Dienstag den 8. April 1941

Der Errztiiler

99.3ahrgang Nr. 83

Wikingerzug 4940

Zum Beginn des Norwegen-Feldzugrs am S. Avril

E. St. Die Weltgeschichte hat vom Altertum bis zui Neuzeit so manche kriegerische Unternehmung auszuweisen die durch die Fernwirkung ihres strategischen Ziels in Ver­bindung mit der Kühnl>eit oder gar Abenteuerlichkeit ihrer Durchführung, aber zuweilen auch durch die Tragik ihres Ausgangs schon bei den Zeitgenossen tiefsten Eindruck hin­terlassen hat und schließlich, verklärt vom Schimmer der historischen Legende, über die Jahrhunderte. ja Jahrtau­sende hinweg in die Ueberlieferung der Menschheit einge­gangen ist. Wenn unter diesen gewaltigen Kriegs,Eigen nun auch die meist Kontinente umspannenden Landoveratio- nen wie die tief nach Afrika und Kleinasien hineinsühren- den Eroberungen des größten ägyptischen Herrschers Thut- mosis lll., der schier ins Uferlose gehende Aleranderzug, Hannibals Zug nach Italien, Attilas Völkerwirbel die gi­gantische Expansion des Arabertums, Tschinais Chan's Mongolen-Stnrmflut, Napoleons tollkühnes Moskauer Abenteuer sich am stärksten der Nachwelt eingeprägt haben, so sind es doch mehr noch die über das Meer hinweg angc- setzten Operationen, die mit S e e st r e i t k r 6 f t e n und Landstreitkräften zugleich geführten Kriege, die nicht nur die interessantesten Kapitel der Kriegsgeschichte geliefert haben, sondern auch für den Gang der Weltgeschichte die weit größere Bedeutung hatten.

Schon aus vorgeschichtlicher Zeit überliefern uns Sage und Epos die Kunde von abenteuerlichen Kriegsziigen über See. Der Argonautenzug zum Schwarzen Meer, wie der Trojanische Krieg sind Beispiele dafür. Die Perserkriege und der Peloponnesische Krieg sind im wahrsten Sinne des Wortesklassische" Zeugen der entscheidenden Nolle der See­macht, denn nur Salamis rettete das Abendland damals und knapp drei Jahrhunderte später war abermals die See­macht entscheidend bei der zweite» gewaltigen Kraftprobe zwischen Abendland und der asiatischen Handelsmetropole rn Afrika. Ueber das Meer hinweg führte Mom den ent­scheidenden Stoß gegen Karthago und zwang Hanmbal zur Heimkehr. Das Scheitern der athenischen Expedition nach Sizilien eine der größten, verlustreichsten Tragödien der Kriegsgeschichte hat nicht nur das Schicksal Athens besiegelt sondern wohl auch das politisch? Schicksal der helle­nische Welt. Ein minder folgenschweres aber ebenso lehr­reiches Beispiel aus dem Mittelmeerraum ist in neuerer Zeit noch die abenteuerliche Expedition Napoleons nach Aegypten, die nach der vernichtenden Niederlage der franzö­sischen Flotte durch Nelson bei Abonkir ein klägliches Ende fand

Aber nicht nur im klassischen Binnenmeer im Süden Eu­ropas sondern auch in den Randmeeren im Norden Euro­pas hat der Kriegszug über das Meer eine entscheidende Rolle gespielt. Diese Rolle war vielleicht sogar noch bedeu­tungsvoller, wenn sie auch in den rauhen, nebelverlxuiaenen Gewässern um dasUltima Thule" nicht so klar in das Ram­penlicht der Weltgeschichte gestellt wurde, wie es unter der strahlenden Sonne, des Südens geschah. Noch weit dichter als bei den Völkern im Mit elmeerraum sind ja die geschicht­lichen Anfänge in der nordischen Urheimat des Ger­manentums von Sage und Mythos umsponnen und die Ueberlieferungen von der Bravalla-Schlacht, den Taten und gewaltigen Schicksalen der nordischen Heldengestalten wie Beowulf, Hrolf Kraki, Sigurd Hring, Naguar Lodbrok, Harald Harfagre, Svend Gabelbart, Olaf Trygvasson, Gönn der Alte usw. enthalten meist nur. Spuren geschichtlicher Substanz. Seefahrt und kühner Wfkingerzug über stürmi­sches Nordmcer au ferne Küsten zum Kampf und Veutema- chen war der Lebensinhalt jenerNordmänner", bis dann um die Iahrtausendwende herum die Normannen zur Land­nahme und S ta a t en g r ü n d u n g an allen Meeren uni Europas Küsten schritten, und die Geschwader ihrerSee­drachen" nach abenteuerlichen Zügen über Rußlands ge­waltige Ströme das Kaspische und das Schwarze Meer pflügten und vor Byzanz, dem uneinnehmbaren festen Miklagard" der Normannen, den Ring um Europa schlos­st». Nahezu beispiellos sind diese Normannenzügc; sie fin­den ihre Krönung in der Entdeckung und kurzen Besiedlung Nordamerikas ein halbes Jahrtausend vor Colunibus.

Wenn di? Deutschen in den auf die Wiederentdeckung der Neuen Welt folgenden Fahrhunderten nicht den Ant.-il an der Ausbreitung der Seefahrt des Abendlandes über all? Meere und die Erschließung des Erdballs genommen habe«, der ihnen gebührt hätte, so lag das nicht an mangelnden seemännischen Fähigkeiten und Unternehmungsgeist, son­dern an dem tragischen Geschick der deutschen Nation, deren gewaltige Kräfte sich Fahrhuiiderte hindurch in innere»

Zwistigkeiten vanoen uno amrieoen. sus oann aoer nam der Einigung der deutschen Stämme durch Bismarck diese Kräfte nach außen freiwurden, hatte sich Deutschland nach wenigen Jahrzehnten hinter das meerbeberrschende Britannien auf den zweiten Platz unter den seefahrenden Nationen geschwungen. Und nicht lange darauf mußte die junge deutsche Kriegsflotte den Kampf mit der zahlenmäßig weit überlegenen britischen Flotte aufnehmen, die dazu noch alle anderen größeren Seemächte als Bundesgenossen hatte Wir wissen, wie sich in unvergänglichen Ruhmestaten der echte Wikingergeist in der deutschen Flotte offenbarte. Wir kennen aber auch das tragische Ende dieser deutschen Flotte,

Das gleiche Schicksal wollte nun Britannien auch der wiedererstandenen deutschen Flotte bereiten, als 2t Jahre später Großdeutschland und Großbritannien aber­mals gegeneinander in die Schranken traten. Die Aussichten schienen ja diesmal noch günstiger für di? Briten zu sein ko dachten sie jedenfalls. Nur wenige Fahre batte Deutsch­land nach Abstreifung der Versailler Fesseln Zeit gehabt für den Wiederaufbau der Kriegsflotte und wenn bei Ausbruch dls Weltkrieges die deutsche Kriegsflotte an zweiter Stelle stand, so lag sie bei Kriegsausbruch 1832 zahlenmäßig nur an sechster Stelle.

War das Stärkeverhältnis der beiden FIo.ten also noch weil günstiger für Britannien als im Weltkrieg, so schien auch die feeitratcgische Situation in diesem neuen Krieg für die Briten nicht minder günstig zu sein wie damals. Wohl hielt die deutsche Luftwaffe die weit überlegene britisch; Flotte fern von den deutschen Küsten und machte ihr selbst in ihren abgelegensten Schlupfwinkeln den Aufenthalt sehr ungemütlich, aber der Brite hoffte doch wieder durch Ab­riegelung der Zugänge zur Nordsee, im Kanal und zwi­schen der schottischen und norwegischen Küste die deutsche Flotte wie im Weltkrieg einzusperren und selbst den Unter­seebootkrieg durch fortschreitende Verminung dieser, Zugänge wie der deutschen Küstengewässer allmählichabwürgen" zu können. Sie planten außerdem, durch eine Besetzung Nor­wegens diese Abschnürung der deutschen Flotte in der Nord­see noch enger und sicherer zu gestalten als im Weltkrieg. Tie Briten hatten aber nicht bedacht, daß der Zeiger der Weltenuhr inzwischen um Jahrzehnte weiteraerückt war, daß die seitdem gewaltig fortgeschrittene Entwicklung der Luftwaffe auch im Seekrieg neue Möglichkeiten geschaf­fen hatte, deren Auswirkung die konservative Schwerfällig­keit der britischen Admiralität zu spät erkannte. Die deut­sche Seekriegsführung in diesem Krieg war jedenfalls nicht esonnen, die im Weltkrieg unvermeidliche Einschnürung der eutschen Seestreikkräste imnassen Dreieck" der Nordsee als unabänderliche Tatsache hinzunehmen. Die Operationen britischer Scestreitkräfte in den neutralen norwegischen Ho­heitsgewässern lösten eine deutsche Gegenaktion aus. deren ungeheure Kraft, atemberaubende Schnelligkeit, un­heimliche Präzision und folgenschwere Traan»-i/e von den Briten nickt vorausaeseben wurde.

Am 9. April 1940 wurde die Welt liverrascvi vur^ die Tatsache, daß die deutsche Wehrmacht zur Besetzung Nor­wegens geschritten war, um dis Neutralität dieses Landes sicherzustellen. Es war sozusagen einevollendete Tatsache" denn bereits im Verlauf des ersten Tages der deutschen Ak­tion waren alle wichtigen Häfen und Flottenstützpunkte Norivegens von Oslo bis hinauf nach Narvik in siche­ren deutschen Gewahrsam gelangt. Wohl dauerte es noch einige Wochen, bis der letzte Widerstand in Norwegen ge­brochen war, aber die Leistungen und Erfolge am ersten Tag waren bereits entscheidend für das Gelingen des ganzen Feldzuges in Norw gen. Auch die Landung englischer Truppen konnte die Partie nicht mehr retten. Ihr Aufent­halt war nurvorübergehend". Die Briten wurden auf ihre Schiffe zurückgetrieben, Norwegen blieb fest in deutschem Besitz.

Der deutsche Feldzug in Norwegen darf als eines der länzendsten Unternehmen in der Kriegsgeschichte ezeichnet werden. An Kühnheit der Planung und Geschick­lichkeit bei der Durchführung ebenso wie an Vollständigkeit des Erfolges hat diese deutsche Waffentat kaum ein Per- gieichsstück in der Geschichte. Man wird schon an die kühn­sten Wikingerzüge erinnert, wenn man nur an den Hand­streich aeaen Narvik, lenseits des Polarkreises und an oi: 290» Kilometer von der deutschen Opcrattonsvalis gele­gen, denkt und das ungeheure Wagnis dieses Unternehmens würdigt. Gegen eine Reihe von stark gesicherten Häfen in einem für die SÜUNsiührunfl überaus schwierigen Küsten­gebiet mutzte die Aktion gleichzeitig durchgeführt werden. Nebel und Klippen vermehrten noch das milikärische Risiko feindlicher Waffenwirkung. Vor allem aber mußte die ganze Aktion, die ja nur über See angesetzt werden konnte, ermög­licht und ocnckert werden durch die kleine deutsche Kriegs­

flotte tm Angesicht 7,neS Gegners, der ryr zahlenmäßig weit, weit überlegen war.

Wenn dem kühnen Unternehmen ein so beispiellos rascher Erfolg beschieden war. so ist bas neben den hohen kämpfe­rischen Fähigkeiten der Truppe und der Straffheit Und Um­sicht der Führung vor allem dem geradezu vorbildlichen Zusammenarbeiten aller drei Wehrmachts­teile zu verdanken. Flotte. Heer und Luftwaffe haben einander in vortrefflicher Weise ergänzt und jede Waffen­gattung ist bis an die äußerste Grenze ihrer Leistungsfähig­keit und Verwendungsmöglichkeit gegangen, um der Schwe­sterwaffe weiterzuhelsen im Kampf und Wagnis. Da es sich um eine Landung an fremder Küste, die nur über See zu­gänglich war, handelte, so hatte dis Kriegsflotte die stolze und verantwortungsvolle Aufgabe, den Truppentrans­porten den Weg zu bahnen und sie zu schützen gegen alle Angriffe auf See sowie ihnen durch Niederkämvfung der Küstenbefestigungen die Landung zu erleichtern. Dies? schwere Aufgabe hat die deutsche Kriegsflotte hervorragend gelöst. Dabei konnte es nicht ohne schwere Opfer abgehen, aber die mit wehender Flagge gesunkenen Schiffe waren Wegbereiter eines beispiellosen Triumphes der deutsch"» Wehrmacht.

Als dritte im Bunde hat die Luftwaffe sowohl bei Flotte wie dem Heer unschatzbare Dienste geleistet und ent­scheidend zu dem Endsieg bsigetragen. Die Flotte hätte dar Risiko beim Geleit der Truppentransporte gewiß härter empfunden, wenn ihr nicht die Fernaufklärung durch die Luftwaffe eine so starke Entlastung gebracht batte. Wäh­rend zum Beispiel im Weltkrieg die britische Seekriegsfüh­rung durch ein leistungsfähiges Funywilshstem und sonstigr Hilfsmittel über die Verteilung, Bewegungen und Absichten der deutschen Flotte meist gut unterrichtet war und die deut­sche Seekriegsführung oft im Dunkeln tappte, ist es diesmal bank der deutschen überlegenen Luftwaffe umgekehrt. Die deutschen Fernaufklärer, die bis zu den entlegensten briti- sechn Flottenstützpunkten streifen, sorgen dafür, daß die bri­tisch? Flotte diesmal mit offenen Karten svielen muss, während die deutschen Flottenaktionen dem Gegner stets überraschend kommen. So war es auch bei dem Unter­nehmen gegen Norwegen und die deutschen Bomber und Torpedoflugzeuge sorgten außerdem dafür, daß die Briten mit ihrer weit überlegenen Flotte nicht so nahe an der nor­wegischen Küste herumschnüffeln konnten. Fn den Land- kämpfen und bei der Abwehr der britischen Landungs­und Jnvasionsversuche in Norwegen hat die deutsche Luft­waffe dann entscheidend eingegriffen. Wenn man den Kamps um Narvik als die Krönung des Norwegen-Feldzuges zu würdigen bereit ist. dann nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil gerade in diesem Ringen jenseits des Polarkreises, das die Welt mit atemloser Spannung verfolgte, das Zusam­menwirken der drei Wehrmachtteile eine Gipfelleistung au? diesem verlorenen Posten vollbrachte. Die deutschen Zer­störer brachten auf einem tollkühnen Wikinqerzug über das rauhe- Nordmeer ihre Kameraden vom Landheer an das ferne Ziel und als die Schiffe mit wehender Flagge gesun­ken waren, kämpften die Reste ihrer Besatzungen Schulter an Schulter mit den Gebirgsjägern auf den schroffen schnee­bedeckten Höhen um Narvik. Die Luftwaffe aber hat mit unermüdlichem Einsatz dazu beigetragcn, daß die Narvik­kämpfer der erdrückenden Uebermacht trotzen konnten, bis der Gegner wieder das Feld räumen mußte.

Die strategischen Folgen des Norwegen-Feldzuges können wir heute am ersten Fahrestaqe seines Beginns in ihrer ganzen Tragweite überschauen. Die Fesseln, in denen der Brite die deutsche Flotte wie im Weltkrieg abzuwürnen hofft?, waren mit einem gewaltigen Ruck gesprengt. Der rechte Arm war frei geworden und reckte sich über das weite Nordmecr hinweg an der norwegischen Küste entlang mit der geballten Faust bis zum Nordkap. Zwei Mona'e später sollte auch der linke Arm frei werden und sich bis zur Bis­kaya hinabrecken. Der Norwegen-Feldzug befreite die deut­sche Kriegsflotte aus dem engen Bereich der Nordsee und verschaffte ihr mit den norwegischen Häfen eine ausgezeich­nete Operationsbasis gegen England, Wenn Deutschland? Wehrmacht zu Wasser und in der Luft heute die entschei­dende Schlacht im Atlan tik führen und die für däs Jnselreich lebenswichtige Zufuhr in steigendem Maß? be­drohen und abschneiden kann, dann hat vor einem Fahr der siegreich? Norwegen-Feldzug erst die Voraussetzun­gen dafür geschaffen. Das war der schwerste Schlag für die britische Seemacht, der nicht wieder gutznmachen ist und der dem Empire bisher schon teuer zu stehen gekommen ist. Kühn in der Planung, meisterhaft in der Durchfüh­rung und folgenschwer in der Auswirkung so wird der deutsche Wikingerzug vom April 1910 für immer in die Geschichte eingehen.

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ckü. Fortsetzung.»

Heiß und schwer hängen seine Blicke sich an sie. Deren Kraft zwingt ihre Angen fort von dem Schauspiel, an dem sie sich ergötzen, und lenkt sie in die seinen hinein, die ihr entgegenflammen und mit ihrem lodernden Feuer auch sie entzünden.

Zarte Nöte steigt in ihre Wangen. Kurz nur währt ihr erstes Staunen. Es wandelt sich in Freude, in Glück­seligkeit. Dieses trunkene Gefühl legt sich um den fein- geschwungenen Mund, der frauenhaft-zärtlich erblüht, das edle Haupt neigt sich zum Gruß Erwiderung seiner Huldigung..

Was Adelaide d'Azeglio und Arwed Nust bei dieser schicksalhaften Begegnung einander unvermittelt und unverhüllt in dieser stummen Aussprache sagen, ge­stehen, zuschwören, schreibt sich unauslöschlich in ihrer beider Herzen, die eine Urgewalt zusammensührt, der sie sich demutsvoll beugen- .

-«!

Nach beendeter Aufnahme wird die Contessina von der Jewen begrüßt, der sie bereits vorher ihre Aufwartung in deren Zimmer gemacht hat.

Die Schauspielerin vermittelt dann auch Adelaidens Bekanntschaft mit den anderen Globusleuten.

Bald entspinnt sich eine allgemeine, lebhafte Unter­haltung. Die Contessina spricht fließend und fehlerfrei deutsch,- sehr weich klingt es in ihrer dunkel-vibrieren- Len Stimme.

Die Contessina erweist sich ferner als überaus belesen und bewandert in allen Belangen der Kunst und Wissen­schaft. Die Erziehung, die dieser Tochter des italieni­schen Hochadels zuteil wird, hat nichts außer acht ge- «assem was zur Formung des Geistes einer jungen Dame von Welt gehört.

Denn noch gehört die Contessina der Welt. Und eine »Auge Dame ist sie, die Sei näherem Kennenlernen das Kindhafte verliert, das man ihrem Wesen sowohl nack

- -

Fahren zuzuschreiben geneigt ist. Eine sechzehnjährige Italienerin ist und mag sie auch hinter Kloster­mauern aufwachsen bei weitem reifer und erblühter als ihre gleichaltrige deutsche Schwester in dem herben nordischen Land-

Erst nach der gemeinsamen Abendtasel, welcher die Contessina als anmutsvolle Hausherrn: vorsitzt, ergibt sich ihr erstes, direktes Zwiegespräch mit Rust. In einer Nische der Halle des Pian terreno, während die üb­lichen eisgekühlten Erfrischungen gereicht werden.

Ich freue mich so, daß Sie der Dichter sind dieser Venezianischen Ballade" ... oh, wie ist sie wunder­schön, diese h-rUata und ... wie begnadet sind Sie ,.

Ich ... ach, ich bin ein elender Stümper."

Warum sagen Sie das?"

Weil ich mich so fühle... vor dem einzigen, wahr­haft vollendeten Gedicht der Schöpfung .. .^

Und das wäre . .. ?"

Sie sind es ... Adelaide ... Süße ... Schöne . .. Geliebte..."

Nicht... oh ..." Sie reicht ihm beschwichtigend die Hand.

Er küßte sie mit aller Inbrunst.

Ihrer beider Angen jubeln sich zu: Ich liebe dich!

Sie hören nichts als die Musik ihrer eigenen Herzen.

Später . . flüstert Adelaide endlich mit zuckendem Mund.

Er nickt, tritt zur Seite, gibt ihr den Weg frei.

Sie schwebt ans einen Diener zu, der ein Tablett mit Gläsern trägt, in denen Asti fpumante perlt. Nasch ergreift sie zwei Kelche und nähert sich mit bestricken­der Grazie Kamecke, der gerade allein an einer Säule lehnt--.

KUa suu salute, sigmare Laweoke!" X

«Krarns tanlo, contessina," gibt er ihr Bescheid.

Bezaubernd denkt er, bezaubernd, diese glückliche Mischung von Märchenfee und großer Dame! Zu schade, daß so etwas ausgerechnet die Tochter des Conte d'Azeglio sein muß, die man natürlich nicht vor die Kamera krregen kann.

Zum ersten Male gibt es eine Meinungsverschieden­heit zwischen Nina und Battista. !

Nina ist Hausverweserin im Palazzo d'Azeglio, das weibliche Geaenstück zu Battistas Stelluna.

Meinung, daß cs bestimmt nicht im Sinne des Conte sein könne, daß seine Tochter jetzt mit diesen Film­leuten Ausflüge zu Wasser und zu Lande unternimmt, sich dauernd in höchst lebhafter Unterhaltung bis in den späten Abend bewegt, an dem dann noch getanzt und Wein getrunken wird,- Tinge, die der Arzt streng unter­sagt hat.

Dagegen hält Nina ihm wortreich vor, daß der liebe Gott dem armen Kinde endlich eine Freude schicke wenn es auch eine laute, vielleicht unpassende, ja sogar ein wenig schädliche Freude sei.

Ach, die treue Alte weiß, wie glücklich die piccola ist. Zum ersten Male in ihrem jungen, traurigen Leben ist sie wirklich und restlos glücklich, über alle Maßen glück­lich. Wehe, wenn Battista dieses Glück zerstört, wenn des Kindes kaum geborenes seliges Lächeln erstirbt!

Wie eine Löwin ihr Junges, so verteidigt Nina Ade­laidens Glück wider alle von Battista gepredigte Ver­nunft.

Und die Frau behält recht. Der Mann streckt die Waffen vor den schlagenden Argumenten ihrer simplen Herzensweisheit.

Dann seufzen sie beide, die ergebenen Diener des Hauses d'Azeglio.

Adelaide, der Süßen, Sanften, die so völlig die Toch-

"alle

ter ihrer Mutter ist, kann ja im besten ein ganz winziges Stückchen Erdenglück

e doch nur eschieöen sein.

Der zuletzt im vorigen Herbst aus Deutschland be­rufene allerberühmteste Meoizinprofcssor hat endlich er­klärt:Progressive Entartung des Herzmuskels. Mitral­klappe stark atrophisch."

Battista hat im Lexikon nachgeschlagen.

O über die todtraurige Gewißheit, die ihm daraus wurde.

Vollkommen ruhiges Leben. Keine, wie immer ge­arteten Erregungen.

Kloster ... "«i-

Ist das noch Leben?

Adelaide ist jung und schön, und das wann? V'nl der Südländerin pulst in ihren Adern.

Wer brächte es da wohl übers Herz, ihr den Trunk zu verwahren aus dem Becher der Freude, bevor nur allzubald so oder so der Vorhang sich senkt, der sie in jedem Fall für immer vor aller Lust des Lebens tren­nen wird?!

" Forts, kolat-l i