Amis- und Än;eigeblatl für den Gberamtsbesirk Ealw. 83. Zahrzmr.

124

WW

MM.

MM

«WW

Lr^chkinungstag«: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und EamStag, JniertionSprciS :-i yfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 52 Pfg.

Amtliche Bek-rtttttmachnnge«.

Die Schnttheitzeuiimter

werden hiemit benachrichtigt, daß durch Entschließung der K, Kreisregierung in Reutlingen vom 23. dS. MtS. dem christliche« Soldatenbund für Württem­berg die Erlaubnis erteilt worden ist, zur Samm­lung von Mitteln für seine Zwecke im Schwarz- waldkceis eine Hauskollekte mit Beschränkung auf die Zeit vom 1. Juli 1908 bis 30. Juni 1909 veranstalten zu dürfen.

Die Polizeibediensteten sind hievon zu ver­ständigen.

Calw, 29. Mai 1908.

K. Oberamt. Voelter.

Die Ortsbehörde«

der zum Gemeindeverband der Schwarzwaldwasser­versorgung gehörigen Gemeinden werden beauftragt, den für die Zwecke der Feuerwehr hergestellten OrtSplau binnen 3 Tagen hierher einzusenden. Calw, 29. Mai 1908.

K. Oberamt. Voelter.

Tagrsuevigkeite«.

Calw 27. Mai. Bei den während der Monate MärzMai ds. Js. vor der Hand­werkskammer Reutlingen stattgehabten Meisterprüfungen haben von 66 Kandidaten 60 die Prüfung bestanden und sich damit das Recht zur Führung des Meistertitels erworben. Auf die einzelnen Berufe verteilen sich die Prüflinge folgendermaßen: 12 Bäcker, 1 Elektro-Jnstallateur, 1 Drechsler, 2 Flaschner, 5 Gipser, 1 Kaminfeger, 5 Glaser, 1 Feinmechaniker, 4 Maler, 3 Maurer 4 Metzger, 1 Schlosser, 2 Schmiede, 6 Schreiner,

Kreitag, den 29. Mai 1908.

2 Schuhmacher, 10 Zimmerer. Unter den jungen Meistern befinden sich u. a.: Bolz Karl, Bäcker in Hirsau, Kuder Jakob, Gipser in Stammheim, Sauer Chr. Fr., Gipser in Calw, Br e itli n g Fr., Kaminfeger in Calw, Renz Gotth, Glaser in Calw.

fAmtliches aus dem Staatsanzeiger). Se. Maj. der König haben geruht, den Bahnmeister, tit. Oberbahnmeister Bengel, seinem Ansuchen gemäß nach Calw zu versetzen.

Herrenberg 27. Mai. Gestern vormittag flog über die hiesige Gegend der in Straßburg um 8 Uhr früh aufgestiegene Ballon Zeppelin der Oberrheinischen Vereins für Luftschiffahrt, der mit drei Herren unter der Führung des Haupt­manns Lohmüller bemannt war. Der Ballon ist um 1 Uhr bei Metzingen gelandet. Wie der Schwäb. Merkur" berichtet, haben die Insassen aus 2600 m Höhe eine Postkarte zur Erde ge­worfen, die in Nebringen aufgefangen wurde.

Hochdorf O.-A. Horb 27. Mai. Durch hereinbrechende Gesteinsmassen getötet wurde hier in einem Steinbruch der Arbeiter Joh. Raible aus Göttelfingen. Die schweren Blöcke, die sich beim Sprengen gelockert und infolge des Regens erst später gelöst hatten, haben ihm das Rückgrat gebrochen.

Stuttgart 27. Mai. Der Komponist des König Karl'Marsches, der zur Zeit des deutsch- französischen Krieges entstanden ist, Kanzlsirat und Kapellmeister a. D. Unrath, feiert am 1. Juni seinen achtzigsten Geburtstag.

Stuttgart 27. Mai. (Strafkammer.) Der Schultheiß a. D. Heinrich Stumpp von Altdorf O.-A. Böblingen hatte sich wegen Amtr- unterschlagung zu verantworten. Ec nahm am 10. April v. I. auf dem Rathaus von dem Pfarrer 3552 Gemeindesteuer in Empfang,

BezugSpr. i. d. Stadt »/^Lhrl.ni. Träger!. Mk. 1.2L. PostbezugSpr. f. d.Orts-u. NachbarortSverk. '/,jährl. Mk. I., tm Fernverkehr Mk. I.M. Bestellg. in Württ. M Psg., in Bagern u. Reich 42 Psg.

lieferte jedoch das Geld nicht an den Gemeinde- pfleger ab, sondern verwendete es zur Bezahlung von Schulden. Der Angeklagte bezog aus ver- schiedenen Aemtern ein Gesamteinkommen von 1800 Die Strafkammer verurteilte ihn zu 7 Monaten Gefängnis, außerdem erkannte das Gericht auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von 3 Jahren. Der Vertreter der Anklage hatte 1 Jahr Gefängnis und die sofortige Verhaftung beantragt.

Reutlingen 27. Mai. Gestern waren zehn Jahre verflossen, seit Oberbürgermeister Hepp sein Amt angetreten hat. Au» diesem Anlaß war bei der gestrigen Sitzung der bürger­lichen Collegien der Saal dekoriert. Der dienst- älteste Gsmeinderat, Privatier Schradin gab namens der Gemeinde dem Danke an den Ober­bürgermeister Ausdruck, dessen Gehalt von 10000 auf 11000 ^ erhöht wurde.

Oehringen 27. Mai. Vor dem hiesigen Schöffengericht fand gestern ein merkwürdiger Beleidigungsprozeß statt. Auf einer Jagd, die im vorigen Winter der GutSpächter Schmidt- Platzhof veranstaltet hatte und an der Rittmeister Rover und Domänendirektor Stefan, beide in Oehringen, tetlnahmen, war ein Treiber namens Schmierer von Zweiflingen derart angeschoffen worden, daß er an den erhaltenen Verletzungen nach einiger Zeit starb. Der Jagdbesttzer Schmidt- Platzhof, hält sich für den unglücklichen Schützen und sicherte den Hinterbliebenen eine Entschädig­ung von 4000 Nach einiger Zeit ging das, angeblich von Rittmeister Rover ausgehende Ge- rede durch die Stadt, den verhängnisvollen Schuß habe nicht Schmidt-Platzhof, sondern der Domänen- direktor abgegeben; Schmidt habe die Sache über- nommen, weil er durch die Haftpflichtversicherung gedeckt war. Infolge dieses Geredes strengte

Unrecht Gut!

Roman von B. Corony.

(Fortsetzung.)

Kommerzienrat Huber schritt mit kühlem Gruß, der ebenso förmlich erwidert wurde, an seiner Nichte vorüber, die das Zimmer verließ, er reichte dem Sohne die Hand:Willkommen! Bist Du schon lange hier? Man hat wohl vergessen, mir Deinen Besuch zu melden."

Ich kam eben erst und verbot dem Diener ausdrücklich, Dich zu stören, da ich ja weiß, wie kostbar Deine Zeit ist. Mama und die Schwestern find ausgefahren, aber Bärchen war so liebenswürdig, mir einstwellen Gesell­schaft zu leisten. Ich muß auch in spätestens einer halben Stunde wieder fort. Bin heute bei dem Kommandanten Graf von Selwitz zum Souper geladen, das er zu Ehren seines au- der Pension heimgekehrten Töchterchen« gibt. Ein Ball soll sich anschließen. Da wird man natürlich mit allen möglichen Backfischchen tanzen und Süßholz raspeln müssen. Schauderhaft langweilig! Na in Gottes Namen. Geht mal nicht« anders."

Bei dem Grafen von Selwitz?" rief Huber, und dunkelrote Flecken brannten auf den hervorstehenden Backenknochen seiner scharf und mager gewordenen Gesichtes.Der empfängt ja Gäste au» den höchsten Kreisen. Seine Gemahlin ist eine Prinzessin von H ... - Guido, auf diese Ein­ladung darfst Du stolz sein."

Es gilt für eine besondere Ehre und Auszeichnung, von dem Grafen empfohlen zu werden. Daß mir dieser Vorzug zu teil wurde verdanke ich nur einem glücklichen Zufall. Prinz von R. ist verhindert, der an ihn ergangenen Einladung zu folgen, da muß ich gewissermaßen als Ersatzmann dienen. Mein Gott, man braucht ja Tänzer. Die hochadeligen jungen Damen dürfen doch nicht als Mauerblümchen figurieren. Da wird eben

unsereiner als Notbehelf herbeigeholt. Ich hätte ja mit Wonne abgelehnt, kannst er mir glauben, mit Wonne! Aber der Graf ist einflußreich und man will vorwärts kommen, da heißt es eben ein Auge zudrücken und gute Miene zum bösen Spiel machen."

Natürlich, Guido natürlich! Du mußt nach einer festen starken Hand greifen, die Dich zu stützen und heben vermag."

Selbstverständlich I"

Du wirst nun gewiß viel beim Kommandanten verkehren."

Nun ja, das ist nicht gerade ausgeschlossen."

Alles hängt davon ab, wie Du heute reüssierst."

Je nun, ich traue mir einige gesellschaftliche Talente zu, Papa." Er zog die Uhr hervor.Jetzt ist es wohl Zeit, daß ich mich verabschiede."

Noch eins, mein lieber Junge!"

Was denn?"

Ich überraschte Dich vorhin im eifrigen Gespräch mit Arsene, und glaube überhaupt in letzter Zeit bemerkt zu haben, daß Du Dich für sie interessierst."

Ach, Papa! Man unterhält sich gut mit ihr. Sie hat pikante Einfälle und gehört nicht zu den albernen Modegänrchen."

Aber ich warne Dich vor ihr. Arsene ist die Tochter eine« Mannes, der gar schlimme Eigenschaften hatte und mir viel Böses tat."

Ja, ja, Du erzähltest mir die Geschichte schon einmal."

Am liebsten würde ich nie mehr davon reden, und überhaupt alles vergessen was Paul betrifft. Aber da find seine Kinder als lebende Erinnerungszeichen."

Ueber Arsene hast Du keine Ursache, Dich zu beklagen. Sie drang sich wahrhaftig nicht vor und ist der Mama eine rechte Stütze und liebe Gefährtin, aber daß Du den Kustn nun doch hierher berufen hast, da« setzt mich einigermaßen in Erstaunen."