pracht- weiter. Die Temperatur geht auch in der Nacht in der Höhe von 1800 bi« 2000 Meter kaum unter sieben bis acht Grad über Null. So meldet der Beobachter auf Rigi-Kulm heute früh bei Sonnenaufgang eine Temperatur von neun Grad über Null; Pilatus acht Grad über Null und sogar der Säntis registriert in der Morgen­frühe 4- 5 Grad Celsius. Auch das letzte Restchsn Schnee ist weggeschmolzen. Jenseits der Alpen ist die Wetterlage ebenfalls noch günstig und es werden von dort anhaltend hohe sommerliche Stände gemeldet.

Petersburg 9. Okt. Da« Zarenpaar trifft am 20. Oktober wieder in Peterhof ein.

Konstantinopel 9. Okt. Hier zirku­lieren Gerüchte, daß der Sultan abdanken will oder bereits obgedankt haben soll. Nach einer anderen Version soll das jungtürkische Komitee auf geheime Jntriguen der Sultans ge­kommen sein und deshalb die Entthronung des Sultans beschlossen haben.

Konstantinopel 9. Okt. Die Stellung des leitenden Komitees in Saloniki, das aus 4 Zivilisten und zwei Militärs besteht, zu der gegen­wärtigen Lage wird dadurch gekennzeichnet, daß sein jetziger Aufenthalt vollkommen geheim ge­halten wird. Man befürchtet ein gewalt­tätige» Vorgehen reaktionärer Fana­tiker gegen die Erweiterung der Reformbewegung. Die Spaltung innerhalb des weiteren Komitees, die seit einiger Zeit bereits beskht, ist durch die Unentschiedenheit seiner Haltung während der letzten Tage bedeutend vertieft. Auch unter den 6 Mitgliedern des Zentral-Komitees scheint nicht mehr volle Einigkeit zn herrschen, da der Organisator des Komitees aus der Zentralleitung ausgeschieden zu sein scheint. In Stambul war vorgestern und gestern ein Abschwrnken einer großen Teils der Mitläufer des jungtürkischen Komitees zu bemerken. Der Anschluß Kretas an Griechenland hat immenses Aufsehen erregt. Man befürchtet, daß nunmehr auch der Abfall von Samo» zur Tatsache wird. Von der rusiisch-kleinasiatischen Grenze «erden russische Truppen.Bewe- gungen gemeldet. Gestern Nacht dauerten die Demonstration«. Umzüge fort. Der Kommandant de» 3. Korp» telegraphiert, daß Montenegro an der Grenze Truppen konzentriere. Gestern soll ein Bomben-Attentat stattgefunden hoben.

Wo dleldt dito §«M Schiedsgericht?

Kaiser Nikolaus II von Rußland ver- anlaßte den Zusammentritt der vom 16. Mai bis 29. Juli 1899 im Haag tagenden inter­nationalen Friedens-Konferenz. An derselben nahmen die Vertreter folgender 26 Staaten teil:

Belgien, Bulgarien, China, Dänemark, da« De utsche Reich, England, Fra nkeich, G r i e ch e n - land, Italien, Japan, Luxemburg, Montenegro, die Niederlande, Oester reich-Ungarn, Persien, Portugal,Rumänien, Rußland.Schweden Norwegen, die Schweiz, Serbien. Siam. Tvanien, die Türkei, die Vereinigten Staaten von Amerika und Mexiko.

Nach Schluß der Sitzungen wurde ein ständiger Schiedsgerichtshos im Haag eingesetzt und für denselben ein prächtiger Palast gebaut. Wie viel Druckerschwärze wurde s. Zt. verbraucht, um denFriedenszaren" Nikolaus und das Haager Schiedsgericht in festlichen Leitartikeln zu verherrlichen. Aber stehe als in den Jahren 1904 und 1905 derFrirder.rzar" von Japan überfallen und in einen langwierigen blutigen Krieg verwickelt wurde da schwiegen im Haag alle Frieder,sschalmeien! Weder beim Ausbruch de« Krieges, noch im Verlauf, noch am Schluß desselben gab dar Schiedsgericht ein L«ben«;eichen von sich.

Und nun wird in unseren Tagen der alt- ehrwürdige Berliner Vertrag- ein Meister­stück der Staattkunst des Fürsten Bismarck, von Bulgarien, Oesterreich-Ungarn und

Griechenland wie ein verbrauchtes Stück Löschpapier zerrissen; wo bleibt der Haager Schiedsgerichtshos? Weder der geschädigten Türkei, noch den mitten im Frieden türkische« Gebiet an sich reißenden Staaten kommt der Gedanke, im Friedenrpalast der holländischen Re­sidenz Schutz für ihr Recht zu suchen, oder ihre Gewalttat zu rechtfertigen. Wie gerüchtweise verlautet, will Kaiser Nikolaus eingreifen; aber auch er wendet sich nicht an da« Haager Schiedsgericht, sondern er denkt ebenfalls an eine neue Konferenz der Großmächte in Petersburg.

Beschämender hätte die Ohnmacht dieser Zarenschöpfung der Welt nicht vor Augen geführt werden können!

Wehe dem Volk, dar im Kampf um seine Ehre oder um Land und Leute aus papierene Verträge angewiesen ist.Wir tragen da« Recht auf der Spitze des Schwerts!" dieser waffen­klirrende Grundsatz gilt auch heute noch im Völker­leben und wird noch recht lange seine Geltung behalten.

Daß auch der greise Kaiser Franz Joseph unter denen ist, welche den Frieden Europa« stören, vertieft den Eindruck der Zerreißung de» Berliner Vertrag«. Was wunder, wenn auch dis Franzosen versucht find, die Beschlüsse der Kon­ferenz von Algeciras nur nach ihrem Papier­wert zu beurteilen? Und wird ihnen der Frank­furter Friedensvertrag heiliger sein, so bald ste die Kraft fühlen und die paffende Ge­legenheit finden an Deutschland Rache zu nehmen?

Ob nun das- Gewitter imWetterwirkel" Europa« in tobendem Krieg zum Ausbruch kommt, oder ob er den Staatsmännern Europa« gelingt, den Frieden zu erhalten: der Wert de« Schiedr- gerichtrhofr im Haag und aller pa­pierenen Verträge ist im Kur« noch viel tiefer gefallen, alr er schon seither stand! Wie vom Donner betäubt stehen die Friedensfreunde: wo sind jetzt ihre Versammlungen mit den wortreichen und wohlklingenden Reso­lutionen? Wo ist Berta Suttner und ihr männ­licher Gtneralstab?

War lernen wir daraus? Daß Deutsch­land wohl daran tut, seine Wehrmacht zu Wasser und zu Land stark und kampfbereit zu halten, drängt sich hcffentlich auch den begeisterten Frieden«- freunden aus. So können wir ruhig dem Streit der andern zusehen und brauchen nicht die Knochen eine» pommerschen Grenadiers auf« Spiel zu setzen. Kaiser Wilhelm wird sich nicht in die Balkanhändel mischen. Wollten uns aber andere hineirziehen, so kann er abermals kraft- urd selbstbewußt sagen:Sie sollen uns nur kommen!" (Deutsche Reichspost)

Vermischte-.

Ton der indischen Ueberschwemmung» Nach den letzten Berichten aus Haiderabad, wird die Zahl der Ertrunkenen auf 50000 geschätzt. Allmählich wird eine Art Ordnung geschaffen. Die Leichen werden beerdigt oder verbrannt und die Brücken mit größter Gesckwindigkeit repariert. Alle Beamten, selbst der Minister, legen mit Hand an bei der Wieder­herstellung der Eisenbahn. Die Berwada Sektion der Bahn ist immer noch in Unordnung, und « erhält sich dar unheimliche Gerücht, daß die Stadt Berwada einen schweren Unfall erlitten Habs, indem der Fluß Kristna von den Fluten, die von Haiderabad kamen, schwoll und die Stadt zerstörte. Eine der ersten Folgen des Unglück« von Haide­rabad war eine Art von Entvölkerung von Sccunderabad. Die dortigen Angestellten eilten aus Läden und Bureau», die Arbeit im Stiche lassend, weg, um dort nach Verwandten zu suchen. Europäer kommen der Unglückrstklle wegen de« meilenweit wahrzunehmenden Verwesungsgerüche« nur selten noch nahe.

Ueber ein von Löwen belagerte» Dorf berichtet man dem Berl. Lok.-Anz.: Die Umgebung von Kandokanda im Kongostaat wird seit einiger Zeit von Löwen beunruhigt die Furcht und Schrecken verbreiten. Einige Ortschaften, darunter Mutombo-Kaunki, einige Meilen von Kandokanda, sind von ihren Bewohnern verlassen worden. Die Brüder vom Orden des