»HS 190. Ämts-- und Snzergeblatt für den Oberamtsbezirk Äülw._ 83. IahrMg.
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Samstag, den 15. August 1908.
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Amtliche »ekarmtmachttrrge«.
Bekanntmachung
betreffend die Festsetzung des Werts der Naturalbezüge für die Zwecke der Arbeiterverficherung.
Auf Grund des 8 6 des Gewerbe-Unfall- versicherungsgesetzes, 8 5 des Unfallversicherungsgesetzes für Land- und Forstwirtschaft, sowie § 1, letzter Absatz, des Krankenversicherungsgesetzes und § 3 des Jnvalidenversicherungsgesetzes werden gemäß Erlasses des K, Ministeriums des Innern vom 27. Juli 1907 (A.-BI. S. 363) die Durchschnittswerte der Naturalbezüge der versicherungspflichtigen Personen für den ganzen Oberamtsbezirk Calw mit Wirkung vsm 1. Januar 1909 ab hiermit festgesetzt pro Jahr wie folgt:
1) freie Kost bei männlichen Personen . 320
„ „ „ weiblichen „ . 250
2) freie Wohnung bei männl. Personen 30
„ „ „ weibl. „ 30
„ „ „ einer Arbeiterfamilie 80
3) freier Holzbezug für eine Arbeiterfamilie 50
4) Bezüge eines ledigen Betriebsbeamten:
s) für Kost. 400
b) für Wohnung.100
c) für Holz und Licht ... 50
5) freie Wohnung für einen verheirateten
Betriebsbeamten. 200
Durch diese Festsetzung tritt diejenige vom 23. Oktober 1901 (Wochenblatt Nr. 128) am 31. Dezember 1908 außer Geltung.
Calw, 13. August 1908.
K. Oberamt. Voelter.
Floß-sperre.
Wegen Vornahme wasserbaulicher Arbeiten wird für die Zeit vom 10. August bis 12. Sept. ds. Js. für die badischen Strecken der Enz und der Nagold die Floßsperre verhängt.
Zuwiderhandelnde werden auf Grund der 88 148 P.St.G.B. 4, Ziffer 1, Abs. 2, 18, 19 der Floßordnung für die Enz und Nagold, vom 6. April 1889 bestraft.
Pforzheim, 10. August 1908.
Großh. Bad. Bez -Amt.
Tagesuenigkeiteu.
Calw 15. Aug. Durch Landjäger Müller wurden dieser Tage 2 Burschen eingeliefert, welche in Lievenzell eine Geschirrhütte erbrochen und daraus Kleider und Eßwaren gestohlen hatten. Die Verhafteten (der Emil Maier von Liebenzell und Karl Roth von Simmozheim) sollen auch von Paffanten in brutaler Weise Geld verlangt haben.
Neuenbürg 14. Aug. In vergangener Nacht ist die im Holzbachtal gelegene Eägmühle des Jakob Pfrommer in Dennach vollständig niedergebrannt. Der Gebäude- und Mobilar- schaden wird auf 60 000 ^ geschätzt. Die Ent- stehungsursache liegt in der Fahrlässigkeit einer Arbeiters, der mit einer Laterne unvorsichtig hantierte. Die Mühle beschäftigte 30 Arbeiter.
Herr enberg 14. Aug. Im nahe gelegenen Mötzingen ist der seit 14 Tagen vermißte ledige Bauer Mörlock auf einem Baum hinter dem Ort erhängt aufgefunden worden. Der anfangs der dreißiger Jahre stehende Mann hat sich, wie es heißt, aus Scham über einen Dieb- stahl seines Bruders da« Leben genommen.
Stuttgart 14. Aug. Der K-önig trifft morgen gegen Mittag im Sonderzug aus Frie- drichrhafen hier ein, um der Beerdigung des Oberflzeremonienmeisters, Frhr. v. Wöllwarth- Lauterburg auf dem Pragfciedhof beizuwohnen.
Stuttgart 14. Aug. Bei der Allgemeinen Rentenanstalt find bis heute nachmittag für den Grafen Zeppelin 600000 ein gegangen, darunter 300000 ^ aus Württemberg. Bis nachmittags 5 Uhr sind beim Kaffenamt des „Schwäbischen Merkur ' 41600 ^ eingelaufen.
Stuttgart. Die Bauausstellung erfreut sich andauernd eines lebhaften Besuch», der auch durch die kühle Witterung der letzten Tage nur wenig beeinträchtigt wurde. Der durchschnitt- Tagesbesuch,-d. h. die Zahl der mit Tageskarten die Ausstellung besuchenden Gäste, schwankt in den Wochentagen zwischen 2000 und 3000, während an Sonntagen diese Zahl meist um ein drei- und mehrfaches übertroffen wird. Im ganzen wurden bis jetzt rund 220000 Karten verkauft, etwa 155000 Karten zu 50 ^ und js 30000 Karten zu 30 und 26 iZ; dazu kommen noch etwa 3500 Dauerkarten zu 6 sowie 300 Monatskarten.
Stuttgart 14.Aug. (Strafkammer.) Ein für Automobilfahrer interessanter Fall beschäftigte die Strafkammer als Berufungsinstanz. Ein Fabrikant wurde vom Stadtpolizeiamt Eßlingen mit einer Geldstrafe von 20 ^ belegt, weil er am 14. Mai mit seinem Automobil durch Eßlingen übermäßig rasch gefahren ist und zwar betrug die Geschwindigkeit nach den Feststellungen eine» Schutzmanns 24—27 km in der Stunde. Der Fabrikant beantragte gerichtliche Entscheidung; er machte bei der Verhandlung vor dem Schöffengericht geltend, daß er picht strafrechtlich verantwortlich gemacht werden könne, da nicht er, sondern sein Chauffeur das Automobil gelenkt habe. Das Schöffengericht beließ es jedoch bei der vom Stadlpolizeiamt erkannten Geldstrafe, der Beschuldigte sei strafbar, weil er es unterlassen habe, seinen Chauffeur auf dar Einhalten der vorgeschriebenen Geschwindigkeit an bewohnten Orten aufmerksam zu machen. Gegen da» schöffengs- richtlichs Urteil hatte der Fabrikant Berufung eingelegt, die aber von der Strafkammer als unbegründet verworfen wurde.
Bernhausen OA. Stuttgart 14. Aug. Wie wir aus zuverlässiger Quells erfahren, beläuft sich der Schaden an der hiesigen Markung, wo bekanntlich am 5. August dar Zeppeltnsche Luftschiff verbrannte, auf etwa 500 Für die vollständig vernichteten, oder nur teilweise beschädigten Bäume wird etwa dieselbe Summe in Rechnung zu nehmen sein, sodaß für Bsrnhausen allein ein Schaden von ungefähr 1000 ^ in Betracht kommen dürfte. Nach einer Mitteilung der Filderboten übernimmt Graf Zeppelin sämtlichen Schaden auf seine Rechnung.
Tübingen 14. Aug. Die bi« jetzt er« sammelte, für Graf Zeppelin bestimmte National- spende-Summe beträgt nunmehr (tncl. einer Ehrengabe der Stadt im Betrag von 500 ^) zusammen 13885 Al« Abschlußtermin der Sammlung wurde durch städtischen Kollegienbeschluß der 1. September ds. Ir. festgesetzt. Die hier ersammelte Gesamtsumme soll dem von Graf Zeppelin selbst konstituierten Fond vorbehalt
los zugeführt und von einer Ueberweisung an irgend welches Zwischenorgan (Kuratorium, Reichs- komitee völlig abgesehen werden. (Dar liegt auch im Sinne der Spender.) — Die Baulinie der Neubaues der Oberrealschule und der Uhlanvstraße, ebenso die Erstellung de» Ge- bäudes, ist vom Kgl. Ministerium genehmigt worden. — Die Kosten für den nahezu beendigten Rathaurumbau belaufen sich auf rund 160000 — Die hiesigen städtischen Beamten haben in einer Zuschrift an den Gemeinderat die Bitte um versuchsweise Einführung durchgehender Arbeitszeit an den Samstagen gerichtet. Die Bitte wurde genehmigt. — F.au Professor Froriep hier hat bei den Kollegien der Stadt dis Einführung von Waisenpflegerinnen angeregt. Vor Fassung eines konkreten Beschlusses soll in dieser Frage vorerst untersucht werden, wie viele Mündel in jugendlichem Mer sich befinden, sowie wieviele und welche Damen sich zur Uebernahme des Posten« einer Waisenpflegerin bereit erklären. Es sollen auf Antrag des Oberbürgermeister« Haußer nicht nur Damen aus höheren Gesellschaftsschichten, sondern auch praktische Hausfrauen aus allen Kreisen gewählt werden.
Tübingen 13. Aug. (Ferienstraf« kämm er.) Am 30. Juli wurde die Markung Ostelsheim von einem Hagelschlag betroffen. Schultheiß Gehring und der Bauer Jakob Lutz von dort waren bei der Magdeburger Versicherung«, gesellschaft gegen Hagelschlag versichert. Al» vom Hagelschlag beschädigt meldeten an Gehring 15 und Lutz anfänglich 8, später 3 Grundstücke. Ohne Flurkarte trat die Abschätzungrkommisston in Tätigkeit, allein auf die Angaben der beiden Versicherten, die auch die einzigen Versicherten bei jener Gesellschaft waren, angewiesen. Diese Sache führte den Schultheißen und Lutz vor das Schöffengericht Calw unter der Beschuldigung, sie haben sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft, daß sie, statt der ihrigen, vom Hagelschlag weniger betroffenen Grundstücke, wofür sie überhaupt keine Entschädigung zu beanspruchen hatten, zum Teil fremde, stark verhagelte Parzellen als ihnen gehörig vorzeigten und abschätzen ließen; außerdem war Gehring beschuldigt, den Lutz aufgefordert zu haben, es gerade so zu machen wie er, dann fahre er besser — also auch fremde stark verhagelte Güterstücke als sein Eigentum abschätzen zu lassen. Das Schöffengericht hatte bei Lutz nur Versuch angenommen und ihn zu 5 Tagen Gefängnis verurteilt, den Mitangeklagten Gehring dagegen freigesprochen mit der Begründung, es liege gegen ihn zwar erheblicher Verdacht vor, vollkommen erwiesen erscheine aber die ihm zur Last gelegte Tat nicht. Auf die von Lutz und dem Staatsanwalt eingelegte Berufung hob die Strafkammer dar Urteil des Schöffengericht» auf und sprach beide Angeklagte schuldig, worauf Schultheiß Gehring wegen vollendeten Betrug« zu 2 Monaten und wegen Anstiftung hiezu zu 15 Tagen, Lutz wegen versuchten Betrug» zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt wurde. Eine große Anzahl Zeugen war geladen. Durch den Bruch der Freundschaft zwischen den Angeklagten kam die Sache an die Oeffentlichkeit.
Reutlingen 14. Aug. Die hiesige Sammlung der Nationalspende für den Grafen Zeppelin hat bi» gestern mittag 24050