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ÄMts-- und ÄnzeigeöLatt für den Bezirk Calw.
82. Jahrgang.
Sonntag, den 22. Dezember 1W7
-Lnktliche BskanntmachnngLU.
BekanntMachnng
betreffend Maßregel« für die Schulen bei ansteckenden Krankheiten.
Um in den Schalen der Verbreitung ansteckender Krankheiten vorzubeugen, bestehen folgende Vorschriften:
1. Ansteckende Krankheiten sind: Pocken, Cholera, Ruhr (Dysenterie), Unterleibstyphus, Scharlach, Diphtherie, Masern, (rote Flecken). Keuchhusten, ansteckende Augenentzündung und Krätze.
2. Schüler, welche an einer ansteckenden Krankheit leiden, dürfen die Schule nicht besuchen.
3. Gesunde Schüler dürfen die Schule nicht besuche n:
s) wenn in dem Hausstande, welchem sie angehören, eine Person an Scharlach, Diphtherie oder Masern erkrankt ist: es können jedoch in einem solchen Fall gesunde Schüler dann zum Schulbesuch zugelassen werden, wenn sie eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, daß sie durch ausreichende Absonderung oder aus sonstigen Gründen vor der Gefahr der Ansteckung geschützt sind, bei sehr leichten Masernepidemien auch dann, wenn nach dem Gutachten des Oberamtsarztes die Ausschließung gesunder Schüler unterlassen werden kann;
d) wenn in dem Hause, in welchem sie wohnen, oder in dem Hausstande, welchem sie angehören, ein Pocken- oder Cholerakranker sich befindet;
c) wenn die Schüler außerhalb des Schulorts wohnen und in ihrem Wohnort die Cholera herrscht, der Schulort aber von dieser Krankheit frei ist, oder wenn amSchulort die Cholera ausgetreten ist, der Wohnort der Schüler aber von der Krankheit frei ist.
4. Schüler, welche hienach vom Schulbesuch ausgeschlossen, sind, werden zn diesem erst dann wieder zugelassen und angehalten, wenn die Gefahr der Ansteckung nach ärztlicher Bescheinigung beseitigt oder die für die Dauer der Krankheit erfahrungsgemäß als Regel geltende Zeit abgelaufen ist.
Als regelmäßige Krankheitsdauer gelten bei Masern 4, bei Scharlach 6 und bei echter Diphtherie 4 Wochen.
5. Bei den vom Schulbesuch ausgeschlossenen Schülern muß vor dem Wiedereintritt in die Schule eine gründliche Reinigung ihres Körpers und ihrer Kleidungsstücke stattstnden.
Calw, 19. Dezember 1907.
K. Oberamt.
Voelter.
An die Ortsbehörde».
Da die Belästigung der Bezirks-Einwohner durch Bettler und Landstreicher wieder zunimmt, so werden die Ortsbehörden beauftragt, den Polizeidienern durch Eintrag in das Schultheißenamts- Protokoll zu eröffnen, daß sie jeden Tag den OrtS- etter zu begehen, bei Strafvermeidung auf Bettler und Landstreicher ein wachsames Auge zu richten und solche vorzuführen haben.
Zu den Ortsbehörden versteht man sich, daß sie bei eigener Verantwortung die Bestimmungen des Ministerial-Erlafses vom 21. März 1888, (Minist.-Amtsbl. S. 115) strenge handhaben, die Tätigkeit der Polizeidiener genau überwachen, die Bettler und Landstreicher dem Oberamt vorführen lassen und nicht auf freien Fuß setzen.
Calw, 20. Dezember 1907.
K. Oberamt.
Voelter.
Bekanntmachung,
betreffend die Beleuchtung der Fuhrwerke bei Nacht.
Die Verfügung des Ministeriums des Innern vom 16. September 1888, betr. die Beleuchtung der Fuhrwerke bei Nacht, wird hiemit in Erinnerung gebracht. Nach derselben muß zur Nachtzeit, d. h. vom Eintritt der Dunkelheit des Abends bis zum Beginn der Morgendämmerung, wenn die Nacht nicht vollständig mondhell ist, jedes auf öffentlicher Straße sich befindliche Fuhrwerk mit Ausnahme der mit Geläute oder Schelle fahrenden Schlitten und bloßer Handfuhrwerke vorschriftsmäßig beleuchtet werden. Die Beleuchtung hat zu geschehen:
1. bei Fuhrwerken, welche vorzugsweise zur Personenbeförderung bestimmt sind, durch eine oben am Verdeck in zweckentsprechender Weise angebrachte Laterne, oder durch zwei Laternen, welche an den Seiten so weit wie möglich nach vorn anzubringcn sind,
2. bei anderen Fuhrwerken durch eine in der Mitte der Vorderseite des Fuhrwerks, wo dies aber vermöge der Beschaffenheit oder der Ladung des Fuhrwerks nicht ausführbar ist, durch eine an den Zugtieren, der Deichsel, oder einer sonst geeigneten Stelle in der Weise anzubringenden Laterne, daß das Licht derselben möglichst ungehindert nach vorn fällt.
Die Laternen müssen in gutem Zustande und mit hell leuchtendem Licht versehen sein. Die Verwendung rot oder grün geblendeter Laternen ist durch Verfügung des Ministeriums des Innern vom 29. September 1893 verboten worden.
Verfehlungen gegen vorstehende Vorschriften werden auf Grund des 8 366 Z. 10 des R.-Str.- G.-B. mit Geldstrafe bis zu 60 oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.
Die Ortsbehörden werden beauftragt, ihre Polizeibediensteten unter Eintragung in das Schnlth.-Amts-Protokoll genau hierüber z« instruieren, auf die Beachtung dieser Vorschriften zu dringen und im Nichtbeachtungsfalle unnachsicht- lich mit strengen Strafen einzuschreite«. Da diese Vorschrift im Bezirk nicht genügend beachtet wird, so muß die Erwartung ausgesprochen werden, daß die Ortsbehörden dieselben nachdrücklichst handhaben werden.
Calw, 20. Dezember 1907.
K. Oberamt.
Voelter.
Bekanntrnachnnkl
betr. den Wettbewerb für Malermeister.
Die Malermeister des Bezirks werden auf den von der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel im Gewerbeblatt Nr. 5l ausgeschriebenen Wettbewerb htngewiesen.
Das Gcwerbeblatt liegt bei den Ortsvorstehern zur Einsicht aus.
Calw, 21. Dezember 1907.
K. Oberamt.
Amtmann Rippmann.
TagesnenigMIev.
* Calw 21. Dez. Im Georgsnäumrsaale hielt gestern abend Herr Lehrer Reichte aus Stammheim einen öffentlichen Vortrag über: „unsichtbare Strahlen und das Radium". Der Redner verbreitete sich in eingehender Weise über die Begriffe Fluorescenz und Phorphorescenz und ging dann über auf das Wesen und die Eigenschaften der sogenannten Röntgenstrahlen und
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deren Anwendung hauptsächlich bei der Chirurgie. Ausführlich wurde sodann die Entstehung, Herstellung und Wirkung des Radiums erläutert, wobei auch über die Kathoden, und Kenelstrahlen, Elektronen und Jonen näher Aufschluß gegeben wurde. Große Hoffnungen werden aus diese großartigen Erfindungen gesetzt und es sei mit Bestimmtheit anzunehmen, daß das Radium noch außerordentliche Erfolge und Erscheinungen bringen werde. Die klaren und interessanten Ausführungen des Redners wurden mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und mit reichem Beifall begleitet.
Stuttgart. (Hofjag.d.) Bei der in der Gegend Korutal, Ditzingen,. , Gerlingen und Weilimdorf abgehaltenen Hofjagd beteiligten sich 24 Schützen, von denen 708 Hasen zur Strecke gebracht wurden. Das ist eine Ziffer, die selbst für jene an Hasen reiche Gegend einen Rekord bedeutet.
Göppingen 20. Dez. Auf dem heutigen Vieh markt waren zugetrieben: 12 Ochsen, 37 Kühe und 64 Stück Schmalvieh. Die Preise bewegten sich bei Kühen zwischen 171—475 beim Schmalvteh zwischen 128—160 pro Stück. Der Gesamtumsatz betrug 5665
Ulm 19. Dez. Seit längerer Zeit machte man auf dem Bahnhof die Wahrnehmung, daß durch Erbrechen von Verpackungen allerlei Waren, wie Würste, Käse, Obst. Cigarren. Spielwaren, Werkzeuge, Wein, Bier u. s. w. gestohlen wurden. Dieser Tags gelang die Festnahme der Diebe, als welche sich drei Bahnbedienstete entpuppten. Der eine verriet sich durch ein Vesper, bestehend aus feinster Braunschweiger Wurst, ein anderer durch Spielwarsn, die ihm entfallen waren.
Bruchsal 18 Dez. Im Verfolg de» vom Großherzog erlassenen Gnadenakts wurden dieser Tags aus dem Zuchthaus vier Männer und fünf Frauen entlassen, die zum Teil eine sehr langjährige Zuchthausstrafe hinter sich hatten. Unter den männlichen Personen befindet sich ein Sträfling, der 14'/- Jahre im Zuchthaus ver- bracht hat. Ec soll aus einem Ort des Schwarzwaldes gebürtig sein und seinerzeit seine Frau erwürgt und an ihrer Bettstelle ausgehängt haben. Dafür wurde er seinerzeit zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt.
Karlsruhe, 20. Dez. In dem Prozeß gegen den Agenten von Lindenau verkündete um 6 Uhr abends der Vorsitzende folgender Urteil: Der Angeklagte von Lindenau wird wegen Erpressung und damit zusammentreffender Be- leidtgung im Sinne der 88 185, 186 und 257 R.-Str.-G.'B. zu einer Gesamtgefängnis, strafe von 3 Jahren, abzüglich 4 Monaten Untersuchungshaft verurteilt. Dem An- geklagten werden die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren aberkannt.
Berlin 20. Dez. Heute vormittag 10 Uhr wurde die Verhandlung im HarSerr-Prozetz fortgesetzt. Der Angeklagte war wieder pünktlich zur Stelle und machte heute gesundheitlich einen besseren Eindruck. Man begann mit einer aus- führlichsn Vernehmung des Klosterpropste» von Moltke, eines Vetters der Grafen Kuno Moltke. Der Zeuge erklärte, er habe mit dem Nebenkläge