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Ämts- und Änzergeblatl für den Oberamtsbe^irk Calw. 83. Jahrgang.

Irschetnungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertlonspreis lg Pfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Kreitag, den 27. Mar; 1908.

BezugSpr. i. d. Stadt ^ährl.m. Trägerl. Mk. I.LS.Postbezugrpr. f. d.Orts-u. Nachbarortsverk. Vsjährl. Mk. iLO, im Fernverkehr Mk. 1.R). BesteÜg. in Württ. 30Pfg., in Bayern u. Reich42 Pfg.

Amtliche Bekamrtmachrrngen

Au sämtliche Ortsbeyördeu des Oberamtsbezirks Calw.

Behufs der Verhütung von WaldbrSnde« werden die Octsbehörden veranlaßt, ihre Gemeinde- angehörigen auf die Bestimmungen der W 308, 309 und 368 Nr. 6 des Reichsstrafgesetzbuchs, sowie der Artikel 30 und 32 des Forstpolizeigesetzes durch eine öffentliche Bekanntmachung in Kürze zu verweisen und für entsprechende Belehrung «ud Ermahnuug der Schuljugend Sorge zu tragen. Hirsau, 25. März 1903.

Name« der sämtliche« beteiligte« Farstämter K. Forstamt.

_ Harsch. _

A« die Orisbthsrdeu uud die Krankenkassen.

Der oberamtliche Erlaß vom 2. ds. Mts. Wochenblatt Nr. 51 betr. Vorlage der Krankeu- kaffen-Nachweisungen wird in Erinnerung gebracht mit der Weisung, für alkbaldige Vorlage der Nachweisungen sorgen zu wollen.

Calw, 26. März 1908.

K. Oberamt. Voelter.

Tagesumigkeite«.

* Calw 27. März. Bei dem Verkauf von Langholz aus den Stadlwaldungen wurden 111°/» de» Taxpreises erzielt. Der Gesamter!-» des ersten Verkauf« betrug nahezu 20000

* Calw 27. März. Kaum find einige sonnige Tage und trockene Witterung eingetreten, da steht man schon wieder brennende Hecken und ausgebrannte Rasenplätze. Es ist ja schlimm genug, daß die Hecken immer mehr ausgerottet werden, obgleich ja dadurch der Schaden bet weitem größer ist als der durch den gewonnenen Plotz ent« standene Nutzen. Die Landleute und Garten« besitzer sollten eifrig für eine Vermehrung statt

für eine Verminderung der Hecken besorgt sein. Hecken und Gebüsche sind die natürlichsten Brut­plätze vieler Singvögel. Die raupenfreffenden Sänger, können sich ungestört vermehren und die große Abnahme so vieler nützlicher Vögel würde zurückgehalten werden. Den größten Nutzen aus der Erhaltung der natürlichen Hecken, Gebüsche und Rasenplätze wird die Landwirtschaft und der Obstbau haben.

* Calw 27. März. Die Krokusblüte hat begonnen. Auf der Rötenbacher Wiese blühen schon Hunderte der lieblichen Frühlingsboten und in kurzer Zeit werden die Wiesen bei Zavelstein wie übersät von den blauen Blumen sein. Am letzten Sonntag wurde Zavelstein von vielen Touristen ausgesucht, eine Steigerung des Besuchs wird mit der Hauptentsaltung der Blüte eintreten. Der starke Eisenbahnverkehr am Sonntag kündigt bereits den Anfang der Frühjahrsausflüge an.

Stuttgart 25. März. (Jugendge. richtshof), Ein 18 Jahre altes Dienst­mädchen entwendete bet ihrer Dienstherrschaft aus einem verschlossenen Schreibtisch, dessen Schlüssel sie vorher aus einem Kleid der Haus« frattarahm, fünfmal Betrüge'von zusammen 243 Von dem Geld wurden noch 144 bei ihr vorgefunben; den Rest will dar Mädchen, da» wieder Stellung gefunden hat, in monatlichen Raten zurückzahlen. Sie wurde zu einer Ge« fängnisstrafe von 3 Wochen verurteilt; von einer Verhaftung wurde vorläufig abgesehen. Das Mädchen ist noch nicht vorbestraft. Ein acht­zehnjähriger Kaufmanr.skhsling, der wegen Krank­heit seine Stellung aufgeben mußte, nahm aus einem Zigarrenladen, in dem er Zigarren kaufte, eine Geldbörse, eine Ztgarrentasche und einige Zigarren mit. Er erhielt eine Gefängnisstrafe von 1 Tag. Der Kaufmann hat die beiden Gegenstände zurückerhalten. Ein 13 Jahre alter Volkrschüler entwendete von einem Verkauftstand auf der Weihnachtsmefle 7 Blei­

stifte im Wert von 20 --Z. Die Inhaberin des Verkaufrstandes ist dem Jungen nachgesprungsn und hat ihm die Bleistifts wieder abgenommen. Er wurde mit einem Verweis bestraft.

Stuttgart 25. März. Am 1. Nov. ISO? war auf einem Grundstück der Lerchenstraßs hier die Leiche der 13 Jahre alten Klara Schädel, Metzgers Tochter, aufgefunden worden. Der an- fang« bestandene Verdacht, er liege ein Mord oder sogar ein Lustmord vor, erwies sich als un­begründet, sofern die gerichtliche Leichenschau und Leichenöffnung objektiv keine Spur eine« gewalt­samen Todes oder eines dem Tode unmittelbar vorangegangenen Sittlichkeitsverbrechens ergab, vielmehr als Todesursache Erstickung durch Un- glückrfall festgestellt wurde. Ein Nachspiel dieser Sache zeigte die heutige Verhandlung vor der Strafkammer gegen den Metzger Jakob Schabe!, den Vater der Klara Schabel, wegen Beleidigung. Der Angeklagte hatte, wie er nicht bestritt, am 2. Nov. v. I. zu Dritten geäußert, kein anderer als ein gewisser Heizer einer benachbarten Ziegelei Habs seine Tochter umgebracht. Obwohl gar kein Verbrechen an letzterer begangen ist. suchte der Angeklagte gleichwohl aus angeblichen» in Wirk­lichkeit nichtigen Verdachtsgründen den Nachweis, daß der verdächtige Heizer der Mörder sei, zu führen, während die Verteidigung sich darauf be­schränkte, -für jene Aeußerung den Schutz de« 8 193 Str.GB. (Wahrnehmung berechtigter Interessen), als Straflosigkeit zu beanspruchen. Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Geldstrafe von 100 im Uneinbringlichkeitrfalle 20 Tage Gefängnis. Nachdem die Verhandlung bis abends 10 Uhr gedauert hatte, beschloß da« Gericht, da« Urteil am 1. April zu verkündigen.

Bonfeld 25. März. Heute früh 9*/« Uhr brach in der Scheuer der Gastwirtschaft zum Engel hier Feuer au», welche» bald auch da« Hauptgebäude ergriff und zum größeren Teil

Lore Freyeisen.

Roman von Margarete von Oertzen.

(Fortsetzung.)

Ich bin ganz neu hier," entschuldigte sich Lore scheinheilig,von nun an weiß ich's ja und kenne Sie auch, Herr Professor. Hier ist eine nagelneue Aufnahme von dem hiesigen Regimentskommandeur, dort das Brustbild des heurigen Lsotor wLAnikous an der hiesigen Universität, Gruppenbild des Korps Franconia .

Der Teufel hole alle! Was kümmern mich sämtliche Kommandeure der Welt? Ich ach war ich gehe. Sie müssen noch sehr viel lernen, mein Fräulein."

Der Professor machte Miene sich zu erheben, da reichte Lore ihm mit schelmischem Lächeln einen Rahmen.

Hier Fräulein von Steumann in Balltoilette."

Der Professor zögerte, hustete und streckte die Hand aus.

Na, endlich," sagte er aufatmend,da ist doch endlich mal was Vernünftiges. Hm, hm."

Er drehte und wendete das Bild nach allen Seiten, mit der Zunge schnalzend, als habe er einen Leckerbissen vor sich.

Famos, ganz famos, obwohl's einen Frauenzimmer ist. Wie sagt Homer ja, ja, die Schönheit und so im Bilde, das verpflichtet zu nichts, steht keine Mutter dahinter, um gleich den Bewunderer als Schwieger­sohn zu kapern und dann so'n Bild macht den Mund nicht auf kann keinen Unsinn schwatzen."

Aber auch nicht küssen," entfuhr es Lore gegen ihren Willen. Sie

wurde feuerrot. Das war nicht ihres Amtes, hier zu reden, ihr Geschlecht in Schutz zu nehmen. Sie war vorwitzig gewesen.

So, so," sagte der Professor, indem er den Rahmen mit dem Bild der Balldame langsam sinken ließ und einen scharfen Adlerblick auf Lore richtete, die blutübergoffen vor ihm stand.Halten Sie da» für durchaus notwendig, das das Küssen? Sehen Sie mich an, ich bin jetzt durch« Leben gegangen, ohne zu ohne zu . . ."

Er schwieg, als scheue er sich, auch nur das Wort aurzusprechsn.

Lore sah ihn an voll aufrichtigen Staunens. Derartiges hätte sie allerdings nie für möglich gehalten.

Sie bedauern mich wohl deshalb?" rief der Professor erbost au». Sie schauen mich ja an, als hätte ich ein B-in gebrochen oder ein Auge zu wenig! Ich kann Ihnen versichern, daß ich mich vollkommen wohl dabei befinde sogar unverschämt wohl!"

Der feuchte, rote Mond der neuen Empfangsdame gab einen s, lebendigen Ton in diese Galerie papierener Gesichter so viel Beweglichkett inmitten dieser festgebannten Lächeln und Blicke.

Hier find noch zwei junge Damen," sprach Lore arglos.Herr Beiert sagt, fie gelten für schön ste lassen sich sehr gut photographieren. Sie werden immer."

Ich danke", wehrte der Professor in dumpfem Ton ab.Ich habe völlig genug für heute. Ich mag heute nichts mehr sehen. Adieu. Blech lauter Blech."

Lore» Herz begann zu klopfen. Jetzt hatte ste ihn vertrieben, ihn der seit zehn Jahren hie: herkam, ihn, den Herr Beiert ihr noch besonder« auf die Seele gebunden hatte. Das war ihr Anfang, ihr Meifierstück gewesen!