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Gewerkschaften und »erliest danu aus einer bayrischen LandwgSrede des Abg. Müller-Meiningen (dort Müller-Hof genannt,) einige Stellen unter dem Hwhngelächter des Gegenblocks, worin l)r. Müller den 8 7 in der schärfsten Form bekämpft. Redner erklärt zum Schluß: Seine Partei würde noch im letzten Augenblick alles versuchen, das Gesetz zu Fall zu bringen. Abg. l)r. v. Payer (südd. Vp.), wir «Men den 8 7 annchmen, schon weil sonst das ganze Gesetz scheitern würde und das Gesetz ist doch sehr freisinnig und bedeutet eine Verbesserung auch für sämtliche süddeutschen Staaten. (Gelächter beim Gegenblock.) Wir haben dieser Tage ja Sachverständige aus Süddeutschland darüber gehört. Es ist Ihnen ja selbst nicht ernst mit ihren Angriffen. (Große Kundgebungen.) Mir ist in den letzten Tagen ausgefallen, wie wenig innere Kraft in dem Widerstande der Opposition steckt. Sie ist nur mit halbem Herzen dabei. (Beifall und Lärmszenen.) Wir ««Ren nicht verantworten, daß das Gesetz scheitert. Mir haben nicht die Abficht, unsere Organisation, was beim Scheitern des Gesetzes unausbleiblich wäre, auseinsnderzureißen. (Großes Hohngelächter und minutenlange Kundgebungen des Gegenblocks, stürmischer Beifall beim Block.) Redner führt dann ans. er denke nicht daran, die preußische Polenpolitik z« vertreten. (Gelächter in der Mitte und bei den Sozialdemokraten) Aber freilich, wir haben auch keine« Anlaß, so besonders für die Polen einzutreten. Zn Süddeutschland kennt man die Lage der Dinge nicht so. Die großpolnische Bewegung stehe doch in eklatantem Widerspruch zu der großen nationalen Bewegung, die wir zu vertreten haben. (Lebhafter Beifall bet den Blockparteien.) Seine Freunde dächten daher auch nickt daran, der preußischen Regierung bei ihrer Polenpolitik in den Arm zu fallen. ES handle sich darum, ob dieses ganze Gesetz fallen gelassen werden solle, oder ob es so «mgeriommen werden solle, wie es jetzt vorliege. Es lägen hier zwei Möglichkeiten vor: die strengere und die mildere und da hätten sich die Blockparteien sür die wildere entschieden. Die, die es angehe, um die eS sich hier handle, würden bei einem preußischen Gesetz sicher noch schlechter wegkommen als in dem vorliegenden Reichsgesetz. Herr Legten habe verlangt, d«ß von diesem Paragraphen auch die gewerkschaftlichen Versammlungen ausgeschlossen sein sollten. Seine Freunde hätten sich darum ernstlich bemüht, aber vergeblich. Man habe nicht mehr herausholen können und die Schuld daran liege an den Sozialdemokraten, die alles abgclehnt hätten und die seinen Freunden in den Rücken gefallen seien. Redner schließt: Wir glauben dem deutschen Volke einen Dienst zu erweisen, wenn wir den Zustand der Rechtslofigkeit und der Unfreiheit, wie sie leider auf dem Gebiete des Vereinsrechtes in weiten Teilen des deutschen Reiches besteht, durch unsere Zustimmung zu diesem Entwurf ein Ende machen.. (Lebhafter, anhaltender Beifall und Zischen.) Mg. Kolbe (Rp.) tritt gleichfalls für den 8 7 in der Kompromiß-Fassung ein. Das Kompromiß habe seiner Partei verschiedene Verzichtleistungen vuferlcgt, aber auch die Liberalen hätten Opfer Gebracht. Abg. Gräf (w. Vg ) ist für den 8 7 uui fragt, was wohl das Ausland dazu sagen werde, daß hier gegen den Vorschlag der deutschen Verhandlungssprache selber Widerspruch erhoben werde. Er erkläre offen: in Selbsterhaltungsfrogen müsse Macht vor Recht gehen. Es gebe zwar ein Natur- recht auf die Muttersprache, aber ein Naturrecht auf die Muttersprache in öffentlichen Versammlungen gebe es nicht. (Andauernde Unterbrechungen im Zentrum und bei den Sozialdemokraten während
dieser Ausführungen ) Sie sprechen von unchrist- lichem Vorgehen bei diesem Gesetz, aber gerade ihr Fanatismus schlägt doch dem Christentum direkt ins Gesicht. (Großer Lärm beim Zentrum.) Uns geht 8 7 in seiner jetzigen Fassung nicht weit genug, aber trotz oller Bedenken werden wir, um dem Block die Treue zu halten, dafür stimmen. Abg. Gregoire (wildl. Lothr.) bemerkt, in der französisch sprechenden ländlichen Bevölkerung Lothringens habe dieses Ausnahmegesetz große Erbitterung erweckt. Diese Kompromißfassung des 8 7 schafft in den Reichslanden jedenfalls schlechtere Verhältnisse, als man sie jetzt dort habe. Dem vorliegenden Gesetzentwurf würden seine Freunde keine Schwierigkeiten bereiten, aber die Bedenken in der Sprachenfrage könnten sie einstweilen nicht fallen lasten. Staatssekretär BetHmann-Hollweg betont namentlich die Ausnahme-Bewilligungen weil gerade diese von den Gegnern des 8 7 ganz außer Acht gelassen worden. Er habe nun ausdrücklich zu erklären, daß von den Regierungen beabsichtigt werde, sei es im Wege der Landesgesetzgebung, sei es im Wege der Verordnung, dafür zu sorgen, daß eine Störung wohl eingebürgerter Sitten und Gebräuchen der loyalen Bevölkerung vermieden werde. Er habe Grund zu der Annahme, daß durch eine ungeeignete Anwendung des 8 7 die Arbeiter die der Verfolgung gesetzlicher Bestrebungen auf dem Gebiete der Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht zu befürchten haben. Ferner habe er zu erklären: die elsaß-lothringische Landesverwaltung beabsichtige den Erlaß eines Landesgesetzes, um den bisherigen Rechtszustand in Bezug auf den Gebrauch der französischen Sprache in Versammlungen aufrecht zu erhalten und die Reichsregierung beabsichtige, diesem Vorhaben der Landesverwaltung Elsaß-Lothringens nichts in den Weg zu legen. Er dürfe wohl hoffen, daß mit diesem Paragraph das ganze Gesetz zur Verabschiedung gelangt. Nach einer kurzen Bemerkung des sächsischen Bevollmächtigten erklärt Abg. Bonde r s ch e e r (Els. Zentrum) im Gegensatz zu Gregoire, daß sür ihn das Gesetz mit 8 7 stehe oder falle. Abg. Müller-Meiningen (frs. Vp) weist die Angriffe des Abg. Legien zurück. Abg. Delsor (Elsäßer), Haussen (Däne) Brejski (Pole) bekämpfen 8 7.
Corfu 4. April. Oberhofmarschall Graf Eulenburg benachrichtigte gestern offiziell den hiesigen Präfekten von seiner am nächsten Montag mit einem griechischen Schiff erfolgenden Ankunft. Das Eintreffen des kaiserlichen Oberhofmarschalls, der sich nach seiner Ankunft sofort noch dem Achilleion begeben wird, läßt darauf schließen, daß der Kaiser Ende nächster Woche hier e i n t r i f f t.
Vermischtes.
— Anmeldetermin für Geflügel zur 22. Wanderausstellung der D. L. G. in Stuttgart. Für die 22. Wanderausstellung der Deutschen Landwtrtschafisgesellschast, welche in den Tagen vom 25.—30. Juni d. I. zu Stuttgart stattfinden wird, ist der Schluß des Anmeldetermins für Geflügel auf den 1. Mat festgesetzt. Dementsprechend müssen Interessenten, welche ausstcllen wollen, sich sofort die Anmeldepapiere von der Hauptstelle der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, Berlin 11, Deffauer Straße 14, ein. fordern, damit sie den ordnungsmäßigen Anmelde- termtn nicht versäumen.
Zur Ausstellung kommen Hühner, Enten, Gänse, Truthühner, Perlhühner, Tauben sowie Darstellungen von Geflügelzüchtereien und An- richtungen sür ländliche Geflügelhaltung mit lebendem Geflügel besetzt. Alle die genannten Aus- stellungsgegenstände stehen unter Preisbewerb. Außer Preirbewerb werden ferner zugelassen Darstellungen zur Förderung der Geflügelzucht» wie Modelle von Stallungen und von ganzen Geflügel- Höfen, Brut- und Aufzuchtseinrichtungen für natürliche und künstliche Zucht oder für beide», Eier- tranr portbehälter, Gerätschaften sowie wissenschaftliche Darstellungen und Lehrmittel.
Für Hühner, Wassergeflügel, Truthühner und Perlhühner werden Preise in vier Abstuf, ungen verteilt, und zwar beträgt der erste Preis 12 der zweite Preis 8 ^, der dritte Preis 6 und der vierte Preis 5 Die Preise für Tauben haben die Höhe von 8 ^ für den ersten, 6 ^ für den zweiten, 4 ^ für den dritten und 3 für den vierten Preis. Für die Darstellungen von Geflügelzüchtereien und Einrich- tungen für ländliche Geflügelhaltung werden höhere Preise bis zu 200 je nach der Art der Dar- stellung, vergeben werden.
(EinMeteorunfall auf hoherSee.) Vor wenigen Tagen wurde die Meldung bekannt von einem Schiffs, das auf hoher See während eines heftigen Sturme» von einem Meteoriten durchlöchert und zum Sinken gebracht wurde. Aus Plymouth kommt jetzt die Nachricht von einem ähnlichen Ereignis, das glücklicherweise kein Menschenleben gefordert hat. Er handelt sich um den holländischen Dampfer „Ozean", der sich auf dem Wege von Rotterdam nach Philadelphia befand. Das Schiff war noch etwa 200 englische Meilen von dem amerikanischen Hafen entfernt — die Apparate zeigten 39,59 nördliche Breite und 71,27 westliche Länge —, als ein Meteor, der viele tausend Pfund gewogen haben muß, vom Himmel herabfiel. In unmittelbarer Nähe des Schiffes stürzte er in« Meer und die gewaltigen Wogen, die durch den jähen Aufprall aufgepeitscht wurden, gingen bi« über das Verdeck des Dampfer«. An der Stelle, wo der Meteorit ins Meer gesunken war, bildeten sich sofort Gasmassen, und die Rauchwolken waren so dick und giftig, daß die Mannschaft, um de« Tode zu entgehen, sich Hals über Kopf unter Deck flüchten mußten. Die giftigen Gase erhielten sich über eine Viertelstunde lang über der Meeresobei fläche, während da« Schiff seinen Weg fortsetzte. Als sich der Kapitän mit seiner Mannschaft wieder an Deck wagen konnte, fand man dar ganze Fahrzeug über und über mit eine« seltsamen braunen Staub bedeckt. Kurz darauf erfolgte ein Regen von kleineren flammenden Meteoriten, die zischend neben dem Schiff in« Meer versanken. Dieser Stein, und Eisenschauer währte mehrere Minuten und eine Zeit lang phorphorezierte die ganze Meeresoberfläche, soweit das Auge reichte.
Voraussichtliche Witterung:
Zunächst noch unbeständig, zeitweise Niederschläge, kühl, später Besserung.
Privat-Anzeigen.
Calw, 5. April 1908.
Teilnehmenden Verwandten, Freunden und Be- ß) kannten machen wir die schmerzliche Mitteilung, daß unsere innigstgeliebte Mutter, Schwester, Tante und Großmutter
Margarethe Herrman«, g.b. Hang, heute nachmittag nach langem schweren Leiden im Alter von 68 Jahren sanft entschlafen ist.
Um stille Teilnahme bitten
die trauernden Hinterbliebenen.
Beerdigung am Dienstag nachmittags 3 Uhr.
Schuhmacher-Lehrstelle.
Einen Jungen nimmt in die Lehre Schuhmacher Dittns, Oberhaugstett.
Ein ehrliches 14—ISjähiiges
Mädchen
wird gesucht durch Frau Maria Heller.
Calw, 6. April 1908.
Danksagung.
Für die vielen Beweise herzlicher Teilnahme bei dem Hinscheiden meines I lieben Gatten
Georg Bauer, Tuchmacher, sagen wir unfern innigsten Dank.
Die trauernde« Hiuterdliebeuru.
Gut möbliertes
Zimmer
in der Nähe der Post sofort zu vermieten. Wo, sagt die Red. dS. Bl.
Circa 20 Zentner
Haber
hat zu verkaufen
Chr. Rentschler in Rötenbach.
Calw.
Tüchtiges, fleißiges
Mädchen
für Küche und Hausarbeit für sofort oder 1. Mai bei gutem Lohn nach auswärts gesucht. Näheres bei Fra« Privatier Seeger, Bahnhofstraße.
Calw.
Der geehrten Einwohnerschaft teile ich höflich mit, daß ich den von meiner Mutter betriebenen
Hadewhaiidel
in unveränderter Weise foriführe.
Albert Bächler,
untere Brücke.
Z» kaufen gesucht eine gebrauchte
Hobelbank
mit etwas Handwerkszeug.
H. Grosmaim,
Liebenzell.