Amts- und Änzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw

83. Ishr-lm-.

142

' ' KM

- ' >

NM

MM

MMF'M

PUÄ7

jDQM-A:

IrscheinungKr-ge: Montaz. Di-nst-a, Mittwoch, I »onner»taa, Freitag und «am»tag. Jns-rti-n»preir i w Pfg. pro Zeile jür Stadt u. BeziikSorte,- außer Bezirk 12 Pfg. I

Samstag, den 20. Juni 1908.

BezugSpr. i. b. Stabt '/«jiihrl. m. Triigerl. Mk. I.2L. Postbezuglpr. i. d.OrtS- u. Nachbarortsverk. >/^SHrl. Mk. ILO, im Fernverkehr Mk. 1.30. Lestellg. in Württ. 30Psg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.

TssesrrenrMLerr.

Calw. (Einquartierung). Vom Montag 22. bis Mittwoch 24. Juni werden Teile der 2. und 3. Kompagnie des K. Preuß 4. Telegraphen­bataillons (Karlsruhe) Tag um Tag abwechselnd in der Stadt ein quartiert und zwar am 22. Juni 8 Offiziere, 28 Unteroffiziere, 134 Mann, 61 Pferde; am 23 Juni 7, 22, 165, 88; am 24. Juni 4, 10, 63, 27, zusammen also 19 Offiziere, 60 Unteroffiziere, 362 Mann, 176 Pferde.

Nebringen OA. Herrenberg 19. Juni. Hier verunglückte ein 12jähriger Mädchen dadurch, ä»ß er von einem Heuwagen in eine Gabel stürzte. Es war sofort tot.

Stuttgart 19. Juni. Eine außer­ordentliche Generalversammlung des Verein- Süddeutscher Baumwollindustrieller unter dem Vorsitz des Kommerzienrates Semlinger- Bamberg, beschloß einstimmig, der jetzigen miß­lichen Geschäftslage in der Baumwollbranche durch eine allgemeine planmäßige Produktionseinschränk­ung Rechnung zu tragen. Man verständigte sich einmütig darauf, daß für die Monate Juli, August, September und Oktober die Etablissements mit heute 65 Wochenarbeitskunden auf 55, die Eta­blissements mit heute 59 Wochenstunden auf 52 Wochenstunden zurückgehen. Diese Reduktion bedeutet nach dem Stärkeverhältni» der Elfstunden­betriebe zu den Zehnstundenbetrieben eine durch­schnittliche Gesamteinschränkung von 14°/o der bisherigen Produktton.

Stuttgart 19. Juni. Eine gewerbs­mäßige Haftgeldschwindlerin, die hier längere Zeit ihr Unwesen trieb» wurde in der Person der Dienstmagd Pauline Vaihinger von Schnait ermittelt. Sie verdingte sich unter falschem Namen, ließ sich das Haftgeld geben,

trat aber den Dienst nicht an. Es werden ihr eine große Anzahl Betrügereien zur Last gelegt.

Stuttgart 19. Juni. (Strafkammer.) In Pflugfelden kam es eine» Abends zwischen jungen Burschen zu Streitigkeiten, wobei sie mit Steinen nacheinander warfen. Dem 18 Jahre alten Bauern Gottl. Benninger gefiel diese Kampfer­weise nicht, er holte zu Hause eine Flinte und schoß auf seine Gegner, ein Bursche wurde in den Arm getroffen und nicht unerheblich verletzt. Die Flinte hatte Benninger 14 Tage vorher in einem Gartenhäuschen gestohlen. Trotz seiner Jugend ist er schon wiederholt vorbestraft. Die Strafkammer verurteilte ihn wegen schweren Dieb­stahls und Körperverletzung zu 3 Monaten 10 Lagen Gefängnis bei sofortiger Verhaftung.

Eßlingen 19. Juni. Zu dem Ver­brechen bei Ruit erfahren wir, daß seit gestern von der hiesigen Landjägermannschaft, welche seither eine äußerst rege Tätigkeit entfaltete, eine Spur gefunden wurde, die auf den Täter schließ m läßt. Der vermutliche Täter ist 19 Jahre alt, Maurer und Fabrikarbeiter. Er stand bis 30. Mai hier in Arbeit und hielt sich bei seiner Mutter auf. Während er seit dem Austritt au« der Arbeit sich regelmäßig morgens und abends bei seiner Mutter etnkellte, ist er seit der Zeit, in der da« Verbrechen begangen wurde, spurlos verschwunden.

Kirchheim 19. Juni. Wie kürzlich von hier gemeldet wurde, ist der bei der Stadt- schultheißenwahl unterlegene Kandidat, Ver­walter Schönleber, zum Ratschreiber gewählt wordm. Da aber die Abstimmung nicht geheim vorgenommen wurde, sondern durch Zuruf erfolgte, was einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung bildet, so haben 6 Gemeinderäte gegen die Wahl Schönleberr bei der zuständigen Behörde protestiert, um die Kassierung herbeizuführen. Man steht,

der Frieden ist in ver hiesigen Gemeinde noch nicht eingekehrt, im Gegenteil haben sich die Gegensätze insofern verschärft, als ein Teil der Bürgerschaft gewünscht hatte, daß die freige­wordenen Stellen erst nach dem Amtsantritt de« neugewählten Schultheißen besetzt werden.

Friedrichshafen 19. Juni. Es war eine regelrechte Aufregung, die sich heute schon von früher Morgenstunde an in Friedrichshafen bemerkbar machte. Der Menschenzustrom wuchs von Stunde zu Stunde. Freilich sah man viele zweifelnde Gesichter. I» den ersten Morgen, stunden hat ein strammer Föhn geblasen und auch ohne die Versuche, die die Kgl. Drachenstation anstellte, merkte man deutlich, daß sehr starke Luftströmungen herrschten; vor Allem zeigte dar auch der See selbst, der sich zeitweise recht un- ruhig geberdete. Vielfach hörte man deshalb die Ansicht äußern:Bei diesem Wetter steigt Graf Zeppelin nicht aus!" Aber eine Meldung in diesem Sinne kam nicht. So fuhren denn die beiden württembergischen Dampfer, die dem Ereignis beiwohnen wollten, zum Hafm hinaus. Der DampferKönrg Wilhelm", den die Dampfschiffahrtsdirektion bereitgestellt hatte und an dessen Bord es mm Menschen wim­melte, um */r4 Uhr, der SalondampferWürt­temberg" mit den Gästen de» Grafen an Bord um V»5 Uhr. Außerdem hatten die badische, die bayrische, die östreichischs und die schweizerische Direktion Dampfer ausgerüstet, die von vielen Hunderten von Menschen benutzt wurden. Von Menschen schwarz war auch da« Ufer von Manzell. Viele kleine Boote durchfurchten die Wellen, hatten aber bei dem hohen Wellengang schweren Stand. Leider wurdk den Tausenden, die Zeuge des großen Ereignisse« sein wollten, eine Ent­täuschung bereitet. DieWürttemberg" mit den Gästen der Grafen war kaum in der Nähe der

Unrecht Gut!

Roman von B. Corony.

(Fortsetzung.)

Arsene ist mir herzlich gut, Mama."

Das allein genügt nicht."

Doch! Bei einer ruhigen, verschlossenen Natur"

Verschlossen? Ja! Ruhig? Wie wenig kennst Du Deine Kusine! Ruhig? Arienes Seele ist einem Vesuv vergleichbar, sage ich Dir, einem Vesuv, in dessen Innerem es glüht und flammt und der mit ver­zehrenden, todbringenden Feuergarben die blühendste Landschaft zu versengen vermag und Arsene, sei er offen ausgesprochen, denn Du mußt und sollst klar sehen, Arsene liebt Dich nicht."

Nicht wie ich sie. Aber"

So wie Du sie und noch viel viel mehr, liebt sie einen anderen."

Wen?" rief Walter, ihre beiden Hände ergreifend und schüttelnd. Wen?" widerholte er ruhiger.Antworte mir doch! Du stehst ja, ich bin schon wieder ganz gefaßt. Mit einem einzigen Blitz und Donnerschlag hat da« Gewitter in mir ausgetobt. Jetzt kann ich alles hören. Du darfst mir nichts verschweigen!"

Und will'« auch nicht, denn welchen Fluch da« Verbergen und Ver­stecken in sich birgt, Hobe ich erfahren. Arsene gab Dir niemals ein Ver- sprechen, nicht wahr?"

Nein! Ich bat auch um keines, sondern wollte erst, da ich auf Papa« Zustimmung nicht rechnen durste, selbst in der Lage sein, ihr eine gesicherte Zukunft bieten zu können."

Dar Schicksal entschied ander», mein Sohn. Arsene liebt"

Wen?"

Deinen Bruder Guido."

Guido?"

Du wirst ihn deshalb nicht Haffen?" Aengstlich streckte Katharina die Hände aus.

Nein, ich werde ihn deshalb nicht Haffen," erwiderte Walter, jede Silbe mit Anstrengung hervorstoßend.Nur glücklich soll er sie machen und den ganzen Wert des Schatzes, der ihm zuteil wird, erkennen. Denn täte er es nicht, sollte er sich einfallen lassen, in den Staub zu treten was ich wie ein Heiligtum hoch über mich hätte heben mögen, dann werde ich ihn Haffen, dann wären wir Todfeinde bis zum letzten Atemzuge. I« übrigen was mich anbelangt, sei nur ruhig, Mutter. Es war ein harter Schlag, aber ich überwinde ihn. Mich wirst nicht so leicht etwa» nieder. Deine Aufgabe wird es sein, Papas Widerstand zu besiegen. Glücklich muß Arsene werden! Du siehst doch ein, daß sie es muß?"

Mehr vielleicht, als Du selbst es einsiehst, mein Sohn."

Die bittere Sorge um mich hätte Dein Haar nicht so silberweiß färben sollen. Es fällt mir schwer, zu entsagen, denn das Mädchen war der leuchtende Mittelpunkt aller meiner Zukunftsträume, aber von solchen Herzenrkämpsen bleiben wohl nur wenige verschont. Da« muß, so scheint es, durchgemacht und überwunden werden. Ich bin kein sentimentaler Mensch, kein Kopfhänger. Wer unermüdlich arbeitet, hat keine Zeit, in nutz­loser Trauer zu vergehen. Also lasse, was mich betrifft, alle Angst und Sorge fahren. Mag die Wunde auch schmerzen zugrunde gehe ich nicht an ihr! Adieu, Mutter! Ich habe jetzt das Bedürfnis, einige Stunden allein zu sein. Wenn wir un« Wiedersehn, ist Dein liebe« Gesicht hoffentlich wieder heiterer geworden."

Ein müdes Lächeln umspielte ihre Lippen; als sie ihm zum Abschied die Hand reichte.

(Fortsetzung folgt.)