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Amts- und Änjeigeblatt für den Gberamtsbestrk Ealw. 8L. r«hq«,

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Ireitag, Sen 25. September 1908.

LezugSpr. i. d. Stabt >/^SHrI. m. Lrägerl. Mk. 1.LS. Postbezuzipr. s. d.OrtS- u. Nachbarort-verk. >/^LHrl. Mk. 1.20, im Aernverkeh i

Tagesnenigkette«.

Ealw 25. Sept. Eins angenehme Ab­wechslung auf musikalischem Gebiet wirb uns, wie MS dem Inseratenteil zu ersehen, dar hier wohl­bekannte Krügl'fche Humor. Alpinen, und Kolchatlieder-Ensembls bieten. Frischer, geiunder, naturgemäß behandelter Stimmenmaterial (Sopran, Alt, Tenor, Contre-Alt) empfindungs- volle ernste und heitere Gesänge, einzeln und im Chor, sowie humoristische Szenen, Liederspiele, angenehme, meisterhaft vorgetragene Instrumental- vorträge, prächtige alpine GsbirgrwZifen, sowie Kunst, und Koloraturpseissn bilden die Bestand­teile der abwechrlungsreichen Programm». Sämt­liche Vorträge find fein gewählt und gewähren den Zuhörern nur angenehme Eindrücke. Die Krügl'schr Gesellschaft hat sich im vorigen Jahr hier bestens singeführt und ihrem Auftreten dürste auch diesmal ein voller Erfolg gesichert sein.

jAmtliches aus dem SLaatsanzeig e r.) Se. König!. Majestät haben am 19. September d.J. allergnädigst geruht, dem Schullehrer Stooß »n Ltebenzell, OA. Calw, die Verdienstmedaille des Friedrichsordens zu verleihen.

Am 24. d. Mts. wurde Schullehrer Stooß in Liebenzell, Oberamts Calw, in den Ruhestand versetzt.

Nagold 24. Sept. Für die Zeppelin­spende find bei der Oberamtspflrge aur Stadt und Bezirk insgesamt 2 427 ^ 55 iZ eingegangen.

Nagold 24. Sept. Gestern fand von der Jungviehweide Unterschwandorf der Abtrieb der Weidetiere statt. Er waren 52 Rinder und 16 Fohlen. Das Ergebnis ist sehr günstig. Die durchschnittliche Gewichtzunahme per Stück ist 89 die höchste 165 kx.

Gültlingen OA Nagold 24. Sept. Auf dem Hof Haselstall, der etwa 60 Zentner Hopfen produziert» wurden 22 Zentner Prima­

ware zu 50 ^ per Zentner, nebst Trinkgeld, verkauft. Hier wurde noch kein Kauf abgeschloffen.

Sindelfingen 24. Sept. Der ledige Chr. Wacker vonRsicheneck wurde von hiesigen Burschen auf dem Wege von hier nach Reichencck mit Steinwürfen derart traktiert, daß er mehrere schwere Verletzungen am Kopfe und am Auge davon trug. Er mußte sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Der Verletzte ist umsomehr zu bedauern, alr er in seiner Kindheit durch einen Steinwurf schon ein Auge verloren hatte. Die Täter find ermittelt.

Stuttgart 24. Sept. Die heute früh der Morgen post entnommene Mitteilung über die Höhe de« Zeppelinfonds ist insofern zu berichtigen, als bei der Allgemeinen Rentenanstalt bi« jetzt, nach der gestrigen Zählung, für den Zeppelinfondr insgesamt 4840000 ein­gegangen find.

Stuttgart 23. Sept. Die Budenstadt zum Volksfest ist schon größtenteils errichtet, nur in den beiden Zeltgaffen, wo die Schaubuden sich befinden, klaffen noch einige Lücken. Die mächtigen Wtrtszclte stehen schon alle fertig da, sie werden von Jahr zu Jahr umfangreicher und nehmen immer mehr Raum in Anspruch. Von den Schaubuden legen die Ktnematographentheater Nachdruck auf eine reiche Gchausette. Ihre Zahl ist größer denn je, es scheint, daß diese Art von Schaustellungen sich noch lange nicht überlebt hat. Dagegen geht die Zahl der Karuffel« zurück, aber die Ausstattung der vorhandenen wird immer pomphafter. Unter den größeren Schaustellungen ist Heuer auch ein Hippodrom auf dem Wasen vertreten. Dis Riesendamen, Merkwürdigkeiten und Weltwunder, die früher einen so breiten Raum einnahmen» werden immer mehr in den Hinter­grund gedrängt. Der Vorführungsring ist vollständig mit Tribünen eingezäunt. Die Haupttribüne ist überdacht. Für Wagen find im

Kreise Plätze vorgesehen und auch Stehplätze find hier genug vorhanden. Heute vormittag wurden die Marktstandplätze recht« und links von der Haupt­allee usw. vergeben und gute Preise dafür gelöst.

Stuttgart 24. Sept. Der Polizei­bericht schreibt: Ein 57 Jahre alter Zimmer­mann von hier geriet gestern nachmittag in an- getrunkenem Zustande unterhalb der Gasfabrtk in den Neckarkanal und wurde von der Strömung mit fortgeriffen. Zwei der Weges kommende Männer entrissen ihn den Fluten, worauf er sich nach Hause begab. Gestern nachmittag 4 ft» Uhr stürzte ein 4 Jahre alte» Mädchen vom 3. Stock eine« Hauses der Filder- straße in den betonierten Hof und trug inner­liche Verletzungen davon. Dar Kind war in einem unbewachten Augenblick in der Küchen­veranda auf einen Stuhl gestiegen und hatte da» Uebergewicht bekommen. In einer Wirtschaft beim Rathaus schlug gestern abend 8 Uhr eine Kellnerin einem Gast, mit dem sie wegen Be­zahlung der Zeche in Streit geriet, ein Bier- glas auf den Kopf, daß er zwei klaffende Wunden davontrvg.

Stuttgart. Der vor kurzem in Kre­ms n t l e in Westaustralien au« der Haft entlassene Taglöhner Georg Müller, der unter dem Verdacht de« an der Ladnerin Eugenik Mast in Cannstatt begangenen Raubmorde« einige Monate zuvor bei dem Verlassen der Dampfe:« in Fremantle auf Ansuchen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft festgenommen worden war und vorläufig freigegeben werden mußte, weil die benötigen Gericht«.Papiere nicht rechtzeitig ein­trafen, ist jetzt nach Ankunft der Dokumente in Australien wieder festgenommen worden. Seine Auslieferung dürfte in nicht allzu ferner Zeit erfolgen.

Stuttgart. (Die neueste Attrak­tion für'« Volksfest.) Nach derStuttg.

Das Haus am Rhein.

Roman von Anny Wothe.

(Fortsetzung.)

Und da war es denn über sie gekommen, wie sin süßer wonniger Hauch; wie lichtes Frühlingswehen war die Liebe, dis erste» junge, süße Liebe zu dem ernsten Mann mit dem schon leise ergrauenden Haar an den Schläfen, in ihrem Herzen erwacht, eine Liebe, so groß, so innig und so wahr, daß nichts, nichts daran hinanreichte.

Mit süßem Schauern dachte ste daran, wie es sein würde, wenn er das erlösende Wort sp'äche. Wie würde ste dann so sicher und selig an seinem Herzen ruhen. Wie konnte sie dann an seiner Brust alles Leid vergessen, ne, die in Wirklichkeit wohl Vater und Mutter besaß, die aber in ihrem Herzen eine Waise war.

Und wie wollte sie den geliebten Mann lieben und für ihn sorgen, jede Kummsrfalte von seiner Stirn küssen und ganz für ihn leben und ihm dienen in Freud und Leid, bis daß der Tod sie scheide.

Wildenstein hatte mit Interesse den wechselnden Gesichtsaurdruck auf Renatens Antlitz beobachtet. Auch er war weich gestimmt. Die ganze Szenerie, die murmelnden Rheinerwellen, dar rebenbekcänzte Ufer, die hohen Felsen, an denen ste vorüberglitten, übte einen eigenen Zauber auf ihn aur. Er war dem äußerlich so kalten und ernsten Manne, als steige ein Heimverlangen in ihm aus, wie er es nie gekannt, alr finge und klinge es ring« um ihn her und alr flögen die zwitschernden Schwalben über ihnen in dm offenen Himmel hinein.

Ich habe Ihnen etwas zu sagen, Fräulein Renate."

Dar junge Mädchen preßte die Hand erglühend auf's Herz.

Ich höre", entgegnete ste leise.

Sie find immer lieb und gut zu mir gewesen", fuhr der Maler fort,haben stets warmen und herzlichen Anteil an mir genommen, würden Sie mir Ihre Freundschaft auch noch erhalten, wenn Sie wüßten, daß ich einst nicht gut gegen ein Mädchenherz gehandelt und daß ich vertrauende Liebe mit Füßen trat?"

Ich weiß es von Irmgard", kam es zögernd von Renatens Lippen.

Ein erletchtender Seufzer hob der Malers Brust.Sie wissen er? Da ersparen Sie mir eine Beichte, die mir schwer geworden wäre, die ich Ihnen aber schuldig zu sein glaubte. Sie find so gut, so engelsmild, beantworten Sie mir eine Frage: Glauben Sie, daß Liede verzeiht, was Leichtsinn sündigte ? Antworten Sie mir und enden Sie dadurch meine Qual."

Renatens Herzschlag stockte fast, er war, als müßte ihr die Brust zerspringen, als ste mit strahlendem Augenaufschlag fast unhörbar sagte: Die Liebe duldet aller, sie trägt alles, die Liebe höret nimmer auf."

Dank Ihnen, Dank Ihnen, Renate für dieses Wort, Sie geben mir mein Leben wieder", rief der Maler sich vorbeugend und seine bärtigen Lippen innig auf Renaten» Hand pressend,sehen Sie, ich weiß es schon, seit ich Irmgard zum ersten Male nach langer Zeit wiedergesehen, daß ich ste liebe und stets geliebt habe und nun soll mich nichts zurückh ilten, mir Irmgard zu erkämpfen."

Was war da»? Stürzte der Himmel ein? Schlugen die Rheineswogen über Renate zusammen? Er, den ste anbetete wie änen Gott, der liebte nicht ste, sondern diejenige, die er einst verraten?