Kurts-- und KnzeigeAatt für den Oberamtsbezirk Calw. 83. Irtzrsm
4^-
»Sixr«L'^-h
IWUWM
ȟLL
'MM L'l.^
sf -
Nrscheinung<tage: Montag, Dienstag, Mittwoch, 'AsrrnerStaa, Freitag und SamStag. KnserttonSpreiS Vfg. yro Zülefür Ltadt u. VezirkSorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Dienstag, öen 6. Oktober 1S08.
BezugSpr. t.d. Ltadt^ijLhrl. m. LrLgerl. Mt. 1.25. Postbezug-pr. f. d.Orts- u. NachLarortSverk. HjLhrl. Mk. 1.20, im Fernverkehr ML. 1.30. BesteÜg. in Württ. 30 Pfg.. in Bayern u. -teich 4L Pig
Amtliche Bekanntmachungen.
A« die Ortsbehörden.
Nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung ist bei jedem Eintrag in das Gemeinderatsprotokoll nicht nur die Zahl der anwesenden Mitglieder der Gcmeindekollegien anzugeben, sondern auch die Namen der abwesenden.
Ein geeigneter Stempel hiefür kostet 3 Sollte ein solcher gewünscht werden, so wolle solches binnen 4 Tagen hieher angezeigt werden.
Calw, 5. Oktober 1908.
^ K. Oberamt.
Boelter.
Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend Maßregeln zur Bekämpfung der Cholera.
Vom 1. Oktober 1908.
Um für den Fall einer etwaigen Einschleppung der zurzeit in Rußland, insbesondere in St. Petersburg herrschenden Cholera nach Württemberg die Seuche sofort im Keime unterdrücken zu können, wird aus Grund de» tz LS des Reichs» seuchengesetzes vom 30. Juni 1900 (Reichsgesetz- Blatt S. 306) bis auf weiteres nachstehendes angeordnet :
Wirte und andere Personen, welche gewerbsmäßig Gäste beherbergen, sowie alle übrigen Haushaltungsvorstände sind verbunden, aus Rußland nach Württemberg zureisende Personen, welche sich innerhalb der letzten fünf Tage vor ihrer Ankunft in einem von der Cholera betroffenen russischen Gouvernement oder Ort aufgehalten haben, binnen 15 Stunden nach ihrer Ankunft schriftlich oder mündlich bei der Ortspoltzeibehörde ihres Aufenthaltsorts zu melden. Unter zureisenden Personen sind nicht nur ortsfremde Personen, die von auswärts eintreffen, sondern auch ortsangehörige Personen zu verstehen, die nach längerem oder kürzerem Verweilen in einer von der Cholera betroffenen Ortschaft oder in einem solchen Gouvernement nach Hause zurückkehren.
Die Meldungen sind von der OctSpolizei- behörde unverzüglich dem Oberamt vorzulegen, welches den Gesundheitszustand der betreffenden Personen gemäß 8 8 der Anweisung zur Bekämpfung der Cholera (zu vergl. den Erlaß des Ministeriums des Innern vom 24. April 1904, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, Amtsblatt S. 263) fünf Tage lang ärztlich beobachten zu lassen hat.
Zuwiderhandlungen gegen die Meldepflicht werden auf Grund des § 45 Nr. 4 des genannten Reichsgesetzes bestraft.
Diese Verfügung tritt sofort in Kraft.
Stuttgart, 1. Oktober 1908.
Pischek.
TagesLnrigkeitev.
Talw 6. Okt. Wie uns der Gewerbeverein hier mttteilt, hat die Handwerkskammer Reutlingen den Anmeldetermin für die heurigen Meisterprüfungen bi« zum 12. Oktober verlängert. Anmeldeformulare werden von genanntem Verein gerne vermittelt.
X «rrammyerm v. z-rtud uwrgeu -/<9 Uhr wurden wir schon wieder durch Feuerlärm erschreckt. Es brannte das Haus des Jakob Strinz nieder. Das Feuer nahm seinen Anfang in der Scheune und es ist deshalb Brandstiftung sicher anzunehmen. Es ist jedenfalls derselbe, der auch die anderen Häuser hier anzündete. Er sucht dadurch den Verdacht von sich abzulenken. Ein begreiflicherweise großer Unwille gegen den Brandstifter gab sich unter der Bevölkerung kund und der Missetäter wäre sicher der Lynchjustiz verfallen, wenn man ihn gehabt hätte. Eine große Furcht herrscht jetzt hier, weil man schon wieder auf eine spätere Brandstätte gefaßt sein muß. Und dies um so mehr, als auch Herr Oberförster Wurm in seinem Heuschopf abgebrannte Zündhölzer und verkohltes Futter gefunden hat. Ein tückisches Schicksal wollte es bei diesem Brande, daß in dem abgebrannten Hause der Bauer Kugel, dessen Hausteil beim ersten hiesigen Brande vernichtet wurde, seither Unterkunft gefunden
hat und nun wieder obdachlos ist. Das Mobiliar wurde größtenteils gerettet.
HetlbronnS. Okt. Die 15jährige Tochter de« Landwirt« Geh ring auf dem Sandhof bei Böckingen wurde heute nacht durch einen 30 Jahre alten Maurer namens Rank au« Böckingen in ihrem Schlafzimmer überfallen, und, al« sie ihm Widerstand leistete, durch mehrere Messerstiche so schwer verletzt, daß ste in« Heilbronner Krankenhau« gebracht werden mußte und kaum mit dem Leben davonkommen dürste. Rank wurde bei Großgartach verhaftet, er ist noch nicht geständig. Erst vor einiger Zeit war Rank in Untersuchungshaft, weil er sich Ln da« Hau« einer Frau eingefchltchen hatte. Da er aber damals rechtzeitig entdeckt wurde, nahm der Fall einen unblutigen Verlauf.
Göppingen 5. Okt. Ja Voll hiesigen Oberamt« nahm gestern abend ein Streit zwischen italienischen Arbeitern und dortigen jungen Leuten einen schrecklichen Verlauf. Durch Messerstiche find von einem Italiener die Gebrüder Kicherer, 17 und 23 Jahre alt, getötet und ein 25jähriger
trug schwere Verletzungen davon. Der vermeintliche Täter ist verhaftet. Ein anderer Verdächtiger hat sich der Verhaftung durch die Flucht entzogen.
Boll OA. Göppingen 5. Okt. Ueber die Messerstecherei, die sich gestern abend 10 Uhr auf der Straße vor der Post zwischen italienischen Arbeitern und Eisengießern au» Boll ereignete, wird folgendes berichtet: Der Streit war in einer Wirtschaft entstanden. Zugrunde lag ihm eine Tanzbodengeschichte und die Eifersucht um ein Böller Mädchen. Kurz: Sobald die Parteien auf der Straße waren, zogen die Italiener ihre Stiletr, worauf auch die Gegenpartei zum Meffer griff. Dabei wurden die beiden Brüder Kicherer derart zugerichtet, daß ste bald ihren Wunden erlagen. Der ältere Kicherer war Friseur und half s. Zt. bei seinem Vater au«, der jüngere
Das Haus am Rhein.
Roman von Anny Wothe.
(Fortsetzung.)
Damit wandte sich dar junge Mädchen zur Tür.
„Sie wollen schon fort, Fräulein Düren? ' rief Frau von Gleichenburg bedauernd, „bitte bleiben Sie noch, die Kinder müssen ja gleich hier sein."
„Es ist heut' der letzte Tag meines Hiersein«, gnädige Frau, und den möchte ich gern noch benutzen, um der armen, armen Näh-Marie Adieu zu sagen."
Es kam so gleichmütig, harmlos von Irmgard'« Lippen, aber Frau Helene empfand die Antwort doch wie ein Schlag ins Gesicht.
„Sie weiß alles!" stöhnte ste leise vor sich hin, als dar Mädchen dar Zimmer verlassen hatte, „ich bin verloren, wenn ste die Waffe, die ste in Händen hält, gegen mich benutzt. Törin, die ich war, dar Mädchen für weniger ernst zu nehmen, als es ist- Ein Wort von Irmgard — mein Schicksal ist bestegelt, und das Glück meiner Kinder vernichtet. Wie die Augen dieser albernen Person zu mir herüber drohten, als wollten ste mich für aller das richten, was ich im Leben verbrochen. Pah, Selbsthülfe nenne ich es."
Ein eigentümliches Feuer loderte in den Augen Frau Helenenr auf, unheimlich, grauenhaft. Dann kam ein leiser, höhnischer, aber gellendes Lachen zwischen den Lippen hervor und die langen Finger Frau von Gleichen« burg's krümmten sich, wie die Tatzen eines Tiger«.
„Sie oder ich!" zischte ste, „also natürlich ste." — ^
Eine Weile versank die stolze Frau in Sinnen dann griffen die Hände nach der Klingel, welche Berta, da» Kammermädchen, herbei führte. Einige Worte und Blicke genügten, dar Mädchen mit den Plänen ihrer Herrin bekannt zu machen.
Keine Miene verriet in Berta's Zügen, daß sie das, war ihr Frau von Gleichenburg mitteilie, überraschte. Sie küßte nur demütig die Hand ihrer Dame und versprach, die ihr ausgstragenen Befehle aurzuführen.
Als dar Mädchen gegangen war, nickte dis Kranke leise vor sich hin.
In ihren Zügen war nicht zu lesen, welch' verbrecherische Gedanken ihre Seele bewegten^ '
Irmgard zu'ösrderben, um sich zu schützen. Das war jetzt ihre Losung.
^ * -he
chk
Einige Stunden später finden wir die Gleichsnburg'schen Damen mit Irmgard wieder im Salon der Frau des Hauser beisammen. Er war schon spät und Frau von Gleichenburg und Clarissr unterdrückten hin und wieder ein Gähnen. Aber die jungen Mädchen schienen stch noch nicht trennen zu wollen. War es doch auch der letzte Abend, den ste zusammen verbringen sollten, denn am nächsten Morgen bevor der Tag graute, bevor die Bewohner de« Hause« am Rhein stch von ihrer Lagerstätte erhoben, wollte Irmgard schon auf dem Wege zur Heimat sein.
Irmgard hatte gebeten, ihretwegen keine Stunde des Schlafes zu opfern, da der morgende Tag an alle große Anforderungen stellte und ste vor allem frisch und heiter sein müßten. Frau von Gleichenburg unterstützte Irmgard in diesem Vorschlag lebhaft, und die jungen Mädchen ent-