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Amts- und Änzeigeölatt fiir Len Oberamtsbe^irk Calw.

LrlitztinunzStaze: Montaz, Dienstag, Mittwoch, »onnerStag, Freitag und SamStag. JnsertionSpreiS >0 Psg. pro Zeile für «ladt u. «ezirlSorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Amtliche Beka«ntmachtt«gen.

Die Ortsbehörden

erhalten den Auftrag, die Ueberficht über die GehaltSoerhaltniffe der OrtSvorsteher dis 23. dS. Mts. als portopfl. D.-S. hieher vorzulegen, soweit dies noch nicht geschehen ist. Erlaß vom 15. ds. Mts., Wochenblatt Nr. 137.

Calw, 20. Juni 1908.

K. Oberamt. Voelter.

Die Kgl. ev. Ortsschnlinspektorate

wollen die Lehrer-Wehrlifteu bis zum 1. Juli d. I. einsenden. Die Einsendung kann da unter­bleiben, wo seit 1. Dezember 1907 keine Veränderung vorgekommen ist.

Calw, 22. Juni 1908.

K. Bezirksschulinsyektorat. Schmid.

Tsgesnenisreilm.

8.-V. Calw 22. Juni. Ein am Samstag abend sinsetzsnder Lindregen schien dis Fcühtour des Schwarzwaldvereins zu vereiteln. Und dennoch fanden sich gestern früh nach 6'/« Uhr 6 Herren und Dutzend Damen ein, die frohgemut auf staubfreier, sauber abgewaschener Straße über Hirsau und Oberrsichenbach nach Altburg pilgerten. Nach der Hitze der letzten Tage war es ein großer Genuß in kühler Morgenluft zu wandern und alle Teilnehmer kehrten Punkt 12 Uhr wohlbefriedigt nach Calw zurück.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.f Bei der am 21. April d. I. und an den folgenden Tagen vorgenommenen ersten Staatsprüfung im Hochbaufach ist u. a. für befähigt erkannt worden: Staudenmeyer, Erwin, von Calw, derselbe erhält die BezeichnungRegierungsbauführer".

Montag, den 22. Juni 1908.

BezugSpr.i. b. Stabt'/^Lhrl.m. DrSgerl. Mk. 1.25. PostbezugSpr. f. d.OrtS- u. NachbarortSverk. '/«jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. I.M. Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.

Nagold 20. Juni. Am hiesigen Schul­lehrerseminar findet in den nächsten Wochen unter der Leitung von Oberlehrer Faut ein Zeichenkurs statt, der die Lehrer der Bezirks, die Zeichenunterricht zu erteilen haben, theoretisch und praktisch in die neue Methode einführen soll.

Herrenberg 20. Juni. Auf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 126 Stück Milchschweine, Erlös pro Paar 3044 28

Stück Läuferschweine, Erlös pro Paar 5080 Angebot und Nachfrage schwach.

Stuttgart 20. Juni. Die Zweite Kammer hat heute in der fortgesetzten Be­ratung der Bauordnung auf Art. 3 zurück­gegriffen, damit die Beratung der Art. 79 und 80 verbunden und in dreistündiger Debatte mehrere wiederholt abgeänderte Anträge der Zentrums erörtert, die klare Bestimmungen über das Be­schwerderecht der Beteiligten gegen behördliche Entscheidungen und Verfügungen in Bausachen, namentlich in Fragen der Ortrbausatzungen und der Ortsbaupläne, und damit einen besseren Schutz der Einzelinteressen bezwecken. Minister v. Pischek erklärte sich mit der Festlegung der Grundsätze des Beschwerderechts im Gesetz ein­verstanden. Ein weiterer Zentrumrantrag wollte, daß, wenn die Baugenehmigung durch unrichtige Zeichnungen oder Angaben herbeigeführt worden ist, fie, soweit öffentliche oder private Interessen dies erfordern, jederzeit zurückgenommen werden kann und daß alsdann die Fortsetzung der be­gonnenen Bauausführung untersagt und die Ab­tragung der schon Ausgeführten angeordnet werden kann. Schließlich wurde noch verlangt, daß von der Beratung und Beschlußfassung des Bezirks- rats (über Beschwerden gegen eine Entscheidung des Gemeinderat») solche Mitglieder aurzuschließen find, die bei der Beschlußfassung in der Gemeinde­

instanz mitgewirkt haben. Je länger die Be­ratung dauerte, desto unübersichtlicher wurde fie, da die Anträge eine große Zahl von Aenderungen, allerdings meist redaktioneller Natur» über sich ergehen lassen mußten, so daß man sich in eine Kommiffionsfitzung versetzt fühlen konnte. Diese Unübersichtlichkeit hatte dann auch zur Folge, daß die Beschlußfassung zurückgestellt wurde, bis die Anträge gedruckt vorliegen. Bei Art. 80 a, der die Frage der Dispensationen (Befreiungen) von den baupolizeilichen Vorschriften behandelt, wurden diese Dispensationen allgemein als ein Nebel- stand anerkannt, von der Mehrzahl der Redner aber für unentbehrlich erklärt. Angenommen wurde ein Antrag Mayer-Ulm, wonach in allen Fällen der Befreiung, in denen die Ge­meindebehörde zuständig ist, der Gemeinderat gehört werden muß. Art. 82, der die Ueberwachung von Bauausführungen betrifft, führte gleichfalls eine längere Debatte herbei und zwar über den Arbeiterschutz. Der Abg. Kraut beantragte folgende Bestimmung: Die Ueberwachung der Tätigkeit der Oberamtrbaumeister, der Ortsbau- techntker und besonderen Sachverständigen erfolgt durch einen oder mehrere vom Ministerium des Innern zu bestellende Aufstchtrbeamte. Diese haben sich in den einzelnen Bezirken regelmäßig über die vorschriftsmäßige Ausführung der Bauten zu vergewissern und dabei insbesondere auch die Ein­haltung der Anordnungen, zum Schutz der Bau­arbeiter zu überwachen. Diesem Antrag wurde von allen Seiten zugestimmt, namentlich auch von dem Abg. Mattutat (Soz.), der betonte, daß die Wünsche der Arbeiter nach schärferer Bau­kontrolle am besten durch Staatraufstcht befriedigt würden. Zu Art. 82g., der für Gemeinden mit lebhafter Bautätigkeit die Bestellung von Bau­aufsehern au» dem Arbeiterstand als Gehilfen de« Ortsbautechntkers oder des Oberamtsbaumeister«

Unrecht Gut!

Roman von B. Corony.

(Fortsetzung.)

Noiseul unterließ jeden erneuten Annäherungsversuch und erschien nicht wieder bei dem Kommerzienrat. Wie verschiedenen anderen Personen, war es auch dem beständig lauernden Jean ausgefallen, daß Katharina seit vielen Wochen, ganz gegen ihre frühere Gewohnheit» häufig ohne Begleitung das Haus verließ.

Wohin geht die Tante nur immer?" bemühte er sich eines Tages seine Schwester aurzuforschen, welche kurz und kalt erwiderte:Ich habe weder bisher darnach gefragt, noch werde ich es später tun. Das find Dinge, welche sie allein betreffen, und niemand weiter."

Meinst Du? Ich habe meine eigenen Gedanken darüber."

Dann behalte fie für Dich! Uns steht es nicht zu, dem Tun und Lassen der Tante nachzuspüren."

Danke für gütige Belehrung," erwiderte er ironisch.Zur Belohnung dafür sollst Du auch etwas ganz Interessantes erfahren. Fragst Du nicht: was?"

Nein! Neugierde plagt mich selten."

Du bist eben erhaben über die Schwächen de» weiblichen Geschlechtes."

Spare Deinen Spott! An mir prallt er ab."

Ruhig fuhr Arsens fort, den Blumentisch zu ordnen.

Nun, Dir kann'« ja auch am Ende ganz gleichgültig sein, wenn man in öffentlichen Lokalen davon spricht, daß Coustn Guido sich nun bald mit der Komtesse von Selwitz verloben wird."

Das ist Deine eigene teuflische Erfindung!" fuhr fie auf, während die Gießkanne ihren Händen entfiel.

Nein, nein, da traust Du mir mehr Phantasie zu, als ich besitze," antwortete er lachend und die zierliche Kanne aufhebend.Was ich da eben sagte, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Na, im Grunde darf man's ihm nicht übelnehmen, wenn er eine begüterte und einflußreiche Braut wählt. Er wird wohl am Ende selbst wissen, daßmanches faul ist im Staate Dänemark", und sich daher klugerweise beizeiten zu sichern suchen. Der Schwiegersohn des Kommandanten Erich von Selwitz, dessen Stammbaum in längst vergangenen Zeiten wurzelt, steht gewissermaßen außerhalb Schußweite und kann sich nötigenfalls von seiner Familie los« sagen."

Weit entfernt, Deine versteckten, niedrigen Anschuldigungen der mindesten Beachtung zu würdigen, halte ich Dir nur entgegen» daß der ahnenstolze und reiche Graf niemals die Einwilligung zur Verbindung seiner einzigen Tochter mit einem Bürgerlichen geben würde."

Seiner einzigen Tochter! Damit nennst Du selbst, woran jeder Widerspruch scheitern muß. Juliane ist der Kommandanten jüngste« und jetzt einziger Kind. Zwei Söhne und eine Tochter starben, kaum geboren, dahin. Du stehst, daß ich genau unterrichtet bin."

An Deinem Talent» den Spion zu spielen, zweifle ich niemals."

Es ist nun einmal eine liebenswürdige Eigenart von Dir, jede Antwort mit scharfem, brennendem Beigeschmack zu würzen. Schadet nicht, Schwesterchen! Ich leide sehr häufig an verdorbenem Magen und liebe da« Pikante daher in jeder Form. Komteßchen, da« zarte, bleichsüchtige, etwas hysterische Geschöpf, soll geradezu verschossen in den hübschen Husaren­leutnant sein, und erklärt haben: nur an seiner Seite fortleben zu wollen. Nun gibt es Eltern von wirklich jrmmernswürdiger Nachgiebigkeit, Sklaven ihrer Kinder, die nie ein feste«, entschiedene«Nein" auszusprechen wagen, au« Furcht, der Liebling werde infolgedessen sofort eine Reise in die Ewigkeit antreten. Da« in Rede stehende Grafenpaar soll auch zu jenen armen