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Präsident v. Borrier hat sich dem Mitarbeiter Le« Berliner Lokal-Anzeiger» gegenüber folgender­maßen über die gestrigen Vorgänge geäußert: Ich kann Ihnen Mitteilen," sagte Herr von Borrier,daß dar, was sich gestern vollzog, das Ergebnis eines wohlvorberetteten und genau durch- dachten Planes war. Nach diesem Plan sollten die Masten sich zusammenztehen und dann nach einem bestimmten Ziel in Bewegung gesetzt werden. Das Stadtmnere bildete dieses Ziel. Die 600 Zahlstellen der sozialdemokratischen Organisation waren als die Sammelpunkte aufgegeben, die kleinen Becken, in denen die Anfänge des Menschen­stromer sich bilden sollten. Weser Plan war zu unserer Kenntnis gelangt. Wir trafen natürlich unsere Gegenmaßregeln, die Taktik der Demon­stranten sollte durch unsere Taktik ein Gegengewicht erhMen und an dieser zersplittern. Und ich glaube, daß die Schutzmannfchaft sich dieser Aufgabe nicht nur taktisch, sondern, soweit es die Situation nur irgend zuließ, auch mit Takt entledigt hat. Ich glaube, daß kaum einer der Versammlungsbesucher eine Unhöfltchkeit seitens der Beamten erfahren hat. Auch als die Versammlungen geschloffen waren und sich die Menge zerstreute, haben, so­weit ich weiß, die Schutzleute sich nur größter Zurückhaltung befleißigt. Hier möchte ich aber eines bemerken: auf diese Versammlungen war er gar nicht angekommen. Sie sollten nur das Dekorationsstück und Aushängeschild bilden für den eigentlichen Zweck, den Zug in das Stadtinuere. Man ist zu solcher Annahme berechtigt, wenn man erwägt, daß es nur acht Versammlungen waren, daß sie noch dazu mehrfach in Lokalen abgehalten wurden, deren Größe keine bedeutende war. Aber in da» Stadtinnere sollte und wollte man und darnach hatten wir unser eigenes Verhalten ein- gerichtet. Der von mir aus gegangene Befehl lautete daher klar und einfach: dis Massen 'ind an ein Eindringen in das Innere der Stadt unter allen Umständen zu verhindern! In Befolgung dieses Befehls hatte sich nun mehrfach und an verschiedenen Stellen die Notwendigkeit ergeben, mit aller Energie gegen die Menge vorzugehen und selbst von der Waffe Gebrauch zu machen. Diese Ent­wicklung aller Energie war allerdings bei An­ordnung unserer Maßnahmen mit in Rechnung gezogen worden. (Stuttg. Mgst.)

Breslau 13. Jan. Graf Kuno Moltke tritt in den nächsten Tagen eine Mittelmeersahrt an. Dis Heimkehr er­folgt zum Revisionstermin desHarden- Prozesses.

Paris 13. Jan. Die Vorgänge in Marokko haben hier einen sehr schlechten Ein­druck gemacht. Auf keinen Fall wird, wie die Mehrzahl der Blätter betont, eins Benderung der französischen Marokko-Politi! eintreten. Man will sich streng an die Algeciras-Akte halten.

London 13. Jan. Die Zahl der frarr- ösischen Truppen in Casablanca soll ofort auf 20000 Mann erhöht werden. General Damade ist in Rabat angekommen» um die dort lebenden Europäer zu schützen. In Fez wurden zwei französische Zeitungs-Korrespondenten von den fanatischen Mauren grausam getötet.

London 13. Jan. Die Weltreise der amerikanischen Schlachtflotte unter Ad­miral Evans hat einen unrühmlichen Anfang genommen. In Pernambuco in Brasilien, wo die Flotte landete, gingen viele Matrosen mit Urlaub an Land. Eine große Anzahl von ihnen ist sofort desertiert. Bei der Abfahrt fehlten mehr als 100 Mann. Diejenigen, die nicht desertiert waren, veranstalteten große Unruhen auf den Straßen.

Barnsley (England, Grafschaft Jork) 11. Jan. Bei einer kinematographischen Vor­stellung entstand hier auf noch nicht aufgeklärte Weise eine Panik, bei der 16 Kinder zu Tode gedrückt und eine große Anzahl mehr oder weniger schwer verletzt wurden. Das Un­glück ist» wie ein späteres Telegramm besagt, da­durch entstanden, daß eine große Anzahl Kinder, die auf der Galerie gesessen hatten, plötzlich eine steile Treppe herunterstürmte, um unten im Saal bessere Plätze zu bekommen. Hiebei kamen die vordersten zu Fall und wurden von de» Nachstürmenden niedergetreten.

Vermischtes.

(Bahnamtlich mitgeteilt.) Es hat irr letzter Zeit dis Unsitte eingeriffen, daß ein Teil der Reisenden bei der Einfahrt der Züge in die Stationen die Trittbretter und Plattformen der Personenwagen betritt. Nach den Bestimm­ungen der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung ist, so lange ein Zug sich in Bewegung befindet, das Oeffnen der Wagentüren, das Ein- und Aussteigen, der Versuch oder dis Hilfeleistung dazu, dar Be­treten der Trittbretter und Plattformen ver­boten. Angesichts der zahlreichen Zuwider­handlungen dieser Art besteht Veranlassung mit Nachdruck ans dieses Verbot hinzuweisen."

Die deutsche Sprache in England. Man schreibt aus London: Während in deutschen Schulen dis englische Sprache die französische ver­drängen soll, widmet man jetzt auch in England der deutschen Sprache eine größere Aufmerksam­keit als früher. Bei der letzten Jahresversamm­lung der Gesellschaft für moderne Sprachen, die in Queens College tagte, kam er zu einer interes, sanken Diskussion über Stellung der deutschen Sprachen in den englischen Lehrplänen. E. L. Milnor-Berry wies darauf hin, daß auch die englischen Mittelschulen bedacht sein müßten, er den deutschen, skandinavischen und schweizsr mitt­leren Lehranstalten gleichzutun, und wandte sich

energisch gegen das lateinische Studium, dar an den Mittelschulen als eine zwecklose Hebung de« Verstandes fortbestände, nur deshalb» weil man nie gewagt habe, es mit etwa» anderem zu ver­suchen. Sr schlug eine gründliche Erlernung des Deutschen vor, nicht durch zwei Wochen stunden, sondern durch eine tägliche Stunde, die durch er­probte Sprachkenner auf der Bast« der Konversations- Methode gegeben werden sollten. Der Vorschlag fand energische Unterstützung und gipfelte in einer Resolution, die mit großer Majorität angenommen wurde und dem Kultministerium unterbreitet werden wird.

Leopold Wölfling über seine Ehe­scheidung. Als Antwort auf die jüngsten Enthüllungen der geschiedenen Frau Wölfling-Adamovich über ihr Eheleben, hat Herr Leopold Wölfling in Zürich dem dortigen Ver­treter eines Wiener Blattes auch sein Herz aus­geschüttet ; er bestreitet zunächst, daß der Einfluß seiner Schwester, der gewesenen Gräfin Mon- tignoso, an dem Bruche schuld sei, hieran trage einzig und allein dar Verhalten seiner früheren Frau selbst die Schuld. Der beständige Aufent­halt der Schwester feiner Frau in seiner Billa in Zug habe zu den ersten Zusammenstößen ge­führt. Vergeblich Habs er die Beseitigung d« Schwesternwirtschaft reklamiert. Seine Kau habe ihm aber immer nur furchtbare Scenen gemacht und erklärt, sie lasse dis Schwester nicht fort. Sie habe nicht nur ihn, sondern auch seine Ntern und Geschwister Tage und Nächte hindurch auf die allerärgste Weise beschimpft. Oft habe sie in ihren Wulscenen seinem greisen Vater, dem Großherzog von Toscana, da» schwere Unglück angewünscht, das ihn nun so schwer betroffen. So sei ihm schließlich der Entschluß gereift, dieses Leben nicht länger zu ertragen. Unwahr sei es, daß er seine Frau habe mittellos fitzen lassen. Als er Zag verließ, htnterließ er seiner Frau ungefähr 2500 Francs und wie« ihr nach, träglich noch weitere 6000 Franc» an. Ueber die bei der Wiener Kreditanstalt deponierten 100000 Kronen habe nicht er, sondern der G:. Herzog von Torcana zu bestimmen. Dis Möbel« und der Schmuck seiner Frau seien ihr längst zur Verfügung gestellt. Herr Wölfling protestiert sodann gegen die in Umlauf gesetzten Gerüchts, daß er sich auch von seiner zweiten Frau schon wieder scheiden lassen wolle. Ec fühle sich in den neuen Verhältnissen sehr wohl und komme mit seiner Frau sehr gut aus. Mit seiner Schwester Luise sei der Verkehr, seit sie Frau Tosellt geworden, völlig abgebrochen.

Ntt-lsset die -WMidk» Wgel nicht.

Voraussichtliche Witterung:

Teils heiter, teils nebelig, Frostw.tter.

aus dem Kampflust sprach. Er trug einen graurötlichen Sommeranzug und hatte die wstterbraune Gesichtsfarbe eines Mannes, der sich fast immer im Freien aufgehalten hat; trotzdem lag in seinem festen Blick und in der ruhigen Sicherheit sein s Auftretens ein gewisses Etwas, was den Gent­leman verriet.

Dies ist Sir Henry Baskerville," sagte Dr. Mortimer.

Ja, da bin ich, Herr Holmes, und das Seltsame dabei ist, daß ich aus eigenem Antriebe Sie ausgesucht haben würde, wenn mein Freund hier mir nicht den Vorschlag gemacht hätte. Ich höre, Sie find ein be­rühmter Rätselrater, und mir ist heute morgen eins ausgegeben worden, zu dessen Lösung ich nicht die Gabe besitze."

«Bitte, nehmen Sie Platz, Sir Henry. Wenn ich Sie recht ver­stehe, so sagen Sie, Sie haben seit Ihrer Ankunft in London ein seltsames Erlebnis gehabt?"

Nichts von großer Bedeutung, Herr Holmes. Höchstwahrscheinlich nur ein schlechter Spaß. Es handelt sich um diesen Brief wenn Sie er überhaupt einen Brief nennen wollen; ich bekam ihn heute früh."

Er legte einen Briefumschlag auf den Tisch, und wir traten alle heran, um ihn uns näher anznsehen. Es war ein Umschlag von geringer Güte und von grauweißer Farbe. Die Adresse ,Sir Henry Baskerville. Northumberlarrb-Hotel' war von einer ungelenken Hand geschrieben; der Poststempel lautete Maring Groß) und die Marke war am Abend vor­her abgestempelt.

Wer wußte, daß Sie ins Northumberland-Hotel gehen wollten?" fragte Holmes mit einem scharfen Blick auf unseren Besucher.

Kein Mensch kann das gewußt haben. Wir entschieden uns für dies Hotel erst, nachdem ich Doktor Mortimer getroffen hatte."

Aber Doktor Mortimer wohnte ohne Zweifel bereits dort?"

Nein, ich hatte bei einem Bekannten logiert," sagte der Doktor.

Nichts konnte einen Menschen auf die Vermutung bringen, daß wir in diese« Hotel zu gehen beabsichtigten."

Hm, irgend jemand scheint ein sehr tiefes Interesse an Ihren Hand- lungen zu nehmen."

Au» dem Umschlag zog Holmes einen doppelt znsammengelegten halben Bogen Konzeptpapier hervor. Er faltete ihn auseinander und legte ihrr flach auf den Tisch. In der Mitte des Blattes stand ein einziger Satz, der durch aufgeklebte gedruckte Wörter gebildet war. Er lautete:Wenn Sie Wert auf Ihr Leben oder Ihren Verstand legen, so bleiben Sie dem Moor fern."

Nur das WortMoor" war mit Tinte geschrieben.

Nun", sagte Sir Henry Baskerville,vielleicht können Sie mir sagen, war zum Kuckuck da« bedeutet, und wer der Mensch ist, der sich so eiftig um meine Angelegenheiten bekümmert?"

Was halten Sie davon. Dr. Mortimer? Sie müssen zugeben, daß es bei diesem Brief sich jedenfalls nicht um etwa« Übernatürliches handelt."

Nein, das nicht, aber er könnte sehr wohl von jemand herrühren, der davon überzeugt ist, daß die Geschichte übernatürlich ist."

Was für 'ne Geschichte?" fragte Sir Henry in scharfem Ton.Mir scheint, meine Herren, Sie alle wissen viel mehr von meinen Arigelegen- httten al« ich selber."

Sie sollen in unser Wissen ringe weiht sein, bevor Sie aus diesem Zimmer gehen, Sir Henry," sagte Holme».Das verspreche ich Ihnen. Für den Augenblick wollen wir, mit Ihrer Erlaubnis, unsere Aufmerksam­keit auf dieses interessante Dokument begrenzen. Es muß gestern abend verfaßt und auf die Post gegeben sein. Hast du dieTimes" von gestern, Watson?"

Sie liegt da in der Eckel'

(Fortsetzung folgt).