Sa»»tag de« 4. Oktober 1941

Der Enztäler

99. Jahrgang Rr. 233

v<m Brauchitfch 60 Lahre

Der Oberbefehlshaber des Heeres

DNB. Berlin. 4. Oktober. Heut» begebt der Oberbe­fehlshaber des Heeres, General feldmarschall Walter von Brauchitfch, seinen SV. Geburtstag. Seit dem Ausbruch ieS Grotzdeurschen Freiheitskrieges leitet »r nach den Wei- ungen des Führers und Obersten Befehlshabers die Opera- nonsn des größten Wehrmachtsteiles, des deutschen Heeres, »essen Soldaten sein Herz und ganze Fürsorge gehören.

Kalten . ,

Armee sin, und zwar in das Königin-Elisabeth-Garde-Gre. nadier-Regiment Nr. 3. Ein Jahr später wurde er. auf eine- nen Wunsch die Waffengattung wechselnd, in das 8. Garde- Fsldartillerie-Reaiment versetzt. Nach längerer Verwendung ÄS Regimentsaojutant wurde er 1912 ohne Besuch der Kriegsakademie zum großen Generalstab kommandiert und. 1913 zum Hauptmann befördert, in diesen, versetzt. Während des Weltkrieges hat sich GeneralfeldmarschaÜ von Brau- chitsch in den verschiedensten Stellen des Truppengeneral­stabes, vorwiegend als 1. Generalstabsoffizier, ausgezeichnet. Nach dem Zusammenbruch faßte er sofort den Entschluß, mit aller Kraft und Hingabe am Wiederaufstieg Deutschland und seines Heeres nntzuarbeiten. In den arbeitsreichen Jahren des Aufbaues dB IVOVOO-Mann-Heeres konnte er dabei so­wohl im Reichswehrministerium, wie auch in der Front seine reichen Kriegserfahrungen einsetzen. Wenige Tage, nachdem der Führer die Geschicke des Deutschen Reiches in seine Hand genommen hatte, wurde von Ärauchitsch, inzwischen zum Generalmajor befördert, Kommandeur der 1. Division Und Befehlshaber im Wehrkreis I. Er übernahm damit die Sicherung des deutschen Ostpreußens gegen Polen. In uner- wüdlicher Arbeit hat. Generalfeldmarschall von Brauchitfch in dieser Stellung vor und nach der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht, zuletzt als Kommandierender Ge- -tteral des I. ÄK, die Verteidigung dieses deutschen Grenz­landes aufgsbaut und dem I. Armeekorps eine ausgezeichnete Ausbildung und Erziehung gegeben. Nach einer kurzen Verwendung als Oberbefehlshaber der Keeresgruppenkom- Mandos 4, dem damals alle motorisierten Kräfte des Heeres unterstanden, ernannte der Führer und Oberste Befehlsha- Uc der Wehrmacht den damaligen Generalobersten von Brauchitfch aus seinem besonderen Vertrauen als Nachfolger d^s Generalobersten Freiherrn vom Fritsch am 4. Februar 1938 zum Oberbefehlshaber des Heeres. Wenige Wochen fpä- M erfolgte die Rückgliederung der Ostmark in das Groß- deutsche Reich, im Herbst des gleichen Jahres die Befreiung SeS Sudetenlandes und schließlich im März 1939 die Beset­zung Böhmens und Mährens. Gleichlaufend mit der Lösung Ziefer Aufgaben hat Generaloberst,von Brauchitfch dem Willen des Führers entsprechend den größten Heeresaufbau unseres Zeitalters erfolgreich - durchgeführt und sich dabei r dis Erziehung und Ausbildung des Heeres geschichtliche rhienste erworben

Mlt dem 1 . September 1939 leitet Generalfelbmarschall Von Brauchitfch die Operationen des Heeres nach den großen Richtlinien, die er vom Führer und Obersten Befehlshaber in häufigen Aussprachen erhält. In enger Kameradschaft beitet er mit den Oberbefehlshabern der beiden anderen «hrmachtsteile zusammen. Immer wieder im Kraftfahr­zeug oder Nugzeug unterwegs, verschafft er sich in Be­sprechungen bei den hohen Stäben und durch Besuche der Truppe an der Front den persönlichen Einblick in die Lage, der ihm eine der wichtigsten Unterlagen für die Führnug ist. So hat Generalfetdmarschall von Brauchitfch im Polnischen Feldzug, im Westen, in Afrika, auf dem Balkan und ietzt im Osten das ruhmreiche deutsche Heer zu Siegen geführt, die für immer in die Geschichte des von Adolf Hitler q-schaffe- nan Großdeutschen Reiches eingehen werden-.

Nie neue Wochenschau

Die gewaltige Bernichtungsschlacht.

DNB. In mitreißenden Bildern führt uns-die neue deutsche Wochenschau wieder mitten hinein in das gigantische Ringen an der Ostfront. Wir erleben mit dramatischer Wucht die entscheidenden Stunden der gewaltigen Schlacht östlich von Kiew, wo sich die Vernichtung von fünf bolschewistischen Armeen vollzog. Deutsche Panzerverbände stoßen von Nor­den und Süden vor, und als die Panzergruppen der Gene­ralobersten Guderian und v. Kleist sich 200 km ostwärts von Kiew vereinigen, ist der eiserne Ring geschloffen, und für die umklammerten Sowjetarmeen gibt es kein Entrinnen mehr. Bildberichte vom Einzug der deutschen Truppen in Kiew. Auch hier in der Hauptstadt der Ukraine haben die Sowjets auk Bekebl Stalins ein Chaos rurückgelaffen, ganze Häuser­

blocks durch Fernzündung von MisienladuiMn tu die «nn gesprengt oder in Brand gesteckt. Daneben die elenden Wohn- hütten einer von den bolschewistischen Machthabern restlos ausgeplünderten, in bitterster Not dahinvegetierenden Be­völkerung.

Nach Aufnahmen vom hohen Norden der Ostfront, wo die Berichter teilweise Strecken bis zu zwanzig Kilometer durch versumpftes und wegeloses Mebret zurückzulegen ha­ben, ehe die vordersten Linien erreicht sind, und wo von einem Regimentsgefechtsstand aus General Dietl An­weisungen zu einem Angriff auf eine von den Sowjets be­setzte Höhe gibt, werden wir Zeugen des Sturms auf die Inseln Oesel und Mvon. Unsere Kampfflugzeuge und Stukas eröffneten den Kampf, auch die Kriegsmarine greift ein, und in Sturmbooten geht es dann über den See, wo nach hartnäckigen Kleinkämpfen die Sowjets niederge­rungen werden. Sehr eindrucksvoll sind dann die Bildbe­richte von den Kämpfen im Raum um Petersburg. Bon einem Nachschublager aus wird der Bedarf an Kriegsmate­rial aller Art für die kämpfende Truppe gesichert, und auf den Straßen ziehen deutsche Soldaten in unabfebboren Ko­lonnen der zah verteidigten Stadt entgegen. Kampfflug­zeuge unternehmen einen Angriff auf die in sinnloser Ver­blendung von den Bolsck. wissen verteidigte Millionenstadt und lasten einen Bomb.nhagel herniedergehen. Im Sü­den der gewaltigen Front nehmen italienische Truvpen im Sturm ein verbissen verteidigtes Dorf, und rumänische Ver­bände rollen am Schwarzen Meer feindliche Stellungen auf.

So ist auch die neue Wochenschau wieder ein einzigartiges Dokument der gewaltigen Leistungen unserer Soldaten, ihrer Härte und ihres ungestümen Siegeswillens, zugleich aber auch erneut ein Ruhmesblatt für unsere Kriegsberich­ter, die diese packenden Aufnahmen mit einer Fülle von mit­reißenden Kampfmomenten in vorderster Linie und dicht am Feind geMaffen haben.

Oer italienische Wehrmachisbericht

Flugstützpunkte wirkungsvoll bombardiert.

DRB. Rom, Z. Okt. Der italienische Wehrmachksberichk vom Freitag hat folgenden Wortlaut:

»Das Hauptquartier der Wehrmacht gibt bekannt: Ver­bände der Luftwaffe griffen am gestrigen Tage erneut die Flugstützpunkte de, llnfel Eypern an und verursachten beträchtliche Brände.

In Rordafrika bombardierten Einheiten unserer Luftwaffe und deutsche Flugzeuge wiederholt bedeutende Bodenziele ln den Gebieten von Tobruk und Marfa Matruk und trafen vorgeschobene Feldflugplätze. Die Stadl Benghafi erlitt einen neuerlichen Luftangriff. Ein« Hurri­kan« wurde zur Landung in unseren Linien gezwungen. Der Flugzeugführer wurde gefangengenommen.

2n vstafrika nichts von Bedeutung."

DNB. Eine in der Cyrenaika liegende Gruppe eines deutschen Jagdgeschwaders konnte in diesen Tagen den stolzen Erfolg von 118 Abschüssen britischer Maschinen seit dem 19. April dieses Jahres melden. Darüber hinaus kann mit der Vernichtung sechs weiterer.britischer Flugzeuge ge­rechnet werden, so daß sich die Verluste der Briten in die­sem Zeitraum bei Luftkämpsen mit dieser Gruppe wahr­scheinlich aus 116 erhöhen. Bei diesen Einsätzen verlor die deutsche Jagdfliegergruppe nur acht Maschinen. Der Erfolg ist aber nicht nur wegen der geringen eigenen Verluste io hoch zu werten, sondern vor allem wegen der Tatsache, daß er unter schwierigsten Start- und Landeverhältniffen errungen wurde, wie sie aus den Wüstenflugplätzen vor­herrschen und überwunden werden müssen. Die Jagdflie- aergruppe kann also mit Recht besonders stolz auf ihren bisherigen siegreichen Einsatz in Nordafrika zurückblicken.

Mhger zum Tode verurteilt

Wegen SchworzWachtungen ubd Aleifchfchiebungon.

DNB. Rostock, 3. Okt. Das SonSergericht Rostock ver­urteilte in Fürstenberg Mecklenburg) den Schlächtermei­ster Alfred Lindhorst aus Fürstenberg wegen eines beson­ders schweren Falles kriegsschädlichen Verhaltens nach 8 I der Kriegswirtschaftsverordnung zum Tode, außerdem zu einer Reihe Nebenstrafen. Lindhorst hatte sich in der Zeit vom Kriegsbeginn bis zum 29. Juni ds. Js. durch Schwarzschlächtereien mindestens 3VÜ Zentner Fleisch ver­schafft und ohne Marken an zahlreiche Personen verkauft.

Kurzmeldungen

Berlin. Der Führer hat dem König Boris der Bulgaren zum Jahrestag seiner Thronbesteigung drahtlich seine Glück­wünsche übermittelt.

Fallingbostel, ff -Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-ff, Jüttner, nahm die Vereidigung eines Batail­lons der Freiwilligen-LegionNorwegen" vor. Im Anschluß an die feierliche Vereidigung fand ein Vorbeimarsch statt. Zu dem politischen und militärischen Ereignis war aus Norwegen der Führer der norwegschen Nassonal Sämling, Vidkun Quisling, eingetroffen.

Prctzburg. Durch Bekanntmachung tritt nunmehr die Verordnung in Kraft, auf Grund deren die von der Aus- fiedlungspflicht betroffenen Juden unverzüglich die slowa­kische Hauptstadt zu verlassen haben, um in jene Gemeinden zu ziehen, die ihnen zugewiesen werden.

Genf. Wie gemeldet wird, ist die nordamerikanische Mili­tärmission für Tschungking in Manila eingetroffen, wo sie ich eine Woche aufhalten wird. Wie weiten berichtet wird, ollen jetzt auch neue NSA-Jagdflugzeuge für China herge- tellt werden.

Tokio. Die japanische Regierung hat scharfen Protest in Teheran erhoben gegen die Aufhebung der diplomatischen Privilegien der japanischen Gesandtschaft in Teheran ein­schließlich der Post- und Kurier-Gepäckfreiheit.

Wieder LS v. H. mehr!

Ergebnis des ersten Opferfonnkags 1941-42.

DRB. Berlin» 3. Okt. Der erste Opfersonntag dcs Kriegs-WHW 1941-42 vom 14. September 1941 war eia ernevkes freundliches Bekenntnis zur deutschen Volksge­meinschaft. Wahrend der erste Opfersonnlag im Vorjahr ein Ergebnis von 23171 365.89 Work brachte, beträgt das Ergebnis des diesjährigen Opferfonnkages 28 902 793.51 Mark, das sind 5 731 427.82 Mark -- 24.73 Prozent mehr.

Das deutsche Volk ist mit dieser als soziale Volksab­stimmung zu wertenden Sammlung wieder einmal in echter Gebesreudigkeit dem Ruf des Führers zum Opfer für das WHW gefolgt und hat sich erneut zu einem gerech­ten Kampf gegen Bolschewismus und Plutokratie für die Sicherung der deutschen Sicherheit bekannt.

Der Komponist Wilhelm Kienzl gestorben.

Wien, 3. Okt. Am Freitag starb in einem Wiener Sana­torium der Komponist desEvangelimann", Prof. Dr. Wil­helm Kienzl, in seinem 85. Letvnsinhr.

politisches Merlel

Neue Operationen -er Japaner in Nor-Hunan.

Unmittelbar anschließend an die Offensive in der Pro­vinz Hunan leiteten die japanischen Truppen, wie das japa­nische Hauptquartier bekanntgibt, größere Operationen im Raume von Tschanghsisn, einem Knotenpunkt der Peking Hankau-Bahn und der Lunghaj-Bahn in Nordhunan, ein. Die japanischen Truppen setzten über den ostwärts fließen- den alten Gelben Fluß und den südwärts fließenden neuen Gelben Fluß und stießen nach Südwest vor, um nach einem überraschenden Angriff di- ersten Lmien der chinesischen Truppen einzukesseln, während die japanische Luftwaffe die rückwärtigen chinesischen Stellungen bombardierte. Tschan- scha wurde aus strategischen Gründen im Rahmen der neuen Aktionen wieder geräumt.

Gemeinsam a» gläsernen Sarge Lenins.

DNB. Stockholm, 3. Okt. Zum Abschluß der wie das Hornberger Schießen ausgegarrgenen Moskauer Tagung meldet die NSA-Nachrichtenagentur für Nnitsd-Preß noch, daß die Amerikaner und Engländer als Gäste der Sowjet- regierung das Grabmal Lenins besuchten, wo sie vor dem gläsernen Sarg des Gründers -es bolschewistischen Regi­mes einige Minuten in andächtigem Schweigen verharrten.

Die australische Regierung zurückgetreten

Wie aus einer Reuter-Meldung aus Canberra hervor­geht, hat die australische Regierung Fadden aus der Annah­me eines Mitztrauensantrages der Labour-Partei durch das Repräsentantenhaus die Folgerungen a^ogen und ist zu- rückgelreten. Fadden, der seinem über die stark umstrittene Englandreife gestürzten Amtsvorgänger Menzies auf dem Posten des australischen Ministerpräsidenten gefolgt war. war nur fünf Wochen lang an Amt.

Lop^rlxtit dz Katt Köhler, L Lo Bertm-Schmargrndorj. 6) (Nachdruck verboten.)

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Wie schrecklich bas ist", flüsterte Agetin.

Ludwig wird es auch nicht tun", entgegnete Barbara Marie aufgeregt.Das mußt du nicht denken. Er ist hingefahren, der geschäftlichen Verbindungen wegen. Auch um sich mit Lydia

'auszusprechen. Sie wird es ja auch nicht wollen-und er

liebt dich, Agelin."

Agelin schaute abwesend vor sich nieder. Wie stark war Sippe, wie stark können Väter sein, lieber eines Familienmit­gliedes Leben wurde beschlossen, ohne es selbst zu fragen, andere richteten sein Glück oder Unglück. Ob nicht manchmal sogar brüchige Ehen notdürftig zusammengehalten wurden, weil man nicht voneinander könnte, einfach nicht der Familie wegen?! Der Gedanke, wie sich die ganze Familie dazu stellen würde, war für den einzelnen gar nicht zu ertragen. Man trug seine Last weiter, denn von zwei Uebeln stellte sie das kleinere dar. Agelin schau­derte. Sippe und Zusammengehörigkeitsgefühl war etwas Wun­derbares; aber mißbraucht, wuchs es sich zu einer Hölle aus. Denn im Hochkemper'schen Sinne stellte es nicht Führertum, Be­ratersein und Hilfeleistung dar, sondern Herrschaft, Herrschaft eines einzelnen Despoten über viele Hilflose. Dieser Väter setzte seine Kinder nur deshalb in die Welt, damit sie nichts als seine Geschöpfe waren, nach seinem Willen, nach seiner Weise.

Erzähle doch von dir, Agelin", drängte Barbara Marie, hilflos gegenüber diesem Schweigen, diesem Grübeln, diesem Ab­wesendsein,du hast soviel Neues erlebt, seit wir uns nicht sahen. Bitte, berichte doch davon! Meine Mutter fragt so oft nach dir und du solltest kommen."

Agelin erzählte mechanisch etwas herunter, farblos und ohne tleberzeugung, und sie war doch sonst mit Herz und Seele bei ihrem Beruf. Barbara Marie wußte damit nichts anzufangen, küßte Agelin auf beide Mangen und empfahl sich wieder. Agelin atmete auf a!s sie gegm-gen war. Erst setzt las sie den Brief,

den Ludwig zu feinen Blume» beigegeben hatte. Viel« Worte von innigem Ton, Beteuerungen, Beschwörungen, Klagen und Bitten. Es berührte Agelin zu ihrem eigenen Erstaunen kaum; es reichte nicht bis ans Herz. Aber ihre Gedanken beschäftigten sich mit Hochkemper senior, der sie so tief beleidigt hatte und sie fragte sich, was ihm die Berechtigung gebe, so stolz zu sein und sich so sehr über sie zu erheben. Eie war die Tochter eines Lehrers, der zwar arm an materiellen Gütern war, aber ein großes und weises Wissen besaß, das ihn in höchstem Maße befähigt hatte und auch noch befähigte den Kindern anderer Leute das not­wendige Rüstzeug für den Lebenskampf mitzugeben. Ja, war es denn nichts, so manchesmal aus verzogenen, verbildeten, uner­zogenen, ja, fogar aus schlechten Geschöpfen neue Wesen zu for­men, Seelen zu entdecken, Gedanken zu wecken, edle Gefühle, an­ständige Taten ihnen beizubringen, Auffassungen ihnen zu eigen zu machen, die sie erst dazu befähigten, jene Arbeiter zu werden, die ein Fabrikherr in feinem Betrieb beschäftigen konnte, die er brauchte, wie er sie haben mußte, wenn er damit vorwärts kom­men sollte! War das nichts? Agelin war die Tochter eines armen Mannes, der ein wahrhafter Erzieher gewesen war und dem unzählige, tüchtige Männer den Grundstein zu ihrem späte­ren Forttommen dankten. Aber abseits stand der alte Lehrer, demütig und bescheiden, unbekannt und nicht hervorgehvben, und der alte Hochkemper scheute sich nicht, die Tochter dieses verdien­ten Mannes zu beleidigen. Wie groß war ihr Stolz und wie tief die Demütigung! Agelin spann ihre Grübeleien weiter und sie j dachte: worauf bildet er sich etwas ein, dieser Hochkemper, der, seinen fertigen Besitz von seinen Vätern ererbt hatte und nichts weiter zu tun brauchte, als die gesunde, stabile.Firma zu stützen und zu halten. Und dazu standen ihm bewährte Kräfte zur Seite, die das Schwerste allein schafften. Sein Großvater noch, ja, das war ein Kerl gewesen. Er hatte noch eigenhändig mit seinen Ar­beitern und Meistern das Tuch im Bach gewaschen und die Fabrik* erweitert, Stein um Stein, Halle um Halle, Stockwerk um Stock­werk. Damit seine Erben später auf dem «schafften Geldbeutel sitzen konnten. Und die taten es denn auch weidlich. Nicht durch ihrer Hände Arbeit mehrten sie das Kapital. Reiche Heiraten wurden geschlossen, aus Gefühlen und inneren Angelegenheiten wurden Spekulationen gemacht, Geschäfte getrieben. Oh, es war eine reiche Familie, die Hochkempers, und alles, was damit zu- sammenhi'ng, an Geldadel damit verheiratet, verschwägert und in allen anderen denkbaren Formen versippt. Fein ausgedacht hatte

es sich dar Me: Ludwig, dar Aeltestr, sollte s«in«, Hochlemper srniors, Brudrrstochtar heiraten. Daß die Spinnerei zu der Weberei kam, Garn zu Wolle, eine Hand zur anderen. NM, er mußte schließlich wissen, was er tat. Es klang dies so gleichgültig und Agelin wunderte sich kaum noch, warum ihr bas Herz nicht ein bißchen weh tat, wenn sie an Ludwigs Ehe dachte. Hatte sie ihn denn nicht heiraten wollen? War sie nicht fast zusammenge- brachen nach dem gestrigen Erlebnis? Sie zerfiel mit sich selbst. Sie war müde und ohne Kraft, unfähig zu Entschlösse«, nicht kn der Lage, ihr Lebansschisf selbst «in wenig z» steuern.

Ihr Bruder Armin hatte in vergangenen Tage» gejchneben, nachdem er eine neue Stelle als Assistenzarzt an einer berühmten Bonner Klinik angenommen hatte. Auf dringende Empfehlung seines Professors war dies geschehen, bei dem er bereits bas ihm Vollkommenste gelernt und geleistet hatte. Nun kam eine wettere Stufe der Weiterentwicklung, neue Ausgaben, neue Bemühung, aber mit der Empfehlung einer solchen Kapazität, wie es Laroche war, hatte Armin die sichersten Aussichten. Das war Können, das verriet wirtliche Begabung und beoiv"--^ 'ali- tat. Darauf durfte ein Mensch stolz sein.

Während Agekins Gedanken um den BruLer yerustlefen, erinnerte sie sich mich seiner llmgrbung. Er war da einige Zeit sehr eng mit Kenner Hochirmper befreundet gewesen, dem zweiten Sohne des asten Kommerzienrats. Die Beziehungen löste« sich zwangsläufig durch die verschiedene» Richtungen, welche chre ! Studien einschlugen. Heuner wurde Chemiker. Er hoffte er i wordene Kenntnisse für die Fabrik des Daters verwerten zu könne;:. Was aus Hanner inzwischen wohl geworden war. Er hatte zuletzt in Aachen und Dresden studiert Md praktiziert Agelin hielt Henner als eine» freien und »Nen Bursche« in der Erinnerung, der sich wenig um die Vorschriften anderer küm­merte. Es drängte sich ihr unwillkürlich der Gedanke aus, wre Henner sich in der gestrigen Lage benommen haben würde Henner wäre imstande gewesen, dem Kommerzienrat, bei einem solchen Benehmen die Autotür vor der Nase plWfchlagen und sie seelenruhig nach Hause zu bringe». Ludwrg war in d« Wagen gestiegen und -hatte sich gebeugt. Mer bat sie ihn nicht selbst darum? Ihre Angst war groß gewesen, dem rormgm Manne könne in ihrer Gegenwart etwas geschehen, daß sie sinnlos darum gefleht hatte, Ludwig möge seinen Willen erfüllen.

lFortletzung folal i