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ferneres Mitarbeiten und dem Wunsche, daß der Verein wachsen, blühen und gedeihen möge, schloß der Vorstand mit einem kräftigen Waldheil gegen 8 Uhr die anregende Sitzung.
Herrenalb 10. März. Heute früh ist in Bernbach das Anwesen des Messerschmieds Kull abgebrannt. Gerettet wurde nichts; vier Schweine und eine große Zahl Hühner sind mit- verbrannt. Die Bewohner wußten aus dem Schlaf geweckt werden um ihr Leben zu retten.
Stuttgart 10. März. (Strafkammer.) Ter ledige Bäcker Albert Hart mann aus Neckarwestheim stahl in Ludwigsburg ein auf der Straße stehendes Fahrrad und stellte es in einer Wirtschaft ein. Als er einige Tage darauf das Rad holen wollte, wurde er verhaftet. Als rückfälliger Dieb wurde er mit 4 Monaten Gefängnis bestraft.
— Der ledige Eisendrcher Johann Fritz von Untervollmann in Böhmen, der kürzlich von der hiesigen Strafkammer wegen zahlreicher Diebstähle in Dienstbotenkammern zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, erhielt wegen zwei weiterer, in einem Hause der Poststraße verübter Diebstähle eine Zusatzstrafe von 4 Monaten Zuchthaus.
— Der ledige Maschinentechniker Rudolf Fehl- eisen von Cannstatt mietete sich hier ein und verschwand dann heimlich, ohne Kost und Logis zu bezahlen, außerdem versuchte er ein Darlehen zu erlangen; da er wegen Betrugs schon wiederholt vorbestraft ist, wurde er zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt.
Heilbronn 10. März. Die hiesigen Malergehilfen haben den Lohntarif auf 1. Mai gekündigt. Sie verlangen eine 10°oige Lohnerhöhung und einen Minimallohn von 44 --Z pro Stunde.
Oberndorf 10. März. Da sich in der Gewinnung von geeigneten Lokalen für die Gewerbe- und Handelsschule» die im April nächsten Jahres zur Einführung kommen sollen, Schwierigkeiten ergaben, will die Stadt sich von der Errichtung noch auf einige Jahre dispensieren lassen. Neben der Allgemeinen besteht hier sckon länger eine Gewerbliche Fortbildungsschule. Die Zahl der jungen Leute unter 18 Jahren beläuft sich auf mehrere Hundert, von denen die Mehrzahl ungelernte Arbeiter find.
Leutkirch 10. März. Als der Bauer Paul Löchle von Missen am vorigen Samstag von der Hirschwirtschaft in Urlau, wo er über 250 ^ Milchgeld eingenommen hatte, gegen 10 Uhr nachts nach Hause ging, wurde er unweit seiner Wohnung von einem großen Mann, der ihm begegnete, unversehens niedergeschlagen und seines Geldbeutels mit 256 sowie seines Taschen-
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Messers beraubt. Löchle erlitt eine schwere jedoch nicht lebensgefährliche Kopfverletzung und großen Blutverlust. Vom Tatort führten im Schnee frische Fußspuren zum Hause des Josef Anton stlebelhör in Urlau; seine Stiefel passen genau in die Fußspuren. Uebelhör wurde deshalb trotz hartnäckigen Lsugnens als des Straßenraub- dringend verdächtig in Hast genommen.
Pforzheim 10. März. Hier haben sich die durch Umlagen zu deckenden Ausgaben von 1889 bis 1908 von 232 907 auf 1,516,000 ^ gehoben. Die Steuerzahler sind von diesem „gehobenen" Zustande nicht erbaut, und es ist eine Agitation im Gang, im Gemeindchaurhalt auf größere Sparsamkeit zu dringen. Dis Zahl der städt. Bediensteten stieg von 1890—1908 von 44 auf 253
PforzheimlO. März. DieEingemeindung des Dorfes Dillstein nach Pforzheim hängt hauptsächlich von der Hergabe der Wasserkraft der Nagold seitens Dillstein an Pforzheim ab, sowie von dem Verlangen Dillsteins, daß Pforzheim sofort eine Straßenbahn nach Dillstein baut, von wo jetzt täglich an 1200 Arbeiter und Arbeiterinnen nach Pforzheim herübergehen. Die Dill- Keiner Schulen sollen städtisch werden (Lehrmittel- freiheit). Die Einigung ist schwer.
Gernsbach im Murgtal 10. März. Zwischen Gernsbach und Oberroth ereignete sich am Sonntag nachmittag ein durch Leichtsinn herbeigeführtes, schweresAutomobilunglück. Sechs junge Leute von Gernsbach im Alter von 15 bis 18 Jahren sämtlich Mechaniker oder an- gehende Chauffeure in den Süddeutschen Automobilwerken in Gaggsnau fuhren mit einem Kraftwagen dieser Fabrik in rasender Geschwindigkeit die Straßen entlang und stürzten, zwei Randsteine mitreißend, den Abhang gegen die Murg hinab. Das Auto ging in Trümmer. Zwei Insassen sind sehr schwer verletzt; drei leichter. Der 17jährige Zeltmann von Gernsbach dürfte nicht mehr mit dem Leben davonkommen. Der Lenker des Wagens wurde verhaftet.
Aus Köln wird berichtet: Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit wurde der frühere Bureau, beamte von Krupp. Essen, Karl Engel, zu sechs Monaten Gefängnis, und der Kaufmann Karl Müller aus Köln zu 150 ^ Geldstrafe verurteilt. Engel der im Preisfeflsetzungrbureau der Gußstahlwerke beschäftigt war, hatte an aus- ländische Geschützfirmen Geschäftsgeheimnisse ver- raten. Er ließ von Müller anonyme Briese nach Frankreich schreiben, er wolle die Firma Schneider über die Preise der Krupp'schen Lieferungen nach China, Spanien und für die Fortifikation in Ant
werpen im Laufenden erhalten und verlangte dafür 5000
Berlin 10. März. (Reichstag.) Auf der Tagesordnung stehen die Interpellationen der vier größten Parteien wegen der Besoldungsvor- löge. Schotzsekretär Sydow erklärt sich bereit, sofort zu antworten. Abg. v Nicht Hofen (kons.) begründet die Interpellation seiner Fraktion. Alle Parteien ohne Ausnahme seien mit der Regierung darin einig, daß eine Revision der Gehälter im Sinne einer Erhöhung derselben unerläßlich sei und daß die Reform sich auch auf die Wohnungs- geldzuschüffs erstrecken müsse. Die Jnttitive sei der Regierung zu überlassen. Auch dürsten nicht etwa einzelne Beamtenkategorien herausgegriffen und vorweg befriedigt werden. Zur Beruhigung der Gemüter bitte er Antwort auf die Frage, wann die Vorlage zu erwarten sei und in welcher Weise dafür gesorgt werden soll, daß die erhöhten Bezüge den Beamten schon vom 1. April ab ge- währt werden. Abg Graf Oriola (natl.) be- gründetvie annähernd ebensolautende Interpellation seiner Partei. Die Erklärung RheinbabenS hätte die Erwartungen sehr herabgestimmt und große Erregung unter den Beamten hervorgerufen. In seinen weiteren Ausführungen polemisiert Redner gegen das Zentrum, das, wie er meint, einfach den Blockparteien es überlasse, sich die Köpfe über die neuen Steuern zu zerbrechen. Könne die Besoldungsvorlage in dieser Session nicht mehr kommen, so sei erstens zu fordern rückwirkende Kraft unv zweitens vorläufige Teurungr-Zulagen, aber ausreichende, auch für Subalternbeamte, Unteroffiziere und Mannschaften müßten Zulagen vorgesehen sein. Abg. Schräder (frs. Vg.) begründet die freisinnige Interpellation. Seine Freunde wünschten, daß der Bundesrat die Vor- läge sofort einhrinqe. Sie würden bereit sein, sie noch in dieser Tagung durchzuberaten. Abg. Spahn (Ztr.) begründet die Interpellation seiner Partei. Tatsache sei, daß die Vorlage bestimmt in der Thronrede angekündigt gewesen sei. Er könne nicht sagen, daß eine Finanzreform noch in dieser Tagung so absolut unmöglich sei. Direkte Reichssteuern müßten freilich ausgeschlossen sein. ReichsschatzsekretärSydow verliest eine Erklärung des Inhalts, gleichzeitig mit der Besoldungsreform- Vorlage sollte ursprünglich eine Vorlage zur Verbesserung der Reichsfinanzen vorgeschlagen werden, durch welche die Kosten der Besoldung«. Erhöhung gedeckt und die Matrikularbeiträge auf ein erträgliches Maß zurückgeführt werden sollten. Die Vorarbeiten dazu waren auch bereits unter meinem Arntsvorgänger soweit gediehen, daß die Finanzvorlage an den Bundesrat und an den Reichstag in Bälde hätte gelangen können. Inzwischen aber habe sich die Lage da-
sich Malwitz und goß von dem Wein, der auf der Tafel stand, die Gläser voll. „Bah, Berlin — was ist Berlin? Jaspershagen soll leben! Prosit, Wimbach!"
„Profit!" sagte der Hauptmavn und nickte fröhlich zu dem Mamsellchen hinüber. Da griff sie zögernd nach dem für sie bestimmten Glase, führte e» lächelnd an die kirschroten Lippen und nippte vorsichtig daran.
„Ach, bloß nicht zieren!" tadelte Malwitz, der sie beobachtet hatte. „Ihr Damenlikör von beute Nachmittag war doch eine ganz andere Nummer."
„Ach Gott, Herr Leutnant —", sagte sie vorwurfsvoll.
„Haben Sie sich nicht, kleine Heuchlerin! Es ist ja nichts dabei. Oder denken Sie vielleicht, unsere Stadtdame nehmen nicht auch mal so 'ne kleine Herzstärkung? Ach, da könnten Sie was erleben, sag' ich Ihnen!"
,,Bitte, erzählen Sie doch ein bischen davon. Was für Damen find denn var?" fragte Mamsellchen neugierig.
„Na natürlich — das möchten Sie wissen!' lachte er vergnügt. „Aber das ist nichts für Kinder, mein liebes Fräulein. Denn Berlin ist ein Sünderpfuhl, ein gräßlicher Sündenpfuhl, von dem ein braves pom- mersches Mädchen am besten gar nichts zu hören bekommt."
„Pommersches Gänschen, denken Sie inwendig."
„O. . . Mamsellchen, wie könnte ich . . ." beteuerte er.
„Na, na! Oder ist es wirklich so furchtbar, war Sie in dem schlimmen Berlin schon alles erlebt haben?"
„Beobachtet haben, meinen Sie !" verschanzte der Leutnant sich vorfichtig-
„Ach so, nur beobachtet?" sagte sie, und aus ihrer Stimme klang eine deutliche Enttäuschung, die ihm eine heimliche Freude bereitete.
„Sind sie nicht in der ganzen Welt egal, diese naschigen Dinger?" dachte er schmunzelnd und sah seine Leporelloliste schon um eine neue reiz- volle Eroberung vermehrt. „Je mehr man auf dem Kerbholz hat, je verrückter find sie hinter einem her."
Laut aber sagte er auf ihre Frage: „Mancher ist natürlich auch dabei erlebt; denn zum Säulenheiligen Hab' ich vorläufig die Qualifikation noch nicht."
Und dabei sandte er ihr einen übermütigen Blick, der nur dürftig verhehlte, wie er sich seiner sieghaften Unwiderstehlichkeit in dieser Minute voll bewußt war.
„Ja, so ein Leutnant hat's doch zu gut!" seufzte sie darauf.
Er lachte laut auf, so köstlich berührte ihn dieser naive Neid. „Möchten Sie nicht gar mit mir tauschen?" erkundigte er sich und zwirbelte selbstgefällig an seinen Schnurrbartspitzen herum, die nicht gerade üppig geraten waren.
„Sofort!" erklärte sie.
„Na natürlich, Sie kleine Unschuld! Aber ich nicht mit Ihnen, so niedlich Eie auch sind. Vielleicht auch gerade deswegen. Aeh . . .!"
„Schmeicheln müssen Sie nicht, Herr Leutnant! Ihre Berliner Damen sind ja doch olle viel hübscher!" wehrte sie sich kokett, was ihn zu einer neuen kleinen Attacke reizte.
„Pardon, Mamsellchen," erklärte er mit einem feuergefährlichen Blicke, „das ist noch sehr die Frage. Mit Ihren frischen Farben und Ihrer famosen Figur würden Sie an der Spree überall Furore machen. Ach, ich wollte, ich könnte in Halensee mal so mit Ihnen dahinschweben!" Und mit etwas krähender Stimme begann er aus der „Lustigen Witwe" zu fingen:
Wie die Blumen im Lenze erblüh'n Und in leuchtenden Farben erglüh'n,
So erblühet in rosigster Glut Lockender Töne Flut . . .
„In Halensee?" fragte sie erstaunt. „Wo ist denn das?"
„Ah — das ist eine hochfeine Gegend in Berlin . . .1 Nicht weit von Charlottenburg, ja! Da halten wir manchmal unsere Bälle ab", gab er Auskunft.
„Die Kasinobälle?" fragte sie treuherzig.
„Na natürlich, die Kasinobälle!" rief er lachend. „Was denn sonst?" Und dabei blinzelte er Wimbach amüsiert zu.
(Fortsetzung folgt.)