234

hier sind vor kurzem die Gießer und Former in den Ausstand getreten. Al« Grund wird ange­geben, es seien Leute entlassen worden, weil sie Vertrauensmänner des Metallarbeiterverbands seien. Dies wird aber von der Firma selbst mit Entschiedenheit bestritten. Da in der Gießerei ohnehin Arbeitsmangel herrscht, so wird die Firma von dem Ausstand, wie es scheint, nicht sonderlich hart getroffen.

Würzburg 7. März. Der Schmiedgeselle Johann Höfling wurde festgenommen, weil er mit seinen 23 und 24 Jahre alten Stieftöchtern sträflichen Umgang pflegte, aus dem 6 Kinder hervorgingen, von denen er5 ermordete. Das eine Mädchen hat bereit« eingestanden, daß ihre Schwester ein Kind ertränkt hat, das der Vater dann im Keller vergrub. Der Bruder des Höfling hatte, da er das Treiben nicht mehr mit ansehen konnte, die Anzeige erstattet, die seine Frau zu machen sich nicht getraute, aus Furcht, von ihrem Manne umgebracht zu werden.

Berlin 7. März. Das Urteil des Ehren- gerichts gegen den Generalleutnant z. D., Grafen Wilhelm von Hohenau, der in dem bekannten kriegegerichtlichen Nachspiel zum Moltke.Harden. Prozeß ,wegen nicht erwiesener Schuld" frei- gesprochen war, ist jetzt gefällt worden. Das Ehrengericht hat den Grafen Hohenau zur Ent- iernung aus dem Osfizierrstande verurteilt und hat ihm auch Orden und Ehrenzeichen abgesprochen. Das Urteil des Ehrengerichts ist bereits vom Kaiser bestätigt worden.

Paris 8. März. Im Laufe eines Wort­wechsels erschoß ein Schriftsetzer eine junge Frau und feuerte dann mehrere Schüsse auf die ihn verfolgende Menge ab.. Hierbei wurden ein Kutscher und ein Wein Händler lebens­gefährlich, mehrere andere Personen, darunter der Abgeordnete Lagasse leicht verletzt. Die Polizei konnte sich schließlich des Mörders bemächtigen, hatte aber große Mühe, ihn vor der Wut der Menge zu schützen.

Rom 7. März.°Giornale d'Jtalia" bespricht die Zusammenkunft Kaiser Wilhelms und des Königs von Italien in Venedig und sagt: Ein neuer Frühling des alten Dreibundes, der nach so vielen Un. gewittern und Stürmen neue Blüten treibe, werde die Begegnung in Venedig werden. Durch die bevorstehende Begegnung des Königs Viktor Emanvel mit König Eduard werde diese wohl­tätige Folge verstärkt werden.

Wien 8. März. Wilhelmins Wölfling- Adam owit sch, die geschiedene Gattin Leopold Wölflings, ist gestern ins Irrenhaus überführt morden. Sie hat in einem Anfalle von Irrsinn Gewalttätigkeiten begangen, wodurch ihre Haus­

genoffen in Gefahr waren. Sie wußte sich vor einigen Tagen in den Besitz eines Revolvers zu setzen und drohte, ihre Schwester, den Rechts, anwalt Leopold Wölflings, dessen Frau und sich selbst zu erschießen. Die Schwester rief telephonisch Polizei zu Hilfe. Als diese erschien, bekam Frau Adamowitsch einen Tobsuchtsanfall, wollte ihre Kleider anzünden und sich mit einer Hutnadel erstechen. Schließlich gelang es, sie im Automobil zur Polizei zn bringen, von wo sie nach der Irrenanstalt überführt wurde.

London 7. März. Die Veröffentlichung derTimes", insbesondere der Leitartikel, mit dem das Blatt die Zuschrift seines militärischen Mitarbeiters begründet, erregen hier in allen ernst zu nehmenden politischen Kreisen den schärfsten Unwillen. Die deutlich erkennbare Absicht der Times", aufs neue Zwietracht zwischen England und Deutschland zu säen, wird in den bisher erschienenen Blätter aufs schärfste zurückgewiessn. DerStar", der den Artikel derTimes" als durchsichtigen Versuch, die öffentliche Meinung zugleich gegen Deutschland und gegen die Politik der Einschränkung in dem Flottenauibäu auf. zureizen brandmarkt, fragt: Gibt es Jemanden außer einem Wahnsinnigen, der glaubt, daß der deutsche Kaiser so kolossal dumm "ist, daß er ver­suchen sollte, den für unser Flotten-Budaet ver­antwortlichen Minister im Interesse Deutschlands zu beeinflussen? Wir wissen wohl, daß unsere deutsch-feindliche Presse dumm ist, aber wir haben nicht geglaubt, daß diese Dummheit so weit geht.

London 7. März. Privatnachrichten zu­folge, die an einige große hiesige Ostaficnhäufer gelangt find, nimmt dis Hungersnot in China immer größere Dimensionen an. Das Elend in der Provinz Knangsu ist entsetzlich. Die Reirernte ist durch die Ueberschwemmung vernichtet und dadurch Hunderttausend« buch- stäblich dem Hungerstode preisgegeben. In einigen Orten wurden die kaiserlichen Magazine geplündert und zahlreiche Raubanfälle sind an der Tagesordnung. Die Behörden sind machtlos, da sich vielfach geheime Gesellschaften gebildet haben, die Raub- und Bandendiebstähle in großem Maßstabe betreiben.

Newyork ö.März. ZnmSchulbrand in Cleveland wird noch berichtet: Die Zahl der verunglückten Schulkinder in Cleve- land wird nunmehr auf 17 8 angegeben. Von 300 Schulkindern entkamen nur 80 ohneVer- letzungen. Das Alter der verunglückten Kinder schwankt zwischen 6 und 14 Jahren. Die Größe des Unfall» erklärt sich daraus, daß eine der Türen der Gebäudes geschloffen war und daß sich sämtliche Türen nach innen, statt nach außen, öffneten. In der Leichenhalle lagen am Donners- tag 165 verletzte, brandgefchwärzte kleine Leichen, während 13 Kinder vermißt wurden. Viele

andere liegen im Hospital in kritischem Zustand. 108 Leichen konnten identifiziert werden. Von den übrigen fehlen Arme» Beine oder Köpfe. Die Szenen, die sich in der Leichenhalle abspielten, waren herzzerreißend, besonders wenn Eltern an kleinen Merkmalen in verstümmelten Leichenresten die Ueberbleibsel ihrer Kinder erkannten. Das Geschrei der Verzweiflung und das Weinen nahm kein Ende. Die Erzählungen über die Versuche der Kleinen, sich zu retten, sind fast unerträglich. Eine Mrs. Sprung kam an der Schule an, als das 1. Stockwerk in Flammen stand. Sie sah an einem der Fenster ihr Söhnchen, welches um Hilfe rief. Dis Frau verschaffte sich eine Leiter, kletterte zu dem Knab«- hinauf und erfaßte ihn am Haar. Das Haar verbrannte in ihren Händen ' und der Knabe stürzte rückwärts in die Flammen. Eine Frau Philipps erzählt:Ich fand meine Tochter in dem Kinderknäuel an der Türe und ergriff ihre beiden Hände, konnte das Kind aber nicht herausziehen. Ich streichelte ihren Kopf und versuchte die Flammen von ihr abzuhalten.

Ich blieb bet ihr, bis ein schweres Stück Glas meine Hand nahezu abschnitt. Ich mußte dann weichen und sah mein Kind vor meinen Augen sterben." Eine Lehrerin erklärte, sie werde nie­mals vergessen, wie die Kleinen mit erhobenen Aermchen um Hilfe gebeten hätten. Als das Alarmsignal ertönte, ließ diese Lehrerin die Kinder in der vorschriftsmäßigen Weise antreten und aus dem Klassenraum marschieren. Als sie mit den Kindern die Treppe erreichte, sah sie eins undurchdringliche Feuerwaffe vor sich, vor der sie den Rückzug antreten mußte. Die entsetzten Kinder versperrten die Treppe. Der Weg nach der Hinteren Tür war so durch Kinder versperrt, daß die Lehrerin nicht ein einziges Kind aus dem Kinderhaufsn zu reißen vermochte. Während sie unter den Kindern stand, häuften sich rechts von ihr die Körper der Kleinen unter dem Nach- drängen von hinten her zu Haufen auf. Ueber diese Haufen züngelten bald die Flammen. Als dis Hintertür« vor der Wucht der Kindermaffe zusammenbrach, sahen dis entsetzten Zuschauer für einen Augenblick einen Haufen totenblasser, ringender Kinder. Im nächsten Augenblick schlugen die Flammen über die Türschwelle und hüllten die ganze Kindermaffe ein. Viele Frauen unter den Zuschauern brachen, von Entsetzen gepackt, ohn­mächtig zusammen. Eine Lehrerin, Frl. Weller, kam ums Leben inmitten ihrer Schulkinder, die sie bis zum letzten Augenblick zur Ruhe und Ord­nung ermahnte. Eine andere Lehrerin, Frl. Fiske, büßte ihr Leben ein bei dem Versuch, Kinder zu den Rettungsleitern zu bringen.

Voraussichtliche Witterung:

Wechselnde Bewölkung, stellenweise Niederschläge, wenig veränderte Temperatur.

sich zunächst ein bißchen ungeschickt anstellten, kroch aus dem mächtigen Korbe noch ein zweiter Insasse hervor, dessen bleiche Gesichtsfarbe in ein brennendes Rot umschlug, als irgend eine der drallen Dirnen, ihn beob­achtend, den anderen zurtef:Kiek doch, da wär' jo noch ein'n in! De hät ja woll de Tid verslapen!"

In das hierauf erschallende Gelächter der Knechte und Mägde klang die Stimme de» Offiziers, der wohl Führer de- Ballons war und den anderen nur als Passagier mitgenommen hatte:Na. Malwitz, find wir nicht famos gelandet was? Nun trinken Sie bloß' nen ordentliches Feusrwaffer, damit Sie Leib und Seele wieder zusammenkriegen! das erste Mal wird einem gewöhnlich 'n bißchen schwach. Aber mit der Zeit legt sich das."

O, mir ist ganz gut", renommierte Malwitz.Aber ein Kognak könnte vielleicht doch"

Kognak werden Sie von unseren braven Obokiten kaum erwarten dürfen, und die Flasche, die wir mit hatten, muß uns unterwegs jemand ausgetrunken haben. Aber 'nen Kornschnap» werden wir schon auftreiben, denk' ich. He, Kinnings, hett denn kein'n von lüten?" rief der Offizier und machte mit der Hand eine kippende Bewegung vor den Lippen.

Aber die Jaspershagener schüttelten verlegen die Köpfe und sahen nach ihrEFristen" die mit den Mägden zusammen tapfer Hand angelegt hatte, um den Ballon auf die Erde zu bringen und den beiden Ankömmlingen deshalb auch nicht weiter aufgefallen war, obwohl sie statt des Kopftuches einen breitrandigen Strohhut aus grobem Geflecht trug.

Hilde ward ein wenig rot, als sie jetzt in die Rocktasche griff und daraus Jochen Sötebiers konfiszierteTrostbouteille" hervorholte.

Hier", sagte sie,wenn das genügt? '

Nu süh doch, min Döchting", lachte der Offizier und schaute dem hübschen Mädchen lustig zwinkernd in die blauen Augen,drünkst Du so

wat ook?" Und dann nahm er den Kork von der Flasche, tat einen tüchtigen Zug und reichte sie darauf dem Kameraden.Profit, Malwitz!" sagte er, sich ein bischen schüttelnd.Wenn Ihnen der nicht schmeckt, haben Sie kein Herz im Leibe. Dar ist ein Damenlikör allererster Sorte."

Natürlich kicherten die Jaspershagener vergnügt, wie sie ihrFristen" so in Verlegenheit sahen, und Hilde wurde nicht wenig zornig. Aber ein recht kräftiger Trumpf zur Abwehr wollte ihr nicht gleich etnfallen» ob­gleich sie sonst schlagfertig genug war. So schwieg sie. Er war auch keine Zeit mehr, lange Wortgefechte zu beginnen. Ein jäh aufleuchtender Blitz blendete ihnen allen die Augen für einen Moment und erinnerte sie an das Wetter droben. Und nun hörte sie im Geräusche des polternd ein­setzenden Donners die eben noch so übermütige Stimme des Luftschiffer» kurz und scharf wieder Befehle erteilen.

Als ob wir alle nur seinetwegen hier ausgefahren wären!" dachte Hilde und wollte nach den Kutschern rufen, um sie zur schleunigen Abfahrt mit den ganz und halb beladenen Wagen zu treiben.

Da schallte die sonore Stimme noch einmal auf:Kinnings, noch eins: wo find wir hier eigentlich?'

Dat hürt all tau Jaspershagen", antwortete einer der Knechte und beschrieb einen Kreis mit der ausgestreckten Hand.

Weit von der Bahn?" erkundigte sich der Lustschiffer.

Vier Stunn'."

Dunnerlichting! ... Ihr habt aber doch 'neu Gasthof im Ort?"

."

Malwitz, ich glaube, wir werden diese Nacht in einem Heustall lo­gieren!" rief er darauf launig seinem noch immer geknickten Begleiter zu, ohne sich jedoch in der flinken Art seiner Tätigkeit zu unterbrechen.

(Fortsetzung folgt.)