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Ulm 21. Juli. Ueber die Verhaftung de« Gotbacher Mörder« Bay verlautet weiter, daß er sich bei der Polizei in Augsburg selbst gestellt und vor dem Untersuchungsrichter in Mm, wohin er inzwischen verbracht wurde, bereit« ein Geständ- nt« abgelegt habe.

Friedrichshafen 21.Juli. Die Königin ist zu den Festspielen nach Bayreuth abgereist.

Friedrichshafen 21. Juli. Wie ge- meldet wird, dürste der neue Aufstieg de« Zep- pelinschen Luftschiffe« in etwa acht Tagen erfolgen. Der genaue Termin wird streng ge­heim gehalten.

Lindau 20. Juli. Am 10. Todestag Bi«marck«, dem 30. Juli, wird an des Reich« südlichster Grenze, auf dem benachbarten H oyer­be rg, eine Gedenkfeier für den Einiger Deutsch, land» veranstaltet werden. Bei einbrechender Dunkelheit wird sich von Lindau aus ein Lam­pionzug mit Mufik über Aeschach und Hoyern nach dem Hoyerberg bewegen, von dessen Höhe ein mächtige« Feuer die Kunde von der Ehrung Bismarck« über dm See nach der Schweiz und nach Oestreich tragen soll. Auf der Höhe wer­den ein Festspruch und allgemeine Gesänge mit Mufik statlfinden, worauf nach Bad Schachen marschiert wird, wo die Feier durch einen Fest- kommer« mit Gedenkrede, Mufik und Liedervor- trägen der vereinigten Gesangvereine einen wür­digen Abschluß finden wird. Die schon früher aufgeworfene Frage der Errichtung einer Bis- marckturm« auf dem Hoyerberg wird ihrer Lösung durch die Feier am 30. Juli sicherlich ein gut Stück näher gerückt werden.

Straßburg i. E. 21. Juli. Ein Dienst­mann, der erfahren hatte, daß ein anderer mit seiner Frau ein Lieberverhältnir unterhielt, schoß den Liebhaber seiner Frau in der Nähe des Kleber platze« nieder und ließ sich dann von dem ihn verhaftenden Schutzmann ruhig abführen.

München 21. Juli. Heute früh wurde bei dem Vororte Nymphenburg die 23jährige Dienstmagd und Fabrikarbeiterrtochter Marte Nubert in einer Blutlache liegend mit durch- schnittenem Halse tot aufgefunden. Neben ihr lag ein langes Küchenmeffer. Später fand man auf dem Landshuter Bahngeleise den Sergeanten der Luftschiffer-Abteilung, Rettinger, vollständig verstümmelt auf. Er hatte sich von einem Eisenbahnzuge überfahrm lassen, nachdem er zuvor seine Geliebte gelötet hatte.

Frankfurt a. M. 21. Juli. Der Kaiser sandte an den Festausschuß der 11. Deutschen Turnfeste« folgende« Telegramm: Se. Majestät der Kaiser und König haben allerhöchst sich über den treuen Gruß der zum deutschen Tum fest dort versammelten Turner gefreut und lassen mit besten Wünschen für einen guten Verlauf des

Feste« herzlich danken. Auf Allerhöchsten Befehl. Der Geheime Kabinettsrat. In Vertretung: von Berg. Auf dem Festplatz wickelte sich gestern ein unterhalten« Programm turnerischer Vorführungen ab, dem eine ungezählte Menschen« menge beiwohnte. In der Festhalle fand mfttag« ein Festmahl für die Ehrengäste der deutschen Turnerschaft statt, dem außer dem kommandierenden General von Eichhorn Oberbürgermeister Adicke», Geh. Regierungrrat Hintze als Vertreter des Kultusministeriums, Hauptmann von Fransecky al« Vertreter des Kriegsmtnisters, die Vorfitzenden der Ausschüsse und die Vertreter ausländischer Turnvereine, im Ganzen etwa 120 Personen beiwohnten.

Frankfurt a. M. 21. Juli. Von den 700 Turnern, die gtstern am Sechskampf teil- nahmen, erzielten etwa hundert die Mtndestpunkt- zahl. Das Resultat ist nicht glänzend und darauf zurückzuführen, daß sehr strenge Forderungen ge- stellt werden. Heute Vormittag beteiligten sich etwa 650 Turner am Sechrkampf. Die Preis­verteilung erfolgt morgen, Mittwoch. Eine ganz besondere Anziehungskraft übte das am Montag Nachmittag von 5 bis 7 Uhr mit großer Spannung erwartete Turnen der Ausländer. In den Massen quartierungen der Turner haben sich die Reihen schon zum Teil kräftig gelichtet. Etwa 15 000 Turner dürften bereits wieder abgefahren sein. An der großen Huldigung am Donnerstag vor dem Niedenvald.Denkmal dürften noch rund 20000 Turner teilnehmen. Dann werden wohl die wenigsten noch einmal nach der Feststadt zurückkehren. Die Rettungswache auf dem Festplatz trat gestern in etwa hundert Fällen in Tätigkeit. Nur zwei waren ernster Natur. Ein Turner kam bei einer Uebung zu Fall und erlitt eine Gehirner­schütterung, ein anderer verrenkte sich da« Fuß­gelenk. Beide kamen ins Krankenhaus. Von Fachleuten weilte gestern auf dem Festplatz der Professor für Leibesübungen an der Harvard- Universität in Massachusetts, Mrs. Surgent, als Gast der deutschen Turnerschaft, der sich sehr an- erkennend über die turnerischen Leistungen aus- sprach. Seit Beginn der Festes, Samstag den 11. Juli, find auf dem Feflplatz etwa 2400 Hktl. Bier getrunken worden.

Chemnitz 21. Juli. Gestern nachmittag versuchte der aus einer Irrenanstalt entlassene, 24 Jahre alte Weber Oes er den Arzt Dr. Wagner, der ihn verbinden wollte, mit einem Revolver zu erschießen. Als der 70jährige Vater des Oesers dazwischen sprang, traf diesen die Kugel tödlich. Der Wahnsinnige rannte später in das Studierzimmer des Diakonus von Pien- busch und schoß ihn nieder. Der Geistliche verstarb nach einigen Stunden. Der Täter hat sich selbst der Polizei gestellt..

Berlin. Eine Begegnung zwischen

König Eduard und Kaiser Wilhelm steht nunmehr nach derTägl. Rundschau" in sicherer Aussicht. E« sei anzunehmen, daß die Monarchen auf der Rückreise König Eduard» von Oesterreich in Homburg v. d. H. zusammentreffen werden.

Berlin 21. Juli. Staatssekretär Dern- burg trifft heute aus dem Süden von Deutsch- Südwestafrika kommend in Ketmanrhop ein, wo er der Eröffnung der Bahnlinie Seeheim«Ket- manshop beiwohnt.

Berlin 21. Juli. Seit den Erfolgen de« Zeppelin'schen Luftschiffe« sowie de« Militär­ballons tauchen immer wieder Gerüchte auf, al« hätten die Pläne wegen Beschaffung einer Luftflotte bereits feste Gestalt ange­nommen. Letztere soll nach einem auswärtigen Blatte auf die Zahl von 12 Schiffen gebracht werden. Auch habe man die Frage der Armirung bereits fest ins Auge gefaßt. Man kann dem gegenüber nur wiederholt betonen, daß die ganz« Angelegenheit noch nicht über die bekannten, meistens ja geglückten Versuche hinausgekommen ist.

Berlin 21. Juli. Heute Vormittag wurde im Hause Genthinerstraßs 26 der Inhaber de» Buttergeschäftes Engel L Bugge, der Kaufmann Julius Engel tot in seinem Bette auf. gefunden. Die Umstände und der Befund der Leiche lassen auf einen gewaltsamen Tod schließen, weshalb sofort auf dem 32. Polizeirevier Anzeige erstattet wurde. Am Halse zeigten sich Strangu- lations.Merkmale und kleine Kratzwunden, davon eine so genau, daß es möglich ist, den Abdruck der Fingernagels genau zu erkennen. In der Wohnung ist kein Geld gefunden worden. Engel hat nachweislich viel in homosexuellen Kreisen verkehrt und auch eine Anzahl von Besuchern, meistenteils nach Schluß des Geschäfts empfangen, darunter auch einen Einjährig-Freiwilligen. Es wurde festgestellt, daß gestern ein Wechsel, der präsentiert wurde, nicht bezahlt werden konnte und daß auch heute und in dm nächsten Lagen größere Zahlungen bevorstanden. Es wäre also gar nicht unwahrscheinlich, daß Engel in seiner finanziellen Bedrängnis Hand an sich selbst gelegt hat. Auch die Gerichträrzte neigen der Ansicht zu, daß ein Selbstmord vorliegt.

Magdeburg 21. Juli. (Meuternde Arbeitssoldaten.) Eine Abteilung Arbeits- soldaten war unter der Aufsicht eine» Sergeanten und eine« Gefreiten mit der Aufharkung eine» Reitwege« im Glacis beschäftigt. Der vielfach vorbestrafte Arbeitssoldat Warzh meldete sich beim Sergeanten wegen Kopfschmerzen. Dieser ließ ihn hin- und hergehen, Warzh wollte sich aber setzen. Plötzlich ging er auf den Sergeanten los und warf ihn zu Boden. Der Gefreite wollte das Seitengewehr ziehen, wurde aber von zwei anderen Soldaten niedergeschlagen; dann fielen alle drei Meuterer über den Sergeanten her.

fort, weshalb ich mich an Sie gewandt habe der versteckte Stachel in ihren Worten sollte mir gelten, wie ich sehr wohl erkannte so muß ich Ihnen noch mehr Mitteilen. Eben die Briefe, die sich in Ihrem Ge­wahrsam befinden, wurden von Jean Baptiste zu Erpressungen benutzt.

Ter Teufel hole ihn! rief er aus; seine Stimme bebte vor Scham» Selbstvorwürfen, Empörung, jetzt, da er erfahren hatte, welcher Mißbrauch mit seiner Gutmütigkeit getrieben worden war.

Ich schwöre er, fuhr sie fort; aber nun ist er ja tot» er kann mit all seiner Verworfenheit und Erbärmlichkeit keinen Schaden mehr anstiften. Nicht wahr?

Sie stand dicht neben Sterling, in ihrer Stimme lag wieder der Ton inständigsten Flehen«.

Ich fange an, alle« zu verstehen, murmelte er bitter, mehr zu sich al« zu ihr.

Aber eine Stimme in meinem Innern flüsterte mir immerwährend zu, daß bi« jetzt weder er noch ich das geringste davon verstand.

Diese elenden Briefe enthalten das Geheimnis einer Frau, fügte er ernst hinzu. Trifft die« zu?

Für einen Augenblick gab sie keine Antwort. Dann fuhr ste zu­sammen und stieß einen Ton aus, der mir wie der Schrei unterdrückten Jubels klang. Ich konnte in ihrem Herzen lesen, ich konnte ihr Gesicht sehen, obgleich ste mir den Rücken zukehrte und es noch hinter ihrer Marke von Krepp versteckt war. Ich konnte den Triumph in ihren Augen auf- blitzen, ein freudige» Lächeln ihre Lippen umspielen sehen, al« die Worte meine» Freunde« ihr ein Mittel andeuteten, durch da« sie ihren Zweck, da« Paket ohne vorherige Prüfung seine» Inhalt« in ihre Hände zu be­kommen, erreichen könnte.

Ja, ja' rief ste zitternd vor Erregung au», die Briefe enthalten da» Geheimnis einer Frau.

Der infame Schurke! brummte Sterling.

Aber Sie werden ste mir zurückgeben und zwar sogleich? fragte ste so sanft, so bittend, daß auch ein weniger empfängliche« Herz als da» meine« Freunder zu einer sofortigen, besinnungslosen Gewährung einer so rührend aurgesprochenen Bitte hätte bewogen werden können.

Dann gehören die Briefe Ihnen? Seine für diese Frau so demü­tigende Frage war so leise gestellt worden, daß die Worte kaum zu meine« Ohre drangen.

Die Briefe gehören mir, hörte ich die Dame als Antwort flüstern. Ste ließ den Kopf auf die Brust finken, ihre Haltung verriet die äußerste Beschämung, und sie begann leise zu schluchzen.

Und das in ihnen enthaltene Geheimnis gehört Ihnen? fuhr er fort.

Ach! ja. Sie preßte ihre mit den weißen Handschuhen bekleideten Hände vor ihr Gesicht und wahrscheinlich weinte sie unter ihrem Schleier. Aber mir, der ich unüberzeugt, ungerührt, al» kühler Beobachter dasaß, kam es vor, al« sei ihre Haltung angenommen» als finde ihr Kummer in ihrem Herzen keinen Widerhall.

Dann sollen Sie diese Briefe auf jeden Fall haben, rief mein Freund mit lauter Stimme.

Bei diesen verheißungsvollen Worten schien sich ihre Stimmung zu ändern. Stimme und Haltung verrieten ihr stürmischer Entzücken, al» ste. zu seinem ernsten, männlichen Gesichte aufblickend, flüsterte: O Dank, Dank, tausend Dank!

Sie zögerte einen Augenblick. Und Sie wollen ste mir übergeben, fragte ste angstvoll, jetzt gleich uneröffnet - ungelesen?

Bevor er aber seine Einwilligung, die ihm auf den Lippen schwebte, geben konnte, trat ich einen Schritt vorwärts.

Halt, Sterling! Da habe ich ein Wort hinsinzureden.

(Fortsetzung folgt.)