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Der Fahneneid
- Heldentum um Fahnen und Standarten.
Ms heiliges Zeichen soldatischer Treue flattert die Fahne Wer deutschen Kriegern, seitdem es eine deutsche Geschichte gibt. Taten heldischen Opfersinns und treuer Gefolgschaft sind an die ttihmreichen Fahnen und Standarten unseres Heeres geknüpft. Fahne verloren, — Ehre verloren, das war schon in germanischer Zeit die Ueberzeugnng jedes Mannes. Die Fahne war und ist der Ehrenschild der kämpfenden Gemeinschaft, für dessen Erhaltung und Unversehrtheit der Soldat alles zu opfern bereit sein mutz.
Noch finden wir in, Hohcnzollernmuseum in Berlin einen Fetzen jener Fahne, die der Generalseldmarschall des Großen Königs, Graf Schwerin, ergriff, als sich in der Schlacht bei Prag sein eigenes Regiment zur Flucht wandte Allen Beschwö- rungen seiner Umgebung trotzend, ritt der greise Feldmarschall im Galopp aus das Schlachtfeld, entriß dem Fahnenjunker die Fahne des 2. Bataillons, hob sie hoch empor und ries: „Wer ein braver Kerl ist, folge mir!" Das mutige Beispiel beseelte die Truppe mit neuem Mute, sie wandte sich gegen den nach- drängeuden Feind und folgte dem Marschall im Sturmschritt. Nach wenigen Schritten brach Schwerin, tödlich getroffen, zusammen. Seine Hand umklammerte fest die Fahne, die seinen ganze» Körper bedeckte.
Im Zusammenbruch der preußischen Armee von 1806/07 fielen zahlreiche Fahnen und Standarten in die Hand des Feindes. Dennoch sindmus keinem Feldzuge so viele Heldentaten preußischer Fähnriche und Junker bekannt geworden wie aus diesem unglücklichen Kriege. Bei Jena riß der Fähnrich von Eberhardt, der jüngste Offizier des Regiments von Sanih, säst noch ein Kind, einem Junker die Fahne aus der Hand. Mit dem Ruf: „Auf mich seht! Hier ist eure Fahne, ihr müßt ihr folgen!" führte er die Weichenden immer von neuem gegen den Feind. Bei Cröllwitz an der Saale kämpfte am 17. Oktober das Regiment von Treskow tapfer gegen einen übermächtigen Gegner. Als der Feind die Saalebrücken besetzt und damit jeden Rückzug verhindert hatte, stürzten sich die blutjungen Junker von Platen und von Kleist mit den Fahnentüchern des Regiments in den durch die Regengüsse angeschwollenen Fluß und nahmen so die Ehrenzeichen ihrer Truppe mit in den Opsertod.
Am 18. April 1864, beim Sturm aus die Düppeler Schanzen, Pflanzt der Feldwebel Probst di^ Fahne seines Bataillons lJnf.-Regt. 64) auf Schanze 5 aus. Eine Kugel zerschmettert ihm den Arm. Dänen stürzen sich aus den Tapferen, der die Fahne mit der Linken hält.' Ein Schutz trifft ihn in die Brust — er umklammert mit letzter Kraft das Feldzeichen und ruft Kameraden herbei. Ein heftiger, erbitterter Kampf tobt über dem Toten um den Besitz der Fahne. Sechzehn preußische Soldaten opfern nacheinander Leben und Blut, um die Ehre des Regiments zu retten. Dann eilen Verstärkungen herbei — die Dänen werden Vertrieben, und unter den Körpern der Gefallenen wird das zerrissene, blutbedeckte Fahnentuch geborgen, um als Zeichen des Sieges auss neue über der eroberten Schanze auszusteigen.
Am 23r Januar 1871 verlor das 2. Bataillon der Einund- sechziger beim Sturm auf Dijon seine Fahne. Beim Rückzug aus einen Steinbrnch.wurde das Fehlen des Feldzeichens festgestellt. Eine Patrouille wurde in der Dunkelheit des Abends ausgesandt und brachte nach heftigem Kampf mit den im Hinterhalt liegende» Franzosen Reste der Fahnenstange. Am Morgen erstürmte das Bataillon Dijon. Aber die Fahne blieb verschwunden. Ein Freischärler hatte sie mit zerschossenem Schaft, blutgetränkt, unter einem Leichenhügel gesunden. Gart- baldi war ehrlich genug, zu erklären, daß das Feldzeichen nicht erobert, sondern gefunden worden sei. Zwei Offiziere, vier Unterossiziere und sieben Füsiliere hatten ihre Treue zur Fahne mit dem Leben bezahlt.
„Im Zleicken 8ekr!t^ UN(!
Wer erfand den Gleichschritt der Soldateik? / Von E. Hei»sick
Exerzierende Soldaten und erst recht eine in Parade vor- jrberziehende Truppe können wir uns heute gar nicht mehr anders denken, als im „gleichen Schritt und Tritt" marschierend. Und doch hat es eine Zeit gegeben, wo man Len Gleichschritt bei uns noch nicht kannte. Bei den alten Griechen und Römern wurde er dagegen bereits geübt. Als die Infanterie König Karls VIII. von Frankreich 1495 in Rom ein- zog, wurden die Schweizer, die im Gleichschritt ankamen, allgemein bewundert. Auch bei den Landsknechten war eine Art Gleichschritt nach der Trommel vorhanden, ohne den auch di« Bewegung in den ungemein tiefen und dicht aufgeschlossenen Kolonnen schwer denkbar- gewesen wäre. Die Spanier nannten spottweise Len nm 1600 bei den Franzosen oi-ngeführten nach dem Trommelschlag abgemessenen Marsch den „französischen Brauttanz", weil sie ihn für unkriegerisch hielten. Die Niederländer kannten den Gleichschritt sowie das Antreten mit dem linken Fuß schon unter Moritz von Oranten.
Vielfach wird behauptet, Fürst Leopold I. von Anhalt- Dessau, bekannt und berühmt unter dem Namen „der alte Dessaner", wäre der Erfinder des Gleichschrittes gewesen und hätte ihn zuerst 1698 bei seinem, ihm vom Kurfürsten von Brandenburg verliehenen Regiment eingeführt. Dieses Verdienst gebührt vielmehr dem militärisch ungemein tüchtigen Landgraf Karl von Hessen-Kassel. Als sich das Landgrnslich Hessen-Kasselsche Regiment Prinz Maximilian um 1720 im Dienste des Kaisers in Italien und auf Sizilien befand, lernte eS von den Italienern den Gleichschritt kennen, der nach der Rückkehr, des Regiments in der gesamten hessischen Infanterie eingeführt wurde.
Als Leopold von Dessau von der neuen Marschart hörte, soll er sich zuerst sehr zurückhaltend darüber geäußert und gemeint haben, .,dn^ mache ihm keiner weis, daß man di« Kerls dahin bringen könne, einer mit allen zugleich den Fuß anfzüheben und niederzusetzen". Nachdem er aber einmal Gelegenheit gesunden hatte, die hessischen ,Kerls" im Gleichschritt exerzieren und marschieren zu sehen, !var ihm der Wert dieser Marschart sosort klar, und seiner Förderung soll es zn verdanken gewesen sein, daß diese Marschart bald darauf auch in der preußischen Armee eingeführt wurde.
Nach einer anderen UOberlieferung soll ein Herr von Kalckstein, der früher in beffischen Diensten Offizier gewesen war, bei einer ihm zr Verfügung gestellte» Kompanie preußischer Soldaten den Gleichschritt eingeübt und -dann dem König und den Potsdamer Bürgern im Lustgarten vorge- siihrt haben. Der König, der für alle Neuerungen in eure-' päischen Heeren ein wachsames Auge besaß, soll darüber so begeistert "getvosen sein, daß er' sofort die Einführung des Gleichschritts bei seiner Potsdamer Riescugarde befahl und nach Bewährung auch für die übrige preußische Armee anordnete.
krieärick äes Orcröenkeläapotkeke
Ein Lützower Jäger erfand das „Verbandpäckchen"
Die gewaltige Entwicklung der Heitkuust und 'insbesondere des deutschen Heeressauitätswesens kommt uns zmw Bewußtsein, wenn wir einmal jenes Schränkchen betrachten, Latz im Museum der Staatlichen Kunstgewcvbe-Akademie in Dres
den zu sehen ist. Es ist eine Feldapotheke Friedrichs des Großen, erbeutet in der unglücklichen Schlacht von Hochkirch im Oktober 1758.
Sie gibt uns einen recht guten Aufschluß über die Sani- tätsansrüstuug der preußischen Armee, die für damalige Verhältnisse als vorbildlich bezeichnet werden darf. Die Feldapotheke des Großen Königs enthielt 67 Drogen, einige Pulver und Pillen, Eharpie und chirurgische Instrumente. Neben einigen Volksheilmittel», deren Wert erst in jüngster Zeit wieder erkannt -worden ist, befinden sich recht seltsame Mittel in dem Schränkchen. Eine Reihe der Heilmittel wurde aus tierischen Organen und Sekreten gewonnen, so die „Krebsaugen", Erzeugnisse des Krebsmagens, die gegen Koliken verordnet wurden und auch als Wundpulver dienten. Als Wundheilmittel dienten fermer pulverisierte Hechtkinnbacken, „Mekkabalsam" und Ambra. Smaragde, Korallen, Bernstein und Elfenbein wurden in verschiedenen Krankheitsfällen verordnet. Die ebenfalls in der Feldapotheke geführcken Seepferdzähne galten als blutstillendes Mittel.
Die preußischen .Feldchirurgen haben im Siebenjährigen Kriege mit dtefcnmud anderen Heilmitteln mancher» tapferen Soldaten Leben und Gesundheit erhalten können. Rund SO Jahre später fand die Sanitätsausrüstung eine äußerst wichtige Ergänzung in der Schaffung des Verbandpäckchens für jeden Soldaten. Ein Lützower Jäger war der Erfinder: der aus Mähren stammende Medizinstudent Wenzel Krimmer. Er eilte 1813 als Freiwilliger zu der Lützowschen Freischar und zeichnete sich hier bald als Hilfsseldscher in vielen Gefechten ans. Seinen Bemühungen war es zu danken, daß ein eigener Wagen mit einer Feldapotheke die Truppe ständig begleitete. Außerdem setzte Krimmer es durch, daß jeder Inger ein eigenes Verbandpäckchen bei sich führte; es enthielt zwei Wundbinden, ein Tuch und etwas Eharpie und wurde ins Futter des Tschakos eiugenäht. Bis heute hat sich diese Einrichtung als segensreich bewährt, Werl.sie jedem verwundeten Soldaten die Möglichkeit gibt, sich selbst einen ersten Notverband anzulegen.
Immerhin waren die Sanitätsausrüstnngen von 1813 noch ganz unzureichend, es fehlte an Verbandmaterial, Instrumenten und Medikamenten und an Aerzten und Helfern. Ein weiter Weg führt von jenen Anfängen zu. der bewunderungs- wüvdigeu Sanitätsorganisation des deutschen Heeres in unserer Zeit.
Zwei Mnks! sm Herme!
Von türgsn tlc>ko-8 v1ry.
Winks! am -^scmsl vom kslckgravsn XIsicI, Vscscklirssn, veccsgnsl, vscsonnt.
8is spcscksn ckis käctssts 8pccicks cksr 2sit,
8is spcscksn ckis 8pcocks cksc krönt.
Wsr immer sis trögt, cksr vrsil) um ckis lat, tzlm lwngsr, um Durst, um ckis blot.
Wsr immsr sis trügt, cksr sab vis 8oickot Wok! bvncksrtmoj in cksn kock.
Tv/si Winks! aus 8i!ksr, ckos längs verblieb,
Den Isitsn mcmck Opksr gerollt.
Dock in vnssrn btsrrsn gevrvnn ss»sich Das Isucbtsn von lauterem Lolckt
In heldenhaftem Kampf gegen feindliche Uebermacht verlor das 2. Bataillon des 3. Garderegiments am 26. September 1914 bei St. Leonard an der Marne sämtliche Offiziere und 400 Mann — und seine Fahne. Der französische Heeresbericht wußte nichts von einer eroberten deutschen Fahne, auch nach Kriegsende blieb dis Gardefahne verschollen. Erst im Januar 1920 fanden französische Arbeiter beim Umbetten deutscher und französischer Gefallener die Fahne. Sie lag unter dem Körper eines toten deutschen Soldaten, dessen Arm sie fest an sich preßte. Niemmch weiß den Namen des unbekannten Helden, M stdch tm Tode fünf Satzffe lang treue Fahnenwache gehalten ...
Unbekannt blieb auch der Name jenes Helden von der „Scharnhorst", der die Gefechtsflagge seines Schiffes rettete, als es bei de» Falklandinseln nach tapferer Gegenwehr gegen die sechsfach überlegene Feindflotte unteraing. Drei Monate später wurde der Körper eknes deutschen Matrosen an Brasiliens Küste gespült, und an feinem Gürtel hing eine Karin- schenhülse mit der Flagge der „Scharnhorst".
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In unzähligen Gefechten und Schlachten blieb die Fahne Sinnbild der unbedingten Treue zur Pflicht und zum Vaterlande. Ein Tagesbefehl Blüchers verlieh jener Anschauung Ausdruck, die seit Jahrhunderten deutsche Soldaten um die Fahne schart: „Wer die Fahne zurückschickt, verzweifelt an seiner Kraft, dieselbe verteidigen zu können. Unter keiner Be- dingung darf dies heilige Zeichen von dem Korps entfernt werden, dem es der König und das Vaterland als Unterpfand seiner Ehre anvertrauten, am wenigsten darf es jemals in fremde Hände übergehen. Ehe er dies zugibt, muß ein jeder Offizier, ein jeder Soldat für dessen Verteidigung Blut und Leben geben, und er kann überzeugt sein, daß bei diesem festen Enftchlnsse fast immer der Sieg, aus jeden Fall aber ein rühmlicher. ehrenvoller Tod. das schönste Los des Soldaten, sein Lohn fein wird."
Sie Mme von Rotte Asm
Wer kennt nicht —wenigstens nach Ansichtskarten oder Bildern — die beiden gotischen Türme von Notre Dame, der Pariser Kathedrale mit dem spißendurchbrochenen Glockenturm, der wieder und immer wieder von Malern dargestellt worden ist? Aber wenig« wissen wohl, daß die beiden Türme von Notre Dame nicht gleich hoch sind Auch bei genauester Betrachtung Ws der Ferne ist der Unterschied nicht festzustellen, weil die Erbauer der Kathedrale diese Alymmetrie — die im übrigen von den kirchlichen Behörden gewollt war — nach Möglichkeit zu verbergen suchten. Warum nun >i« Ungleichheit der beiden Türme? Die Gesetze der kirchlichen Architektur gestehen das Recht auf zwei ganz gleiche Türme nur ten Metropolitankirchen, den Hauptkirchen, zu. Notr« Dame aber «an, als sein Bau begann, nur eine Tochterkirche des Bistums Sens, obwohl es Kathedrale, also Vischofskirche von Paris war. Um alle Kirchenvorschristen zu erfüllen, ohne daß die Schönheit des Bauwerks litte, entschlossen sich die Baumeister, den einen Turm etwas höher werden zu lassen, als den anderen. Die Lösung scheint nicht übel gelungen zu sein, sonst würde heute jeder merken, daß die beiden Türme ungleich sind. Tatsächlich haben aber nicht einmal die Maler diesen Unterschied entdeckt, denn auf keinem der zahllosen Bilder sind die Türm« verschieden hoch. Im Gegenteil: Wenn einer der Maler gewagt hätte, die Türme verschieden darzustellen, dann würde man gesagt haben, er könne nicht nichtig sehen.
„Herr Professor", wandte sich ein junger Mann an Projesfor Billroth, „wie kommt es nur, daß der Alkohol jungen Leuten i» den Kopf und alten Leuten i» die Beine fährt?" — „Ganz einmach", meinte Billroth, „der Alkohol sucht sich oben immer den schwächsten Bunkt aus."
inan irn Mittelalter l^ranl^ >var
Elnst qualvolle Gewaltkuren, heute sorgsamste Behandlung
Die Leistungen der deutschen medizinischen Wissenschaft, die Tätigkeit der deutschen Aerzte insgesamt in diesem Kriege, das Wirken der Gsslmdheitsführuug habet,, ob im unmittelbaren Dienste der Wehrmacht und ihrer Kranken und Verwundeten, ob ans dem Sektor des Zivillebens, ^des Schnitzes der Arbeitenden, der gesundheitlichen Betreuung der Mütter Und Kinder einen begchtens>verten Höchststand erreicht. Aber nicht immer war die ärztliche Kunst auf einer so hohen Ent-' wicklungsstufe angelangt. Nicht immer gab es schmerzfreie Opemtionen, forgsaiuste Behandlung und Pflege. Frühere Zeiten mußten sich oft mit „Gewaltkuren" begnügen, die nur starke Naturen auLhielten. An diesen Unterschieden aber lernt man erst richtig schätzen, welche Bedeutung das stille und unbekannte Wirken Tausender von Wissenschaftlern und Aerzten in, Dienste der medizinischen Forschung und einer ständigen Aiiffvärtsentwickliiug der ärztlichen Kunst hat, einer Entwicklung, Witter die besten und stolzesten Namen 'deutscher Männer verbunden sind. Doch hören wir, wie es einst war:
Markgraf Dcdi von Wettin, der zur Zeit Heinrichs lV. lebte, litt an Fettsucht, die ihm so große Besch!veöden bereitete, daß er sich auf Anraten der Aerzte den Leib anfschneidxn und das überflüssige Fett entfernen ließ. Natürlich starb er an dieser bei vollem Bewußtsein ausgefnhrtcn Operation.
Herzog Leopold von Oesterreich stürzte am 26. Dezember 1194 bei einen, Turnier so nnglücklich vom Pferd, daß die Knochensplitter des gebrochenen Unterschenkels seine Spanne lang aus der Haut hervorragten. Die Aerzte tvaren bemüht, eine Amputation zu vermeiden, doch als am nächsten Tag das Bein schwarz wurde, war der Eingriff unerläßlich. Aber jetzt wagte niemand, ihn vorzunehnicn. Da setzte der Herzog selbst das Beil aus seiti Schienbein, sein Kämmerer schlug dreimal mit dem Hammer darauf, und so wurde das kranke Glied entfernt. Allerdings konnte die qualvolle Operation das Leben nicht mehr retten. Der Unglückliche starb nach drei Tagen.
Kaiser Otto II. nahm, als er an einer in den südlichen Gegenden oft austretenden Verdauungsstörung litt, aus Anraten seiner Aerzte eine Dosis von 17^ Gramm Aloe, woran er starb. Freilich hätte schon ein Bruchteil dieser Menge seilten Tod herbeigeführt. Auf ähnliche Weise endete der an derselben Krankheit leidende Kaiser Otto IV. Aach er nahm, ob mit oder ohne Wissen der Aerzte steht nicht fest, ein zu starkes Abführmittel.
Als Albrecht I., damals noch nicht Kaiser, nach dem Genuß von Fischen von einem heftigen Unwohlsein befallen wurde, hingen die Aerzte den Fürsten an den Füßen auf, damit das Gift aus Augen, Ohren, Nase und Mund heraus- rinnen sollte. Der Kranke verlor bei dieser Prozedur auf einem Auge die Sehkraft und behielt zeitlebens eine bleiche Gesichtsfarbe. Ein Jahrhundert später mußte sich Kaiser Sigismund der gleichet, Kur unterziehen. Man hatte ihn zu vergiften versucht. Die starke Natur des Herrscliers ül'-crivand jedoch, ohne daß sich Folgen ein stellten, die eigenartige .Heilmethode.
Zu bedenken ist, Laß die geschilderten Eingriffe und Kuren be-j Fürstlichkeiten vorgmomrien wurden, über deren Wohl
ergehen die besten Aerzte ihrer Zeit 'wachten. Wie mögen da erst unwissende Pfuscher gearbeitet, wie die Patienten gelitten haben! Dr. H. K.
8e1ts3nie I^eckeri>i88en
V-K. Ueber den Geschmack läßt sich bekanntlich streiten. Und was der eine von uns als begehrten Leckerbissen an steht, weist der andere oftmals nur mit Abscheu und Ekel zurück. Denken wir in diesem Zusammenhang nur einmal an die Austern der Feinschmecker aller Welt, an die Froschschenket und Weinbergschnecken der Franzosen oder an die berüchtigten „faulen Eier" der Chinesen. Mag auch manchem Ämter uns bereits bei diesen „kulinarischen' Genüssen" der Appetit vergehen, so sind diese doch recht l>armlos zu nennen im Vergleich zu dem, was bei vielen primitiven Völkerstämmen im Innern Asiens, Afrikas oder Australiens als beliebter Leckerbissen ans der Speisekarte steht.
Bei den Diukas im Sudan gelten gebratene Schlangen als besondere Delikatesse. Sie sind noch weit beliebter als etwa in Palmöl geröstete Krokodilschwänze, mit Ntlpferdfett bereiteter Haferbrei oder gekochte Samcitkörner der Wasserlilien. Das alles mag ja noch augehen, aber gegen lebend verzehrte oder geröstete Termiten und Raupen würde sich doch bestimmt unser Mager, wehren und um kehren. Und doch sehen Die Ureinwohner Australiens diese Raupen und Termiten neben gebratenen Silberaffen als ganz besondere Leckerbissen an. Die Flugzeit der Termiten fällt in die Monate September und April, und zu dieser Zeit gehen ganze Phgmäenstämme geschlossen auf die Termitenjagd. Die Tiere, die dam, so fett Wie unsere Engerlinge sind, werden entweder sogleich lebend verzehrt oder mit Salz in Mörsern gestampft und eingekocht. Dagegen würde unser Gaumen ja nun sicherlich revoltieren und eftva die gebratenen .Kröte» der Mongoleustämme in der Wüste Gobi bei weitem vorziehen. Anders verhält es sich schon wieder mit dem Gemüse, das überall im hoben Norden gegessen wird: ein halbverdautes Moos, das man erlegten Renntieren aus dem Magen schneidet. Es ist frisch für den Menschen unverdaulich und wird erst durch die Fermente des Tiermagens genießbar. Die Tschuktschen, Nomaden >m nordöstlichen Zipfel Asiens berauschen sich mit dem Absud getrock- ' neter Fliegenpilze, während die Judiancrstämme des Gran Chaeo ihr Algorrobobier benutzen, eine graugelbe trübe Flüssigkeit. die dadurch entsteht, daß die zahnlosen alten Weiber des Stammes die Schoten des Johaunisbrotlmiimes mit den Gaumen zerquetschen, sie gut mit ihrem Speichel vermischen, der dann den i» ausgehöhlte Baumstämme gespuckten Saft zum Gären bringt. .Bedeutend appetitlicher erscheint uns dagegen die Stutenmilch, die in Jnneraflen ein Hanptnahrungs- mittel darstellt.
Die Reihe dieser seltsamen und für unseren Geschmack zum Teil t-echt wenig appetitlichen Leckerbissen ans aller Welt läßt sich ^noch um zahlreiche Beispiele vermehren. Wir verzichten gern auf alle diese Delikatessen und ziehen ihnen eine kärgliche Schnitte Brot ans deutschem Schrot und Korn, die nicht einmal belegt zu sein brauchte, bei tveitom vor.